Jörg Kastendiek

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Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Debatten der letzten ja fast zwei Tage vor Augen führt, mal ein bisschen darüber nachdenkt, dann wundert man sich schon. Wenn man den Gesamteindruck auch als Gesamtstrategie des einen oder anderen hier unterstellt, mit welchen massiven staatlichen Eingriffen Sie in die Lohnfindung zwischen Tarifpartnern eingreifen wollen. Das heißt, die Mitgefühl heuchelnden Tränen, die Sie hier vergießen, wir wollen Tarifautonomie stärken. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie machen im Augenblick genau das Gegenteil.
Um dann Argumente heranzuziehen, die nun wirklich mit dem, was Sie hier beschließen wollen, nichts zu tun haben. Auf der letzten Plenarsitzung im November wurde ein gemeinschaftlicher Antrag beschlossen, § 117 Betriebsverfassungsgesetz entsprechend so zu ändern. Genau das ist das Problem: Was Sie gerade besprochen haben und als Begründung für diesen Antrag heranziehen, existiert gar nicht mehr. Also entweder nehmen Sie Ihre Beschlussfassung vom letzten Mal ernst oder nicht. Sie müssen sich schon entscheiden und nicht jedes Argument, was Ihnen gerade einmal passt, vorbringen. Das ist keine seriöse Argumentation.
Genauso, Frau Müller, das Problem, das Sie hier beschreiben, werden Sie damit nicht lösen. Wenn
Sie Alleinerziehenden die Möglichkeit in einem größeren Maße einräumen wollen, neben Kinderbetreuung auch entsprechend in den Unternehmen zu arbeiten, dann müssen Sie anders ansetzen. Das werden Sie nicht mit der Allgemeinverbindlichkeit lösen, sondern das werden Sie mit Betreuungsmöglichkeiten lösen können.
Unfug, höhere Löhne! Das ist doch völliger Unsinn. Sie wissen doch ganz genau, dass sich die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen zum Teil auch nur in den unteren Lohnbereichen wiederfindet. Das heißt, Sie gehen hier völlig an der Wirklichkeit vorbei, meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie haben von der realen Welt, die draußen existiert, hier überhaupt nichts mehr in den letzten ein bis zwei Jahren mitbekommen.
Denn die Wahrheit ist, dass Sie hier mit frühkapitalistischen Vorurteilen arbeiten, dass jedes Unternehmen, das nicht dem Arbeitgeberverband angehört, in Ihren Augen ein Ausbeuterunternehmen ist, die sich von einer fairen Bezahlung weit entfernt haben. Mitnichten, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Vorurteil, das Sie hier pflegen, stimmt schlichtweg nicht.
Deswegen reicht so ein pauschaler Antrag nicht, um das, was Sie wollen, nämlich die Stärkung der Tarifautonomie, herbeizuführen. Sie müssen sich natürlich dann schon einmal Gedanken machen, wie sieht es denn aus, wer schließt eigentlich mit wem Tarifverträge? Das sind natürlich in Ihren Augen nur die Gewerkschaften, die Ihnen konform erscheinen. Also es darf nur eine DGB-Gewerkschaft sein, schätze ich einmal –
Ja, aber da fängt es doch schon an, dann haben Sie zwei Gewerkschaften, die vielleicht konkurrierende Tarifverträge schließen. Welcher gilt denn dann als allgemein verbindlich? Solche Bereiche gibt es übrigens an der Stelle.
Und warum schreiben Sie es in Ihren Antrag dann nicht hinein, Frau Böschen, und ignorieren diese Fakten schlichtweg? Ihnen geht es nur um Populismus. Ihnen geht es um Symbolpolitik. Wer ist der Gerechteste in diesem Land? In diesen Wettbewerb werden wir nicht einsteigen, weil es mit seriöser Politik nichts zu tun hat. Es hat auch nichts damit zu tun, die Tarifpartner, die Tarifautonomie zu stärken, nämlich dass zwischen den Tarifpartnern ein entsprechender Lohn ausgehandelt wird. Es sind die Gewerkschaften, denn die Gewerkschaften haben das gleiche Problem: Wie viele Arbeitnehmer sind denn noch organisiert? Tun Sie doch nicht so, dass die Gewerkschaften einen besonders hohen Organisationsgrad hätten. Also wie können Sie die Tarifpartner stärken, auf der einen Seite die Gewerkschaften, die zum Teil auch nur noch einen Organisationsgrad von circa 20 Prozent haben? Was hat das denn mit repräsentativer Vertretung von Arbeitnehmerinteressen zu tun? Offensichtlich gibt es an der Stelle auch großen Defizite, meine Damen und Herren! Auf der anderen Seite sind die Arbeitgeberverbände natürlich auch aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Verbände attraktiv sind. An der Stelle müssen Sie beginnen, damit es eine weitere, eine vertiefte Verbreitung von Tarifverträgen gibt.
Alles andere ist hier ehrlicherweise nur Symbolik. Es grüßt der 26. Mai 2019. – Vielen Dank!
Ich habe ein Verständnisproblem, weil das Problem, das Sie beschreiben, ein Vorgang in der Materialherstellung der Vierziger- oder Fünfzigerjahre ist. Das haben alle Stähle, die im Brückenbau verwandt worden sind, Blasenbildung, und einen zweiten Effekt, man nennt das Terrassenbruch.
Man hat damals entsprechend materialgerecht konstruiert. Man wusste damals schon, dass es diese Materialschwächung gab. Das hat man auch 2004 entsprechend festgestellt, als es damals darum ging, die Autobahn A 27 von zwei Spuren auf drei Spuren zu erweitern. Das Brückenbauwerk über die Lesum war damals auch so ein kleines Nadelöhr an der Stelle, und damals war das alles kein Problem. Nun wundert es mich, und deswegen meine Frage jetzt, Herr Präsident: Hat das ASV in Erwägung gezogen, zu einem eigentlich nicht neuen Sachverhalt einmal ein Gegengutachten anfertigen zu lassen, um herauszubekommen, ob wirklich eine Sperrung des einen Brückenbauwerks in Richtung Bremen so notwendig ist, wie
das jetzt im Extremfall auf die Region Bremen-Nord und Bremerhaven zukommt? Weil das, was 2004 okay war, jetzt 2018 nicht okay sein soll? Dafür fehlt so ein bisschen das technische Verständnis.
Gut, das hat der Staat mitbekommen, dass die Nachrechnung sich verändert hat, ja. Entschuldigung.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach
dem Wortbeitrag von Robert Bücking könnten wir uns eigentlich zusammentun und das Landesmindestlohngesetz abschaffen, denn deutlicher kann man nicht zum Ausdruck bringen, worum es den Fraktionen der SPD und DIE LINKE im Augenblick geht. Es ist der 26. Mai 2019 und offensichtlich der Wettbewerb: Wer ist der bessere Vertreter der Enterbten und ungerecht Behandelten in diesem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren. So kommt es einem vor, –
was wir hier seit Wochen und Monaten erleben.
Wir hatten uns schon überlegt, einen Gesetzentwurf einzubringen, mit dem wir sagen einfach N+1 als Mindestlohn festsetzen nach dem Motto: Wer hat jetzt die letzte Zahl in den Raum hineingeworfen? Ich habe überhaupt kein sachliches Argument gehört, warum 12,64 Euro oder, oder, oder der richtige Mindestlohn sein soll. Die Problemstellung die Sie angesprochen haben werden Sie damit nicht lösen.
Das ist doch das Vordergründige Ihrer Argumentation. Natürlich haben wir langfristig ein Problem, insbesondere für die Generation der jetzt 20-, 30Jährigen. Wie sieht es in 30, 40, 50 Jahren mit den Alterseinkünften aus? Das werden Sie übrigens mit dem Thema Landesmindestlohn keineswegs lösen. Deswegen ist es richtig, dass auf Bundesebene eine Kommission eingesetzt worden ist, um hoffentlich langfristige Lösungsvorschläge zu erarbeiten, die dann nicht nur die nächsten vier Jahre gelten, Damit werden Sie das Problem nicht dauerhaft lösen.
Wenn Sie jetzt einem 25-Jährigen eine Antwort geben sollen, ob er mit 65, 67 oder 69, wie hoch auch immer das Renteneintrittsalter dann ist, entsprechende Einkünfte hat, mit denen er in Metropolen leben kann, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann ist das nicht die Antwort, die Sie damit geben können.
Sie geben mit dem Landesmindestlohn auch keine Antwort, wie wir das dauerhafte Problem in Bremen lösen, nämlich die überdurchschnittlich hohe Anzahl von Langzeitarbeitslosen.
Ach so! Das wird sogar noch verschärft, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil Sie nämlich das Lohnabstandsgebot, das Sie auch im Hinterkopf haben müssen, ignorieren. Sie werden es noch verschärfen! Auch das werden Sie nicht lösen. Sie werden auch nicht langfristig das Problem lösen, wie wir dauerhaft, wenn jemand wirklich 45 Jahre, das ist ja Ihre Fiktion, die Sie
die sie auch als Grundlage – –. Ach ja, das ist nämlich nur eine Berechnungsgrundlage, das hat mit der Realität nicht allzu viel zu tun, weil der Anteil derjenigen, die 45 Jahre auf Landesmindestlohnniveau arbeiten, minimal ist. Auch das hat die Antwort auf ihre Große Anfrage ergeben. Sie arbeiten nur mit Berechnungsgrundlagen, die mit der Realität nicht allzu viel zu tun haben, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Für uns als Fraktion der CDU ist daher das, was sich auf Bundeebene bewährt hat und übrigens auch eine hohe Akzeptanz bei Unternehmen, bei Handwerksbetrieben findet, soweit es den bundesweiten Mindestlohn angeht – –. Der hat sich bewährt. Deswegen gibt es in unseren Augen keinen Grund, kein Argument, hier von der bundesweiten Regelung, die am 1. Januar 2019 auf 9,19 Euro, am 1. Januar 2020 auf 9,35 Euro ansteigt, abzuweichen. Ich habe auch keins in der Diskussion gehört, bis auf Wahlkampfgetöse und vielleicht den Nominierungsparteitag der SPD im September, der ja offensichtlich den Bürgermeister dazu motiviert hat, in diese Argumentation einzusteigen.
Was ist denn der nächste Schritt? Sie machen einen Landesmindestlohn. Und dann kommt der nächste Parteitag der SPD, auf dem gesagt wird: Wir verpflichten hierzu alle Unternehmen, an denen Bremen Anteile hat, und der muss jetzt auch gezahlt werden. Da kommen Sie natürlich gerade im Logistikbereich in Wettbewerbsthematiken hinein. Tun Sie jetzt nicht so, ich weiß ja, was der Bürgermeister, wenn er gleich sprechen wird, sagen wird: Nein, das haben wir alles überhaupt nicht vor, wir sind davon meilenweit von entfernt. Das haben Sie, als der Landesmindestlohn ausgesetzt wurde, übrigens auch allen erklärt: Die Bundesregelung ist die
gute Regelung, und die lassen wir dauerhaft bestehen. Es gibt überhaupt keinen Grund, jetzt den Landesmindestlohn wieder einzuführen, das machen wir nur dann, wenn der Bundesmindestlohn abgeschafft wird. Das war damals die Argumentation der Fraktion der SPD, und deswegen traue ich Ihnen, trauen wir Ihnen an der Stelle nicht. Wenn Sie diesen Einstieg machen, werden Sie weitermarschieren, damit es sich am 26. Mai in Ihrer Philosophie auswirkt und deswegen kann ich mich nur der Argumentation des Kollegen Bücking anschließen:
Mehr Sachlichkeit unabhängig von Wahlkampfgetöse, die Problemstrukturen auch strukturieren, ein Problem nach dem anderen abarbeiten, statt sich hier nur aufzuspielen nach dem Motto, wer ist der Gerechteste in diesem Land und dann zu hoffen, dass die jeweils Ungerechten Sie dann wählen werden. Dieses Spielchen wird übrigens auch nicht aufgehen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Herr Bürgermeister! Eine Frage haben Sie offen gelassen: Warum Sie das bewährte Prinzip, dass Tarifpartner Lohnuntergrenzen aushandeln, hier in Frage stellen.
Es wäre doch ein Leichtes für Sie, Herr Bürgermeister. Gut, nun haben wir das Problem, dass Sie keine Richtlinienkompetenz haben, aber ich denke einmal, bei dem konstruktiven Miteinander, das Sie in der Koalition und im Senat immer wieder postuliert pflegen, ist es doch gar kein Problem, Ihre Finanzsenatorin für die Tarifverhandlungen anzuweisen, Entsprechendes für die Betroffenen auszuhandeln, die Sie gerade angesprochen haben. Sie haben sogar den Vorteil, dass Sie die finanziellen Auswirkungen Ihrer Beschlüsse im Senat gleich in den Haushalt einstellen können.
Also: Sie schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe, nämlich einmal das bewährte System, das wir auf allen Ebenen für richtig halten, dass Tarifpartner Löhne aushandeln, für Qualifizierte, für weniger Qualifizierte und vielleicht auch für nicht Qualifizierte und Sie gleichzeitig sagen können, welche finanziellen Auswirkungen das für den Haushalt hat. Das wäre seriös, das wäre nachhaltig, meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit entlarven Sie sich letztendlich doch nun wieder, dass es Ihnen allein nur um Wahlkampf geht. Es geht Ihnen um den 26. Mai 2019, denn ansonsten hätten Sie schon längst für die anstehenden Tarifverhandlungen, wo auch immer, Ihrer Finanzsenatorin sagen können, verhandeln Sie entsprechend. Das können Sie nämlich. Ich glaube, die Gewerkschaften, Ihre Mitstreiter in den Parteien würden sofort sagen, ausgezeichnet, sehr gut gelaufen. Vielleicht ist es aber doch so, dass Sie dann die Befürchtung haben, dass die Finanzsenatorin sich hinstellt und sagt, das Verhandlungsergebnis habe ich herausgeholt. Also, diese Frage ist hier völlig offen geblieben. Deswegen bleiben wir bei unserer ablehnenden Haltung. Wir lehnen diesen Antrag ab, wir überweisen auch nicht, denn hier gibt es überhaupt
kein sachliches Argument, sich damit noch weiter zu beschäftigen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der eine oder andere wird sich noch sehr gut daran erinnern, wir hatten Anfang des Jahres eine sehr intensive, auch öffentliche Diskussion und Debatte darüber, welche Probleme Unternehmen in Bremen und Bremerhaven haben, Fach- und Führungskräfte für Bremen zu gewinnen. Es wurde von zahlreichen Unternehmen die Klage erhoben, dass es schwerfällt, Menschen aus dem Ruhrgebiet, aus Süddeutschland oder woher auch immer, weit weg,
nach Bremen zu holen. Grund dafür war nicht, dass die Unternehmen nicht attraktiv sind, denn Unternehmen wie OHB, Airbus oder Daimler strahlen aus meiner Sicht per se eine gewisse Attraktivität aus. Auch mittelständische erfolgreiche Unternehmen, die ihr Potenzial, ihren Bedarf an Fach- und Führungskräften nicht nur in der Region decken, sondern weit über die Grenzen hinausgehen, haben beklagt, dass sie aufgrund der Imageprobleme Bremens Schwierigkeiten haben, gerade junge Familien davon zu überzeugen, nach Bremen zu kommen.
Was sind wohl augenscheinlich die Imageprobleme? Natürlich, auf der einen Seite scheint es der Fall zu sein – darüber gibt es eben keine Erhebungen, deswegen fällt es selbstverständlich schwer, das anhand von Umfragen oder Analysen wissenschaftlich begleitet zu unterlegen –, dass Bremen ein leicht verstaubtes Image hat und offenbar nicht sexy genug ist.
Die Bremer sehen das natürlich anders, Herr Bücking. Ich sage aber, von außen, denn man muss ja die Innen- und Außenansicht ein bisschen differenzieren.
Deswegen macht es auch keinen Sinn, sich an der Stelle etwas vorzumachen. Es sind natürlich auch die Pisa-Ergebnisse. Das, was das Bildungssystem nach außen hin ausstrahlt, führt ebenfalls offensichtlich zu entsprechenden Konsequenzen bei den Menschen, die wir nach Bremen holen wollen.
Wir Bremer selbst können das alles natürlich nicht nachvollziehen.
Na gut, Sie vielleicht, aber die Mehrheit der Bremerinnen und Bremer fühlen sich wohl. Einzelne ausgenommen, aber man darf bei 83 Abgeordneten nicht einen zum Maßstab nehmen, meine Damen und Herren.
Die meisten fühlen sich wohl in Bremen und Bremerhaven. Ich fühle mich auch wohl in dieser Stadt
und kann das alles eigentlich gar nicht verstehen. Offensichtlich hat der Senat in der Beantwortung der Großen Anfrage unserer Fraktion sich das auch zu eigen gemacht. Was die Unternehmen als Klage erheben, woher soll es kommen? Uns sagen die Analysen und Erhebungen eine ganz andere Sprache.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer so die Augen verschließt vor den berechtigten Klagen, die nach außen öffentlich erhoben werden, der ist offensichtlich nicht nur nicht in der Lage, das Problem zu lösen, sondern offensichtlich auch Teil dieses Problems.
Ehrlicher Weise ist es natürlich auch keine einfache Diskussion. Wir werden es ja gleich hören, spätestens vom Staatsrat, dass in Bremen die Bäume sehr viel grüner sind als anderswo. Dass die Flüsse und die Bäche viel sauberer, viel heller und viel strahlender fließen, als anderswo, und dass eigentlich alles ganz toll ist.
Nur, einmal ehrlich, hilft uns das wirklich weiter in der Analyse, wie Menschen uns von außen wahrnehmen? Wenn ich außerhalb Bremens unterwegs bin, und je weiter ich von Bremen entfernt bin, wird dieses ob nun verzerrte, unwahre oder nicht den Tatsachen entsprechende Bild sehr viel stärker vertreten. Deswegen hätte ich mir, hätten wir uns als Fraktion der CDU vom Senat eine sehr viel selbstkritischere Haltung in der Beantwortung dieser Fragen gewünscht als die typische Litanei, Schublade auf, alles ganz toll, Tourismus läuft, Wirtschaft läuft, Arbeitsplätze hervorragend, ich weiß gar nicht, was ihr wollt, ihr seid einmal wieder die typischen Schwarzmaler und die Nestbeschmutzer,
setzt euch einmal lieber hin, bevor der Standort noch weiter Schaden nimmt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist keine verantwortungsvolle und schon gar keine selbstkritische Politik oder ein konstruktiver Ansatz, den wir in dieser Frage dringend brauchen.
Wie viel Luft nach oben ist, neben der Selbstbeweihräucherung, die der Senat ja per se in seinen Antworten immer zum Besten gibt, sieht man ja auch in dem Gutachten zum Landestourismusprogramm, in dem selbst die Gutachter des Senats feststellen, dass in zahlreichen Fragen noch sehr viel Luft nach oben ist. Und das in einem Gutachten des Senats! Es ist ja schon freundlich formuliert, wenn er sagt, Luft nach oben. Wenn er hätte schreiben dürfen, was er hätte können und meinte, dann wäre es viel deutlicher geworden.
Wenn man dann noch sieht, was der Senat bereit ist zu investieren in Marketing, da natürlich Image auch etwas mit Marketing zu tun hat, mit Strategie, mit einem Ansatz, von Maßnahmen, natürlich auch mit der Unterlegung mit finanziellen Mitteln, dann müssen wir feststellen, dass seit Jahren, aber auch in diesem Doppelhaushalt 2018/2019 Stillstand herrscht, die Ansätze werden nicht weiter erhöht. Man will jetzt im Landestourismusprogramm, weil es sich natürlich in die Imagebildung des Standortes insgesamt einbettet, Bremen mit neuen Themen verbinden. Man will Maßnahmen entwickeln, Maßnahmenkonzepte erstellen und so weiter, aber glauben Sie, das wird mit entsprechenden finanziellen Ansätzen unterlegt? Mitnichten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Auf Nachfrage sagte der Senator am Vorabend der Deputationssitzung, na gut, man hat in der Vorlage etwas von fünf Millionen Euro gesagt, na ja, eigentlich sind es eher sieben, packen Sie fünf darauf, sind wir bei zwölf Millionen Euro, das ist eher realistisch. Als der Geschäftsführer der BTZ sich dann äußerte, auch zur Erhöhung der Infrastruktur, lag es auf einmal im mittleren zweistelligen Millionenbereich, wenn ich das einmal übersetze, was er da gefordert hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, so kann man keine verantwortungsvolle Politik machen, wo der Standort, das Image, wo das wie Bremen und Bremerhaven nach außen wirken entsprechend verbessert werden sollen.
Wie gesagt, es macht keinen Sinn einfach nur zu sagen, ihr habt alle Unrecht, ihr quatscht alle nur daher, ihr macht alles nur nörgelig und alles herunter. Nein, ich finde, der Senat muss sich selbstkritischer mit der Kritik der Wirtschaft auseinandersetzen, selbstkritischer an seine eigenen Ansätze herangehen und auch Ansätze entwickeln, wie er genau an diese Punkte ansetzt. Einfach immer nur zu
sagen, alles goldig, alles toll, das ist zu wenig. Damit werden Sie einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Politik nicht gerecht. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schäfer, Sie haben Ihren Redebeitrag einleitend damit begonnen, dass Sie gesagt haben, Sie sind eigentlich nur noch in Bremen, weil Sie Ihr Geld hier verdienen. Ich weiß nicht, ob Ihnen bewusst ist, was Sie damit zum Ausdruck gebracht haben.
Wenn nicht, dann sollten Sie sich einmal § 83 der Landesverfassung durchlesen. Dort heißt es, dass die Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft die Bevölkerung vertreten und eine besondere Treuepflicht haben.
Ich behaupte – und das sage ich sehr bewusst –, dass Sie mit der Einstellung, die Sie hier eben gerade einleitend zu Ihrem Redebeitrag zum Besten gegeben haben, diesen Anforderungen aus § 83 nicht gerecht werden. Dann sollten Sie sich ernsthaft Gedanken machen – und es ist mir auch bewusst, was das bedeutet –, ob der Platz, den Sie hier in diesem Hause einnehmen, wirklich noch der richtige ist.
Herr Reinken, man hätte eigentlich das Drehbuch schon vorher niederschreiben können. Sie haben von dem hervorragenden Prozess zur Erarbeitung des Tourismuskonzepts und der Tourismusstrategie gesprochen. Offensichtlich haben Sie mir in der Deputation nicht richtig zugehört, denn dann hätten Sie es nämlich gerade nicht so behauptet, wie Sie es getan haben. Ich habe in der Deputation im Namen der Fraktion der CDU den Prozess, den Analyseprozess, zu dem es zahlreiche Workshops gab und an dem 150 Menschen beteiligt worden sind, ausdrücklich gelobt. Ich habe nur kritisiert, was der Senat daraus gemacht hat, der am Ende diese hervorragende Arbeit in einer Nacht-undNebel-Aktion in ein Konzept eingebettet hat, das keine Nachhaltigkeit besitzt. Das ist genau der Kritikpunkt an dieser wichtigen strukturpolitischen Maßnahme, den sich der Senat jetzt zu eigen macht und wo wir der Auffassung sind, dass es zu kurz gefasst ist.
Weil wir auch da wieder gleich, ich sage einmal, 80 Prozent dessen hören, was wir sonst auch immer von der Senatsbank hören, deswegen kann ich mich eigentlich den nachdenklichen Worten des Kollegen Bücking anschließen. Einfach mal darüber nachzudenken, neben eigener Schönfärberei und sich selbst auf die Schulter zu klopfen – –. Ich weiß ja, wenn man sich gegenseitig zehn Mal auf die Schulter klopft, glaubt man irgendwann einmal, dass man ein toller Typ ist und es eigentlich keine Besseren in diesem Lande gibt, aber man sollte einmal eine selbstkritische Haltung einnehmen und darüber nachdenken, an welchen Stellen wir ansetzen sollten – auch in der Außenwirkung, trotz aller positiven und tollen Dinge, die in dieser Stadt passieren –, damit wir genau am Image, das nach außen wirkt, Verbesserungen vornehmen.
Die Stichworte sind von der Kollegin Frau Steiner ja eben gefallen, man könnte an der Stelle die Dinge aus der Statistik weiter aufzählen, natürlich, denn man kann positive und negative Dinge aufnehmen, und das macht natürlich das Spannungsfeld deutlich. Das macht aber auch deutlich, dass reine Schönfärberei in dieser Frage nicht ausreicht, sondern dass in dieser Frage eine kritische Haltung erforderlich ist, eine selbstkritische und konstruktive Haltung und nicht das, was wir in dieser Antwort des Senats zum Besten bekommen haben: Alles ist toll, alles ist schön, es geht gar nicht schöner.
Leider haben offensichtlich die Menschen außerhalb von Bremen einen anderen Eindruck, und es sollte unser Leitfaden und unsere Aufgabe sein, daran zu arbeiten, damit sich das verbessert. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Offshore-Terminal Bremerhaven, kurz OTB genannt, ist eine der wichtigsten Hafeninfrastrukturmaßnahmen für Bremerhaven, wenn nicht sogar für das Bundesland. 2010 das erste Mal mit der Zielsetzung beschlossen, dass dieses wichtige Infrastrukturprojekt 2014 in Betrieb gehen sollte, müssen wir leider zur Kenntnis zu nehmen, dass das Projekt seit Ende 2015, Anfang 2016 durch einen gerichtlich bestätigten Baustopp ruht.
Der OTB sollte, das war der ursprüngliche Gedanke, der Infrastruktur, dem Support, dem Service, der Errichtung von Offshore-Anlagen im Nordseebereich einen entsprechenden Rahmen bieten. Bremerhaven wollte damit seine damals führende Rolle als Offshore-Standort entsprechend unterstreichen und den Unternehmen für das weitere Wachstum und den damit verbundenen zahlreichen Arbeitsplätzen in Bremerhaven und in der Region einen entsprechenden Rahmen geben. Von da aus haben wir als Fraktion der CDU diesen Grundgedanken immer wieder unterstützt und bleiben auch weiterhin in unserer Position bestätigt, dass diese Infrastrukturmaßnahme notwendig ist und auch gebaut werden muss. Das will ich an dieser Stelle erst einmal ausdrücklich zum Ausdruck bringen.
Wenn man sieht, wie die Prognosen bis 2030 sind, dann wird es, wenn man das Thema Offshore im engeren Sinne einmal außen vorlässt, auch weiterhin einen hohen Bedarf an Umschlag von Schwerkomponenten geben. Offshore ja oder nein spielt dabei keine entscheidende Rolle. Zurzeit haben wir einen Hafenumschlag von ungefähr 270 Millionen Tonnen in den deutschen Häfen. Die Prognose des Bundesverkehrswegeplans lautet 268 Millionen Tonnen. Für die deutsche Nordseeküste wird ein
Zuwachs von 80 Prozent bis 2030 prognostiziert. Der Bereich High & Heavy Ladung nimmt nicht nur in Bremen, sondern zwischenzeitlich in den Entwicklungskonzepten in allen Hafenstandorten einen wichtigen Bereich ein, einen breiten Raum. Mit einer hohen Wertschöpfung verbunden, und das war ja auch der ursprüngliche Gedanke bei dem OTB: Zu sagen, wir wollen durch die Hafenumschlagsaktivitäten auch Wertschöpfung am Standort Bremerhaven binden. Es ging nicht um den reinen Umschlag. Das ist spannend, interessant, aber der Mehrwert, den wir uns ja alle miteinander, zumindest die Befürworter – da gibt es an der einen oder anderen Ecke eher Zweifel, auch weiterhin Zweifel – war, zu sagen, Umschlag – –.
Ja, das ist schon klar. Die Richtigen melden sich, gut angesprochen, auf der Stelle. Da muss man nur ein Stichwort geben, und schon springen einige auf. Das ist manchmal wie bei ‚Hau den Lukas‘, da kommt auch immer der Richtige oben an, wenn man an der Stelle trifft. Nein, aber der Gedanke war ja und ist auch richtig, durch Wertschöpfung an einer Umschlagsanlage auch entsprechend Verstetigung von Arbeitsplätzen zu erreichen.
Wir haben nun das Problem, ich hatte das einführend ausgeführt, dass 2014 der OTB an das Netz gehen sollte. Wir haben 2018. Der Ausgang der Gerichtsverfahren ist völlig offen. Nachdem die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem BUND ja unheimlich gut funktioniert hat und er uns 2015 dann doch mehr oder weniger eine andere Karte gezeigt hat, ist auch das Ende der Gerichtsverfahren völlig offen. Es liegt beim Verwaltungsgericht, dann kommt das Oberverwaltungsgericht, dann kommt das Bundesverwaltungsgericht. So, wie der BUND gestrickt ist, ist davon auszugehen, dass der komplette Rechtsweg ausgenutzt wird. Was das dann heißt,
ist klar: Wir werden nicht vor 2020, 2022 oder 2024 – wir hatten das ja eben schon von den Juristen hier in diesem Raum gehört, auf hoher See und – –.
Ja, genau. An der Stelle wissen wir auch nicht, wann das Gerichtsverfahren zu Ende ist. Das heißt,
der Ausgang ist völlig offen. Und dann stellt sich doch automatisch, um auch gleich dieser Frage entsprechend zu begegnen, im Jahre 2020 oder 2022 die Frage, inwiefern sind eigentlich die Annahmen aus dem Jahre 2010 noch gültig?
Es stellt sich vielleicht für den einen oder anderen jetzt schon die Frage an der Stelle und deswegen liegt es auf der Hand. Ob man das jetzt in aktuellen Aussagen hervorhebt oder nicht hervorhebt, spielt auch letztendlich keine Rolle, weil die Tatsache, dass dieser Terminal als OTB, als reiner OTB fraglich ist, nicht daran liegt, dass man jetzt die Fragen stellt, die auf der Agenda stehen, sondern die liegt darin begründet, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass man von Anfang an eine verkehrte Strategie zur Umsetzung des OTB gewählt hat.
Ich will das nur noch einmal in Erinnerung rufen, weil ja im Augenblick hier so ein bisschen aufkommt, die CDU würde die Axt an den Terminal setzen. Nein, die Axt ist damals 2010 gesetzt worden, weil man schon von Anfang an eine verkehrte Strategie gehabt hat dadurch, dass man damals eine privat finanzierte, reine öffentliche Infrastruktur realisieren wollte, dadurch zwei Jahre Verzögerung hat und noch einmal zwei Jahre und noch einmal zwei Jahre und die jetzt in Bremerhaven das Dilemma haben.
Infolgedessen ist es wichtig, meine sehr verehrten Damen und Herren, und deswegen auch unser Antrag, einmal zu sagen, klar, wir müssen das weitere Verfahren weiter verfolgen, ohne Wenn und Aber, auf der anderen Seite aber auch aktiv einen Plan B zu entwickeln. Und deswegen fordern wir den Senat auf, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben, auszuloten, mit welchen Wahrscheinlichkeiten, mit welchen Chancen ein Terminal, –
ich komme gleich zum Ende – in Bremerhaven an dieser wichtigen Stelle – mit dem entsprechenden Hinterland als Schwerlastterminal mit allgemeiner Verwendung –umgesetzt werden kann, um dann auch am Ende des Tages zu einer abschließenden Entscheidung zu kommen, ob man das Verfahren als alternativlos vor dem Verwaltungsgericht weiter verfolgt oder ob es auch Varianten dazu gibt.
Ich finde, eine verantwortungsvolle Politik, die auch perspektivisch in die Jahre 2025 und 2030 hineinschaut, wartet nicht ab, bis irgendein Urteil kommt und man am Ende mit leeren Händen dasteht, sondern eine verantwortungsvolle Politik bezieht auch Optionen mit ein und dazu gehört es auch, diese zu prüfen. Dazu fordern wir heute den Senat auf. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren, lieber Herr Senator! Die Schwäche der eigenen Argumentation offenbart sich immer dann, wenn man den anderen verbieten will, kritische Fragen zu stellen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist Ihre Schwäche in Ihrer Argumentation.
Wenn Ihre Argumentation so stark wäre, wie Sie behaupten, dann dürften doch Fragen einer Opposition kein Problem sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Sie scheinen hier offensichtlich einen Glasbehälter über diese ganze Diskussion stülpen zu wollen, weil Ihnen die offensichtlich nicht recht ist. Ihnen ist es nicht lieb, über diese Fragestellung zu diskutieren. Aber Sie müssen über diese Fragestellung diskutieren, ohne Wenn und Aber, ergebnisoffen, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil die
Fragestellung von anderen auch im weiteren Verfahren auf die Tagesordnung gesetzt wird. Deswegen ist das schwächste Argument, Herr Senator, das man bringen kann, Ihres, zu sagen, man darf es nicht tun, das ist die Axt an die Infrastrukturmaßnahme. Ehrlicherweise, so einen Blödsinn habe ich schon lange nicht mehr gehört, meine sehr verehrten Damen und Herren.
War das noch parlamentarisch? Okay, alles klar, sonst würde ich das natürlich sofort zurücknehmen und das Gegenteil davon behaupten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Thema, eine Fragestellung ist hier bei die Machbarkeitsstudie. Man kann ja die unterschiedlichen Positionen durchaus nachvollziehen in der Stringenz, wobei ich das ganz rechts außen ehrlicherweise nicht nachvollziehen könnte, weil das wirtschaftspolitisch eher Sandkasten war, zu warten, dass eine Entwicklung eintritt, und wenn sie dann eintritt, die Rahmenbedingungen zu schaffen, die dafür erforderlich sind, dass sie eintritt.
Also dieser geistige Kurzschluss, den könnten Sie vielleicht dann auf Ihrer Parteiveranstaltung in Bremerhaven noch einmal auf den Nenner bringen. Aber das, was Sie hier zum Besten gegeben haben, war arbeitnehmerfeindlich für die Kolleginnen und Kollegen in Bremen und Bremerhaven. Nichts anderes.
Es ist fadenscheinig, –
was Sie hier produzieren, nicht mehr und nicht weniger. Schlüssig ist das hinten und vorne nicht, aber dafür sind Sie ja letztendlich bekannt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich will noch einen Gedanken einführen. Bei einer Machbarkeitsstudie – deswegen wundert es mich eigentlich, dass diese Machbarkeitsstudien schon als Teufelszeug an die Wand gestellt werden, das muss ja etwas ganz Schlimmes sein –, also wenn ich eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gebe, dann ist das Ergebnis offen. Das ist ja der Sinn und Zweck einer Machbarkeitsstudie. Sonst bräuchte ich keine Machbarkeitsstudie machen, oder?
Dann sind natürlich nicht nur die rein ökologischen Gesichtspunkte mit in die Betrachtung einzubeziehen, sondern dann sind natürlich auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit einzubeziehen. Wie sieht es denn zukünftig aus mit der Entwicklung von Schwerlast in diesem Bereich? Rechtfertigt das einen solchen Eingriff? Sie erklären völlig ohne Wenn und Aber, dass nur offshore dies letztendlich rechtfertigt. Das behaupten Sie schon seit acht Jahren. Letztendlich hat es beim BUND auch nicht dazu gefruchtet, davon zu überzeugen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und deswegen sind vielleicht auch einmal andere Ansätze erforderlich, um diese wichtige Infrastruktur für Bremerhaven zu retten.
Unsere Befürchtung ist, dass sich die politischen Rahmenbedingungen, insbesondere auch durch die Entwicklung in Cuxhaven – da sieht man ja, was passiert, wie ein Unternehmen sich entscheidet, wenn Infrastruktur da ist oder wenn keine da ist – –, dass letztendlich der Sog, der zwischenzeitlich auch nach Cuxhaven ausgeübt wird, nicht mehr ausreicht, um eine solche Maßnahme in Bremerhaven zu rechtfertigen. Deswegen finde ich es verantwortungsvoll und auch nachhaltig, wenn sich der Senat trotz eines laufenden Verfahrens ergebnisoffen Gedanken macht, wie ein Plan B aussehen kann.
Herr Senator Lohse, Sie sind natürlich in Ihren Gedanken schon zu Ende, Sie haben das für sich schon beschlossen. Ich hoffe, dass der restliche Senat nicht so eng und verschlossen ist, sondern ergebnisoffener an solchen Fragestellungen, die eine erhebliche wirtschaftspolitische Bedeutung haben, und somit auch an Arbeitsplätze in Bremerhaven und Bremen denkt. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich die Große Anfrage und einige Zeit später die Antwort des Senats gelesen hatte, fragte ich mich, aus welcher Mottenkiste dieses Thema eigentlich hervorgeholt worden ist!
Fakt ist, dass seit dem Jahr 2004 keiner mehr darüber spricht, aber offensichtlich ist im Tal der Ahnungslosen noch ein Elfenbeinturm übrig geblieben, auf den Sie marschiert sind, und Sie haben sich gesagt, dass Sie dieses Thema noch einmal hervorholen wollen. In der Analyse der Zahlen kommen Sie zudem zu völlig verkehrten Ergebnissen.
Wir, die CDU-Fraktion, sind der Auffassung, dass die duale Berufsausbildung ein wesentliches Element zur Sicherung des Nachwuchses von qualifizierten Fach- und Führungskräften ist. Sie ist auch ein wesentliches Element und eine wesentliche Säule für den wirtschaftlichen Erfolg der Bundesrepublik Deutschland, und deswegen: Ein klares Ja, ein klares Bekenntnis zu diesem dualen Berufsausbildungssystem!
Wer hier versucht, mit staatlichen Instrumenten diese duale Berufsausbildung infrage zu stellen, der stellt auch mittelbar den wirtschaftlichen Erfolg unserer Ökonomie infrage, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Sie wollen in staatliche Systeme, weil Sie grundsätzlich den Privaten misstrauen. Das ergibt sich auch aus Ihrer Programmatik. Insofern argumentieren Sie doch hier einfach einmal ehrlich und offen, das erleichtert auch die Analyse der Antwort auf Ihre Anfrage! Die Zahlen sind auch eindeutig.
Sie haben – und das ist Ihre zweite Aussage – den Bremer Pakt für Ausbildung für gescheitert erklärt. Wir kommen zu einem anderen Ergebnis, weil seit dem Jahr 2014 die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge um 3,5 Prozent gestiegen ist. Das Gegenteil ist also der Fall, dieser Pakt für Ausbil
dung auf der Basis von Freiwilligkeit ist im Gegensatz zu den staatlichen Instrumenten, die Ihnen vorschweben, ein erfolgreiches Instrument!
Wenn Sie die Bezeichnung „Tal der Ahnungslosen“ als Vorwurf wahrnehmen: Ich komme eigentlich nur deswegen zu dem Ergebnis, weil Sie das System aus der Bauwirtschaft hier herangezogen haben. Frau Kollegin Böschen hat darauf hingewiesen, das hat seit 1976 ganz andere Wurzeln. Die Struktur der Bauwirtschaft ist auch eine ganz andere. 80 bis 90 Prozent der Unternehmen sind Klein- oder Kleinstunternehmen, die schlichtweg gar nicht in der Lage sind, einen adäquaten Ausbildungsansatz von 800 000 Beschäftigten in der Bauindustrie darzustellen. Sie können das nicht auf andere Industriebranchen oder das Gewerbe übertragen, und deswegen ist der Hinweis völlig verkehrt, zumal es eine tarifliche Vereinbarung ist und kein staatlicher Zwang, wie Sie ihn wollen! Eigentlich müsste der Appell bei ihrer Logik – falls eine vorhanden ist – lauten: Jawohl, die Tarifpartner sind gefordert, hier entsprechende Vereinbarungen zu treffen, und nicht staatliche Instrumente; wie sie Ihnen vorschweben.
Wenn Sie schon über den Mangel im Ausbildungssystem reden, dann müssen Sie natürlich auf die Bremer Situation kommen. Dann wäre es vielleicht einmal hilfreich gewesen, dem Bremer Senat vorzuwerfen, was er zur Aufrechterhaltung der Qualität im Berufsschulsystem tut. Schauen Sie sich die jahrelange Diskussion über die Qualität der Berufsschule für Großhandel, Außenhandel und Verkehr an! Sie befindet sich in einem völlig miserablen baulichen Zustand. Die Auszubildenden hier unterrichten zu wollen, ist natürlich völlig kontraproduktiv. Wenn Sie es mitbekommen hätten, die Unternehmen haben auch jahrelang diesen Zustand kritisiert und selbst gesagt, dass sie zumindest in Bremen nicht mehr ausbilden, weil sie es ihren Auszubildenden nicht mehr zumuten können. In Ihrer Großen Anfrage findet sich kein Wort darüber!
Oder schauen Sie sich den Zustand der Berufsschule an der Alwin-Lonke-Straße an, Anfang der Achtzigerjahre als Vorbildprojekt in dieser Stadt gefeiert! Seitdem wurde aber nicht reinvestiert, saniert oder instand gehalten. Ganze Lehrlingshallen stehen dort leer, und dann ist es doch kein Wunder, dass die Ausbildungsbetriebe sagen, dass Sie sich überlegen, ob es Sinn macht, in Bremen und Bremerhaven auszubilden.
Dann spielt noch ein letzter Punkt eine Rolle, auf den Sie ehrlicherweise auch hätten hinweisen müssen: Inwiefern ist es überhaupt noch möglich, die Anforderungen, die es gibt, zu erfüllen? Das ist jetzt zwar eine sehr pauschale Behauptung, aber ich stehe dahinter, weil wir in meiner bisherigen beruflichen Tätigkeit auch immer vor der Frage standen, wie viele Auszubildende wir im Jahr beschäftigen, aber wenn Sie sehen, was da zum Teil an Bewerbungen auf den Tisch kommt,
dann müssen Sie auch einmal die Frage stellen, was aus dem schulischen System in den Ausbildungsberufen ankommt, die vielleicht nicht so hohe Anforderungen stellen! Der Baubereich, aus dem ich komme, ist bekanntlich in dieser Hinsicht eher niederschwellig, aber selbst dort bekommen Sie Bewerbungen, bei denen Sie genau sehen: Lesen, Schreiben und Grundrechenarten eher eingeschränkt!
Deswegen müssen Sie doch, wenn Sie die Problematik des Mangels von Nachwuchskräften auch in gewerblichen Bereichen sehen, auch die Frage der Qualität der Ausbildung in den allgemeinbildenden Schulen und den Berufsschulen sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und deswegen erweisen Sie der eigentlichen Problematik mit dieser Großen Anfrage einen Bärendienst. Im Gegenteil, wenn Sie sich selbst ernst nehmen würden, dann hätten Sie auch einen Antrag dazu formuliert und hier nicht irgendwelche Sonntagsreden gehalten! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine ersten Vermutungen, die ich hatte, als das Thema der Aktuellen Stunde eingereicht wurde, haben
sich weitgehend bestätigt. Es ist immer ein Problem, wenn man versucht, aus der Einzelfallentscheidung eines Unternehmens politische Rendite zu ziehen, indem man diese Entscheidung mit zum Teil sehr pauschalen Aussagen in die allgemeine politische Diskussion einführt. Bei dem einen oder anderen Debattenbeitrag war ich etwas verwirrt, weil es sich eher um das Zünden einer Nebelbombe handelte als um die konkrete Auseinandersetzung mit den politischen Sachverhalten.
Worum geht es eigentlich? Bevor ich auf diese Frage zu sprechen komme, möchte ich für die CDU-Fraktion zum Ausdruck zu bringen, dass auch wir es sehr bedauern, dass ein weiteres Traditionsunternehmen den Standort Bremen verlässt. Obwohl es sich zunächst einmal, in Anführungsstrichen, nicht allzu viel anhört, sind 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter doch eine ganze Menge. Diese Menschen machen sich Sorgen um ihre Zukunft, weil es gerade in diesem Bereich nicht einfach so weitergeht. Der Angestellte im kaufmännischen oder im technischen Bereich kann nicht ohne Weiteres zum nächsten Unternehmen wechseln. Im produzierenden Gewerbe ist das nicht so einfach. Es kommt hinzu, dass es ein sehr wohnortnaher Standort ist. Deswegen glaube ich, dass wir uns sehr wohl mit den Ursachen der Entscheidung des Mutterkonzerns von Hachez zum Weggang auseinandersetzen müssen. Wir müssen uns auch Gedanken darüber machen, ob wir daraus Konsequenzen für die Zukunft ableiten können.
Herr Reinken, Sie haben die Frage gestellt, was die 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von einer solchen Debatte haben. Direkt haben sie natürlich nichts davon. Aber wenn aus einer solchen Debatte folgt, dass für die Zukunft die richtigen Lehren gezogen werden, dann kann das schon Einfluss auf künftige Standortentscheidungen des einen oder anderen Unternehmens haben. Denn solche Entscheidungen treffen Unternehmen immer wieder, das liegt in der Natur der Sache. Wenn ein Konzern global aufgestellt ist und einen hohen Grad an Arbeitsteilung erreicht hat, schickt er solche Standortentscheidungen alle zwei oder drei Jahre, vielleicht sogar jedes Jahr, durch sein Haus. Angesichts dessen geht es natürlich darum, dass wir Bremen als Standort anbieten können, der im Wettbewerb unter den Standorten eines Konzerns, aber auch im Wettbewerb generell hoch attraktiv ist.
Die Entscheidungskriterien bei Coca-Cola waren sicherlich andere als bei Hachez. Coca-Cola ging nicht ins Ausland, sondern wechselte nur über die Landesgrenze. Dabei spielten die Steuerfrage und die Gewerbeflächenfrage sicherlich eine Rolle. InBev leidet natürlich unter dem zurückgegangenen Bier-Konsum. Zwar könnte man dem Senat eine Verantwortung insoweit zuschieben, als er künftig weniger Wein und mehr Bier trinken sollte. Ob dies allerdings maßgeblich dazu beitragen würde, den Bierabsatz in Deutschland anzuheben, glaube ich eher nicht.
Kellogg hat den Standort nicht in ein Billiglohnland verlagert, Großbritannien steht jedenfalls nicht im Verdacht, ein solches zu sein. Bei Könecke spielte die Nachfolgefrage eine Rolle. Das alles sind sehr unterschiedliche Faktoren. Nur grundsätzliche Fragestellungen sind grundsätzlich zu beantworten.
Aus der Sicht der CDU-Fraktion bedarf es einer aktiven Wirtschaftspolitik. Insoweit schließen wir uns der Kritik von Herrn Bücking an, der mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass aktiveres Handeln in diesem Fall vielleicht geholfen hätte.
Das Fehlen aktiven Handelns seitens des Wirtschaftssenators ist natürlich nicht der einzige Grund für die Entscheidung des Mutterkonzerns. És geht auch um die Standortbedingungen insgesamt. Lassen Sie mich einige Punkte hervorheben!
Der erste Punkt betrifft die Gewerbeflächen. Von diesen haben wir in Bremen schlichtweg zu wenig. Insoweit sind wir uns über die Fraktionsgrenzen hinweg weitestgehend einig. Wir haben schon im vergangenen Jahr intensiv darüber diskutiert. In der jüngsten Sitzung der Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen haben wir den Bericht zur Entwicklung der Gewerbeflächen zur Kenntnis genommen. Dabei wurde uns mitgeteilt – es war das erste Mal, dass diese qualifizierte Zahl das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat –, dass in Bremen nur noch 33 Hektar frei disponierbare, vermarktbare Gewerbeflächen zur Verfügung stehen. Das ist eine beängstigend niedrige Zahl. Wir können nicht erkennen, dass der Senat als Konsequenz aus der Debatte von Anfang des vergangenen Jahres mittlerweile aktiv handelt und gegensteuert. Die diesbezüglichen Verweise in diesem Bericht reichen leider nicht aus.
In den Augen der CDU-Fraktion ist es von hoher Bedeutung, den Anteil der verfügbaren Gewerbeflächen in Bremen, natürlich auch in Bremerhaven, qualitativ anzuheben, um den unterschiedlichen Bedarfen gerecht zu werden. Sowohl kleinen und mittelständischen als auch großen Unternehmen, die großflächigere Ansiedlungen vornehmen wollen, muss ein entsprechendes Angebot gemacht werden können. Das ist eine große Baustelle des Bremer Senats!
Der zweite Punkt, der in unseren Augen eine entscheidende Rolle spielt, betrifft das Image unserer Stadt. Dazu hatten wir vor wenigen Wochen in der Öffentlichkeit eine breite Diskussion. Das Image wird von verschiedenen Faktoren gebildet. Für das eine oder andere Unternehmen mag es nicht ausschlaggebend sein, wie hoch der Gewerbesteuerhebesatz ist. Für die Erhöhung hatte der Senat ohnehin keine fachliche, sondern eine rein monetäre Begründung. Aber die Art und Weise, wie die Erhöhung vom Senat durchgepeitscht worden ist – es gab nicht den Versuch, zu überzeugen –, fiel natürlich negativ auf und verstärkte den Eindruck, dass hier nicht unternehmensfreundlich gedacht wird.
Das Thema Bildung ist ein weiterer entscheidender Punkt. Wenn wir in den PISA-Ergebnissen seit zehn Jahren konsequent hinten rangieren und sich die Bildungssenatorin so dermaßen schwertut, richtungsweisende Entscheidungen zu treffen, dann hat das Einfluss auf das Image.
Wenn über Jahre hinweg die Wirtschaftsförderung als Steinbruch der Finanzsenatorin angesehen wird, dann hat auch das Auswirkungen auf das Image einer Stadt bei Unternehmen und Unternehmern.
Damit sind wir genau bei dem Problem. Das Image Bremens könnte erheblich besser sein, wenn es eine wirtschaftsfreundlichere Politik von Rot-Grün gäbe.
Das Thema Fördermittel ist weniger entscheidend. Wir müssen nämlich aufpassen, wie es mit den Fördermöglichkeiten aussieht. Bevor man hier solche Reden hält, wie wir sie zum Teil gehört haben, sollte man sich vielleicht ein wenig mit dem EURecht auseinandersetzen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, wenn wir in einen Subventionswettbe
werb mit Standorten in Osteuropa einsteigen, haben wir schon verloren. Diese Messe brauchen wir überhaupt nicht anzustimmen. Es geht um qualifizierte Förderung!
Damit bin ich bei einem weiteren Punkt, der eine entscheidende Rolle spielt, der Clusterstrategie. Ich will an dieser Stelle den Begriff „rot-grüner Wohlfühlsessel“ nicht benutzen, weil wir uns damit an der Grenze zur Polemik bewegen, die uns nicht viel weiterhilft. Wir als CDU-Fraktion haben aber mehrmals betont, dass wir es als Fehler erachten, dass der rot-grüne Senat sich bei der Clusterstrategie zurücklehnt und feststellt, wir seien schon gut aufgestellt, alles laufe gut. Diese Analyse von vor zehn Jahren hat sich seitdem anscheinend nicht geändert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es läuft an dieser Stelle eben nicht von allein! Der Senat muss auch die Clusterstrategie regelmäßig daraufhin überprüfen, ob er mit dieser Strategie noch auf dem richtigen Weg ist. Die Überprüfungsabstände werden kürzer, weil die Veränderungsgeschwindigkeit in den Unternehmen, in den Wirtschaftsstrukturen und in der gesamten Gesellschaft immer höher wird.
Es reicht nicht mehr aus, die Cluster Offshore, Luft- und Raumfahrt und Logistik zu haben. Die Clusterstrategie muss erweitert werden. Dabei muss man sich die Frage stellen, ob Nahrungs- und Genussmittel das Thema eines weiteren Clusters sein kann. Lübeck macht es übrigens vor, das Beispiel ist genannt worden. Die Zahl der Arbeitsplätze in der Nahrungs- und Genussmittelbranche in Lübeck und Umgebung wächst. Offensichtlich funktioniert es an anderen Standorten besser.
Wir haben in den vergangenen zwei, drei Jahren immer wieder Gespräche mit der Gemeinschaft der Nahrungs- und Genussmittelbranche Bremens, vertreten durch den NaGeB, geführt. Wir hatten den Eindruck – das sage ich, ohne die Vertraulichkeit der Gespräche zu brechen –, dass die Nahrungs- und Genussmittelbranche sich diesbezüglich nicht besonders gut aufgehoben und nicht besonders gut betreut fühlt. Vielleicht war Ihr Eindruck ein anderer. Die Möglichkeit, dass wir selektiv zugehört haben, will ich eingestehen. Aber wenn sich so etwas mehrmals wiederholt, dann kann es nicht an einer einmaligen falschen Wahrnehmung liegen.
An den Entscheidungen – die Beispiele sind genannt worden – zeigt sich, dass die Nahrungs- und Genussmittelbranche offensichtlich kein großes Vertrauen in den Senat hat. Diese Einschätzung gilt, auch wenn es unterschiedliche Gründe für die jeweiligen Entscheidungen gibt.
Wir fordern den Senat auf, endlich seine Hausaufgaben in Bezug auf die Clusterstrategie zu machen. Der Senat muss in die Zukunft zu schauen. Das Thema Offshore hat angesichts der Rahmenbedingungen, die sich in den letzten Jahren, aus welchen Gründen auch immer, verändert haben, was wir zur Kenntnis nehmen müssen, nicht mehr den Stellenwert, den wir uns vielleicht wünschen. Der Senat hat die Clusterstrategie auf den Prüfstand zu stellen und neue Felder zu identifizieren. Das können auch drei oder vier neue Felder sein, weil sich am Ende vielleicht nur ein oder zwei durchsetzen. Der Senat muss seine Arbeit fokussieren und alles unternehmen, um diese Clusterthemen voranzubringen. Das ist zukunftsorientiertes Handeln. Das bringt die Menschen in Arbeit und bietet ihnen in der Region ein Auskommen. Das muss das wesentliche Motiv unseres Handelns und der wesentliche Impuls für unsere Politik sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Lassen Sie es mich bei diesen drei wesentlichen Punkten belassen. Es ist auch in der Politik wichtig, nicht immer nur einen bunten Strauß an Themen vor sich herzutragen, sondern sich auch die Mühe zu machen, zu priorisieren. Nur wenn es Ihnen gelingt, zu priorisieren, werden Sie am Ende auch und gerade vor dem Hintergrund knapper Mittel die entscheidenden Schwerpunkte setzen können und damit entsprechende Effekte erzielen.
Natürlich ist die Automobilbranche wichtig. Aber die Headquarters sitzen woanders. Das ist leider so. Am Sitz der Headquarters werden auch überdurchschnittlich häufig F-und-E-Aktivitäten in Gang gesetzt. Obwohl Bremen offensichtlich ein guter Standort für Daimler ist – das freut uns natürlich sehr –, wird es hier keine Forschungsaktivitäten geben.
Wir müssen uns auf die wesentlichen Dinge konzentrieren, auch wenn sie vielleicht am Anfang nicht ganz so spektakulär sind. Dann wird es uns gelingen, die Herausforderungen zu bewältigen. Wir brauchen eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik, aber natürlich auch eine entsprechende Standort- und Infrastrukturpolitik. Hinsichtlich der
Erreichbarkeit unseres Standortes gibt es große Defizite; Beispiele sind schon genannt worden. Wenn die Wirtschaftspolitik zukunftsorientiert ist, gewinnen die Unternehmen den Eindruck, dass es sich lohnt, nach Bremen und Bremerhaven zu kommen beziehungsweise hier nicht nur zu bleiben, sondern den Standort auch zu erweitern. Wir, die CDUFraktion, sind davon überzeugt, dass Bremen ein toller Standort ist. Er wird leider falsch regiert. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das reicht für drei Anmerkungen.
Anmerkung Nummer eins: Herr Kollege Reinken, es ist klar, dass Ergebnis einer Überprüfung der Clusterstrategie nicht automatisch die Nahrungs- und Genussmittelbranche als neues Cluster sein muss. Die Überprüfung muss ein ergebnisoffener Prozess sein. Ich bitte Sie, meine Einlassungen dazu auch so zu verstehen. Die Überprüfung können Sie übrigens nur ergebnisoffen angehen, da Sie mit Vorfestlegungen nicht dort ankommen, wo Sie eigentlich ankommen wollen.
Anmerkung Nummer zwei: Herr Staatsrat, ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass Sie eine Rede im Parlament gehalten haben. Das war eine Sonntagsrede. Sie hätte zur Eröffnung der EXPO REAL, der „transport logistic“ oder wo auch immer gepasst. Sie gehörte nicht ins Parlament!
Sie haben sich überhaupt nicht mit den Argumenten auseinandergesetzt, die in diese Debatte eingebracht worden sind.
Sie haben Ihre Stichworte vorgelesen, ohne auch nur ansatzweise substanziell etwas zu diesem konkreten Fall und dessen Ursachen zu sagen. Das kann man daran ablesen, dass Sie gesagt haben, der Bremer Senat habe keine Möglichkeit, auf Entscheidungen von Konzernzentralen Einfluss zu nehmen. Wer so etwas sagt, glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten. Natürlich hat der Bremer Senat Einfluss auf Konzernentscheidungen!
Wenn ich Ihnen das erklären muss, dann sollten Sie sich überlegen, ob Sie nicht an der einen oder anderen Stelle Nachhilfeunterricht nehmen müssen. Wie sieht es denn aus mit der Verfügbarkeit von Gewerbeflächen? Eine Konzernzentrale sagt doch nicht per se: Polen? Geiles Land! Dort fahre ich hin! – Nein, die Konzernvertreter schauen sich die unterschiedlichen Standorte im Hinblick auf die Wettbewerbssituation an. Dazu gehören neben den Arbeitskosten zum Beispiel auch die Erreichbarkeit des Standorts und die Höhe der Steuersätze am Standort. Das sind maßgebliche Faktoren, mit denen der Senat Einfluss auf Unternehmensentscheidungen, ob von Konzernen oder von Kleinunternehmen, nehmen kann. Herr Staatsrat, Ihre Aussage zeigt, wie weit Sie von einer wirklich effektiven, erfolgreichen Wirtschaftspolitik entfernt sind.
Damit der Präsident mich nicht abklingeln muss, komme ich gleich zu meiner dritten Anmerkung. Wir lehnen auch den Antrag der FDP-Fraktion ab, weil er bei einer solchen Haltung des Senats nichts bringt. So unkritisch, wie der Senat an diese Diskussion herangegangen ist, bringt ein Bericht, ob in sechs Monaten oder in einem Jahr, nichts. Einen solchen Bericht könnte ich in einer Stunde herunterdiktieren und in einem Umschlag verschließen. Ich sage Ihnen, dabei käme genau das Gleiche heraus. Wir bekämen genau die gleichen Sonntagsreden aufgeschrieben. Wir brauchen aber einen Wandel in der Wirtschaftspolitik. Deswegen vertrauen wir auf den Mai nächsten Jahres. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will auch vor dem Hintergrund der Redebeiträge Folgendes vorwegschicken: Wir als CDU-Fraktion sind für den Hafentunnel, weil wir der Auffassung sind, er ist nicht wirkungslos, sondern ein wichtiger Beitrag zu einer leistungsfähigen Infrastruktur, nämlich zum wirtschaftlichen Erreichen des Containerterminals. Deswegen sagen wir Ja zum Hafentunnel. Er ist alternativlos.
Man muss auch ehrlich sein, Herr Kollege Professor Dr. Hilz. Wenn man dafür oder dagegen ist, kann man das gleich von Anfang an sagen,
weil sich dann natürlich auch die Kritik und der Redebeitrag ein wenig relativieren. Wenn Sie sagen, der Tunnel sei wirkungslos, obwohl er noch gar nicht in Betrieb ist, dann frage ich mich, ob ich von der Semantik her etwas nicht verstanden habe. Ich bin nun kein - wie soll ich sagen? - Sprachwissenschaftler, vielleicht fällt mir das Denken manchmal auch ein wenig schwer, aber da habe ich ehrlicherweise die Kurve nicht bekommen. Sie können doch die Wirkung eines Bauwerks, einer Infrastruktur erst dann beurteilen, wenn sie in Betrieb ist. Wenn Sie dann gleich zwei Sätze später sagen, der Tunnel müsse jetzt aber schnell fertiggestellt werden, damit die Anwohner entlastet werden, dann müssen Sie mir diesen Gedankensprung erklären, und sagen, wie das zusammenhängt. Auf der einen Seite klar zu sagen, der Tunnel sei wirkungslos, aber auf der anderen Seite zu fordern, er müsse sofort fertiggestellt werden, damit die Anwohner entlastet werden,
diese Argumentation ist schon ein ziemlicher Gedanken-Quantensprung.
Ich will gar nichts zur Kritik sagen oder dazu, ob es berechtigt ist oder nicht, solch eine Große Anfrage zu stellen. Das ist das gute Recht einer Fraktion, das ist nicht infrage zu stellen. Ich hätte es aber begrüßt, wenn Sie sich neben der Schaufensterrede zumindest einmal mit den Antworten und auch mit unseren gemeinsamen Nachfragen auseinandergesetzt hätten, denn, ehrlich gesagt, ist die Antwort des Ressorts auf diese Große Anfrage schlampig. Zum Teil wird auf Fragen nicht richtig oder desinteressiert geantwortet, nach dem Motto: Was fragen die aus der Opposition schon wieder? Da liegt man mit den Kollegen im Wirtschaftsressort auf einer Wellenlänge, die es auch als störend empfinden, wenn solche Fragen gestellt werden. Deswegen muss ich aus Sicht der Opposition ankündigen: Wenn Sie Anfragen, Fragestellungen der Opposition, nicht richtig beantworten, dann werden wir Ihre Häuser so lange mit Kleinen Anfragen beschäftigen, bis Sie es lernen.
Es gibt parlamentarische Auskunftsrechte. Fragen haben entsprechend beantwortet zu werden und nicht so, wie es dem Ressort, dem Senat oder wem auch immer gerade in den Kram passt.
Jetzt will ich einmal auf die Antworten eingehen, die Sie gegeben haben. Obwohl es nicht Gegenstand der Tagesordnung ist, beziehe ich ausdrücklich die Antworten auf unsere Kleine Anfrage ein, mit der wir noch einmal nachgefragt haben. An der Stelle waren wir uns ja in der Intention einig.
Wenn Sie - natürlich vor dem Hintergrund der Kostensteigerung - zum Beispiel gefragt werden, welche gesetzlichen Vorgaben sich seit Baubeginn verändert haben, und Sie das neue Bauvertragsrecht anführen, das ab 1. Januar 2018 gilt, dann würde mich interessieren, welche Passagen des neuen Bauvertragsrechts die Vergabepositionen, die Kostensteigerungen, die hier zu Recht kritisiert worden sind, beeinflusst haben. Weil es gerade in den Kram passt, wird einfach dahingesagt: Wir haben ein neues Bauvertragsrecht. Ich möchte bitte ausführlich von Ihnen erklärt bekommen, was das damit zu tun hat.
Mich interessiert auch, womit Sie die Höhe der Planungskosten, die hier mit 7,3 Millionen Euro mehr angegeben werden, rechtfertigen.
Wenn man das einmal - die Feministen außen vorgelassen, gendermäßig nicht ganz korrekt - in Mannmonate umrechnet, dann sind das round about 700 Mannmonate, die Sie mit fadenscheinigen Rechtfertigungen als Kostensteigerung angeben, denn Sie sagen ja in der Antwort auf die Kleine Anfrage, bei der Erhöhung der Planungskosten handele es sich weitestgehend um Personalkosten, und zwar um Projektsteuerungsmaßnahmen.
Nun kann man sich durchaus streiten, ob das, soweit es die Kostengruppe Planung 7 der 276 angeht, im engeren Sinne wirklich den Planungskosten zuzurechnen ist. Aber sagen wir einmal: Außen vor, geschenkt! Wie wollen Sie diese 700 Mannmonate rechtfertigen? Wofür sind sie? Zumindest aus dem, was Sie als Gründe, als Ursachen für die Bauverzögerung und für die sonstigen Kostensteigerungen angeben, lässt sich das nicht nachvollziehen. Das sind 60, 70 Mann, die ein Jahr beschäftigt sind. Ich frage Sie: Woher kommen die? Sie müssen sich über Ihre eigenen Antworten einmal ein paar Gedanken machen.
Dies waren zwei konkrete Punkte, bei denen wirklich erhebliche Zweifel an der Qualität der Antworten bestehen. Ich habe ich den Eindruck, dass Sie nicht richtig hinschauen. Das ist unser Resultat aus der Beantwortung der Großen Anfrage und auch der Kleinen Anfrage. Ihnen ist das offensichtlich egal. Ich bin anderer Meinung. Es ist nicht gottgegeben, dass automatisch Kostensteigerungen verursacht werden müssen. Wenn die öffentliche Hand plant und baut, lautet das Motto nicht: Ist halt so! Öffentliche Hand - da ist das doch selbstverständlich!
Selbstverständlich können Projektreserven eingerechnet werden - sie dürfen nicht als solche ausgewiesen werden, aber jedes clevere Projektsteuerungsbüro weiß, wie das geht -, und Sie brauchen solche Reserven auch, denn Sie müssen bei Beginn einer Baumaßnahme immer abwägen, wie viel Sie in Vorermittlungskosten investieren, um eventuelle Mehrkosten am Ende aufzufangen, die natürlich, wenn sie im Projektverlauf kommen, höher sind, als
wenn Sie es zu Beginn einer Ausschreibung wissen. Abgehakt! Ist so! Deswegen ist immer die Frage, wie intensiv Sie eine Baumaßnahme vorbereiten.
Ich komme zum Ende.
Es ist völlig richtig, dass der Baugrund in Bremerhaven nicht der einfachste ist. Dann müssen Sie eben ein bisschen intensiver untersuchen, gerade weil man weiß, dass es so komplex und kompliziert ist. Das ist für mich keine Begründung dafür, dass solche Mehrkosten der ARGE beantragt beziehungsweise bewilligt werden müssen.
Unser Ergebnis ist also, dass aus der Beantwortung der Kleinen und der Großen Anfrage zum Hafentunnel in Bremerhaven deutlich wird: Die beteiligten Ressorts haben nicht richtig hingeschaut, die Fragen der Opposition wurden schlampig beantwortet, hier ist erheblich nachzuarbeiten.
Wir stehen hinter dem Hafentunnel. Wir finden, das ist ein wichtiges Projekt. Es ist notwendig für den Containerterminal. Durch solche Antworten, durch solch fragwürdige Analysen werden solche sinnvollen Projekte in ein schiefes Licht gerückt, und das finden wir schade. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine erste Bemerkung bezieht sich auf die einleitende Bemerkung des Kollegen Saxe, denn es war wieder einmal ein typischer Saxe, auf einen Vorwurf einzugehen, der gar nicht erhoben worden ist. Ich möchte Sie auf unseren Hinweis in der Kleinen Anfrage verweisen. Wir haben den Senat darauf hingewiesen, dass er nach Artikel 79 Absatz 1 und nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs besondere Auskunftspflichten zu beachten hat. Ich sage Ihnen eindeutig zu - das ist auch Aufgabe der Opposition -, den Senat daran zu erinnern, die Landesverfassung einzuhalten, und ihn dort, wo er es nicht tut - wenn die Antworten des Senats auf Kleine oder Große Anfragen nämlich nicht dieser Auskunftspflicht entsprechen -, so lange darauf hinzuweisen, bis er es verinnerlicht hat. Ja, Herr Saxe, das werden wir tun, bis der Senat lernt, die Fragen der Opposition anständig zu beantworten.
Damit sind wir auch gleich beim Redebeitrag des Staatsrats. Er ist auf keine der Fragen, die hier konkret gestellt worden sind, eingegangen. Ich erwarte, dass der Staatsrat hier zumindest zu dem wesentlichen Punkt der Kostensteigerungen Stellung bezieht und sagt, wie diese 7,6 Millionen Euro zustande kommen. Ich kann es nur wiederholen. In der Antwort wird dies weitestgehend mit Personalkosten begründet. Das lässt sich aber, wenn man es herunterbricht, mit der Anzahl der einzusetzenden Mitarbeiter, mit den Kosten, die ein solcher Mitarbeiter im Monat verursacht, nicht begründen. Wenn der Senat solche Debatten wirklich ernstnimmt - ich kann dem Senat nur die freundliche Empfehlung geben, das auch zu tun -, dann erklären Sie dem Parlament bitte einmal, wie so etwas zustande kommt!
Ich wiederhole meine Frage zu der Antwort auf die Frage drei - auch darauf sind Sie nicht eingegan
gen -, was das neue Bauvertragsrecht mit den wesentlichen Veränderungen von Baukosten oder sonstigen Dingen zu tun hat.
Ich will nicht in ein Seminar einsteigen, obwohl Sie auch die aktuelle Fassung der anerkannten Regeln der Technik heranziehen. Das ist übrigens nicht korrekt. Es ist immer entscheidend, was in einem Bauvertrag steht. Davon hängt ab, ob es zum Zeitpunkt der Abnahme oder zum Abschluss des Bauvertrags um die anerkannten Regeln der Technik geht. Solch ein pauschaler Satz, einfach eingeworfen, ist ein weiterer Beleg dafür, dass schlampig geantwortet worden ist.
Ich sage es noch einmal: Hier den Eindruck zu vermitteln, es sei gottgegeben, dass bei größeren Projekten größere Kostensteigerungen entstehen, ist mit nichts begründet, auch nicht empirisch. Unabhängig davon, dass der Hinweis auf den BER nun wirklich Ihren eigenen Beitrag relativiert, denn das sind ganz andere Rahmenbedingungen, Dimensionen und Problemstellungen. Das ist aber eine Frage, die sich die Redner, was deren Ernsthaftigkeit angeht, selbst beantworten müssten.
Der Senat tut aber dem Projekt keinen Gefallen, wenn er hier so unkonkret antwortet. Deswegen: Liefern Sie nach, wann, in welcher Form oder in welcher Deputation auch immer! Sorgen Sie dafür, dass die Projektstrukturen bei solchen Projekten ausreichend dargestellt werden! Das ist jetzt ein Appell an alle Senatsressorts, denn wir sehen es ja beim TEN. Man muss gar nicht nach Berlin schauen. Schauen Sie beim TEN!
Die Geburtsfehler stehen am Anfang, und es zieht sich wie ein roter Faden durch das Projekt. Wenn die Projektorganisation nicht stimmt und von Anfang an nicht ausreichend dargestellt ist, dann kommt es eben zu Problemen in einem Projekt.
Ich glaube, die Entscheidung der Großen Koalition damals - vielen Dank für den Hinweis -, sich für diesen Hafentunnel einzusetzen, war richtig. Leider wird dieser wegweisende Beschluss der Großen Koalition nur ungenügend umgesetzt. Deswegen kann ich nur hoffen, dass der Senat irgendwann einmal in dieser Form, und wenn es nur noch für die nächsten 12 oder 14 Monate ist, die richtigen Lehren aus diesen Problemstellungen zieht. - Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen Reinken und Bücking! Wenn Schönmalerei ein eingetragener Handwerksberuf wäre, dann wären Sie beiden Innungsmeister in dieser Berufssparte.
Wie man dermaßen an der Realität vorbei argumentieren kann, ist schon abenteuerlich.
Lassen wir Ihr Argument gelten, Herr Bücking,
dass die Indikatoren, auf die Sie sich gerade berufen haben, Maßstab erfolgreicher Politik sind.
Ich will die Entwicklung der Arbeitslosenquote im Vergleich der Stadtstaaten in der Zeit, in der Sie von Rot-Grün Regierungsverantwortung getragen haben, als ersten Indikator nehmen. In Berlin ist die Quote um 22,4 Prozent zurückgegangen, in Hamburg um 3 Prozent und in Bremen bis Ende 2016 nur um 0,9 Prozent. Wenn man sich die aktuellen Arbeitslosenzahlen ansieht, sollte man den Ball ganz flach halten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Zweiter Indikator: das Wirtschaftswachstum des Landes Bremen und Deutschlands im Vergleich. Seit 2008 betrug das Wachstum im Bundesdurchschnitt 8 Prozent. In Bremen waren es „nur“ 4,9 Prozent. Dann können Sie sich doch nicht hier hinstellen und sagen, Ihre Wirtschaftspolitik sei besonders erfolgreich. Nein, das, was Sie hier in Haushaltszahlen niederschreiben, ist genau das Gegenteil.
Das lässt sich leider an sehr vielen weiteren Stellen aufzeigen. Wir haben gestern in der Stadtbürgerschaft eine Debatte zum Thema Gewerbeflächen geführt. Sie haben über Jahre nichts in die Erschließung von Gewerbeflächen investiert. Das muss an dieser Stelle noch einmal gesagt werden. Das, was Sie jetzt in die Gewerbeflächenerschließung stecken, sorgt nur dafür, dass der Rückstand dessen, was Sie an Gewerbeflächen eigentlich benötigen, nicht größer wird. Damit schaffen Sie es aber nicht, die Defizite der vergangenen Jahre aufzuholen. Das wissen Sie ganz genau. Dann stellen Sie sich doch nicht hierhin und feiern das als großen Erfolg! Die Finanzsenatorin hat Ihnen nur nicht mehr Geld weggenommen als in den vergangenen Jahren. Das ist die Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren.
In Haushaltsberatungen ist das mit der Zeit etwas schwierig. Natürlich könnte man den einen oder anderen Aspekt sehr viel intensiver beleuchten. An verschiedenen Stellen ist zum Beispiel die Langzeitarbeitslosigkeit schon angesprochen worden. Warum gelingt es Ihnen mit den vielen Mitteln, die Sie in der Qualifizierung von Langzeitlosen einsetzen, nicht, einen höheren Anteil in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln? Wir haben gerade die Diskussion über den Sozialbereich gehört. Die Sozialausgaben wachsen. Sie müssen vielleicht einmal einen Schritt früher ansetzen und überlegen, wie wir es schaffen, Langzeitarbeitslose in Qualifizierung zu bekommen, damit wir Sekundärkosten, die, wenn ich das einmal technisch formulieren darf, später in der Prozesskette entstehen, vermeiden.
Das sind doch die Probleme. Wir müssen die Ursachen angehen. Sie doktern nur an den Symptomen herum.
Es gibt, wie gesagt, zahlreiche Punkte. Lassen Sie mich nur noch einige hervorheben, weil meine Zeit kurz bemessen ist.
Da ist zum Beispiel der Steinbruch Sondervermögen. Die Zahlen will ich nicht wiederholen.
Es geht auch um die Tourismusabgabe und um den Tourismus insgesamt. Sie haben hier vor Jahren versprochen, dass die Tourismusabgabe in das
Tourismusmarketing und in kulturfördernde Maßnahmen fließt. Ich muss sagen, genau das Gegenteil ist der Fall. Wir haben aufgrund einer Berichtsbitte in der Wirtschaftsdeputation mitgeteilt bekommen, dass die Marketingmittel im Bereich BTZ und Tourismusförderung durch die öffentliche Hand auf fast null zurückgefahren worden sind. Wie wollen Sie Menschen nach Bremen und Bremerhaven holen, wenn Sie im negativen Sinne an diesem Hebel ansetzen? Es ist doch wichtig, dass wir höhere Übernachtungszahlen erreichen. Im ersten Halbjahr 2017 sind die Übernachtungszahlen rückläufig gewesen. Wir hoffen, dass sich das im zweiten Halbjahr verbessert. Momentan sieht die Wahrheit leider anders aus. Wir haben einen Rückgang zu verzeichnen.
Auch die Zahlen am Flughafen Bremen sind im Vergleich zu anderen vergleichbaren Flughäfen suboptimal. Da muss doch kritischer hinterfragt werden, anstatt schönzumalen. Das darf im Zusammenhang mit Haushaltsberatungen nicht unter den Teppich gekehrt werden.
Ich will einen weiteren Punkt nennen, der hier bisher noch keine oder nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Das ist das Thema Digitalisierung. Es ist ja ganz schön, dass das Finanzressort in schönen Broschüren schreibt: Wir widmen uns der Digitalisierung.
Ja, das ist aber auch alles. Sie produzieren hier digitale Steinzeit. E-Rechnung ist so ein alter Hut!
Dass Sie das als Digitalisierung bezeichnen! Es gibt überhaupt keine Strategie des Senats, wie die digitale Transformation in der öffentlichen Verwaltung konkret umgesetzt wird und mit welchen Zielen Sie an dieses Thema herangehen wollen.
Meine These ist, dass in den bremischen Kinderzimmern ein höherer digitaler Sachverstand vorhanden ist als jeden Dienstagmorgen im rot-grünen Senat des Rathauses.
Wir werden sicherlich mit dem Staatsrat gleich einen Auszubildenden im Bereich der Schönfärberei hören. Dem brauchen wir gar nicht vorzugreifen.
Ich finde, eine selbstkritischere Haltung hätte den Rahmenbedingungen der Wirtschaft gutgetan. Diese ist notwendig, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Man könnte die Reihe der Beispiele dafür, dass Sie nur suboptimale Politik betreiben, fortsetzen. Da ist zum Beispiel das Thema der Anbindung an Gewerbegebiete, ob es das GVZ, die A 281 - meine Kollegin wird sicher gleich hierauf eingehen - oder der Hafentunnel ist. Es interessiert das Ressort gar nicht, warum Mehrkosten entstehen und warum der Hafentunnel verspätet fertig wird. Die Antwort des Senats auf unsere erweiterte Berichtsbitte lautete: Wir haben leider keine Ahnung; das ist nicht unser Ressort; das lassen wir einmal liegen. Das ist doch keine verantwortungsvolle Politik! Wir werden uns die Information von anderer Stelle holen.
Ich kann Sie nur bitten, selbstkritischer an die Dinge heranzugehen. Bremen und Bremerhaven brauchen Infrastruktur, um die Unternehmen in die Lage zu versetzen, Produkte wettbewerbsfähig herzustellen und nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen, damit wir endlich wieder den Anschluss an den Bundesdurchschnitt finden, ob das im Bereich der Arbeitslosigkeit oder im Bereich des Wirtschaftswachstums ist. Auf keinen Fall benötigen wir Wachstum in Schönfärberei. - Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben den Ansatz einer fraktionsübergreifende Initiative zum Thema Start-ups gern aufgegriffen. Dafür auch von unserer Seite einen herzlichen Dank an den Kollegen Kottisch.
Diese Initiative greift die Diskussionen der letzten Jahre mit auf. Wenn in der Wirtschaftsdeputation diese Fragestellungen im wiederkehrenden Rhythmus vonseiten des Ressorts oder der Koalition aufgegriffen wurden, wurde nämlich immer gefragt: Was habt ihr denn? Es ist doch alles in Ordnung! Wo ist das große Problem an dieser Stelle?
Ich glaube, fraktionsübergreifend besteht die Erkenntnis, dass mehr getan werden muss und dass wir erheblich mehr Gas geben müssen, um Bremen für Start-ups und Gründer attraktiver zu machen, ohne die Ansätze und die Initiativen, die es schon gibt, negieren oder schlechtreden zu wollen. Das wird ja immer sofort reflexartig gesagt, wenn man den Finger erhebt. Es muss einfach mehr gemacht werden. Wenn man sich die Indikatoren anschaut, gibt es schon gewisse Zusammenhänge, die darauf hinweisen, dass nicht alles optimal ist.
Die erste Aussage lautet also, dass wir uns als CDU-Fraktion mit dem Ansatz in unserer grundsätzlichen Haltung, dass in diesem Bereich mehr gemacht werden muss, mehr als bestätigt sehen.
Der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist der weitergehende Antrag zum Thema Innovationspolitik, den Frau Steiner eben schon angesprochen hat. Leider hat der Kollege Kottisch noch nicht sagen können, wie sich die Koalition zu dem Antrag einlassen wird. Da er von uns gekommen ist, vermute ich, dass er reflexartig abgelehnt werden wird. Aber ich glaube, das wäre zu kurz gedacht. Wenn man sich die Studie des Hamburger WeltWirtschaftsInstituts aus dem Jahr 2015 anschaut, die auf Initiative der Handelskammer entwickelt worden und mit „Impulse für die Innovationspolitik im Land Bremen“ überschrieben ist, gibt es hier einen sehr starken Handlungsbedarf. Hier schließt sich auch der Kreis, auf der einen Seite die Gründerszene zu verstärken
Landtag
3811 49. Sitzung/20.09.17
und auf der anderen Seite den programmatischen und inhaltlichen Background dieses Politikfeldes deutlich zu machen und weiter zu fördern.
Vor diesem Hintergrund hat mich das Interview des Staatsrats, welches wir heute im „WeserKurier“ lesen konnten, ein bisschen überrascht. In den letzten zwei Jahren war er offensichtlich auf einer verkehrten Veranstaltung. Wenn man das ein ironisch formulieren wollte, könnte man sagen, dass politische Trittbettfahrerei praktiziert wurde. Aber das werde ich in diesem Zusammenhang natürlich nicht tun.
Nach den „Impulsen für die Innovationspolitik im Land Bremen“ - ich möchte das jetzt nicht im Einzelnen vorlesen, weil ich sonst eine verlängerte Redezeit bräuchte - müssen die offensichtlichen Schwächen des bremischen Innovationssystems erkannt werden, müssen Einseitigkeiten überwunden werden und muss systemisch gedacht werden, müssen Innovationsdialoge eingerichtet und Kooperationen gefördert werden, muss ein umfassendes Konzept entwickelt werden. Auch müssen Stärken in neuen Bereichen hervorgebracht werden. Das ist einer der wesentlichen Punkte. Die Themenfelder, die als Cluster, als Innovationsfelder, identifiziert worden sind, sind vor 10 bis 15 Jahren identifiziert worden. Da fehlt die Erneuerung, da fehlt das Update.
Der öffentlich-private Innovationsfonds geht in Richtung der Frage, die Herr Kollege Kottisch in dem Antrag der Fraktionen aufgeworfen hat. Auch die Themen der Scharnierbranchen und der Weiterentwicklung der Kultur- und Kreativwirtschaft sind in dem gemeinsamen Antrag aufgeführt.
Das zeigt, dass wir weiterdenken müssen und dass es erhebliche Handlungsbedarfe gibt. Deswegen hoffe ich - die Hoffnung stirbt zuletzt, das habe ich schon das eine oder andere Mal kennenlernen dürfen und müssen -, dass dem zugestimmt wird. Aber ich vermute, dass sich die Koalition an dieser Stelle wieder zurückhalten wird nach dem Motto: So schlimm ist das alles gar nicht! Das machen wir alles schon! Das sind ja die normalen Stichworte, Herr Bücking. Ist Ihr Redebeitrag, den Sie gleich halten werden, so?
Das ist klar. Ich bin aber optimistisch, dass Sie beim Thema Start-ups irgendwann so einsichtig sind wie beim Thema Innovation, dass wir uns spätestens in zwei Jahren hier wiedersehen und Sie uns mit einem Antrag beglücken
werden, den wir dann natürlich mit großer Freude und Hoffnung wieder gemeinsam unterschreiben werden. Wenn dies das Ergebnis eines solchen Ansatzes ist, dann gern. Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit verlieren wir aber leider Zeit. Das ist das Ärgerliche dabei. - Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erspare es mir jetzt, auf das übliche Kleinklein einzugehen: Der eine Halbsatz ist ein bisschen schwierig, der nächste Halbsatz passt nicht so ganz in unser Konzept!
Wir hätten gern, wenn Sie wirklich ein fraktionsübergreifendes Interesse gesehen hätten, einer Aussetzung des Antrags zugestimmt. Auf der Grundlage eines solchen Ansatzes wäre es fraktionsübergreifend schön gewesen - weil wir davon überzeugt sind, dass das Thema Innovationspolitik eine größere Bedeutung in Bremen bekommt und weil es nicht im Klein
klein des politischen Diskurses versinken darf , wenn Sie gesagt hätte, der Antrag enthält ein paar gute Ideen, bei dem einen oder anderen kann man anderer Auffassung sein, aber lassen Sie uns den Antrag als gemeinsame Basis nehmen. Ich will hier noch einmal deutlich machen, dass wir diesen Ansatz mitgemacht hätten, wir haben nämlich überhaupt kein Problem damit, wer auf dem Driver Seat sitzt.
Wir nehmen das zur Kenntnis und sind auf Ihre Ansätze gespannt, die Sie entwickeln wollen. Ich kann Ihnen nur die Empfehlung geben, das Gutachten des HWDIs einzubeziehen, weil in dem Gutachten ganz konkrete Hinweise zur Innovationspolitik genannt worden sind. Das wäre eine Basis, sich fraktionsübergreifend auf eine Analyse zu beziehen, die, glaube ich, ganz konkret und sehr konstruktiv nach vorn gerichtet die Notwendigkeiten für die Innovationspolitik in Bremen und Bremerhaven aufgezeigt. Es gibt Handlungsbedarf.
Wir sehen es gerade bei der Windenergie. Es ist ein tolles Cluster, das in der Vergangenheit entwickelt worden ist. Wir müssen aufpassen, dass es nicht vom Winde verweht wird. Im Augenblick scheint eine Gefahr zu bestehen, wenn man sich die Entscheidung, die die Firma Siemens gestern zur Acht-MegawattAnlage getroffen hat, vor Augen führt und überlegt, was diese Entscheidung für die Zukunft bedeuten könnte.
Es besteht ganz dringend eine Handlungsnotwendigkeit, und deshalb werden wir bei dieser Thematik ganz eng weiter mit am Ball bleiben. - Herzlichen Dank!