Bernd Schubert
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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sie haben ja schon ausführlich gehört, welche Aktivitäten wir im Jahre 2010 zur Beratung der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land durchgeführt haben.
Ich möchte noch einige Dinge ergänzen und noch mal auf einige Schwerpunkte eingehen.
Der Ihnen vorliegende Bericht des Bürgerbeauftragten betrifft die Tätigkeit im Jahre 2010. Ich möchte hier nur einige Eckdaten nennen und dann zu vier inhaltlichen Punkten sprechen.
In diesem Berichtszeitraum wurden 1.567 Petitionen vorgetragen, 74 Prozent davon mündlich. 49 Sprechtage fanden in den Landkreisen und kreisfreien Städten statt, davon wurden 16 Sprechtage gezielt in kleineren Städten und Gemeinden als Sprechtage im ländlichen Raum angeboten. 33 Ortstermine führte ich selbst durch und weitere 20 meine Mitarbeiter. Von den 1.567 Petitionen wurden 1.304 – das sind 83 Prozent – abschließend bis Jahresende bearbeitet.
Die erste inhaltliche Fragestellung, auf die ich näher eingehen möchte, betrifft das Abgabenrecht. Ich möchte noch mal einige Ausführungen zu dem Straßenbaubeitrag auch zwölf Jahre nach Fertigstellung machen. Ein Ehepaar wurde Ende 2010 mit einem Bescheid aufgefordert, einen Beitrag für die erneuerte Straßenbeleuchtung zu bezahlen. Die Straßenbeleuchtung war bereits 1998 – also zwölf Jahre zuvor – erneuert worden. Die Bürger dachten an Verjährung und stellten mir das Problem vor. Bei der Überprüfung stellte sich heraus, dass keine Verjährung eingetreten war. Aber das machen Sie mal dem Bürger verständlich.
Der Bescheid war rechtmäßig, weil die Gesamtmaßnahme nach wie vor nicht abgeschlossen war und die Stadt erst im Jahre 2010 einen sogenannten Kostenspaltungsbeschluss für die Teileinrichtung der Straßenbeleuchtung gefasst hatte. Der Gesetzgeber hatte richtigerweise den Gemeinden die Möglichkeit gegeben, durch einen Kostenspaltungsbeschluss, auch schon aufgrund der Finanzen, Berechnungen durchzuführen. Aber man hatte den Bürgerinnen und Bürgern vorher nicht erklärt, dass durch diesen Kostenspaltungsbeschluss die Frist erst mit dem Beschluss einsetzt.
Und das haben die Bürger nicht verstanden.
In dem Bericht hierzu habe ich die Überprüfung angeregt, ob im KAG eine Höchstfrist für die Fassung eines Kostenspaltungsbeschlusses nach Abschluss einer Teilmaßnahme geregelt werden sollte. Das war Gegenstand der Beratung im Innenausschuss. Für das Anliegen fand ich Verständnis und Offenheit. Im Ergebnis soll es zwar keine Neuregelung im KAG geben, aber die Bürger sollen schon jetzt vor der Durchführung der Straßenbaumaßnahmen über die Beitragspflicht informiert werden. Künftig soll dabei auch darauf hingewiesen werden, dass die Frist für die Verjährung erst mit dem Abschluss der Gesamtmaßnahme oder mit dem Fassen eines Kostenspaltungsbeschlusses eintritt. Das Innenministerium hatte angekündigt, sich hierzu mit dem Städte- und Gemeindetag und dem Landkreistag in Verbindung zu setzen. Eine solche frühzeitige Information würde die Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger erhöhen. Den Bürgern würde damit signalisiert, dass eine Beitragsforderung auch noch Jahre später kommen kann.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die sehr wichtige ALG-II-Beratung. Schwerpunkt der Petitionen war im Jahr 2010 der Bereich SGB II mit 404 Petitionen, davon wurden bis zum Jahresende bereits 349 Petitionen abschließend bearbeitet. Von die
sen 349 Petitionen konnten 310 mit einem für die Petenten positiven Ergebnis abgeschlossen werden. Ich denke, das ist sehr, sehr gut.
Diese Petitionen rund um den Problemkreis ALG II wurden durch eine ausschließlich hierfür zuständige Mitarbeiterin betreut. Das wurde möglich, weil im Jahre 2010 für diesen Bereich eine Stelle zur Erprobung eingerichtet werden konnte. Dafür bedanke ich mich noch mal im Namen der Bürgerinnen und Bürger bei den Landtagsabgeordneten, dass man die Zustimmung gegeben hat, dass wir diese Erprobung für zwei Jahre einrichten konnten. Diese Mitarbeiterin führt spezielle ALG-IISprechtage im Land durch. Die aufgenommenen Petitionen bearbeitet sie dann hier in Schwerin im Büro. Werden vor Ort auch andere Sachverhalte angesprochen, bringt sie die natürlich mit. Insofern war es dadurch auch indirekt möglich, das Sprechtagsangebot für alle Bürgerinnen und Bürger zu erweitern, und gerade im ländlichen Raum – Sie wissen ja um die Problematik im ÖPNV.
Die ALG-II-Sprechtage sind ein bürgernahes Angebot und werden überwiegend in den kleineren Städten und Amtsverwaltungen durchgeführt. Die Zahlen sprechen für sich. Die ALG-II-Beratung ist sehr gut angenommen worden. Nochmals vielen Dank für die Bereitstellung der Haushaltsmittel.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der dritte Punkt, auf den ich eingehen will, betrifft die grundstücksbezogene Abfallentsorgung. Mehrfach wurde mir in Petitionen das Problem vorgestellt, dass der häusliche Abfall nicht am Grundstück abgeholt wird, sondern zum Teil zu weit entfernten Sammelstellen gebracht werden muss. Die Ursache dafür ist regelmäßig, dass die Infrastruktur, wie zum Beispiel ein nicht vorhandener Wendehammer für das Befahren und Wenden von Müllfahrzeugen, fehlt. Weil Müllfahrzeuge wegen der Vorgabe der Berufsgenossenschaft nicht rückwärts fahren dürfen – trotz Einweiser –, sollen dann die Bürger den Hausmüll bis zur nächsten größeren Straße bringen. Das können im Einzelfall mehrere Hundert Meter sein.
Durch meinen Vorschlag sollte eine Grenze der zumutbaren Entfernung für die Bürger im Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz Mecklenburg-Vorpommern geregelt werden. Dem wurde in den Ausschussberatungen nicht gefolgt und ich regte deshalb an, bei der Erschließung neuer Wohngebiete die Straßen so auszulegen – was eigentlich ja im B-Plan so ausgewiesen sein muss –, dass eine grundstücksbezogene Abfallentsorgung durchgeführt werden kann.
Landkreise und kreisfreie Städte sollten bei der Ausschreibung der Abfallentsorgung – das ist aber eine kommunale Aufgabe, also der Landkreise – dafür sorgen, die öffentlichen Verhältnisse so zu berücksichtigen, dass gegebenenfalls kleinere Fahrzeuge eingesetzt werden von den Müllentsorgern oder, wenn das nicht möglich ist, dass eben die Mitarbeiter der Entsorgungsfirmen die Tonnen bis zu dem möglichen Stellplatz ziehen. Das hat natürlich zur Konsequenz, dass eventuell auch höhere Beitragsgrößen dann auf die einzelnen Bürger zukommen.
Aber ein weiteres Problem ist, gerade wenn private Investoren auftreten, dann haben sie die Absicht, die Grundstücke kostengünstig anzubieten für den Bau von neuen Häusern. Darauf sollten die Kommunen ganz ver
zichten, denn die Konsequenz mit der Übernahme der Infrastruktur haben sie nachher zu tragen und haben dann auch natürlich den berechtigten Ärger der Bürgerinnen und Bürger.
Der vierte Punkt, den ich noch mal ansprechen möchte, betrifft eine Regelung zum Schulgesetz. Paragraf 46 regelt, welche Schule die örtlich zuständige Schule ist. Auch hierzu erreichten mich im Berichtszeitraum mehrere Anfragen. Vor Kurzem rief ein Radiosender seine Hörer dazu auf, über ihre Erfahrungen zu berichten. Ich habe gestaunt, wie viele Hörer sich innerhalb kurzer Zeit meldeten und ihre Probleme, Lösungswege und Erfahrungen mitteilten. Das ist für mich Anlass, nochmals darauf hinzuweisen, dass in Paragraf 46 Absatz 3 des Schulgesetzes ausdrücklich Ausnahmen zugelassen sind. Dabei geht es von den Verkehrsverhältnissen über die Förderung spezieller Interessen bis zu besonderen sozialen Umständen – diese Aufzählung ist nicht abschließend. Also es besteht die Möglichkeit, auch in der nicht örtlich zuständigen Schule eine Einschulung vorzunehmen.
In diesem Jahresbericht ist ein eindrucksvoller Fall dargestellt. Eine Mutter von vier Kindern hat eine große Sorge: Wenn ihr Sohn in einem anderen Ort als seine große Schwester eingeschult werden würde, müsste sie ihre Arbeit aufgeben. Das kam dadurch, dass für ihren Wohnort eine Schule in einem anderen Ort örtlich zuständige Schule geworden war. Fahrten zwischen dem Wohnort, dem Arbeitsplatz in einem anderen Ort und zusätzlich zu einem Schulort würden einen größeren Zeitaufwand erfordern. Die Petentin befürchtete, dass sie das nicht auf Dauer neben einer Berufstätigkeit leisten könnte und ihre Arbeit aufgeben müsste. Organisatorisch war es für sie deshalb nur bei einer Einschulung ihres Sohnes an ihrem Arbeitsort – gleichzeitig Schulort der Schwester – möglich, ihre Tätigkeit dort fortzusetzen. Die Gemeinde beharrte jedoch auf die Zuständigkeit der nun örtlich zuständigen Schule. Nach entsprechender Argumentation hob das Bildungsministerium die Ablehnung der Gemeinde auf und erteilte dem Sohn die Erlaubnis zum Besuch der Schule, die auch seine Schwester besucht. Das zeigt eigentlich, dass es auch Einzelfallentscheidungen geben kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Präsidentin! Dem Petitionsausschuss möchte ich ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit im Berichtszeitraum danken. Diese gute Zusammenarbeit des Bürgerbeauftragten mit dem Petitionsausschuss hat auch europäische und internationale Anerkennung gefunden. Die Mitgliedsstaaten des Europarates haben mit der Ratifizierung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung (CETS Nummer 122) ein Monitoringverfahren für die Mitgliedsstaaten durchgeführt. Die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung ist das maßgebliche Rechtsinstrument, welches die Achtung eines Mindestmaßes an Rechten garantiert. Vom Europarat wurde der Wunsch geäußert, mit dem Ombudsmann von Mecklenburg-Vorpommern zu sprechen.
Ich hatte die Möglichkeit, in dieser Woche mit der Besuchsgruppe ins Gespräch zu kommen und über die Zusammenarbeit mit dem Petitionsausschuss zu berichten. Schwerpunkt war, wie beide die Einhaltung der Demokratie und Menschenrechte der Bürgerinnen und Bürger des Landes Mecklenburg-Vorpommern sichern. Das wurde sehr gut angenommen und auch am Beispiel von Mecklenburg-Vorpommern für die Bundesrepub
lik Deutschland dargestellt. Dieses Monitoringverfahren wird alle fünf Jahre durchgeführt. Ich denke, es ist auch eine Anerkennung, wie beide hier im Land zusammenarbeiten. Das wurde von den Mitgliedern sehr wohlwollend aufgenommen und man hat es auch beispielgebend dargestellt für die gesamte Bundesrepublik.
Darauf muss ich nicht antworten, ne?
Schließlich möchte ich mich bedanken bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bei der Petitionsbearbeitung immer versucht haben, Lösungen zu schaffen für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Vielen Dank und auf weitere gute Zusammenarbeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wie die Ausschussvorsitzende bereits gesagt hat, am 22. März hatte ich meinen 15. Jahresbericht dem Landtag Mecklenburg-Vorpommern zugeleitet. Bereits einen Monat später, am 28. April 2010, hatte ich die Möglichkeit, den 15. Bericht des Bürgerbeauftragten gemäß Paragraf 8 Absatz 7 des Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern für das Jahr 2009, Ihnen vorliegend als Drucksache 5/3354, im Landtag vorzustellen.
Warum betone ich das? Es ist das erste Mal in 15 Jahren, dass der Bericht durch den Bürgerbeauftragten im Landtag vorgestellt wurde, bevor er in den Fachausschüssen beraten wurde. Durch die Erfahrungen in meiner bisherigen dreijährigen Tätigkeit als Bürgerbeauftragter ergab sich die Tatsache, dass viele Hinweise und Anregungen, die in meinem Jahresbericht gegeben wurden, bereits bei der Vorstellung des Berichtes – meist im Oktober – im Landtag erledigt waren. Die Bürgerinnen und Bürger waren verunsichert und hatten den Eindruck, ihre Anliegen, Anregungen und Hinweise werden nicht zeitnah an die Landtagsabgeordneten weitergegeben. Diesen Eindruck hatten die Petenten besonders bei den Legislativpetitionen, in denen es um Hinweise und Anregungen zu Gesetzesänderungen ging.
Werte Abgeordnete, nochmals vielen Dank, dass Sie meine Anregung zum Verfahren aufgenommen und auch sehr zügig umgesetzt haben. Hierdurch ist es mir heute möglich, Ihnen einen Sachstand über die erledigten und noch offenen Probleme der Bürgerinnen und Bürger, welche in meinem 15. Jahresbericht vorgestellt wurden, zu geben.
Ich möchte zuerst auf die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses, Drucksache 5/3819, eingehen, um eine Passage in dem Bericht richtigzustellen. Auf Seite 6 nach dem Satz: „Beispielhaft verweise er auf den Abschnitt ,Lange Leitung‘“, steht im Bericht: „Zu bemerken sei allerdings, dass dem eigentlichen Anliegen der Petentin, einen Zaun errichten zu können, bis heute nicht habe entsprochen werden können. Davon habe er sich persönlich vor Ort überzeugen müssen.“ Mit „habe er“ bin ich gemeint.
Dies entspricht nicht der Tatsache zum Wohle der Bürgerin, muss ich sagen. Die Bürgerin hatte sich an den Bürgerbeauftragten gewandt, um den genauen Verlauf der Grundstücksgrenzen und ein erneutes Setzen der entfernten Grenzsteine zu erreichen, damit sie den alten baufälligen Zaun rechtssicher durch einen neuen ersetzen kann. Alle Voraussetzungen, den Zaun zu setzen, waren durch Vor-Ort-Gespräche gegeben. Ausdrücklich wurde der Petentin bei dem letzten Vor-OrtTermin gesagt und auch schriftlich mitgeteilt, dass sie ihren Zaun an der markierten Stelle entlang setzen kann. Was ich gesagt habe im Ausschuss, ist, das Anliegen der Petentin konnte geklärt werden. Jedoch hatte die Bürgerin bisher ihren alten Zaun durch einen neuen Zaun nicht ersetzt. Davon konnte ich mich persönlich überzeugen, da mein Weg zum Heimatort an dem Grundstück vorbeiführt.
Ich kann jetzt nicht den Stand von heute sagen, aber ich sage nur: Drei Jahre ging dieses Problem. Jetzt ist es gelöst und ein Dreivierteljahr später ist der Zaun durch die Bürgerin noch nicht ersetzt worden. Das war meine Aussage und insofern stimmt es nicht.
Okay. Aber das ist eine Formsache.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte noch auf einige Punkte aus dem Jahresbericht eingehen, und zwar die Punkte, die noch offen waren aus meiner Sicht: Lärm als Ordnungswidrigkeit, Rehabilitierungsanträge DDR-Kinderheime und Jugendwerkhöfe, grenzüberschreitende Probleme, Krankenversicherungsschutz bei ALG-II-Empfängern, ganz kurz.
Erster Punkt: Lärm als Ordnungswidrigkeit
Mehrfach erreichten mich in der Vergangenheit Petitionen wegen ruhestörendem Lärm. Die Lärmquellen sind jeweils auf Privatpersonen zurückzuführen. Dabei geht es um Hundegebell, laute Musik, Motorengeräusche oder auch um lautstarke nicht öffentliche Veranstaltungen, die sowohl am Tage als auch zu Nachtzeiten auftreten. In der überwiegenden Anzahl dieser Fälle erhielten die Petenten von den Ordnungsämtern auf Beschwerden hin die Erwiderung, dass solche Angelegenheiten auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen seien. Richtig ist jedoch, dass der Zivilrechtsweg hierfür offensteht, dennoch kann sich die öffentliche Verwaltung nicht vollständig der Verantwortung entziehen, denn in Paragraf 117 des Ordnungswidrigkeitengesetzes ist hier eine klare Regelung getroffen, die auch durch die Ordnungsämter angewandt werden muss. Da steht nämlich, dass man bis zu einer Geldbuße von 5.000 Euro diese Ordnungswidrigkeit durch eine Geldbuße beanstanden kann.
Ich hatte die Möglichkeit, und das hatte ich auch im Bericht angekündigt, dass ich mich an den Innenminister wenden werde und dieses noch mal bei der Landrätekonferenz und Oberbürgermeisterkonferenz vorstellen kann. Wie im Bericht angekündigt, war dies am 6. Oktober 2010. Über die einheitliche Handhabung habe ich dort noch mal meine Vorstellungen dargelegt und mir wurde versichert, dass die Ordnungsämter jetzt dementsprechend reagieren werden.
Einen Hinweis hatte ich da noch gegeben, und zwar, dass in dem ersten Fall, den wir dort geschildert haben, das Ordnungsamt richtig gehandelt hat, aber der Bürger hatte den Eindruck, man nimmt sein Anliegen nicht ernst, denn er hatte sich nicht weiterhin an das Ordnungsamt gewandt und die Lärmbelästigungen traten durch die Nachbarin trotzdem auf. Er hatte sich dann an den Bürgerbeauftragten gewandt. Wir haben dann beim Ordnungsamt nachgefragt und dort erfragt und es wurde eindeutig festgestellt, dass eine Geldbuße schon veranlasst worden war. Aber da es keine weiteren Meldungen gegeben hat, hat man gedacht, jetzt ist es zu keinen Lärmbeeinträchtigungen mehr gekommen. Wir haben die Empfehlung gegeben, das Ordnungsamt sollte unter Einhaltung des Datenschutzes doch den Beschwerdeführer darüber unterrichten, dass man geeignete Maßnahmen eingeleitet hat, und sollte es weitere Lärmbelästigungen geben, dann sollte er sich weiterhin an das Ordnungsamt wenden. So gab es Missverständnisse zwischen dem Petenten und dem Ordnungsamt.
Der zweite Punkt, den ich noch mal anführen wollte, weil es zu dem Zeitpunkt der Einbringung des Jahresberichtes noch nicht stattgefunden hat, das hatte die Vorsitzende auch schon angeführt, zu den Rehabilitierungsanträgen nach rechtsstaatswidriger Freiheitsentziehung zu DDR-Kinderheimen und Jugendwerkhöfen war die Anre
gung. Und eine Anhörung zu dem Thema „Missbrauch von Kindern und Jugendlichen“ wurde im Europa- und Rechtsausschuss durchgeführt. Hier ist bekannt, dass es weitere Gespräche zu dieser Problematik geben wird und dann auch die entsprechenden Festlegungen und Entscheidungen. Insofern kann ich sagen, zum heutigen Stand ist es auch schon wieder teilweise abgearbeitet.
Der dritte Punkt: Grenzüberschreitende Probleme
Auch das hat die Vorsitzende Frau Borchardt angesprochen. Wir haben bei meinem letzten Sprechtag in Löcknitz festgestellt, dass die Beratungsstelle, die Koordinierungsstelle eingerichtet worden ist, dass es viele Beratungsgespräche gerade für polnische Bürger dort gegeben hat. Das ist für mich auch erfreulich gewesen. An dem Tag kam nur ein polnischer Bürger zur Beratung, was eigentlich zeigt, mein Hinweis, den ich damals gegeben habe, so eine Stelle einzurichten, war fruchtbar. Man hat die Möglichkeit genutzt, gleich diese Gespräche vor Ort zu führen, und somit konnte man die Bürger, die in der Stadt beziehungsweise in dem Landkreis wohnen, gleich ordnungsgemäß beraten und es ist nicht mehr über den Bürgerbeauftragten gegangen. Das ist für mich auch erfreulich, obwohl man sagen könnte, dadurch haben wir weniger Petitionen in diesem Jahr. Aber das ist auch nicht das Anliegen. Das Anliegen ist, dass den Bürgern geholfen werden kann.
Viertens: Krankenversicherungsschutz bei ALG-II-Empfängern
In meinem Bericht habe ich darauf hingewiesen, dass private Versicherungsunternehmen bei Hilfsbedürftigkeit weitere Leistungen nach dem Basistarif erbringen müssen. Nicht gelöst ist, wie ALG-II-Bezieher die vollen Beiträge finanzieren sollen. Einen Rechtsanspruch auf Zahlung von mehr als 130 Euro gibt es nicht. Somit bleibt ein Fehlbetrag von 180 Euro, der ungeklärt ist.
Ich hatte mich bereits im Januar 2009 an den Bundesminister für Arbeit und Soziales damals gewandt. Darüber hatte ich den Landtag und die zuständigen Fachausschüsse des Landtages bei der Vorstellung meines 15. Berichtes auch unterrichtet. Jetzt hat sich der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages mit dem Anliegen befasst.
Herr Präsident, gestatten Sie mir, dass ich aus der Pressemitteilung des Deutschen Bundestages Nummer 304 zitiere:
„Verschuldung von privat krankenversicherten ALG IIEmpfängern verhindern
Petitionsausschuss
… Der Petitionsausschuss setzt sich ein für die Lösung des Problems anwachsender Verschuldung von privat krankenversicherten Personen, die Arbeitslosengeld II erhalten. Die Abgeordneten beschlossen am Mittwochmorgen einstimmig, eine entsprechende Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, verbunden mit der Aufforderung, dafür Sorge zu tragen, dass ,unverzüglich‘ Abhilfe geschaffen wird. Gleichzeitig wurde festgelegt, den Fraktionen die Vorlage zur Kenntnis zu geben, da der Ausschuss eine parlamentarische Initiative in dieser Frage für erforderlich hält.
In der Petition wird darauf verwiesen, dass Empfänger von Arbeitslosengeld II nach SGB II zwar einen Zuschussbetrag zu den Kosten der Krankenversicherung erhielten, dieser jedoch den Tarif der privaten Kran
kenversicherung nicht abdecke. Folge davon, so geht es aus der Petition hervor, seien Schulden in zunehmender Höhe, die sich für die Dauer der Hilfsbedürftigkeit ansammeln würden.
Auch wenn dieser Personenkreis keine Leistungseinschränkung zu befürchten hätte, entstehe eine Beitragsdifferenz, die letztlich vom betroffenen Leistungsempfänger getragen werden müsse, obwohl dieser dazu wirtschaftlich nicht in der Lage sei, urteilt der Petitionsausschuss. Die Parlamentarier verweisen zudem darauf, dass nach Ende der Hilfebedürftigkeit die Schulden beglichen werden müssten. Erfolge dies nicht, könne die Krankenversicherung die Leistungen bis auf eine Notversorgung einstellen. Diese Rechtslage, so die einstimmige Auffassung des Petitionsausschusses sei ,unhaltbar‘.“
Ich erinnere daran, dass ich dieses weitergeleitet habe an den Deutschen Bundestag. Insofern kann ich heute sagen, dass man sich mit der Problematik befasst, und es wird auch eine Lösung geben. Insofern, glaube ich, war es ganz wichtig, dass man das heute noch mal anspricht. Also die Dinge, die wir auch zum Bundestag weitergeben, werden auch dort ernst genommen und bearbeitet zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger.
Ich komme auch zum Schluss.
An diesen Beispielen können die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes erkennen, dass ihre Anregungen, Hinweise und Petitionen ernst genommen werden und durch die Änderung des Verfahrensablaufes eine zeitnahe Erledigung möglich ist. – Ich bedanke mich bei den Mitgliedern des Petitionsausschusses und bei den Abgeordneten für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ihnen allen liegt auf der Drucksache 5/3354 der 15. Jahresbericht des Bürgerbeauftragten des Landes vor. Für mich ist es der dritte Bericht, den ich Ihnen heute vorstellen darf. Besonders möchte ich mich zunächst einmal dafür bedanken, dass ich, bevor der Bericht in den Ausschüssen beraten wird, schon heute zu den Petitionen und deren Bearbeitung, die mich im Jahre 2009 erreichten, sprechen darf. Da Ihnen der Bericht als Drucksache vorliegt, möchte ich an dieser Stelle nur einige Eckpunkte nennen und dann zu inhaltlichen Fragen kommen.
Im Jahr 2009 wurden mir 1.437 Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern unterbreitet. Wie in den Vorjahren bilden Petitionen zum Themenbereich soziale Sicherung mit 470 Petitionen den Schwerpunkt meiner Tätigkeit. Unabhängig ist dabei, ob hinter einer Petition eine Bürgerinitiative mit mehreren Seiten Unterschriften oder eine einzelne Person steht.
Beispielhaft ist die hundertfache Forderung von Schülern, Eltern und Lehrern nach Absicherung des Schwimmunterrichts im Landkreis Ludwigslust oder die häufige Forderung nach Unterbindung des Mautausweichsverkehrs auf Landes- und Bundesstraßen zu nennen.
73 Prozent der Anliegen wurden mündlich, das heißt im persönlichen Gespräch oder telefonisch eingebracht.
In allen Landkreisen und kreisfreien Städten führte ich mindestens zwei Sprechtage durch, insgesamt waren das im Berichtszeitraum 37 Sprechtage. Dabei wurden mir 350 Petitionen vorgetragen. Diese Zahlen machen meines Erachtens sehr eindrucksvoll deutlich, in welchem erheblichen Maße das Petitionsgrundrecht gegenüber dem Bürgerbeauftragten bei den Bürgerinnen und Bürgern zu einer festen Einrichtung im Land gereift ist.
Im Berichtszeitraum ist wieder überdeutlich geworden, und das lassen Sie mich hier klar und deutlich aussprechen, dass der Bürgerbeauftragte mit seinen niedrigschwelligen Angeboten und Möglichkeiten der Ausübung des Petitionsrechts eine sinnvolle und darüber hinaus wirkungsvolle Umsetzung des Grundrechts auf Petitionen darstellt. Auf europäischer Ebene gibt es den Kodex des Europäischen Bürgerbeauftragten für gute Verwaltungspraxis. Wir brauchen auch in unserem Land eine gute Verwaltungspraxis. Dennoch wird mir in Gesprächen mit Petenten nicht selten von Voreingenommenheit, Desinteresse und mangelnder Gesprächsbereitschaft von Verwaltungsmitarbeitern berichtet. Ich sehe mich dann öfter in der Rolle eines Vermittlers zwischen den Bürgern und der Verwaltung.
Herr Pastörs, darauf gehe ich erst mal nicht ein.
Mir liegen auch Anträge der Bürger vor, die fordern, dass Ihre Partei abgeschafft werden soll.
Ich führe meinen Bericht fort
und ich glaube, das ist interessanter, als mich auf diese Debatte einzulassen.
Eine Antwortpflicht der Verwaltung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern gibt es nicht. Dies wird bei den persönlichen Gesprächen auch durch mich erläutert. Die Reaktion der Petenten ist dann häufig, dass man die Möglichkeit einer Dienstaufsichtsbeschwerde nutzen möchte. Manchmal allerdings reicht schon der Hinweis eines Bürgers, dass er sich an mich gewendet hat, damit Bewegung in die Sache kommt. Da gibt es häufig schriftliche oder mündliche Nachrichten, dass man erwähnt, man hat sich an den Bürgerbeauftragten gewandt, und schon gibt es eine Lösung im Sinne des Petenten.
Manchmal reicht es auch aus, dass den Bürgern die Mitteilung gegeben wird, an welche Stelle sie sich mit ihrem Anliegen wenden sollen, wie in dem Fall der Deutschen Bahn AG. Hierzu führte der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages in diesem Frühjahr den ersten Ortstermin in Mecklenburg-Vorpommern durch.
In Boizenburg gibt es wieder Hoffnung, dass die geplante Ortsdurchfahrt schneller kommen wird. Auf der Prioritätenliste des Ministeriums wird das Projekt hochgestuft, das heißt, die Realisierung könnte früher stattfinden.
Manchmal gestaltet sich meine Arbeit als langwierig und zählebig, weil zum Beispiel viele Zuständigkeiten an einem Fall berührt sind und es unterschiedliche Interessen gibt, die nur schwierig unter einen Hut zu bringen sind. Dies wird besonders deutlich, wenn Sie den Beitrag „Lange Leitung“ gelesen haben. Das zeugt davon, dass man erst mal wieder eine Kommunikation zwischen den Verwaltungen und dem Petenten herstellen musste. Das ist manchmal nicht ganz einfach und ich glaube auch, das wird der Petitionsausschuss in seiner Bearbeitung vielfach festgestellt haben, dass es eine Ebene gibt, wo man dann miteinander nicht mehr reden kann. Die Sachebene ist nicht mehr gegeben und das ist das Schlimmste, was es geben kann. Dann kann auch keine Lösung erfolgen. In diesem Beispiel ist das sehr gut dargestellt, wie wir durch viele Ortstermine, viele Gespräche, ob es mit der Amtsverwaltung war, mit dem ehrenamtlichen Bürgermeister und dann mit einer Landesbehörde, im Endeffekt eine Lösung für die Petentin erreichen konnten.
An dieser Stelle möchte ich auf eine Petition eingehen, die im Jahresbericht dargestellt wurde und mir besonders am Herzen liegt. Dieser Fall, diese Petition ist leider bei dem Pressegespräch ein wenig zu kurz gekommen und deswegen möchte ich diese hier noch einmal ansprechen. Im Berichtsteil „Probleme mit Krankenversicherungsschutz bei ALG II-Empfänger“ ist ein solcher Fall dargestellt. Ein ehemals Selbstständiger erhält nach Geschäftsaufgabe ALG II. Die privaten Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 320,00 Euro werden dabei nur bis zu einer Kappungsgrenze übernommen. Diese Kappungsgrenze sind 140,00 Euro. Die darüber hinausgehenden Beträge aus der Regelleistung sind für den Petenten nicht aufbringbar, aber gleichzeitig ist die Krankenversicherungskasse nicht bereit, diesen fehlenden Betrag in Höhe von 180,00 Euro zu übernehmen. Der Petent hatte die Sorge, dass sich der Betrag aufsummieren wird und darüber hinaus ein großer Schuldenberg entstehen könnte. Auch die Krankenkasse wollte den Restbetrag nicht tragen.
Da dies kein Einzelfall bei uns im Land war und auch nicht in der Bundesrepublik, habe ich mich im April 2009 an den Bundesminister für Arbeit und Soziales gewandt und um Mitteilung gebeten, ob eine Regelung dieser offenen Frage angestrebt wird. Der Bundesminister teilte in seiner Antwort mit, dass eine entsprechende Regelung zur Lösung des Problems im damaligen politischen Entscheidungsprozess nicht erreichbar gewesen wäre. Die Bundesregierung sei jedoch um eine schnellstmögliche Lösung des Problems bemüht. Im Zuge der Bearbeitung dieses Jahresberichtes erfuhr ich, dass es in dieser Angelegenheit keinen neuen Stand gibt.
Ich bitte deshalb ausdrücklich um eine Initiative des Landes auf Bundesebene.
Im Rahmen einer Bundesratsinitiative könnte sich die Landesregierung unseres Bundeslandes dieses Problems annehmen.
Ich möchte noch eine weitere Problematik aus meinem Jahresbericht vorstellen. Auch im 20. Jahr nach dem Mauerfall wenden sich regelmäßig Bürger, die während der DDR-Zeit Unrecht erlitten haben, mit der Bitte um Unterstützung in Rehabilitierungsverfahren an mich. Mit einer Pressemitteilung im Juli 2009 hatte ich auf die Möglichkeit von Entschädigung für den zwangsweisen Aufenthalt in DDR-Kinderheimen und -Jugendwerkhöfen aufmerksam gemacht. Anlass hierfür war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Mai letzten Jahres, in der festgestellt worden war, dass im Einzelfall eine strafrechtliche Rehabilitierung der Betroffenen möglich sein könnte. Ein Pauschalurteil über die DDR-Kinderheime und -Jugendwerkhöfe folgt aus dieser Entscheidung jedoch nicht. Es ist unumgänglich, dass in jedem Einzelfall von den Rehabilitierungsgerichten geprüft wird, ob und inwieweit eine Unterbringung in Heimen der ehemaligen DDR als Freiheitsentzug zu werten ist und ob die Einweisung mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen, rechtsstaatlichen Ordnung vereinbar ist.
Eine hierbei zu berücksichtigende Frage ist, ob in der Einrichtung haftähnliche Bedingungen herrschten. Zu dieser Problematik bedarf es einer weiteren Sensibilisierung der Justiz. Wird eine Rehabilitierung abgelehnt, weil die Bedingungen nur nach heutiger Ansicht unzumutbar gewesen seien, scheint mir die richtige Sicht auf die damaligen Verhältnisse zu fehlen. Ich glaube, ich nutze die Möglichkeit, im Rechts- und Europaausschuss diese Problematik noch einmal eingehend zu erläutern. Auch wenn es um den Aufenthalt von Kindern in einem Kinderheim geht, muss im ersten Schritt eine strafrechtliche Rehabilitierung erfolgen. Erst nach erfolgter Rehabilitierung kann ein Antrag auf Kapitalentschädigung nach Paragraf 17 „Strafrechtliche Rehabilitierung“ oder andere Folgeleistungen gestellt werden.
Zur Frist möchte ich von hier aus die Gelegenheit nutzen und darauf aufmerksam machen, dass eine Antragstellung auf Rehabilitierung gemäß Paragraf 7 Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz nur noch bis zum Ende des Jahres, das heißt bis zum 31. Dezember 2011 möglich ist.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! In den letzten Wochen und Tagen wurde durch die Medien über Missbrauchsfälle in ehemaligen Kinderheimen und Jugendwerken berichtet. Meine Pressemitteilung vom Juli 2009 auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat keinen Zusammenhang mit den erst jetzt bekannt gewordenen Missbrauchsfällen. Bei der Vorstellung meines Jahresberichts für die Medien wurde durch die stellvertretende Stasibeauftragte unseres Landes auf Nachfrage erklärt, dass ihr auch Fälle mit sexueller und körperlicher Gewalt vorgetragen wurden.
In diesem Zusammenhang kann ich Ihnen das Buch von Frau Heidemarie Puls „Schattenkinder“ empfehlen.
Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen, dass das nicht im Zusammenhang zu sehen ist mit den Rehabilitierungsfällen. Das ist eine Sache, die extra behandelt werden muss. Mir ist bekannt, dass die Justizministerin eine Ansprechstelle in Rostock geschaffen hat, und da müssen sich diejenigen hinwenden, die solche Übergriffe gehabt haben. Das ist der Ansprechpartner.
Bei den Rehabilitierungsfällen ist der Ansprechpartner die Stasibeauftragte. Wir hatten damals nur den Hinweis gegeben, wo man sich hinwenden kann. Also das müssen wir eindeutig trennen. Ich glaube, in den Medien ist das nicht so rübergekommen, deswegen wollte ich die Möglichkeit nutzen, dieses heute noch einmal klarzustellen. Es ist mir auch bekannt, dass die Sozialministerin unseres Landes sich an dem runden Tisch für die Betroffenen eingesetzt hat, aber wie gesagt, Ansprechpartner ist die Stelle dort in Rostock.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! In der Tat ist es schwierig, das gesamte Jahr 2009 im Hinblick auf meine Tätigkeiten nochmals vorzustellen. Doch der Jahresbericht liegt Ihnen vor, wie schon gesagt, als Landtagsdrucksache. Ich habe versucht, noch einige ergänzende Ausführungen zu geben. Ich freue mich jetzt schon auf die Beratungen zu meinem Bericht in den Ausschüssen und ich glaube, da werde ich dann auch wichtige Hinweise bekommen und kann noch zu den einzelnen Schwerpunkten Erläuterungen geben.
Ich möchte mich ausdrücklich noch einmal bedanken für die Zusammenarbeit mit dem Petitionsausschuss und auch bei den Abgeordneten. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich danke für die Möglichkeit, heute hier zu den Petitionen und deren Bearbeitung im Jahr 2008 sprechen zu dürfen. Ihnen liegt der 14. Jahresbericht des Bürgerbeauftragten des Landes vor. Für mich ist es der zweite Bericht, den ich hier vorstellen darf.
Da Ihnen der Bericht als Drucksache vorliegt, möchte ich an dieser Stelle nur einige Eckpunkte nennen und dann zu inhaltlichen Fragen kommen. Im Jahr 2008 wurden 1.768 Petitionen vorgetragen. 72 Prozent aller Petitionen wurden mündlich vorgetragen. In allen Landkreisen und kreisfreien Städten führte ich mindestens zwei Sprechtage durch, insgesamt waren es 39 Sprechtage.
An dieser Stelle möchte ich auf eine Petition eingehen, die im Jahresbericht dargestellt wurde und mir beson
ders am Herzen liegt: Ein junger Mann wurde zum ersten Mal Vater und hatte sich vom Versorgungsamt das voraussichtliche Elterngeld berechnen lassen. Danach sollte das Elterngeld deutlich unter dem Bedarf der jungen Familie liegen. Damit war die Familienplanung infrage gestellt. Es wäre dem Petenten nicht wie geplant möglich gewesen, die Kinderbetreuung für zwölf Monate zu übernehmen. Was war die Ursache für das niedrige Elterngeld? Für die Berechnung des Elterngeldes war das Einkommen der letzten zwölf Monate zugrunde zu legen. Der Petent hatte in diesem Zeitraum an einer langen Reservistenübung – zweieinhalb Monate – teilgenommen. Es stellte sich heraus, dass für die Zeit der Reservistenübung als Einkommen null Euro angesetzt worden waren. Die während dieser Zeit gezahlte Verdienstausfall entschädigung wurde nicht als anrechenbares Einkommen anerkannt.
Der Petent hatte sich dann selbst an das Bundesfamilienministerium gewandt und von dort eine abschlägige Antwort erhalten, es sei der Einkommensbegriff aus dem Einkommenssteuergesetz zugrunde zu legen. Die in der Reservistenzeit gezahlte Verdienstausfallentschädigung sei nicht steuerpflichtig und könne deshalb auch nicht angerechnet werden. Außerdem solle die Verdienstausfallentschädigung nur den Unterhalt sichern und kein Einkommen ersetzen. Auch deshalb bestehe kein Anlass, die Verdienstausfallentschädigung als Berechnungsgrundlage für das Elterngeld heranzuziehen. Hier sollte jemand wegen seines Dienstes an der Allgemeinheit einen Nachteil bei einer staatlichen Leistung im Bereich der Familienförderung hinnehmen müssen und das sollte auch noch rechtens sein.
In Abstimmung mit dem Petenten trug ich die Angelegenheit dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages vor. In einer ersten Stellungnahme erhielt ich unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Bundesfamilienministeriums eine abschlägige Antwort. Hier wäre eigentlich mein Auftrag abgeschlossen gewesen. Der Petent hätte eine ablehnende Antwort erhalten. Ich wollte das aber nicht auf sich beruhen lassen und wandte mich an das Bundesministerium der Verteidigung. In seiner Antwort bedauerte das Verteidigungsministerium ausdrücklich, dass die Wehrübung bei dem Petenten zu einem finanziellen Nachteil bei der Berechnung des Elterngeldes geführt hat. Es wurde der Hinweis auf die Möglichkeit der Beantragung eines Härtefallausgleichs gegeben. Im Ergebnis wurde auch tatsächlich die individuelle Schlechterstellung des Petenten durch die Zahlung eines Härtefallausgleichs korrigiert.
Ich hielt aber darüber hinaus eine rechtlich abgesicherte gerechte Lösung für alle zukünftigen Teilnehmer an Reservistenlehrgängen für wichtig. Wenig später erhielt ich vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages ein weiteres Schreiben. Der Petitionsausschuss hatte sich darin erfreulicherweise der von mir übermittelten Argumentation des Petenten angeschlossen. Anfang 2009 wurde im Bundeserziehungsgeldgesetz eine entsprechende Änderung vorgenommen. Bei Personen, die Wehrdienst, also auch Reservistendienst leisten, wird dieser Zeitraum bei der Berechnung des Elterngeldes ausgespart. Es sind dann die letzten zwölf Monate, in denen steuerpflichtiges Einkommen erzielt wurde, zugrunde zu legen. Diese Verbesserung gilt auch für alle, die Zivildienst leisten.
Damit hat bundesweit seit dieser Gesetzesänderung ein großer Personenkreis junger Menschen Anspruch auf ein höheres Erziehungsgeld. Dieser Erfolg zeigt, dass der
Bürgerbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern auch vor dem Bundesgesetzgeber Gehör findet und auch Gesetzesänderungen bewirken kann.
Da während der Ausschussberatung konkret die Frage zum Rückgang der Petitionen im Bereich Gebühreneinzugszentrale gestellt wurde, will ich an dieser Stelle kurz darauf eingehen:
Im Jahre 2007 wurden 150 Petitionen zum Bereich GEZ, also Rundfunkgebühren, vorgetragen, im Jahr 2008 waren es nur noch 70. Hierfür sehe ich zwei Ursachen:
Erstens. Bei meinen Sprechtagen im ländlichen Bereich im Jahr 2007 hat die Forderung nach einer Rückkehr zur Praxis saisonaler Anmeldung für Ferienwohnungen eine große Rolle gespielt und damit zu einem Anstieg der Anfragen in diesem Bereich geführt. Außerdem hat die Verbraucherzentrale in diesem Bereich ihre Tätigkeiten verstärkt. Insgesamt ist die Zahl der Petitionen im Bereich der Gebühren und Abgaben jedoch trotzdem leicht gestiegen. Straßenbau, Wasser und Abwasser und Anschließbeiträge sollten als Stichwort an dieser Stelle genügen.
Ich möchte Ihnen noch einen weiteren Fall aus meinem Jahresbericht vorstellen: Eine Bürgerin bat mich um Unterstützung hinsichtlich der Einschulung ihrer siebenjährigen behinderten Tochter an einer anderen als der örtlich zuständigen Schule zur individuellen Lebensbewältigung. Ihren Wunsch begründete die Mutter damit, dass ihre Tochter beim Besuch der örtlich zuständigen Schule eine jahrgangsübergreifende Klasse besuchen müsste. Sie wäre die einzige Erstklässlerin in einer fremden Umgebung. Ihre Mitschüler wären nicht nur älter, sondern ihr auch körperlich weit überlegen. Dieses stellte eine enorme Belastung für ihre Tochter dar. Bei einem Besuch dieser Schule habe die Tochter sehr verängstigt reagiert. Dazu muss man wissen, dass sie sehr, sehr krank war.
Der Antrag der Mutter auf Einschulung an dem örtlich nicht zuständigen Förderzentrum wurde durch das Schulverwaltungsamt des Landkreises abgelehnt. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass kein wichtiger Grund im Sinne von Paragraf 46 Absatz 3 Schulgesetz Mecklenburg-Vorpommern vorliege, sodass kein Anspruch auf eine Beschulung am gewünschten Förderzentrum bestehe. Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur bestätigte die Ablehnung mit Widerspruchsbescheid im August 2008.
Aufgrund des Vortrages der Petentin vereinbarte der Bürgerbeauftragte ein Gespräch mit der Vorsitzenden des Bildungsausschusses des Landtages und dem Staatssekretär des Bildungsministeriums und stellte die Besonderheiten dieses Einzelfalles dar. Beim Besuch der örtlich zuständigen Förderschule wäre eine Beförderung im Sammeltransport erfolgt, bei dem die Tochter der Petentin das erste abzuholende Kind gewesen wäre. Ärztlicherseits war sogar eine Einzelbeförderung wegen der gravierenden Atembeschwerden als erforderlich eingeschätzt worden. Aus meiner Sicht liegen damit – aus Sicht des Bürgerbeauftragten – besondere soziale Umstände des Paragrafen 46 Absatz 3 Ziffer 3 Schulgesetz vor.
Im Ergebnis dieses Gesprächs wurde eine nochmalige Überprüfung der bereits getroffenen Entscheidung vereinbart. Bereits am 2. Oktober 2008 teilte die Petentin
erfreut und erleichtert mit, dass ihrem Antrag auf Besuch des Förderzentrums entsprochen worden sei. Die Richtigkeit dieser Maßnahme zeigt sich auch darin, dass die Tochter der Petentin an der örtlich zuständigen Schule durch Krankheit gefehlt hatte und jetzt einen einfacheren Zugang zum Schulbesuch bekommt. Das ist nicht üblich, dass ein Widerspruchsbescheid von einer Behörde aufgehoben worden ist. In so einem Falle danke ich dem Bildungsministerium.
Der soziale Bereich war auch im Jahr 2008 ein Hauptschwerpunkt. 35 Prozent, also jede dritte Petition, bezog sich auf Fragen zur Grundsicherung, zum Wohngeld, zur Arbeitslosenversicherung, zur Krankenversicherung und zur Pflege- und Rentenversicherung sowie zu Fragen der Kinder- und Jugendhilfe. In meiner Beratungstätigkeit, gerade bei den Sprechtagen im ländlichen Raum, sprechen viele Bürgerinnen und Bürger ihr Anliegen vor, die sie als Bezieher von Arbeitslosengeld II haben. Die Probleme sind vielschichtig.
Ich schildere einige: Von langjährigen Mietern wird der Umzug in eine kleinere Wohnung verlangt, obwohl es am Ort keine entsprechende Wohnung gibt, Bitte um Erläuterung zu den kommunalen Richtlinien für die Kosten für die Heizung und Unterkunft, weil ein Verwandter oder Bekannter in einem anderen Kreis oder einer anderen Stadt andere Leistungen erhält. Seit mehreren Jahren arbeitslose junge Menschen bekommen nicht die gewünschte Umschulung. Leistungen für Schwangere werden nicht gewährt, weil eine Bedarfsgemeinschaft mit der Mutter unterstellt wird, obwohl die junge Frau aus der kleinen Wohnung der Mutter ausgezogen ist und mit dem Freund eigenen Wohnraum bewohnt. Kinder werden in der Bedarfsermittlung nicht richtig berücksichtigt, Fahrkosten oder der Einsatz bei Maßnahmen und so weiter und so weiter.
Die Hartz-IV-Regelungen werden als erhebliche Einschnitte in die persönlichen Lebensverhältnisse durch die Vortragenden empfunden. Die Art und Weise des Vollzugs der Vorschriften verschlimmert die Situation aber erheblich. Die Bescheide sind viel zu oft falsch. Mehr als 30 Prozent der Bescheide müssen im Widerspruchsverfahren korrigiert werden und mehr als die Hälfte aller Gerichtsverfahren in diesem Bereich gehen für die Bürger positiv aus. Die Bescheide sind oft formell und gehen auf den Einzelfall nicht ein. Für den Bürger ist es ohne verständliche Begründung aber schwer einzuschätzen, ob der Bescheid rechtens oder ein Widerspruch begründet wäre.
Eine Beratung, auf die die Bürger eigentlich einen Rechtsanspruch haben, wird in den mir berichteten Fällen praktisch von den Agenturen für Arbeit zumeist nicht geleistet. Termine sind schwer zu bekommen, Telefonanrufe landen in Warteschleifen oder bei Mitarbeitern in Hotlines, die zum Fall nichts sagen oder nur zusagen können, das Vorgetragene zu übermitteln.
Aus den Gesprächen mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Argen weiß ich auch um die dortigen Probleme: hohe personelle Fluktuationen, Mängel in Computerprogrammen, Ausbildungsdefizite. Meine Aufgabe ist es aber, die Bürger zu unterstützen, damit sie nicht benachteiligt werden und Gefahr laufen, nicht das zu erhalten, was ihnen vom Gesetz her zusteht. Der Verweis
auf Widerspruchs- und Klagemöglichkeiten wird von den Betroffenen als nochmaliges Abschieben empfunden, denn Beratungen, Aufklärungen und Gespräche wären dazu notwendig.
Insofern bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit. Ich hoffe, ich habe Ihnen einige Anregungen gegeben. Der Jahresbericht, wie gesagt, hat Ihnen ja als Drucksache vorgelegen und insofern, glaube ich, habe ich die Schwerpunkte da schon benannt. Ich habe jetzt versucht, noch einige ergänzende Ausführungen zu geben. – Vielen Dank noch mal.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bedanke mich für die Möglichkeit, die Vorschläge, Bitten und Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, deren Sprachrohr ich seit 2007 bin, Ihnen heute vorstellen zu können. Der Ihnen vorliegende Dreizehnte Jahresbericht des Bürgerbeauftragten ist somit der erste über die Tätigkeit in meiner Amtszeit. Dieser Bericht soll nur einen kleinen Überblick über die Bearbeitung von Petitionen im Jahr 2007 geben. Mit der Schilderung ausgewählter Petitionen soll aufgezeigt werden, wie zwischen den Verwaltungen, Behörden und den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes vermittelt werden konnte, welche Lösungen aufgezeigt und welche Hinweise gegeben wurden.
Im Berichtszeitraum wurden 1.487 Petitionen bearbeitet und 103 telefonische Beratungen und abschließende Auskünfte gegeben, davon wurden 1.083 Petitionen in persönlichen Gesprächen an den jeweiligen Sprechtagen oder telefonisch vorgetragen. In allen Landkreisen und kreisfreien Städten führten wir mindestens zwei Sprechtage durch. Insgesamt waren es 39.
Die Vielfalt der Anregungen, Bitten und Beschwerden hat auch im vergangenen Jahr nicht abgenommen. Eine Steigerung der Petitionen im Bereich Infrastruktur und Abgaben ist auch im Jahr 2007 zu verzeichnen. 412 Anliegen zählten wir in diesem Sachgebiet. Die Problematik kommunaler Anliegen wie Altanliegeranschlussbeiträge, Wasser- und Abwasserbeiträge und Straßenanliegerbeiträge nahmen einen Großteil der Petitionen ein. 28,7 Prozent der Gesamtpetitionen im Jahr 2007 entfielen auf den Bereich soziale Sicherung, darunter Sozialhilfe, Wohngeld, Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung, Kinder- und Jugendhilfe und die Grundsicherung. Dies waren 457 Fälle. Davon fielen 241 auf das Gebiet Grundsicherung nach SGB II.
Bei der Auswahl der Petitionen für meinen Bericht habe ich versucht, einzelne Petitionen komplex darzustellen, wie zum Beispiel zu Rundfunkgebühren, zu Kommunalabgaben, zum Verwaltungsverfahrensgesetz, zum Nachbarrechtsgesetz, zum Sozialgesetzbuch II sowie sehr individuelle Fallbeispiele. Dazu gehören die Beispiele „Garagennutzer“, „Fahrscheine bitte“, „Falsche Daten von Amts wegen“ und „Ausweisfoto auch mit Haarersatz“, um nur einige zu nennen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sie werden sich sicherlich an den Fall „Ausweisfoto auch mit Haarersatz“, der in der Berichterstattung der Medien und in der NDR-Radiosprechstunde thematisiert wurde, erinnern. Ich möchte diesen Fall hier in diesem Haus einmal kurz vorstellen:
Bei einer Bürgerin wurde eine Krebserkrankung festgestellt. An eine intensive Bestrahlung schloss sich eine länger andauernde Chemotherapie an. Die Nebenwirkungen führten zu einem völligen Ausfall des Kopfhaares. Der Personalausweis der Bürgerin lief im
Jahre 2007 ab. Sie wandte sich an das für ihren Wohnsitz zuständige Ordnungsamt und bat um Überprüfung, ob es aufgrund ihrer besonderen Situation gestattet werden könnte, für einen neuen Personalausweis ein Lichtbild mit Haarersatz beizubringen. Verständlicherweise scheute die Petentin davor zurück, während der gesamten Gültigkeitsdauer des neuen Ausweises diesen mit einem Zustand der Kahlköpfigkeit aufgenommen Bild vorzeigen zu müssen. Da die Bürgerin keinen Reisepass hatte, war die Ausstellung eines neuen Personalausweises unumgänglich, um der Ausweispflicht Genüge zu tun. Das Ordnungsamt teilte der Bürgerin jedoch mit, für die Herstellung von Personalausweisen dürfen nur Lichtbilder, die die jeweilige Person ohne Kopfbedeckung zeigen, also auch ohne Haarersatz verwandt werden. Auch das Eintreten des örtlichen Bundestagsabgeordneten für die Bürgerin konnte das Ordnungsamt nicht zum Einlenken bewegen.
Nunmehr wandte sie sich an den Bürgerbeauftragten. Zu jenem Zeitpunkt fanden sich die Regelungen zu den verwendeten Lichtbildern im Paragrafen 3 der Passmusterverordnung vom 8. August 2005. Dort hieß es unter anderem wörtlich: „Das Lichtbild muss“ den Passbewerber „ohne Kopfbedeckung“ zeigen. Hiervon kann die Passbehörde „insbesondere aus religiösen Gründen … Ausnahmen zulassen.“ Die Verwendung des Wortes „insbesondere“ eröffnete die Möglichkeit, weitere Ausnahmen zuzulassen.
Um hier eine Klarstellung zu erlangen, wandte ich mich mit Schreiben vom 16. Oktober 2007 an den Innenminister. Dieser wies in seiner Antwort darauf hin, dass wenige Tage nach Eingang des Schreibens des Bürgerbeauftragten die neue Passverordnung vom 19. Oktober 2007 in Kraft getreten sei. Mit der neuen Verordnung wäre gerade zur Klarstellung der Wortlaut bezüglich möglicher Ausnahmen um die medizinischen Tatbestände ergänzt worden. Paragraf 5 lautet hier nun wie folgt: „Die Passbehörde kann vom Gebot der fehlenden Kopfbedeckung insbesondere aus religiösen Gründen, von den übrigen Anforderungen aus medizinischen Gründen, die nicht nur vorübergehender Art sind, Ausnahmen zulassen.“ Solche Ausnahmen waren auch vorher möglich. Jetzt ist jedoch durch die Konkretisierung des Verordnungstextes die Anwendung auch für die örtlichen Ordnungsbehörden einfacher geworden. Gerade dieser Fall zeigt, wie bürgerunfreundlich, ja, sogar pietätlos dieser Verwaltungsmitarbeiter entschieden hat.
Bereits im vergangenen Jahr hatte ich den „Europäischen Kodex für die Verwaltungspraxis“ vorgestellt. In Artikel 12 heißt es: „Tritt ein Fehler auf, der die Rechte und Interessen einer Einzelperson beeinträchtigt, entschuldigt sich der Beamte dafür.“ In diesem Fall hat der Beamte nicht nach Artikel 12 gehandelt, er hat sich nicht für sein Handeln entschuldigt. Ganz im Gegenteil, der Bürgerin sind weitere Unannehmlichkeiten bei der Arge entstanden. Die Grundsicherungsleistung sollte ihr aufgrund eines fehlenden und nicht mehr gültigen Personalausweises nicht gewährt werden. Eine Ordnungswidrigkeit wurde ihr vom Amt angedroht, weil sie den neuen Personalausweis zu spät beantragt hatte. Es wird nach meiner Meinung Zeit, dass der Europäische Kodex endlich auch für unsere Verwaltungen in unserem Land gilt.
Wie bereits geschildert, stellt auch die Problematik Beitragsrecht eine Vielzahl an Petitionen. Bei der Bearbeitung vieler Petitionen war festzustellen, dass Abgaben und Widerspruchsbescheide für die Bürgerinnen und Bürger unverständlich waren. In vielen Widerspruchsbescheiden ging man auf die im Widerspruch vorgebrachten Gründe nur unzureichend ein und reihte stattdessen unverständliche Gesetzesphrasen aneinander. Erst durch allgemeinverständliche Übersetzungen der Bescheide durch meine Behörde konnte den Betroffenen klargemacht werden, worin die jeweiligen Gründe lagen.
In vielen Gesprächen schilderten Bürger, dass es insbesondere bei hohen Beitragsforderungen für die Bürger schwierig oder unmöglich war, die geforderte Summe innerhalb eines Monats aufzubringen. Innerhalb so kurzer Zeit war es auch nicht möglich, Kredite aufzunehmen. Wenn die Bürger Ersparnisse hatten, waren sie an die Kündigungsfristen der Geldinstitute gebunden. Ich rege daher an, eine längere Zahlungsfrist einzuräumen, um den Bürgern die Finanzierung zu erleichtern. Dies könnte zum Beispiel innerhalb des laufenden Haushaltsjahres oder drei beziehungsweise sechs Monate sein. Das KAG Mecklenburg-Vorpommern lässt dies zu, denn in Paragraf 2 Absatz 1 ist geregelt, dass die Satzung einen Fälligkeitstermin bestimmen muss, ohne eine bestimmte Frist vorzugeben. Auch bei den Altanliegeranschlussbeiträgen, bei denen die Bescheide bis zum 31. Dezember 2008 an die Beitragszahler laut Gesetz zugestellt werden müssen, wäre ein längeres Zahlungsziel möglich.
Es gibt so ein Beispiel schon bei uns im Land, und zwar hat der Zweckverband Rügen zu dieser Problematik einen Beitragsbescheid rausgeschickt, in dem er Fälligkeiten und Forderungshöhe im Einzelnen aufgliedert, sodass ein Fälligkeitstermin das Jahr 2009 ist, der zweite 2010,
der dritte 2011 und dann die letzte Rate 2012. Der Bescheid ist jetzt am 30.09. rausgegangen. Diese Regelungen können die anderen Zweckverbände übernehmen.
Dies trifft auch für die Straßenausbaubeitragssatzung der Kommunen zu. Speziell bei Straßenbaubeiträgen wird immer wieder von den Bürgern die luxuriöse Art und Weise des Ausbaus kritisiert. Bürgersteige seien überdimensioniert, Grundstücksausfahrten zu breit ausgeführt oder es seien zu hochwertige Materialien verwandt worden. Darüber hinaus werden oft die Anzahl der Straßenlampen und die Gestaltung der Nebenanlagen kritisiert. Um die Voraussetzung für den Erhalt von Fördermitteln aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz zu erfüllen, stellen Gemeinden oft Straßenlampen in einem Abstand von nicht mehr als 25 Metern auf. Im täglichen Betrieb wird dann jedoch jede zweite Lampe abgeschaltet. Ich rege angesichts der Finanzlage der Kommunen, der folgenden Stromkosten sowie der sich für die Bürger ergebenden Beitragsbelastungen eine Überprüfung dieser Förderpraxis an.
Bereits bei der Vorstellung des Jahresberichts 2006 hatte ich einen Ausblick für das Jahr 2007 bei der Erhebung von Rundfunkgebühren für gewerbliche und private Ferien häuser gegeben. Die Möglichkeit der saisona
len An- und Abmeldungen war nicht mehr gegeben. Als großen Erfolg der Bemühungen des Petitionsausschusses und des Bürgerbeauftragten ist die Einigung der Ministerpräsidenten zur saisonalen An- und Abmeldung von Rundfunkempfangsgeräten zu werten.
Mein Dank gilt in dem Zusammenhang auch Herrn Dr. Harald Ringstorff, der ja diesen Antrag eingebracht hat.
Noch nicht geklärt ist die Beantragung von Gebührenbefreiung, wenn Bürger nur über ein sehr geringes Einkommen verfügen und keine Sozialleistungen erhalten, sie jedoch eine vergleichbare Bedürftigkeit nachweisen. Dann kann den Betroffenen eine Gebührenbefreiung aufgrund eines besonderen Härtefalles nach Paragraf 6 Absatz 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag gewährt werden. Dies wird aber von der Gebühreneinzugszentrale nicht umgesetzt.
Ich rege an, bedürftige Bürgerinnen und Bürger und Studenten ohne BAföG-Bezug von Rundfunkgebühren freizustellen.
Im Jahresbericht sind auch Legislativpetitionen aufgeführt, die mir von Bürgern vorgetragen wurden. Beispielhaft erwähnen möchte ich die Anregung, eine Stiftung für Zwangsausgesiedelte aus den Grenzgebieten der ehemaligen DDR zu schaffen. Nennen möchte ich auch die Anregung zur Schülerbeförderung in den Klassen 11, 12 und 13 und zur Beförderung von Schülerinnen und Schülern mit Hochbegabung. Nach meinem Kenntnisstand ist dies ja in der Novellierung der Schulgesetze schon mit aufgenommen.
Viele Anfragen, Bitten und Beschwerden richteten sich gegen die Bescheide der Argen zum ALG II. Themen waren die Kosten der Heizung und Unterkunft, Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen, Regelleistungen zur Sicherung des Unterhalts und Wegfall beziehungsweise Absenkung des ALG II nach Paragraf 31 SGB II.
Ich habe bei meinen persönlichen Besuchen mit den Geschäftsführern der Argen und der Optionskommune in Ostvorpommern über mögliche Lösungsansätze diskutiert. Ein Thema waren besonders die zahlreichen Widerspruchsverfahren und Sozialgerichtsverfahren. Bei diesen Gesprächen wurde über die Möglichkeit der Einrichtung einer unabhängigen Prüfstelle beim Bürgerbeauftragten gesprochen. Diese Prüfstelle hätte die Aufgabe, Entscheidungen der Argen zu überprüfen. Sofern sich eine Entscheidung als rechtmäßig und geeignet erweist, würde dies den Bürgern erläutert. Andernfalls würde versucht, zwischen Bürgern und Argen zu vermitteln. Wir waren uns einig, dass diese Prüfstelle zu einer Verringerung der Widerspruchs- und Klagezahlen führen könnte und somit entlastend für die Argen und die Sozialgerichte wirken würde.
Im Jahr 2007 gab es 45.020 Widersprüche und mehr als 6.000 Klagen vor den Sozialgerichten in MecklenburgVorpommern. Für das laufende Jahr rechnet man mit 8.000 Klagen vor dem Sozialgericht und per 31.08.2008 sind bereits wieder 32.800 Widersprüche eingegangen.
Ich zitiere aus einem Schreiben der Justizministerin Frau Uta Kuder vom 31. Mai 2008: „Für Ihren Vorschlag, eine unabhängige Prüfstelle zur Entlastung der Sozialgerichte einzurichten, danke ich. Eine solche Prüfstelle kann sicher für viele betroffene Bürger eine schnellere Klärung ihres Anliegens bewirken und damit auch einen Beitrag zur Entlastung der Sozialgerichte leisten.“
Gleichzeitig macht die Ministerin darauf aufmerksam, dass es für den Bürger deutlich werden sollte, dass das Tätigwerden der Prüfstelle nicht die Einhaltung von Widerspruchs- und Klagenfristen ersetzt.
Bei einem weiteren Gespräch mit der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit in Kiel fand die Errichtung dieser Prüfstelle auch Zustimmung durch den Geschäftsführer Herrn Goecke. Es wurde vereinbart, dass der Widerspruch trotz Beratung bei Prüfung fristwahrend eingelegt wird, jedoch die Widerspruchsbegründung nachgereicht wird und das Widerspruchsverfahren für die Dauer der Befassung ausgesetzt wird. Damit würden wir eigentlich diesem Anliegen, was die Justizministerin uns vorgetragen hat, gerecht werden.
Gegenwärtig laufen Gespräche mit dem Justizministerium, ob nicht durch eine Abordnung eines Juristen die Prüfstelle zum 1. Januar 2009 besetzt werden kann. Ein entsprechendes Konzept zur Arbeit in der Prüfstelle werde ich dem Rechts- und Europaausschuss, wie durch diesen beschlossen, dann vorlegen.
Ja, es ist sehr schwierig, wenn man das gesamte Jahr 2007 vorstellen soll, aber ich möchte kurz noch auf das Nachbarrechtsgesetz eingehen. Aus meiner Sicht haben sich Diskussionen dazu ergeben, dass es Regelungsbedarf geben soll zu Grenzabständen bei der Pflanzung von hoch wachsenden Pflanzen, die klare Handhabung und Regelung eines Hammerschlags- und Leiterrechts und Fragen zur Einfriedung. Ich bin der Meinung, wenn wir diese Dinge regeln können, nur diese drei, dann können viele Anliegen, die mir angetragen werden und die sicherlich auch in den Petitionsausschuss kommen, von vornherein ohne Petition zwischen den Nachbarn geregelt werden.
In einem letzten Satz möchte ich mich ganz herzlich noch mal bedanken für die Unterstützung und die Anregungen in den einzelnen Landtagsausschüssen und ganz besonders beim Petitionsausschuss für eine sachgerechte und konstruktive Zusammenarbeit und Diskussion. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich bedanke mich für die Gelegenheit, in diesem Hohen
Haus den Jahresbericht des Bürgerbeauftragten für das Jahr 2006 vorstellen zu können. Nach dem 12. Jahresbericht, der einen Querschnitt durch die Tätigkeit meiner Amtsvorgängerin Heike Lorenz im Jahre 2006 bietet, bereits in den Ausschüssen des Landtages durch mich vorgestellt, erläutert und gemeinsam diskutiert wurde, haben die Ausschüsse ihre Stellungnahmen an den Petitionsausschuss weitergeleitet. Dieser hat daraufhin eine entsprechende Beschlussempfehlung erarbeitet, die die Ausschussvorsitzende Frau Borchardt gerade vorgestellt hat.
An dieser Stelle bedanke ich mich auch im Namen der Bürgerinnen und Bürger des Landes Mecklenburg-Vorpommern, die ich als Sprachrohr vertrete, für die ernsthafte und sachliche Befassung mit dem Bericht. Es ist auch für mich eine neue Erfahrung, auf der anderen Seite in diesem Hause Rede und Antwort zu geben, wie es in der letzten Legislaturperiode war, und dies wurde mir auch durch Vieles leichter gemacht.
Im Berichtsjahr wurden 1.844 Petitionen eingereicht, davon 1.826 durch Einzelpersonen und 18 durch Vereine, Verbände und Initiativen, telefonisch oder mündlich. In dem Bericht nicht enthalten sind telefonische Anfragen der Bürgerinnen und Bürger, die sofort während des Gesprächs beantwortet wurden beziehungsweise Hinweise auf Gesetze, Verordnungen oder Erlasse, die den Ratsuchenden zum Teil auch zugesandt wurden. Die Bürgerbeauftragten der anderen Bundesländer erfassen diese in ihren Jahresberichten, was in Zukunft auch in meiner Behörde geschehen wird.
Das Angebot der Sprechtage des Bürgerbeauftragten Mecklenburg-Vorpommerns in den Landkreisen und kreisfreien Städten stößt auf große Resonanz. An den 42 Sprechtagen wurden 496 Petitionen vorgetragen. Der Bedarf an Sprechtagen vor Ort hat auch im Jahr 2007 zugenommen. Häufi g gibt es Anfragen auch aus den Amtsverwaltungen. Amtsvorsteher oder Bürgermeister haben mich angesprochen, einen Sprechtag in deren Amtsbereichen durchzuführen. Sprechtage in Tessin und Gadebusch haben gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger diese rege wahrgenommen haben, um ihre Anliegen, Hinweise und Beschwerden mündlich vortragen zu können, wie auch bei den anderen Bürgerberatungen vor Ort.
Die Vielfalt der Anregungen, Bitten und Beschwerden hat auch im vergangenen Jahr nicht abgenommen. Petitionen zur Bodenreform, Rückführungen und Grundstücksangelegenheiten haben im Vergleich zum Jahre 2005 geringfügig zugenommen, sind also nach 17 Jahren Deutscher Einheit bei den Bürgerinnen und Bürgern im Land Mecklenburg-Vorpommern ein Problem, jedoch von der Gesamtzahl ein kleines bei fünf Prozent, für die Betroffenen ist es natürlich ein großes. Petitionen zu Belangen der Ausländer und Aussiedler – 28, Natur- und Umweltschutz, Landschaftsfragen – 79, Wirtschaft, Fördermittel – 86, Baurecht, Raumordnung, Landesplanung – 92, gehörten ebenfalls laut Statistik zum geringen Anteil. Der Aufwand zur Klärung der Sachverhalte und Vermittlung ist jedoch sehr umfangreich und kompliziert, weil viele Behörden gefragt und angehört werden müssen. Oftmals ist der Ermessensspielraum nicht ausgenutzt worden.
Eine Steigerung der Petitionen im Bereich Infrastruktur und Abgaben um 26 Prozent ist im Jahr 2006 besonders auffällig. Die Problematik Altanliegeranschlussbeiträge, Anschlussbeiträge, Wasser und Abwasser, Straßenanliegerbeiträge, Müllgebühren sowie Straßenreinigungs
gebühren nehmen einen Großteil der Petitionen ein. Wir mussten jedoch feststellen, dass die Zweckverbände ihren Ermessensspielraum sehr unterschiedlich ausgenutzt haben. Die Möglichkeiten der Ratenzahlung und Stundung wurden von mehreren Zweckverbänden gar nicht genutzt oder nur in geringem Maße. Bürgerfreundlich handelten diese Zweckverbände, die für die großen Grundstücke – bis zu 6.000 Quadratmeter oder größer – eine Teilveranlagung vornahmen. Konkret: Sie berechneten zunächst 1.000 Quadratmeter und die restliche Größe des Grundstücks wird erst dann berechnet, wenn eine weitere Bebauung des Grundstücks erfolgt. Dies würde mit einem Vertrag vereinbart. Dieses Vorgehen wurde von den Bürgern begrüßt. Wichtig ist es aus unserer Sicht, dass die rechtliche Absicherung in der Satzung der Zweckverbände vorgenommen wird.
Immer wieder mussten wir feststellen, dass Bürgerinnen und Bürger erst sehr spät über Infrastrukturmaßnahmen – Straßen, Wasser, Abwasser – oder manchmal auch gar nicht informiert wurden. Das Gesetz schreibt zwar keine Beteiligungspfl icht der Anlieger vor, doch durch die Aufklärung, Diskussion und Erläuterungen konnten vielfach Beschwerden und vor allem Klagen abgewendet werden.
Im Jahr 2006 wurden von meinem Büro in 812 Petitionen zu sozialen Fragen Auskünfte gegeben, davon 138 Bitten und Beschwerden von Menschen mit Behinderung, in denen es um Zuerkennung des Merkzeichens aG im Schwerbehindertenausweis ging, die gelbe Karte für Parkerleichterung oder um Bescheide der Rentenversicherungsträger für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Weiter werden lange Bearbeitungszeiten, nicht nachvollziehbare Ablehnung und fehlende Begründungen bemängelt. 340 Petitionen wurden bearbeitet zu Fragen des SGB II. Inhaltlich ging es vor allem um die Sicherung des Lebensunterhaltes, Leistungen für Unterkunft und Heizung und die Prüfung von Rückforderungen.
Das Ermessen der Grundsicherungsträger nach SGB II bei der Beurteilung der durch die Landkreise und kreisfreien Städte erarbeiteten Richtlinien der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach Paragraf 22 SGB II wurde sehr unterschiedlich gehandhabt. Einige Argen forderten recht schnell die Bedarfsgemeinschaften zum Umzug auf, andere nutzten die Möglichkeit, einen Wohnraummehrbedarf zu begründen, was durch Hinweise in ihren Richtlinien möglich war. Rückzahlungsforderungen waren unbegründet oder die Höhe der Ratenvereinbarungen war unangemessen, sodass die Familien in fi nanzielle Nöte gerieten. In vielen Fällen konnte geholfen werden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Besonders der Umgang der Mitarbeiter der Verwaltung mit den Bürgerinnen und Bürgern war häufi g Grund von Beschwerden. So konnten wir immer wieder feststellen, dass das Handeln dieser Mitarbeiter Verdrossenheit schürt, die auf die Politik durchschlägt. Diese Beamten und Angestellten haben immer noch nicht verinnerlicht, dass sie Dienstleister für den Bürger sind.
Viele Bitten und Beschwerden wären nicht nötig, wenn sich die Dienstleister – die Beamten und Angestellten – an den Europäischen Kodex für gute Verwaltungspraxis mit seinen 27 Artikeln halten und danach arbeiten würden. Herr Präsident, gestatten Sie, dass ich daraus
zitiere. „Recht auf eine gute Verwaltung“, das heißt nach Artikel 41 der Charta der Grundrechte:
„1 Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen und Einrichtungen der Union“, der Europäischen Union, „unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden.
2 Dieses Recht umfasst insbesondere:
das Recht einer jeden Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige, individuelle Maßnahme getroffen wird;
das Recht einer jeden Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten unter Wahrung des legitimen Interesses der Vertraulichkeit und des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses“.
Und aus meiner Sicht, und auch meiner Behörde, ist von besonderer Wichtigkeit auch der Artikel 12 unter dem Stichwort „Höfl ichkeit“:
„1. Der Beamte legt in den Beziehungen zur Öffentlichkeit ein dienstleistungsorientiertes, korrektes, höfliches und zugängliches Verhalten an den Tag. Bei der Beantwortung von Schriftverkehr, Telefongesprächen und E-Mails bemüht sich der Beamte, so hilfsbereit wie möglich zu sein, und beantwortet an ihn gerichtete Fragen so vollständig und genau wie möglich.
2. Ist der Beamte nicht für die betreffende Angelegenheit verantwortlich, verweist er den Bürger an den zuständigen Beamten.
3. Tritt ein Fehler auf, der die Rechte oder Interessen einer Einzelperson beeinträchtigt, entschuldigt sich der Beamte dafür und bemüht sich, die durch seinen oder ihren Fehler verursachten negativen Auswirkungen auf zweckmäßigste Weise zu korrigieren, und unterrichtet den Bürger über etwaige Berufungsmöglichkeiten gemäß Artikel 19 des Kodex.“
Meine Damen und Herren, wie glücklich wären die Bürgerinnen und Bürger, wenn man so handeln würde!
Abschließend möchte ich noch einige Anregungen geben zu Bitten oder Petitionen, die beim Bürgerbeauftragten auch 2007 eingegangen sind und bereits im Jahresbericht 2006 Erwähnung fi nden.
Landespfl egewohngeld. Dieses Problem ist durch die Einbringung des Gesetzentwurfes der Landesregierung in absehbarer Zeit gelöst und damit wird den Pfl egebedürftigen in den Heimen auch nach dem 31. Dezember 2007 dieses Geld weiterhin gezahlt.
Rundfunk- und Fernsehgebühren sind für viele Bürgerinnen und Bürger unseres Landes Anlass von Beschwerden. Dies trifft auch für andere Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland zu, sodass dies ein Schwerpunkt beim Treffen der Bürgerbeauftragten der Länder Schleswig-Holstein, Thüringen und RheinlandPfalz vom 1. bis zum 3. Oktober 2007 in Schwerin war. Wir hatten festgestellt, dass es bei den Petitionen um drei Problemkreise geht:
1. Rundfunk- und Fernsehgebühren für Vermieter von privaten Ferienwohnungen
2. Abmeldung von Rundfunkgeräten und
3. Gebührenbefreiung
Zu 1.: Rundfunk- und Fernsehgebühren
Besonders in Mecklenburg-Vorpommern als Urlaubs- und Tourismusland sind viele Vermieter von saisonalen Ferienwohnungen betroffen. Seit Beginn der Vermietungssaison im April 2007 haben alle Bürger, die private Ferienwohnungen vermieten, von der GEZ – Gebühreneinzugszentrale – neue Zahlungsaufforderungen erhalten. Diese Zahlungsaufforderungen weisen eine ganzjährige Gebührenzahlung für die Rundfunkgeräte in den Ferienwohnungen aus. Den Vermietern von Ferienwohnungen wurde mitgeteilt, dass eine An- und Abmeldung der Rundfunkgebühr in den Ferienwohnungen nicht mehr möglich ist.
Begründet wurde diese Änderung bei einigen Bürgern mit der Änderung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages vom 1. April 2005. Bei einigen Bürgern fi elen die Begründungen anders aus. So wurde zum Beispiel aufgeführt, dass eine Recherche der GEZ im Internet erfolgt ist und dort festgestellt wurde, dass die Bürger ganzjährig im Vermieterverzeichnis eingetragen sind und deshalb von einer ganzjährigen Vermietung der Ferienwohnung auszugehen ist. Demzufolge sind die Rundfunkgeräte ganzjährig empfangsbereit. Eine andere Aussage der Gebühreneinzugszentrale ist folgende: „Mit einem Außendienstmitarbeiter vereinbarten Sie die durchgehende Anmeldung Ihrer Rundfunkgeräte in den Ferienwohnungen.“
Den einzelnen Petitionen ist zu entnehmen, dass nicht bei allen Bürgern gleich verfahren wurde. Einige Bürger sollten rückwirkend ab dem Jahr 2005 ganzjährig die Gebühren zahlen, während andere Bürger erst ab dem Januar 2007 ganzjährig die Gebühren zahlen sollten.
Ein Bürger, der mir sein Schreiben der GEZ vom 2. August 2007 zur Verfügung gestellt hat – und der Inhalt des Schreibens wurde auch im „Nordkurier“ vom 24.08.2007 veröffentlich –, erhielt folgende Aussage der GEZ, Zitat: „Die Änderung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages trat bereits zum 1. April 2005 in Kraft. Die Justiziarräte der Landesrundfunkanstalten haben beschlossen, dass die Änderung im Rahmen des Vertrauensschutzes erst zum 1. Januar 2007 vorgenommen wird.“ Für meine Behörde war klar, dies trifft für alle Ferienwohnungsvermieter zu. Jedoch wurden andere Vermieter aufgefordert, rückwirkend ab 1. April 2005 Gebühren zu zahlen. Auf Nachfrage bei der GEZ wurde uns mitgeteilt, dass jede Zahlungsaufforderung als Einzelfall zu betrachten ist.
In den Gesprächen mit den Petenten wurde deutlich, dass nur einige Petenten in der Lage sind, ganzjährig zu vermieten. Grundsätzlich ist es so, dass durch fehlende Heizmöglichkeiten die Ferienobjekte nach Saisonende als Abstellmöglichkeiten für Gartenmöbel und Pfl anzen genutzt werden. Hinzu kommt, dass die Petenten die Rundfunkgeräte nach Saisonende immer aus den Ferienobjekten entfernen, da es sich in fast allen Fällen um Zweitgeräte aus den privaten Wohnungen handelt. Die Petenten stellten also ihre Zweitgeräte den Gästen nur für den Vermietungszeitraum zur Verfügung. Die Zweitgeräte in den privaten Räumen der Petenten sind laut Rundfunkgebührenstaatsvertrag Paragraf 5 Absatz 1 Nummer 1 gebührenbefreit. Diese den Gästen zur Verfügung gestellten Geräte sind also in der Vermietungszeit rundfunkgebührenpfl ichtig, da sie nach Paragraf 5 Absatz 2 Rundfunkgebührenstaatsvertrag in Räumen aufgestellt sind, die zu anderen als privaten Zwecken genutzt wer
den. Nach Ende der Vermietungszeit werden die Geräte wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt, Zweitgeräte in der privaten Wohnung der Petenten.
Unter den gegebenen Umständen haben viele Petenten erklärt, dass sie die Vermietung der Ferienwohnungen aufgeben werden. Gerade ältere Petenten, die die Vermietung ausführten, um ihre Renten aufzubessern, wären von der Regelung der ganzjährigen Gebührenzahlung stark betroffen. Wenn drei Monate im Jahr vermietet und ganzjährig bezahlt werden soll, lohnt sich die Vermietung nicht, denn letztendlich sind die Gebühren höher als die Einnahmen durch Vermietung.
Zu 2.: Abmeldung von Rundfunkgeräten
Petenten, die ihre Rundfunkgeräte bei der GEZ abmelden wollen, haben oft das Problem, dass die Abmeldung bei der GEZ nicht registriert wird. Die Petenten müssen nachweisen, dass eine Abmeldung bei der GEZ eingegangen ist. In anderen Fällen werden Abmeldungen nicht anerkannt. Hier müssen die Petenten nachweisen, was mit den Rundfunkgeräten geschehen ist. Ja, man muss sogar nachweisen Verschrottung oder Verkauf. Demzufolge werden die Abmeldungen erst wirksam, wenn der Nachweis über den Verbleib der Geräte erbracht wird.
Ein Auslagern der Rundfunkgeräte aus den Ferienwohnungen führt jedoch nicht zur Gebührenbefreiung. Ich zitiere noch mal aus einem Brief der GEZ: „Auch das Auslagern von Geräten aus den Gästezimmern in Nebenräume oder Keller beendet nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht das Bereithalten von Rundfunkgeräten, da diese ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand jederzeit empfangsbereit gemacht werden können.“ Demzufolge wird auch das Entfernen der Geräte aus den Ferienwohnungen nicht anerkannt. Wir haben gesagt, das ist eine weitere Einnahmequelle für die Kommunen. Man sollte Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, wo die Kommune dann Miete erhebt zum Einlagern dieser Fernsehgeräte. Das wäre wahrscheinlich der richtige Weg, den man aus Sicht der Gebührenzentrale sieht.
Zu 3.: Gebührenbefreiung
Petenten, die einen Antrag auf soziale Leistungen stellen, werden leider oft von den Behörden nicht auf eine mögliche Befreiung von der Rundfunkgebührenpfl icht hingewiesen. Das hat zur Folge, dass Anträge auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpfl icht erst zu einem späteren Zeitpunkt gestellt werden. Somit müssen die Bürger oft für ein bis zwei Monate Gebühren zahlen, obwohl eine Befreiung möglich gewesen wäre.
Ein großes Problem stellt ein Antrag auf Gebührenbefreiung nach Paragraf 6 Absatz 3 Rundfunkgebührenstaatsvertrag auf Grundlage eines Härtefalls dar. Dieser Härtefall ist nicht defi niert. Problem dabei ist, dass die Antragsteller keinen entsprechenden Bescheid vorlegen können, der belegt, dass das Einkommen tatsächlich niedriger ist als das eines Arbeitslosengeld-II-Empfängers. Hinzu kommt, dass pauschal aufgeführte Ausgaben nicht anerkannt werden und das zur Verfügung stehende Einkommen nicht in jedem Fall durch eine relativ teure Wohnung belastet wird.
Abschließend ist noch zu erwähnen, dass die GEZ in ihren Schreiben an die Bürger nur textbausteinartige Antworten gibt. Ablehnungsbescheide sind ebenso formuliert. Auf konkret geschilderte Sachverhalte der Bürger geht die GEZ nur sehr selten ein.
Dass die geschilderten Beispiele keine Einzelfälle sind, belegen die Zahlen in der Statistik des Bürgerbeauftragten. 2006 waren es 72 Petitionen, bis 30. September 2007 bereits 140 und davon 85 aus der Problematik Ferienwohnung. – Ich komme gleich zum Ende. – Die zunehmende Zahl der Petitionen- und Bürgerbeschwerden im Zusammenhang mit der Erhebung von GEZ-Gebühren stimmt bedenklich. Sie deuten an, dass die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems in Deutschland ausgehöhlt wird.
Hier muss die Politik Antworten fi nden.
Ich rege an, dass der Landtag noch einmal nachdrücklich auf die Umsetzung seines eigenen Beschlusses vom 7. Dezember 2006 dringt, sodass Bezieher geringer Einkommen nicht vom Informationszugang abgeschnitten werden,
die Belastungen für das Beherbergungsgewerbe deutlich abgesenkt werden, für nicht gewerblich vermietete Ferienwohnungen eine Gebührenpfl icht nur aus dem tatsächlich vermieteten Zeitraum erwächst und letztens eine Gebühr nur für solche Geräte erhoben wird, die typischerweise in nicht unerheblichem Umfang in rundfunkrechtlich relevanter Weise genutzt werden. – Vielen Dank.