Für die Fragestunde der Bürgerschaft (Landtag) lie gen 22 frist- und formgerecht eingebrachte Anfragen vor. Die Anfrage 19 ist inzwischen vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Die erste Anfrage trägt die Überschrift „ Barriere freiheit in öffentlichen Gebäuden“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Neumey er, Dr. vom Bruch, Röwekamp und Fraktion der CDU.
Erstens: Wann wird sich der Arbeitskreis „Barriere freiheit in öffentlichen Gebäuden“ zur Erarbeitung der namensgleichen Richtlinie konstituieren?
Zweitens: Mit welchen Personen soll der Arbeitskreis besetzt werden? Welches Ressort wird die Leitung des Arbeitskreises übernehmen?
Meine Damen und Herren! Wir haben bereits be gonnen. Vielleicht können wir der antwortgebenden Bürgermeisterin und Senatorin Aufmerksamkeit schenken. – Bitte, Frau Bürgermeisterin!
Zu Frage zwei: Die Zuständigkeit für den Bereich Staatlicher Hochbau ist seit Anfang des Jahres bei der Senatorin für Finanzen verortet. Die Senatorin für Finanzen, hier das Referat „Staatlicher Hochbau und Immobilienwirtschaft“ wird den Vorsitz der Ar beitsgruppe übernehmen. Neben dem Landesbe hindertenbeauftragen ist vorgesehen, nachfolgende Ressorts und deren bauende Einheiten zu beteiligen: Senator für Umwelt, Bau und Verkehr und Senatorin für Finanzen und Immobilien Bremen AöR, Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen und Wirtschafts
förderung Bremen, bremenports, Senatorin für Wis senschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz und GeNo, Senator für Justiz und Verfassung, Senatorin für Kinder und Bildung und Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport. Die entspre chenden zuständigen Mitarbeiter der Ressorts werden zur Teilnahme aufgefordert.
Zu Frage drei: Der Zeitrahmen beläuft sich auf min destens zwölf Monate ab Konstituierung der Arbeits gruppe. – Soweit die Antwort des Senats!
Die zweite Anfrage bezieht sich auf Mehrfach-Ehen im Land Bremen. Die Anfrage ist unterschrieben von dem Abgeordneten Timke.
Erstens: Wie viele muslimische Mehrfach-Ehen sind derzeit im Land Bremen, Stand: 15. Juni 2016, von den Behörden anerkannt, und wie hoch ist die durch schnittliche Zahl der Ehefrauen und der Kinder in diesen polygamen Familienverhältnissen?
Zweitens: Wie viele Haushalte, in denen ein Mann mit mehreren Frauen verheiratet ist, beziehen steu erfinanzierte Transferleistungen wie ALG II, und wie hoch waren die Gesamtaufwendungen der Kommunen im Land Bremen für solche Leistungen im Jahr 2015?
Drittens: Wie bewertet der Senat den Vorstoß von Bundesjustizminister Heiko Maas, muslimischen Mehrfach-Ehen in Deutschland die Anerkennung generell zu verweigern?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Ausländische Eheschließungen müssen in Deutschland nicht gesondert anerkannt werden, es gibt kein förmliches Anerkennungsverfahren für Mehrfachehen. Soweit eine Ehe im Ausland wirk sam zustande gekommen ist, gilt sie auch für den deutschen Rechtsbereich. Im Ausland geschlossene Mehrfachehen werden behördlicherseits auch nicht statistisch erfasst, entsprechende Zahlen liegen da her nicht vor.
Zu Frage zwei: Die Fallgestaltung „Vielehe“ wird im SGB II bundeseinheitlich nicht erfasst, da es sich nicht um eine Ehe im Sinne des Bürgerlichen Ge setzbuches handelt. Leistungen zum Lebensunterhalt und für die Kosten der Unterkunft werden im SGB II gegenüber Bedarfsgemeinschaften erbracht, denen entweder eine Ehe oder eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zugrunde liegen muss. Letz tere bildet die Grundlage, nach der Personen, die eine „Vielehe“ geltend machen, leistungsrechtlich behandelt werden. Demnach würden ein männlicher Leistungsberechtigter und seine „Erstfrau“ eine Be darfsgemeinschaft und weitere Frauen eine jeweils eigene Bedarfsgemeinschaft bilden. Aus der Behand lung der „Vielehe“ nach deutschem Sozialrecht folgt, dass eine statistische Erfassung oder anderweitige Abbildung der „Vielehe“ nicht erfolgt.
Für die Leistungen nach dem SGB XII und dem Asyl bewerberleistungsgesetz, die in kommunaler Verant wortung erbracht werden, wird analog verfahren. Dieses ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen in den jeweiligen Einzelgesetzen. Eine Erfassung der Fallgestaltung „Mehrfach-Ehe“ erfolgt daher nicht. Eine Beantwortung der Frage zwei ist daher nicht möglich.
Zu Frage drei: Der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas hat sich dazu wie folgt geäußert: „Jeder muss sich an das Recht und Gesetz halten, egal ob er hier aufgewachsen oder neu bei uns ist. Das Recht ist für alle gleich. Niemand, der zu uns kommt, hat das Recht, seine kulturelle Verwurzelung oder seinen religiösen Glauben über unsere Gesetze zu stellen.“ Der Senat teilt diese Auffassung uneingeschränkt. Grundsätzlich erkennt unsere Rechtsordnung zwar eine im Ausland zwischen ausländischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern geschlossene Mehrehe an, wenn das Heimatrecht der Eheschließenden eine solche Mehrehe zulässt. Besteht aber ein Inlandsbezug, insbesondere wegen eines nicht nur vorübergehenden Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland, ist auch die deutsche Rechtsordnung berührt. Rechtsnormen anderer Staa ten sind nicht anzuwenden, wenn sie mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sind. Nach Artikel 6 Absatz 1 Grund gesetz ist der deutsche Gesetzgeber an das Prinzip der Einehe gebunden. Dieser Grundsatz hat bei der Anwendung deutschen Rechts Vorrang gegenüber einer Zulassung der Mehrehe nach ausländischem Recht. – Soweit die Antwort des Senats!
Die dritte Anfrage trägt den Titel „Erste Wahl des Massenmörders, legale Besitzmöglichkeiten von halb automatischen ‚Sturmgewehren‘ in Deutschland“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Senkal, Tschöpe und Fraktion der SPD.
Wir fragen den Senat: Erstens: Sind zivile halb automatische „Sturmge wehre“, mit welchen in Orlando am 12. Juni 2016 50 Menschen, in Newtown 2012 26 Menschen und in Aurora ebenfalls in 2012 12 Menschen erschossen worden sind, bei Geltendmachung eines vorgeblichen „waffenrechtlichen Bedürfnisses“ in Deutschland durch Privatpersonen erwerbbar? Zweitens: Würde sich durch die am 10. Juni 2016 gefundene Einigung der EU-Innenminister hieran etwas ändern? Drittens: Soweit dieses nicht der Fall ist, welche Schritte wird der Senat einleiten, um den Besitz von halb automatischen „Sturmgewehren“ in Deutsch land verbieten zu lassen, beziehungsweise welche Maßnahmen wird er ergreifen, um den Besitz dieser Waffen in Bremen zu reduzieren und zu erschweren, wenn ein bundeseinheitliches Verbot nicht zustande kommt?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage eins: Bei den Amoktaten wurden halb au tomatische Langwaffen verwendet, bei denen es sich um zivile Varianten von Militärgewehren handelte, die entgegen den verbotenen Kriegswaffenvarianten als halb automatische nicht über einen Automatikmodus mit Dauerfeuer verfügen. Sie fallen deshalb nicht unter das allgemeine Verbot des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen. Halb automatische Lang waffen können in Deutschland von einer Privatperson erworben werden, soweit der Betroffene volljährig ist, die erforderliche Zuverlässigkeit, die persönliche Eignung sowie Sachkunde besitzt und ein sogenanntes „waffenrechtliches Bedürfnis“ nachweisen kann. Das erforderliche Bedürfnis kommt nur bei Sportschützen, die in Vereinen anerkannter Schießsportverbände organisiert sind, in Betracht und dies auch nur dann, sofern Magazine verwendet werden, deren Kapazität zehn Patronen nicht übersteigt. Ist die Waffe nach der Satzung des jeweiligen Schießsportverbandes zugelassen und bescheinigt der Schießsportverein dem Betroffenen das „waffenrechtliche Bedürfnis“, erteilt die zuständige Waffenbehörde – das Stadtamt Bremen – eine Erwerbserlaubnis nach Paragraf 10 Waffengesetz.
Seit der jüngsten Entscheidung des Bundesverwal tungsgerichts vom 7. März 2016 scheidet für Jäger ein Bedürfnis für halb automatische Langwaffen mit einer Magazinkapazität von mehr als zwei Patronen aus. Die Jagd mit halb automatischen Langwaffen, die mehr als zwei Patronen in das Magazin aufnehmen können, ist danach verboten.
Zu Frage zwei: Die EU-Innenminister haben im Hin blick auf halb automatische Langwaffen eine Verschär fung dahingehend beschlossen, dass diese Waffen zu den verbotenen Waffen zählen, sofern sie mit einem Magazin mit mehr als zehn Schuss betrieben werden. Den Mitgliedsstaaten wird allerdings die Möglichkeit eingeräumt, Sportschützen die Benutzung auch grö ßerer Magazine zu gestatten. Voraussetzung hierfür ist ergänzend zu den Darlegungen des waffenrecht lichen Bedürfnisses die Vorlage einer medizinischen und psychologischen Beurteilung zur Zuverlässigkeit des Antragsstellers.
Zu Frage drei: Im Rahmen der Umsetzung von EURichtlinien in nationales Recht ist es den Mitglieds staaten erlaubt, auch strengere Regelungen als in der Richtlinie vorgesehen, zu erlassen. Im Rahmen der Verhandlungen im Bundesrat wird Bremen darauf hinwirken, dass halb automatische Waffen, die wie Kriegswaffen aussehen, verboten werden. Wenn es nicht zu einer Verankerung eines solchen Verbots im Waffengesetz des Bundes kommt, ist es dem Landes gesetzgeber in Bremen nach der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung nicht möglich, ein solches Verbot im Wege von Landesrecht einzuführen.
Die Bemühungen des Senats, andere Länder für eine gemeinsame Initiative zur Verschärfung des Waffen rechts zu gewinnen, waren bisher nicht erfolgreich. Der Senat will deshalb noch in diesem Jahr einen formellen Gesetzesantrag in den Bundesrat einbrin gen, der das Ziel hat, halb automatische Waffen, die wie Kriegswaffen aussehen, zu verbieten.
Im Übrigen wird der Senat wegen der besonderen Gefährlichkeit diese Waffen bis zu einem möglichen Verbot strikte Kontrollen der vorschriftsmäßigen Aufbewahrung der Waffen und der regelmäßigen Überprüfung des entsprechenden waffenrechtlichen Bedürfnisses durchführen. – Soweit die Antwort des Senats!
Herr Staatsrat, können Sie uns mitteilen, für welche Sportart solche Sturmgewehre benötigt werden könnten?
Ich bin in diesem Bereich nicht erfahren, ich habe aber zur Kenntnis genommen, dass mit diesen Waffen Schießsport durchgeführt wird und dass der Bundesgesetzgeber das bisher anerkannt hat.