Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 79. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 79. und 80. Sitzung liegt Ihnen vor. Wird der vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall.
Wird der vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 79. und 80. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.
Die Fraktion der NPD hat angekündigt, einen Geschäftsordnungsantrag stellen zu wollen. Ich bitte, den Antrag zu begründen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Finanzausgleichsgesetz Mecklenburg-Vorpommern regelt für einen längeren Zeitraum die Ermittlung und Zuweisung der Leistungen des Landes an die kommunalen Gebietskörperschaften. Der gegenwärtige Gesetzentwurf basiert auf der ungenügenden Annahme, dass die aus der Steuerschätzung im Mai berechnete Steuerkraft als Ausgangsmesszahl des FAG hergeleitet werden kann. Es ist dringend geboten, zum Erhalt funktionsfähiger Gemeinden und im Interesse des Landes Mecklenburg-Vorpommern den im Antragstext benannten Gesetzentwurf auszusetzen. Erst wenn verlässliche Zahlen zur fiskalischen Entwicklung vorliegen, kann eine Novellierung des FAG in Angriff genommen werden. Hierbei soll eine Strukturstärkung und ein Erhalt der öffentlichen Grundversorgung im ländlichen Raum Vorrang haben.
Aus unserer Sicht ist es nicht möglich, auf den bisher vorgelegten Zahlen der Steuerschätzung ein Gesetz zu verabschieden, das in Zukunft in keinster Weise verlässliche Auskunft darüber geben kann beziehungsweise sicherstellen kann, dass die Gemeinden auch noch in Zukunft ihre Aufgaben, sowohl was die Pflichtaufgaben als auch was die freiwilligen Leistungen angeht, hieraus regeln können. Wir dürfen daher die Abgeordneten bitten, unserem Antrag zuzustimmen. – Danke schön.
Herr Fraktionsvorsitzender, Sie müssen auch den Antrag mündlich stellen. Anträge zur Geschäftsordnung sind mündlich zu stellen.
Ja, ich stelle dann den Antrag, man möge den Tagesordnungspunkt 3 dementsprechend, wie in unserem Antrag schriftlich formuliert, von der Tagesordnung nehmen. – Danke schön.
Die Fraktion der NPD hat gemäß Paragraf 74 Punkt 4 beantragt, den Tagesordnungspunkt 3 „Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung –
Entwurf eines Gesetzes zur Neugestaltung des Finanzausgleichsgesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze“ von der Tagesordnung abzusetzen.
Wer stimmt für den NPD-Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der NPD-Fraktion auf Absetzung des Tagesordnungspunktes 3 bei Zustimmung der Fraktion der NPD, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU, der FDP und der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor wir in die Sitzung eintreten, möchte ich nachträglich ganz herzlich dem Ministerpräsidenten Erwin Sellering zu seinem 60. Geburtstag gratulieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktion der FDP hat einen Dringlichkeitsantrag zum Thema „Kommunaler Stabilisierungsfonds Mecklenburg-Vorpommern“ vorgelegt, der auf Drucksache 5/2880 verteilt wird. Die Fraktion DIE LINKE hat einen Dringlichkeitsantrag zum Thema „Keine weitere Absenkung der Bundesbeteilung an den Kosten der Unterkunft und Heizung – zusätzliche Belastung der Kommunen verhindern“ vorgelegt, der auf Drucksache 5/2887 verteilt wird. Wir werden diese Vorlagen, um die die Tagesordnung erweitert werden soll, nach Verteilung an die Mitglieder des Landtages sowie einer angemessenen Zeit für eine Verständigung innerhalb und zwischen den Fraktionen nach dem Tagesordnungspunkt 1 aufrufen. Ich werde dann das Wort zur Begründung dieser Dringlichkeitsanträge erteilen sowie die Abstimmung über deren Aufsetzung durchführen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der SPD hat gemäß unserer Geschäftordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Keine Privatisierung von Gewässerflächen der BVVG in Mecklenburg-Vorpommern“ beantragt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine Aktuelle Stunde gibt die Möglichkeit, Themen zu diskutieren, die Menschen bewegen, aktuell bewegen. Dabei gehen wir oft auf Themen zurück, die von großer Brisanz sind, bundesweit von Brisanz sind. Aber wir sind der Meinung, dass es auch Themen gibt, die die Menschen in unserem Land betreffen, wo Menschen Bürgerbewegungen initiieren,
weil ihre Interessen vertreten werden sollen. Das sind Themen, die für uns aktuell behandlungswürdig sind, und deshalb, meine Damen und Herren, haben wir dieses Thema heute gewählt, unabhängig davon, dass es viele bundespolitische Themen gibt, die einer Diskussion würdig wären.
Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Hohen Haus über die Privatisierungspraxis der BVVG mehrfach diskutiert. Wir haben gefordert, dass die Verkäufe ausgesetzt werden,
weil die Preisgestaltung solche Dimensionen erfahren hat, dass es jenseits von Gut und Böse ist, dass es wirtschaftlich nicht mehr darstellbar ist, weil es zur Kapitalanlage führte. Das war Gegenstand der Beratung hier im Hohen Haus. Und es ist erreicht worden, meine Damen und Herren, dass die Verkäufe wirklich ausgesetzt wurden.
Das, meine Damen und Herren, ist den Anstrengungen der neuen Bundesländer zu verdanken und ganz gezielt hat unser Minister Backhaus in dieser Richtung für unser Land dabei Partei ergriffen und ist erfolgreich gewesen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Dafür danken wir ihm.)
Meine Damen und Herren, eine Aussetzung der Privatisierungsbemühungen ist die eine Sache. Wie soll es aber weitergehen? Das ist die andere Frage, die gestellt werden muss, und da muss unsere Handschrift als Land Mecklenburg-Vorpommern geschrieben werden.
Derzeit laufen in Berlin die Verhandlungen zur Neufassung der Privatisierungsgrundsätze für weitere Flächenverkäufe durch die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH. Die SPD-Landtagsfraktion fordert die Regierung in diesem Zusammenhang auf, folgende Kernforderungen in den weiteren Verhandlungen zu berücksichtigen:
das Aussetzen der Ausschreibungen bis Ende 2012, das heißt, nicht nur bis zum Jahresende, sondern über einen längeren Zeitraum
die Ermittlung der Preise für Direktverkäufe zum Verkehrswert, entsprechende Verfahren zur Preisfindung für Flächen zum vergünstigten Erwerb, das heißt, keine Spekulationen
Abschluss von Pachtverträgen zu ortsüblichen Pachten, ortsüblichen Pachten, meine Damen und Herren. Bei streitigen Pachtpreisvorstellungen ist die Anwendung von Schiedsgutachten durch öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige vorzuschreiben.
Wir fordern die Aufhebung der Beschränkung der Direktkaufmöglichkeiten auf einen Eigenanteil von 50 Prozent der Betriebsfläche und keine Ausschreibung der Flächen von Betrieben, die weniger als 300 Hektar bewirtschaften, sondern Angebot zum Direktverkauf beziehungsweise zur Pacht.
Darüber hinaus geht es der BVVG aber auch um den Verkauf von 226 Gewässern mit einer Fläche von circa 4.200 Hektar in Mecklenburg-Vorpommern. Dabei handelt es sich, wie wir bereits gehört haben, um größtenteils kleinere Gewässer, der kleine Haussee möglicherweise, der ja ganz interessant ist. Es ist eine Illusion zu denken, man kann ein Haus nicht an so einem See
bauen. Es gibt immer Wege, das zu gestalten. Aber auch größere Seen wie der 84 Hektar große Bibowsee bei Warin, der 22 Hektar große Schönlager See bei Sternberg, der 27 Hektar große Ventschower See und, der größte Happen im Seenreigen, die Hälfte des Malchiner Sees mit 720 Hektar – da weiß ich, wovon ich spreche, denn das ist in meinem Landkreis und da gibt es eine Bürgerbewegung, die das nicht möchte – befinden sich im Bundesbesitz und damit auf der Verkaufsagenda der BVVG.
Bislang hat sich der Verkauf von Gewässern durch die BVVG in engen Grenzen gehalten. Die Öffentlichkeit war noch nicht sensibilisiert. Aber die Privatisierungsbemühungen der BVVG haben auch bei Gewässern deutlich angezogen. Bis zur Aussetzung der Verkäufe lautete die klare Verkaufsanweisung des Bundes auch bei Gewässern: Privatisierung.
Inzwischen hat das Thema die Öffentlichkeit erreicht. Bereits im Juli 2009 titelte die SVZ einen Beitrag zum anstehenden Verkauf des großen Moorsees bei Käselow mit „Seenverkauf schlägt Wellen“. Seit dem 6. Oktober führt der BUND in Mecklenburg-Vorpommern eine Unterschriftenaktion gegen die Privatisierung der Seen durch. Und das ist richtig so.
Meine Damen und Herren, die Zeit drängt. Bis zum Jahresende wird über das Privatisierungskonzept der BVVG mit dem Bund verhandelt. Damit ergibt sich die Chance, eine Abkehr von der bisherigen Verkaufspraxis zu erwirken. Wir fordern daher die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass Gewässer in MecklenburgVorpommern nicht mehr privatisiert werden, sondern unentgeltlich in Landeseigentum übertragen werden.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Michael Roolf, FDP)
Was spricht nun eigentlich gegen die bisherige Verkaufspraxis der BVVG? In der Vergangenheit wurde bei anstehenden Gewässerverkäufen der BVVG den betroffenen Kommunen und/oder den bisherigen Nutzern, das sind in der Regel Anglerverbände und Berufsfischer, als Erste ein Angebot unterbreitet. Es geht dabei um Preise mit einem Richtwert von 3.000 Euro pro Hektar. 3.000 Euro pro Hektar, das lässt sich wirtschaftlich gar nicht darstellen, bestätigen uns die Angler. In Anbetracht der Finanzsituation der Kommunen, Anglerverbände und Berufsfischer ist es wohl illusorisch zu glauben, diese könnten das leisten. Am Ende würde bei einem „Weiter so!“ die Privatisierung stehen.
Meine Damen und Herren, Privatisierung in diesem Zusammenhang kann aber nicht im Interesse der Allgemeinheit liegen.