Bodo Krumbholz
Appearances
Last Statements
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden
Gesetzentwurf werden die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen und Enquetekommissionen im Landtag Mecklenburg-Vorpommern gesetzlich normiert. Dabei, und das möchte ich hier noch mal betonen, handelt es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Mantelgesetz, das heißt, das Untersuchungsausschussgesetz und das Enquete-Kommissions-Gesetz sind hier zusammengefasst, sind aber zwei vollkommen eigenständige Gesetze, die eigentlich nur eines gemeinsam haben: Sie stehen in der gleichen Beschlussvorlage.
Was das Untersuchungsausschussgesetz anbelangt, so wurde in der Vergangenheit darüber debattiert, ob ein solches überhaupt notwendig sei. In der Geschichte unseres Landes sind bereits diverse Untersuchungsausschüsse eingesetzt worden, welche im Großen und Ganzen ihre Arbeit auch ohne entsprechendes Gesetz erfolgreich durchgeführt haben. Insofern liegen eigentlich genug praktische Erfahrungen vor. Auch der in Kürze seinen Abschlussbericht vorlegende Parlamentarische Untersuchungsausschuss „Privatisierung“ ist diesbezüglich gut zurechtgekommen. Dass dieses aber bisher so gut funktionierte, ist jedoch auch den beteiligten Personen und dem daraus resultierenden sachlichen Arbeitsklima im Untersuchungsausschuss geschuldet.
Ungeachtet dieser konkreten Erfahrungen ist es meines Erachtens nach jedoch mehr als wünschenswert, die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen in einem formellen Gesetz zu regeln. Die im Artikel 34 der Landesverfassung statuierten Rahmenbedingungen über das Zustandekommen, die Zusammensetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen schaffen hier lediglich ein grobes Raster. Im Artikel 34 ist auch festgelegt, dass das Nähere durch Gesetz zu regeln sei.
Das derzeit noch geltende Untersuchungsausschussgesetz, welches zwei Jahre vor der Verfassung in Kraft trat, enthält nur eine Grundsatzregelung für die personelle und sachliche Ausstattung der Ausschüsse. Angesichts dieser Ausgangslage und in Anbetracht der Bedeutung der Materie halte ich die Schaffung eines Untersuchungsausschussgesetzes, welches diesen Namen auch wirklich verdient, letzten Endes für unabdingbar. Das Untersuchungsausschussrecht stellt ein Kernstück der für die parlamentarische Demokratie charakteristischen Aufgabenteilung zwischen Parlamentsmehrheit und der durch sie gestellten Regierung einerseits und der oppositionellen Parlamentsminderheit anderseits dar.
Nicht zuletzt aus diesem Grunde haben wir so gut wie in allen anderen Bundesländern eigene Untersuchungsausschussgesetze geschaffen, nicht wir, jedes Land für sich. Auch der Deutsche Bundestag hat im letzten Jahr – Kollege Born, Sie haben darauf hingewiesen – eine derartige Rechtsnorm beschlossen. Und daher ist es meines Erachtens nach höchste Zeit, dass auch unser Land endlich ein eigenständiges Untersuchungsausschussgesetz erhält.
Im Rahmen seiner Beratungen hat der Rechtsausschuss an dem Gesetzentwurf eine Reihe von Änderungen vorgenommen. Zum Teil beruhen diese auf den Ergebnissen einer öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf. Darüber hinaus wurde der Gesetzentwurf an vielen Stellen mit dem Untersuchungsausschussgesetz des Bundes harmonisiert. Das ist ebenfalls schon angeklungen.
Diese Angleichung gestattet auch, das Untersuchungsausschussgesetz mit Blick auf zu erwartende Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes und des BGH zum Untersuchungsausschussgesetz des Bundes auszulegen. Auch wird eine Harmonisierung bei der Anwendung des Untersuchungsausschussgesetzes einen Rückgriff auf die Literatur und Kommentierungen zum Untersuchungsausschussrecht des Bundes erlauben.
Schließlich wurden auch Änderungsvorschläge der Obleute beziehungsweise der Vorsitzenden des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Privatisierung“ aufgegriffen. Hier ist also ausreichende praktische Erfahrung mit eingeflossen. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle auch bei der Kollegin Monegel und bei den Kollegen Dr. Born, Herrn Koplin und Herrn Müller für die sehr konstruktiven Anregungen innerhalb des Gesetzgebungsverfahrens bedanken.
Gleichzeitig möchte ich hier den Ihnen vorliegenden Änderungsantrag auf Drucksache 3/2947 einbringen. Kollege Born hat schon erläutert, worum es dort geht. Es war eine Anregung der Obleute des PUA, dass eben Ausschussmitglieder, die in der Sache selbst vernommen werden sollen, nicht ausscheiden sollen aus dem Ausschuss, sondern nur bis zur Vernehmung nicht mitwirken sollen. Ich habe das im Rechtsausschuss eingebracht, fand leider damals keine Mehrheit dafür, aber es gab mittlerweile ein Umdenken, worüber ich mich freue. Und dass das Umdenken natürlich erst ganz, ganz kurzfristig war, das sei dahingestellt. Wir haben uns zumindest heute Vormittag noch dazu entschließen können, diesen Änderungsantrag einzubringen, so dass er noch in das Gesetz einfließen kann.
Meine Damen und Herren, was das Enquete-Kommissions-Gesetz betrifft, so ist zu sagen, dass hier eine gesetzliche Regelung in Mecklenburg-Vorpommern bisher vollständig aussteht. Auch bundesweit haben lediglich die Länder Berlin und Brandenburg eine diesbezügliche Regelung getroffen. Aber auch für ein derartiges, in seiner Aufgabenstellung, in seiner Zusammensetzung von anderen Ausschüssen unterschiedliches Gremium sollte ein eigenständiges Gesetz geschaffen werden. Da in einer Enquetekommission auch nichtparlamentarische Mitglieder vertreten sein sollen und diese nicht an die Verfahrensregeln des Landtages gebunden sind, ist zum Beispiel im Hinblick auf deren Rechte und Pflichten eine gesetzliche Regelung angezeigt.
Dass Enquetekommissionen nicht nur größere Sachkomplexe im Zusammenwirken mit Wissenschaft und Praxis aufarbeiten, sondern auch konkrete Vorschläge und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, ist durch die Arbeit unserer ersten Enquetekommission „Zukunftsfähige Gemeinden und Gemeindestrukturen“ deutlich geworden. Gerade diese unsere Enquetekommission zeigt deutlich, dass derartige Gremien nicht nur der Informationsgewinnung dienen, sondern Resultate herausarbeiten, welche für die zukünftige parlamentarische Arbeit enorm wichtig sind.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend zum Ausdruck bringen, dass beide Gesetze im Rechtsausschuss von allen drei Fraktionen gemeinsam
beraten, bearbeitet und beschlossen worden sind. Wie auch bei den Beratungen zur Neuregelung der Geschäftsordnung des Landtages müssen sich alle Fraktionen darüber im Klaren sein, dass die Rolle von Regierungs- und Oppositionsfraktionen wechseln kann.
Kann, nicht muss.
Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um nicht unerhebliche Verfahrensvorschriften handelt, welche unabhängig von der jeweiligen politischen Konstellation belastbar sein müssen, bin ich froh darüber, dass wir hier zu einer einvernehmlichen und einverständlichen Lösung gekommen sind.
Beispielhaft möchte ich hier den Paragraphen 5 Enquete-Kommissions-Gesetz nennen, der die Modalitäten der Wahl des Kommissionsvorsitzenden regelt. Während der ursprüngliche Gesetzentwurf der PDS- und der SPDFraktion noch die Wahl des Vorsitzenden durch die Kommission selbst vorsah, konnten wir uns im Rechtsausschuss den Sachargumenten der Kollegen Helmrich und Dr. Born anschließen, so dass nunmehr in Anlehnung an das Brandenburgische Enquete-Kommissions-Gesetz der Vorsitzende und sein Stellvertreter durch den Landtag gewählt werden sollen.
Weitergehend konnten wird uns dann fraktionsübergreifend dazu verständigen, dass künftig auch die Möglichkeit bestehen wird, den Kommissionsvorsitz nicht an ein Landtagsmandat zu binden, sondern, wenn es denn zweckmäßig erscheint, kann auch ein Vorsitzender gewählt werden, welcher nicht dem Landtag angehört.
Nein. Das war fraktionsübergreifend. Das habe ich eben gesagt.
Ich persönlich halte diese Regelung für wirklich sachdienlich, praktikabel und auch modern.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, dem vorliegenden Gesetzentwurf und dem eingebrachten Änderungsantrag zuzustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Rechtsausschuss haben sich alle Fraktionen übereinstimmend dafür ausgesprochen, einige Vorschläge des Landesverfassungsgerichtes aufzugreifen und den Fraktionen zu empfehlen, den vorliegenden Gesetzentwurf aus der Mitte des Landtages einzubringen. Mit diesem Ersten Gesetz zur Änderung des Landesverfassungsgerichtsgesetzes werden verschiedene Regelungen geändert, die sich in der Verfahrenspraxis des Landesverfassungsgerichts als problematisch herausgestellt haben. Die Änderungen enthalten einerseits Regelungen für Verfahrensbeschleunigung und Verfahrensvereinfachung sowie solche der Klarstellung.
Meine Damen und Herren! Das Landesverfassungsgerichtsgesetz unseres Bundeslandes trat im Juli 1994 in Kraft. Kein Gesetz kann für sich in Anspruch nehmen, auch wenn es im Gesetzgebungsverfahren noch so gut ausgestaltet wurde, dass es nicht noch besser geht. Dies trifft auf die hier vorliegende Gesetzesänderung ebenfalls zu. Sie erfolgt ausschließlich aus Gründen der Praktikabilität. Die sich aus dem Gesetzentwurf ergebenden näheren Ausgestaltungen und Änderungen werden aus Sicht des Landesverfassungsgerichtes dessen Verfahren beschleunigen und vereinfachen und somit zu einer optimaleren Verfahrenspraxis führen. Ich bitte Sie daher, um Zustimmung zur Überweisung. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU geht in ihrem Antrag fälschlicherweise von der Tatsache aus, dass unser Land einen besonders hohen Anteil an Kinder- und Jugendkriminalität aufweist. Des Weiteren wird behauptet, dass die schon jetzt existierenden Möglichkeiten zur Bekämpfung von Kinder- und Jugendkriminalität nicht ausreichend sind. Insbesondere fordert die Opposition, jugendstrafrechtliche Instrumentarien auszubauen. In der Begründung ihres Antrages führt sie weiter aus, die im Jahr 2000 zu verzeichnenden 23.494 Tatverdächtigen einer Straftat unter 21 Jahren würden eine Entwicklung darstellen, der entgegengetreten werden müsse.
Meine Damen und Herren, der CDU ist hier entweder ein Irrtum unterlaufen oder sie versucht vorsätzlich, eine Entwicklung zu suggerieren, die so nicht real ist. Dass Tatverdächtige unter 21 Jahren im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil überrepräsentiert sind, ist ein, wenn auch bedauerliches, bundesweites Phänomen und stellt insoweit keine spezifische Problematik in unserem Bundesland dar. Was jedoch schwieriger ist – und das unterstreicht Ihren laxen Umgang mit dem gesamten Bereich der inneren Sicherheit –, Sie suggerieren, die Anzahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren sei im Laufe der Jahre immer weiter angestiegen. Das ist aber so nicht der Fall. Entgegen dem von der CDU geschürten Eindruck ist die Entwicklung der Kinder- und Jugendkriminalität in Mecklenburg-Vorpommern rückläufig, und zwar deutlich rückläufig.
So ist die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren allein im Jahr 2000, worauf sich die CDU in ihrem Antrag bezieht, um 7,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Der Anteil der unter 21-jährigen Tatverdächtigen an allen ermittelten Tatverdächtigen stellt den niedrigsten Anteil in Mecklenburg-Vorpommern in den letzten fünf Jahren dar, und das vor dem Hintergrund, dass im Jahr 2000 sogar 5,9 Prozent weniger Tatverdächtige als im Vorjahr zu verzeichnen waren. Hervorzuheben ist an dieser Stelle auch, dass insbesondere die Altersgruppen Kinder, also Tatverdächtige unter 14 Jahren, und Jugendliche, also die 14- bis 18-Jährigen, nicht mehr so stark vertreten sind wie im Vorjahr. Herr Kollege Thomas, das scheint Ihnen in Ihrem Übereifer entgangen zu sein.
Er ist nicht da.
Ja.
Ich habe aufgepasst, Herr Dr. Jäger, ich habe aufgepasst.
Ich möchte Sie hier nicht weiter mit Zahlen konfrontieren, die Ihnen eigentlich bekannt sein müssten und in der polizeilichen Kriminalstatistik nachzulesen sind. Abgesehen von dieser positiven Entwicklung ist es nichtsdestotrotz notwendig, der Kinder- und Jugendkriminalität entgegenzutreten. Diesem Anliegen ist der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion jedoch wenig dienlich. Wenn behauptet wird, gerade die Möglichkeiten Führerscheinentzug, Meldepflicht und der so genannte Warnschussarrest würden jugendliche Täter eher abschrecken als d i e herkömmlichen Maßnahmen des Jugendstrafrechts, so scheint man die Augen vor der Realität zu verschließen.
Lassen Sie mich vorwegsagen, dass bereits die gegenwärtig bestehenden Sanktionsmöglichkeiten für jugendliche Straftäter taugliche Mittel darstellen. Wer die Praxis an den Gerichten kennt, weiß, dass der größte Prozentsatz der Angeklagten dieser Altersgruppe einmal vor Gericht erscheint und dann nie wieder. Im Übrigen darf man nicht vergessen, dass man der Meinung ist, von den bestehenden Instrumentarien werde nicht in ausreichendem Maße Gebrauch gemacht und dies hat seine Ursache in der Anwendungspraxis der unabhängigen Justiz. Das soll jedoch nicht heißen, dass man nicht über weitere effiziente Sanktionsmöglichkeiten nachdenken könnte und sollte.
Das scheint lobenswerterweise auch die CDU-Fraktion getan zu haben. Sie hinkt in ihrem Antrag jedoch leider wieder einmal den aktuellen Entwicklungen hinterher. So ist die Einführung eines Fahrverbots als eigenständige Sanktion im Jugendstrafrecht bereits Gegenstand eines Gesetzgebungsantrages des Landes Mecklenburg-Vorpommern aus dem Herbst 2000.
Ja.
Obskur ist dagegen der Vorschlag der Einführung einer Meldepflicht. Hier hat die CDU nicht einmal ansatzweise ausgeführt, wie eine solche Meldepflicht im Einzelnen ausgestaltet werden soll. Aber ungeachtet dessen ist es doch höchst zweifelhaft, ob eine Meldepflicht als Sanktionsmöglichkeit den von der CDU verlangten abschreckenden Charakter gegenüber potentiellen jugendlichen Straftätern aufweist. Und schließlich ist die Verhängung eines Dauerarrestes als Zuchtmittel bereits heute möglich. Darüber, ob die Möglichkeit der Verhängung von Jugendarrest bei der Aussetzung einer verhängten Jugendstrafe zur Bewährung sinnvoll ist, liegen noch keine Erkenntnisse vor.
Man sollte dies erst mal in seriöser Weise prüfen, bevor man Schnellschüsse fabriziert.
Meine Damen und Herren, damit bleibt festzustellen, dass die CDU wieder einmal in Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten versucht, ein Phänomen mit Mitteln einzudämmen, die entweder bereits Gegenstand von Gesetzesinitiativen sind beziehungsweise deren Anwendungsmöglichkeit heute bereits gegeben ist oder die man als untauglich bezeichnen muss. Aus diesem Grund wird die Fraktion der SPD diesen Antrag ablehnen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde mir und Ihnen hier ein parteipolitisches Gezänk ersparen, weil das Thema Lichtenhagen, glaube ich, viel zu wichtig und viel zu ernst ist dafür.
In dem ersten Satz des Antrages, über den wir jetzt zu befinden haben, heißt es wörtlich: „Der Landtag bedauert außerordentlich, dass der Prozess nach den schweren Krawallen im August 1992 in Rostock-Lichtenhagen vor dem Landgericht Schwerin erst nach neun Jahren begonnen hat“. Herr Ritter, ich weiß nicht, was Sie an diesem Satz stört.
Die Tatsache ist doch wirklich mehr als bedauernswert. Also ich kann mich diesem Satz wirklich voll anschließen.
Gut.
Die damaligen rechtsextremistischen Krawalle haben dem Land Mecklenburg-Vorpommern und auch der Hansestadt Rostock einen unbeschreiblichen Schaden zugefügt. Es war ein Schaden für unser Land, für sein Renommee als Urlaubsland und auch ein materieller Schaden durch ausbleibende, weil verunsicherte, nicht nur ausländische Gäste. Vor allem aber stellten diese Vorfälle einen Schaden für die betroffenen Menschen dar und haben bei diesen zu einer nicht zu unterschätzenden Verunsicherung geführt.
Die Justiz war sich der Schwere und Tragweite des Vorfalls sehr wohl bewusst. Es gab damals 300 Ermittlungsverfahren und 40 daraus resultierende Strafverfahren, welche bis Mitte 1993 abgearbeitet wurden. Wir reden hier heute über ein Strafverfahren, welches aufgrund strafprozessualer Regelungen beim Landgericht Schwerin anhängig wurde.
Meine Damen und Herren! Jeder Eierdieb wird binnen Jahresfrist abgeurteilt, auch hier in Schwerin, und ausge
rechnet dieser Lichtenhagen-Prozess, auf dem ein ganz besonderes öffentliches Interesse lastet, kann erst nach neun Jahren und drei Monaten geführt werden. Die unsensible Entscheidung des Richters, den Prozesstermin erst derart spät anzusetzen, zeugt meiner Ansicht nach von Instinktlosigkeit. Was jedoch vermieden werden sollte, ist, dass dieser eine Fall pauschalisiert wird und hier zu einer allgemeinen Richterschelte missbraucht wird. Die 460 in unserem Bundesland tätigen Richterinnen und Richter leisten eine sehr gute, engagierte und motivierte Arbeit innerhalb unseres Justizwesens. Das möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal hervorheben, auch und gerade weil es diesen skandalösen Einzelfall gab, der niemals hätte passieren dürfen.
Was zu Lichtenhagen zu sagen war, hat der Justizminis
ter hier bereits ausgeführt. Er hat für die Justiz des Landes sein außerordentliches Bedauern darüber ausgedrückt, dass sich dieses letzte Verfahren – anders als die sehr große Zahl der übrigen Lichtenhagen-Verfahren, die alle insgesamt zügig abgeschlossen wurden – so unerträglich verzögert hat. Und er hat sich vor die Justiz des Landes gestellt, die in zahllosen Verfahren, nicht nur in Bezug auf Lichtenhagen, sondern insgesamt gute Arbeit leistet und dies auch weiterhin tun wird.
Und, Herr Kollege Helmrich, mich interessiert natürlich auch, da muss ich Ihnen Recht geben, warum das so ist und warum das jetzt alles war. Aber es gibt dort ein laufendes Ermittlungsverfahren und ich denke mal, wenn das abgeschlossen ist, dann werden wir das im Rechtsausschuss bestimmt gerne zusammen diskutieren.
Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag beinhaltet jedoch noch einen zweiten Teil, nämlich die Forderung nach zusätzlichen Stellen. Dies scheint die scheinheilige Verknüpfung eines berechtigten Anliegens mit einer Forderung zu sein, welche allein einem parteitaktischen Kalkül entspringt. Meine Damen und Herren von der CDU, Sie missbrauchen hier ein an sich ehrenwertes Anliegen
als Aufhänger für eine Ihrer pauschalen Forderungen. Diese Verknüpfung mit dem ersten, ja nun wirklich berechtigten Teil Ihres Antrages macht das Ganze damit unseriös und unwürdig. Dabei sind gerade in der Auseinandersetzung mit Lichtenhagen Klarheit und Größe gefordert. Was Sie hier dagegen machen, ist ein kleinliches Gezerre zum bereits verabschiedeten Haushalt auf dem Rücken der Opfer. Dabei wissen Sie selbst ganz genau, dass wir dieser Stellenforderung selbstverständlich nicht zustimmen können und werden. Mehr als eine Personalausstattung, die zwar knapp bemessen, aber ausreichend ist, kann sich dieses Land nicht leisten. Wenn es Ihnen wirklich um die Opfer ginge, hätte es andere Wege gegeben, diesem ernsten Anliegen den der Sache angemessenen Ausdruck zu verleihen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag berührt zwei Bereiche, zum einen die Stellung der Bundesländer in dem föderativen System der Bundesrepublik, zum anderen aber auch die Rolle der Bundesländer beziehungsweise der Regionen im Hinblick auf die europäische Einigung. Was den bundespolitischen Anteil des Antrages betrifft, so ist vorab zu sagen, dass sich das föderative System in Deutschland auch nach unserer Auffassung grundsätzlich bewährt hat. Der Föderalismus dient dazu, die Bundesländer durch die Zuweisung von Kompetenzen betreffend Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung zu stärken.
Nichtsdestotrotz sind wir hier in Deutschland von einem Idealzustand noch weit entfernt. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte ist es in Deutschland zu einer Aushöhlung der Kompetenzen und der Gestaltungsmöglichkeiten der Länder, insbesondere der Landesparlamente, gekommen. Anlass zur Sorge bietet hier der Kompetenzzuwachs des Bundes in fast allen Politikbereichen, so dass der Gestaltungsspielraum der Länder immer weiter eingeengt wurde. Die bundesrechtlichen Regelungen im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung werden immer zahlreicher und im Bereich der Rahmengesetzgebung immer detaillierter. Die eigentlich im Grundgesetz vorhandene Balance zwischen Gesetzgebungsbefugnissen hat sich im Ergebnis zu Lasten der Länder verschoben, und zwar so weit verschoben, wie es sich die so genannten Väter des Grundgesetzes wohl niemals vorgestellt hätten.
Ähnlich verhält es sich mit der europäischen Dimension dieses Antrages. Eine effiziente Einbeziehung der Landesparlamente in das Bundesratsverfahren und damit in den europäischen Rechtsetzungsprozess ist ein wichtiger Baustein für Akzeptanz von Entscheidungen auf der europäischen Ebene. Auch wenn die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern ihren Aufgaben von Information und Konsultation gegenüber dem Parlament bisher immer nachgekommen ist, was ausdrücklich zu begrüßen ist und auch grundsätzlich zu erwarten war, so ist es doch nicht dasselbe, ob ein Landtag selbst gestal
ten kann oder ob Regierungen eines Landes die Entscheidungen der Bundesrepublik mitformen. Sie sehen, meine Damen und Herren, dass die Rolle der Bundesländer und hier auch insbesondere die Rolle der Landesparlamente weitreichende Auswirkungen auf die zukünftige Gestaltung unserer föderalen Staatsverfassung haben, vor allem aber auch – und das hängt damit zusammen – im Hinblick auf den europäischen Einigungsprozess.
Angesicht der Tragweite dieser Problematik halten wir Ihren Antrag jedoch, meine Damen und Herren von der CDU, für nicht geeignet, einen entsprechenden Willen des Landtages Mecklenburg-Vorpommern zum Ausdruck zu bringen. Es ist zwar zu erahnen, dass Ihr Antrag in eine entsprechende Richtung geht, er bleibt jedoch für unser Dafürhalten zu allgemein beziehungsweise zu nichtssagend. Leider haben Sie den substantiellen Teil des Themenkomplexes in der Begründung und nicht in dem zu beschließenden Teil aufgeführt. Dass Sie den Text Ihres Antrages einschließlich Begründung von einem im Schleswig-Holsteinischen Landtag beratenen Antrag wörtlich abgeschrieben haben mit dem Unterschied, dass Ihre Antragsbegründung dort Teil des Beschlussfassungsgegenstandes war, ist hier unschädlich.
Wir meinen, dass der Antrag Anlass dazu gibt, die oben skizzierte Problematik eingehender zu diskutieren. Eine solche Behandlung des Themas, zum Beispiel in den Ausschüssen, halten wir für sachgerechter als eine einfache Entschließung des Landtages ohne vorherige ausgiebige Diskussion, denn wir als Abgeordnete des Landtages und damit eines Verfassungsorgans haben uns in die Diskussion über den Föderalismus verantwortlich einzubringen. Eine derartige Behandlung des Gegenstandes hätte die Herausarbeitung von konkreten Zielen und der Wege zu deren Erreichung zum Gegenstand, zum Beispiel: Wie können die Gesetzgebungsbefugnisse der Länder gestärkt werden? Lassen sich im Bereich der Rahmengesetzgebung bundesrechtliche Regelungen künftig auf Eckpunkte konzentrieren? Wie wichtig wäre eine eigene Steuerautonomie der Länder unter dem Gesichtspunkt der Stärkung der Eigenverantwortung? Wie lassen sich erweiterte Mitwirkungsmöglichkeiten der Länder auf europäischer Ebene erreichen?
Meine Damen und Herren! Zur Verwirklichung konkreter Verbesserungen des föderalen Systems sehen wir es als notwendig an, dass ein Diskussionsprozess über die Weiterentwicklung und Stärkung des Föderalismus im Landtag und seinen Gremien geführt wird. Wir plädieren daher für eine Überweisung des Antrages. – Danke.
Rechtsausschuss federführend.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!
Herr Schädel, ich muss das erst mal ein bisschen sacken lassen, zum Beispiel, dass Sie sagen: Ärger unter Strafe stellen. Ich glaube, hier geht es nicht um irgendein Ärgernis. Hier geht es darum, dass jemand, der sprayt, das Eigentum anderer beschädigt und beschmutzt – das soll bestraft werden. Wir haben im Grundgesetz den Artikel 14 – schauen Sie mal nach –, und zwar die Eigentumsgarantie.
Ja, auch das Beschmutzen soll unter Strafe gestellt werden.
Na gut, das können Sie gerne denken.
Meine Damen und Herren! Die in dem CDU-Antrag angesprochene Problematik des so genannten illegalen Graffiti ist hinreichend bekannt. Die Bemalung, Beschmutzung, Verunstaltung von Bauwerken, Bussen, Bahnen und Anlagen ist auch in unserem Bundesland immer häufiger anzutreffen. Das Besprühen und Bemalen von öffentlichen beziehungsweise privaten Flächen wird von breiten Teilen der Bevölkerung, das haben auch meine Vorredner schon gesagt, in der Tat als ein Symbol für den Verfall der Ordnung angesehen.
Die Kosten, die unser Gemeinwesen für die Beseitigung dieser Schmierereien ausgeben muss, sind immens und betragen beispielsweise allein in der Stadt Neubrandenburg jährlich 500.000 DM. Aus diesen Gründen setzt das Land Mecklenburg-Vorpommern schon seit längerer Zeit auf eine wirksame Bekämpfung des so genannten Graffiti. Es hat sich deshalb auch in der Vergangenheit entschieden für eine Straffälligenverfolgung von Graffiti eingesetzt. Das hat der Justizminister auch schon in Einzelheiten ausgeführt.
So hat das Land Mecklenburg-Vorpommern bereits im letzten Jahr einem entsprechenden Graffiti-Bekämpfungsgesetz im Bundesrat zugestimmt. Auch der diesbezügliche Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg, der in der morgigen Sitzung des Bundesrates in Erster Lesung beraten wird, erhält die Zustimmung unseres Bundeslandes. Übrigens ist dieser Gesetzesantrag nahezu identisch mit dem Antrag aus dem vergangenen Jahr. Dass die CDU erst jetzt aufwacht und ihren Antrag offenbar in Unkenntnis der Linie des Landes Mecklenburg-Vorpommern einbringt, ist verwunderlich,
aber auch bezeichnend.
Mecklenburg-Vorpommern setzt sich aber nicht nur für eine strafrechtliche Lösung ein. Um eine effektive Bekämpfung von Graffiti zu ermöglichen, sind auch andere Maßnahmen notwendig. So hat das Justizministerium verfügt, dass für sachdienliche Hinweise, die zur Ermittlung eines Graffiti-Täters führen, die Auslobung von 1.000 DM als Anreiz eingeführt wurde. Das hat der Justizminister schon ausführlich dargelegt, auch die gesamte Motivation dabei.
Der Innenminister hat in der vergangenen Woche eine Musterverordnung erlassen, mit deren Hilfe Schmiererei
en schnell und effektiv geahndet werden können. Mit Hilfe dieser Musterverordnung wurde Graffiti überhaupt erst als Ordnungswidrigkeit definiert. Die aufgrund der Musterverordnung von den Kommunen selbst zu erlassenden Verordnungen eröffnen den Ordnungsämtern die Möglichkeit, Graffiti-Sprayer zu verfolgen und deren ordnungswidriges Handeln mit Geldbußen bis zu 5.000 Euro zu sanktionieren. Im Gegensatz zu einer strafrechtlichen Lösung besteht somit die Möglichkeit, dass eine herbe Strafe unmittelbar auf dem Fuße folgt. Die eingenommenen Bußgelder können für die zügige Entfernung von Graffiti eingesetzt werden.
Zudem hat sich der Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung dieses Themas angenommen. Die Arbeitsgruppe Massenkriminalität – und es handelt sich um Massenkriminalität – entwickelt dort derzeit ein Präventionskonzept gegen Graffiti-Schmierereien, denn eines ist offensichtlich: Allein mit der Ermöglichung einer strafrechtlichen Sanktionierung von Graffiti lässt sich diesem Phänomen nicht beikommen. Ergänzend nötig sind vielmehr auch präventive Ansätze, wie zum Beispiel das Anbringen von Schutzschichten oder besonderen Untergründen, die das Besprayen von Gebäuden, Bussen oder Zügen erschweren. Die demonstrative und unmittelbare Entfernung von Graffiti an öffentlichen Gebäuden und die besondere Überwachung der Abstellflächen von öffentlichen Verkehrsmitteln sowie eine Sichtung und Archivierung der verschiedenen Arten von Schriftzügen, welche hilfreich bei der Identifizierung der Verursacher sein können, ist ebenfalls sinnvoll.
Daneben können wir auch, wie die CDU treffend erkennt, für organisierte Säuberungsaktionen und die Bereitstellung – jetzt kommt es – legaler Bemalungs- und Besprühungsmöglichkeiten für Jugendliche zur Bekämpfung von Graffiti beitragen.
Werte Kolleginnen und Kollegen der Opposition! Ich möchte hier noch einmal betonen, dass wir, was die Problematik inhaltlich betrifft, gar nicht so weit auseinander liegen. Abgesehen davon enthält der vorliegende Antrag der CDU keinerlei neue Anregungen, sondern beschreibt lediglich ein altes, bekanntes Problem. Dass die CDU mit ihrem altbackenen Antrag offene Türen einrennt, wurde dort offensichtlich noch gar nicht bemerkt. Der vorliegende Antrag ist jedenfalls überflüssig.
Und, meine Damen und Herren, auch wenn ich dem Parlament erst seit einigen Tagen angehöre, so ist mir doch schon bewusst, dass man überflüssige Anträge möglichst schnell ablehnen sollte, und das werden wir als SPD-Fraktion dann auch tun.
Ja, ich nehme die Wahl an.