Maike Schaefer

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde, heute ist ein richtig guter Tag für den Natur- und Landschaftsschutz.
Herr Imhoff, Sie haben alle Ziele aufgezählt, ja,
wir wollen die Neuaufstellung des Landschaftspro gramms Bremen heute verabschieden.
Ich möchte mich zunächst ganz herzlich bei den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Umweltres sorts bedanken, die das Programm erstellt haben, denn in diesem Landschaftsprogramm steckt sehr viel Arbeit. Es ist gut, meine Damen und Herren, dass das Landschaftsprogramm parallel zum Bremer Flächennutzungsplan erstellt wurde, denn beides ge hört zusammen, wir haben es auch in der Deputation mehr oder weniger parallel diskutiert. Dass wir es nicht zeitgleich in der Bürgerschaft verabschieden, hat nichts damit zu tun, dass es nicht parallel erar beitet worden ist, beides gehört zusammen gedacht. Insofern finde ich auch das Verfahren gut.
Ziel des Landschaftsprogramms ist es, sicherzu
stellen, dass die Belange des Naturschutzes, aber auch Anforderungen der Grünordnung bei allen Planungen frühzeitig und qualifiziert berücksichtigt werden können. Das alte Landschaftsprogramm Herr Imhoff hat es schon gesagt stammt aus dem Jahr 1991, es beruht auf Daten der Achtzigerjahre. Seit dem hat sich viel verändert, vieles hat sich überholt, zum Beispiel auch gesetzliche Grundlagen, ob es das Hochwasserschutzgesetz nach den Hochwassern an der Elbe ist, oder unsere neuen Erkenntnisse zum Klimawandel und Klimaschutz sind, aber auch unsere Vorstellung über den Umgang mit unseren Flächen, nämlich dass man achtsam mit ihnen umgehen und möglichst keine oder nur eine geringe Versiegelung vornehmen soll.
Das Landschaftsprogramm entspricht jetzt den
aktuellen Anforderungen des Naturschutzrechts, den aktuellen Fachplanungen der Wasserwirtschaft, des Hochwasserschutzes, des Immissionsschutzes, der Landwirtschaft, aber auch den Herausforderungen der Innenentwicklung. Insofern ist es gut, dass hier, anders als in den früheren Landschaftsprogrammen, eben nicht nur die Flächen außerhalb der Innenstadt, also des Grüngürtels rund um Bremen – ob Holler land, Blockland oder Osterholzer Feldmark –, und
auch nicht nur die Natura-2000-Flächen betrachtet werden, sondern eben auch die innerstädtischen Grünflächen in den Planungen Berücksichtigung finden werden. Das ist neu, und ich finde, das ist gut so, meine Damen und Herren, denn gerade das Grün in der Innenstadt erfüllt enorme ökologische und klimatische Leistungen, besonders im Sommer als Hitzeschutz, aber auch als Frischluftschneisen.
Die Bremerinnen und Bremer lieben und schätzen
ihr Grün, das hat nicht zuletzt eine BFB-Studie aus dem letzten Jahr gezeigt. Sie hat signifikant gezeigt, dass die Bremerinnen und Bremer Grün in der Stadt haben wollen. Insofern ist das Landschaftsprogramm nicht gegen, sondern für die Interessen der Bürge rinnen und Bürger.
Gerade das Grün macht die Wohn- und Lebensqua lität in einer Großstadt aus.
Ich sage auch ganz klar, wir Grünen wollen eben
nicht – und wir stehen zu den Beschlüssen aus der letzten Legislaturperiode –, dass auf der grünen Wiese wie der Osterholzer Feldmark gebaut wird. Wir stehen zur Innenentwicklung, aber auch hier müssen wir unsere Grünflächen schützen. Ich bin ganz klar dafür, dass versiegelte Flächen vorrangig bebaut werden müssen.
Ein richtiges Pfund ist, dass nun im neuen Land
schaftsprogramm als Ziel festgehalten ist, was wir schon lange fordern, nämlich Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen vor Ort hier in Bremen durchzuführen. In der Vergangenheit haben wir in Bremen viele Millionen Euro ausgegeben, um im niedersächsischen Umland Kompensationsmaßnah men durchzuführen, also dort Flächen ökologisch aufzuwerten. Ich finde es richtig, wenn laut Ein griffsregelung Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt werden müssen, das bremische Gelder dann zur Aufwertung im eigenen Land ausgegeben werden.
Global gesehen macht es keinen Unterschied, aber
lokal gesehen eben dann doch.
Herr Imhoff, zur Landwirtschaft: Wir hatten in der
Deputation schon eine ausgiebige Diskussion zum Landschaftsprogramm. Dabei wurden die Bedenken der Landwirte vorgetragen, wonach diese befürch ten, dass über ihr Land frei verfügt werden würde. Wir sind nicht in Südamerika, hier gibt es auch kein Land Grabbing.
Mit der Landwirtschaftskammer Bremen ist eine
einvernehmlich abgestimmte Vereinbarung zur Vor gehensweise bei der Umsetzung getroffen worden, in der sich das Umweltressort verpflichtet hat, be
absichtige konkrete Umsetzungsmaßnahmen auf landwirtschaftlichen Flächen frühzeitig mit den be troffenen Landwirten zu erörtern.
Jetzt so zu tun, als ob die Landwirte einfach ihr Land verlieren, ist, Ängste zu schüren, die nicht begründet sind.
Dann möchte ich noch etwas zu den Stadtoasen
sagen! Wir hatten ganz intensive und extrem kon struktive Gespräche, unter anderem auch mit der Handelskammer zum Landschaftsprogramm und gerade eben auch zu diesen Stadtoasen, das sind Flächen, die einen besonderen Lärmschutz im Fo kus haben. Die meisten Differenzen konnten hier bereinigt werden.
Es gibt nur noch einen Dissens, und das ist eben
nicht Naherholung neben Industrie“, das geht nicht. Das Meiste war wirklich problemlos.
Ich komme sofort zum Schluss, Frau Präsidentin!
Es gibt nur noch einen einzigen Dissens, und da finde ich es richtig, bei unserer Position zu bleiben –, dabei geht es um die Friedhöfe in Walle und Hemelingen. Ich sage Ihnen, wir haben im Rahmen der Beratung der Novelle zum Bestattungsgesetz auch sehr aus führlich über die Würde von Friedhöfen diskutiert. Ich finde, dass Friedhöfe Orte des Gedenkens, des Trauerns, aber auch des Erinnerns und der Ruhe sind und das weiterhin sein sollen. Wirtschaftsinteressen dürfen meines Erachtens nicht vor der Würde sol cher besonderen Orte stehen. Daher finde es richtig, dass diese beiden Flächen im Landschaftsprogramm Stadtoasen bleiben.
Meine Damen und Herren, Landschafts- und Natur
schutz sind keine Selbstläufer, aber in einer Großstadt wie Bremen sind sie wichtig, denn wir brauchen das städtische Grün und die landwirtschaftlichen Flächen aus ökologischen Gründen, aber auch für eine attraktive und lebens- und liebenswerte Stadt. Lassen Sie uns daher das Landschaftsprogramm gemeinsam beschließen! – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte noch auf ein paar Argumente eingehen.
Herr Rupp, Sie haben die Befürchtung geäußert,
dass die Kleingartengebiete den Kleingärtnern weg genommen werden könnten, weil sie als Kompensa tionsflächen herangezogen werden. Jeder, der sich ein bisschen mit Kleingartengebieten auskennt, in den Bremer Westen geht und sieht, wie viele Parzel len dort seit Jahren brachliegen, weil es in einigen Kleingartengebieten eine ganz große Nachfrage nach Parzellen gibt – etwa auf dem Stadtwerder –, während in anderen Gebieten wie im Bremer Westen eine geringe oder gar keine Nachfrage besteht, weiß, dass es Sinn macht, diese Flächen zu poolen. Bevor es irgendetwas anderes wird – nämlich Bauland oder wie in der Bayernstraße vor ein paar Jahren Gewerbegebiet –, ist es mir lieber, dass diese Flächen als Ausgleichsflächen gepoolt und als Grünflächen erhalten werden. Das finde ich im Sinne von Natur- und Landschaftsschutz sehr sinnvoll.
Es hat mich ein bisschen gewundert, Herr Rupp,
dass Sie gesagt haben, dass es in Bremen-Nord be sonders wenig Grün gibt. Jetzt ist Frau Neumeyer nicht da, aber es gibt hier ja noch mehr Leute aus Bremen-Nord, das, was Sie gesagt haben, kann ich nicht ganz bestätigen. Ob es das Werderland ist, Wätjens Park, Knoops Park, der Stadtpark in Vege sack, die Bremer Schweiz, die Binnendüne und so weiter, dass gerade Bremen-Nord als ein Gebiet mit wenig Grünflächen gelten soll, verstehe ich nicht.
Bei Knoops Park soll nicht ein Park bebaut werden, sondern es geht dort um den ehemaligen Betriebshof des Umweltbetriebs Bremen mit einer versiegelten Fläche. Ich sage noch einmal, dass ich es sinnvoll finde, primär versiegelte Flächen zu bebauen.
Vielleicht die Frage an Sie: Wissen Sie eigentlich,
wie viel Fläche pro Tag in Deutschland versiegelt wird? Das ist ja nicht der Regenwald in Südamerika, wozu wir sagen, dass das Amazonasgebiet nicht abgeholzt werden darf, sondern auch wir versiegeln sehr viel – nämlich 81 Hektar pro Tag, das hat das Statistische Bundesamt festgestellt –, das sind jeden Tag in Deutschland 116 Fußballfelder. Ziel der Bun desregierung ist es, dies bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren. Davon sind wir weit entfernt. Deswegen finde ich, wir tun gut daran, nicht auf der grünen Wiese zu bauen, sondern schon versiegelte Flächen zu nehmen.
Herr Imhoff, Sie haben gesagt, dass die Landwirte
eigene Gutachten in Auftrag gegeben haben. Ja, das stelle ich auch nicht infrage, aber wie ich explizit gesagt habe – das steht auch im Landschaftspro gramm –, hat die Landwirtschaftskammer mit dem Umweltressort vereinbart, dass man nicht einfach Maßnahmen über die Köpfe der Landwirte hinweg erwirken kann, sondern es im Vorfeld Erörterungen und Einigungen geben muss.
Auch die Flächenknappheit wurde von Ihnen
angesprochen. Bremen ist eine Großstadt, eine Groß stadt mit extensiver Landwirtschaft. Sie haben in der letzten Debatte gesagt, dass es hier einen Flächen fraß gäbe, weil Kulturland in Naturschutzgebiete umgewandelt würde.
Ich habe eine andere Definition von Flächenfraß,
nämlich Versiegelung und eben nicht, indem Grün flächen ökologisch aufwertet werden. Alles, was Sie aufgezählt haben, Herr Imhoff, bestärkt mich darin, dass es ein gutes Landschaftsprogramm mit eben sehr, sehr vielen ökologischen Maßnahmen ist. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und
Herren! Meine Kollegin Frau Ryglewski ist ja schon im Detail auf die Gefährdungen, die von Triclosan ausgehen, eingegangen, deswegen möchte ich das nicht wiederholen. Eines ist aber doch klar, Triclosan oder andere gesundheitsschädliche Substanzen ha ben einfach nichts in Kosmetika oder in Zahnpasta zu suchen. Desinfektionsmittel sind in bestimmten Bereichen, in denen besonders hohe Hygienestan dards gelten, wichtig, ja sogar wie in Krankenhäusern überlebenswichtig, aber eben nicht unbedingt im nor malen Haushalt oder gar in Kosmetikartikeln, denn, und darauf sind meine beiden Vorredner auch schon eingegangen, sie können Resistenzen bei Bakterien erzeugen. Das ist besonders in Krankenhäusern ein riesiges Problem, und deswegen gilt bei dem Einsatz von Desinfektionsmitteln im Alltagsgebrauch die Maxime von Coco Chanel: Weniger ist mehr!
Neben den Verboten und Verwendungseinschrän
kungen, die im Antrag ja zu Recht gefordert werden, sollten wir aber, glaube ich, einen weiteren Aspekt ins Auge fassen, nämlich die Aufklärung von Ver braucherinnen und Verbrauchern. Die Werbung gaukelt uns ja vor, dass es unser Ziel sein sollte, alles bis hin zu Schneidebrettern für die Küche sollte blitzeblank sauber, porentief rein und antibakteriell sein. Doch zu welchem Preis? Resistente Keime oder auch andere Materialien, bei denen wir bisher noch gar keine genaue Risikoabschätzung haben, wie zum Beispiel von Silber- und Titannanopartikeln in Sonnencremes und so weiter!
Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt nicht
propagieren, dass Sie jetzt nicht mehr zu Hause putzen sollten, aber unser Immunsystem funktioniert eben auch nur, wenn es ab und zu trainiert wird. Chloreiniger, Fungizide, Nanopartikel oder Desin fektionsmittel lösen also oftmals gar kein Problem, sondern schaffen erst welche. Im Regelfall reichen ein normaler Haushaltsreiniger auf Seifenbasis oder Tensidbasis oder eine ganz normale Zahncreme, mit der man einfach mechanisch die Zähne reinigt. Ist alles immer porentief rein, wirft ein untrainier tes Immunsystem der kleinste Keim aus der Bahn. Noch schlimmer ist es, und darauf wurde auch schon eingegangen, wenn es ein resistenter Keim ist und keine Antibiotika mehr helfen.
Meine Damen und Herren, Triclosan hat weder
etwas im Putzschrank noch in Kosmetika etwas zu suchen, es ist in die EU-Liste der Stoffe aufzuneh men, deren Konzentration in der Umwelt überwacht werden muss. Ich bitte Sie deshalb, unterstützen Sie diesen Antrag! – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als ich damals für das Biologiestudium nach Bremen gezogen bin, in eine Stadt, in der ich vorher noch nicht war, habe ich immer gedacht – und das geht nicht nur mir so, sondern vielen anderen auch, die eher aus dem Süden der Republik kommen –, ach ja, das ist ja toll, eine maritime Hansestadt so nah am Meer, und dann stellt man fest, so nah am Meer ist es eben doch nicht. Dennoch sind Bremen und erst recht Bremerhaven ganz eng mit der Seefahrt, der Fischerei und dem Meer verbunden.
Inzwischen lebe ich in Vegesack und kann sagen,
wir sind stolz, dass wir dort den ersten europäischen Binnenhafen haben und auf eine jahrhundertealte Fischerei, sowohl den Walfang – und da sind wir, glaube ich, alle froh, dass wir heutzutage zumindest mehrheitlich in Europa keinen Walfang betreiben – als auch die Heringsfischerei betreffend, zurück blicken. Das zeigt auch schon eines: Meere sind die Grundlage für Leben, und ohne Meer kein Leben!
Das ist eine einfache Formel, die wir uns immer
vor Augen halten sollten. Die Meere sind groß. 71 Prozent der Erdoberfläche ist mit Meeren bedeckt. Gerade jetzt entdeckt die Menschheit überhaupt erst einmal die biologische Vielfalt der offenen Ozeane und die Schätze der Tiefsee. Wir verstehen bisher nur einen Bruchteil des Ökosystems Meer, und daher ist es gut, dass wir im Land Bremen Forschungseinrich tungen wie das Alfred-Wegener-Institut, das MARUM oder auch das Zentrum für Marine Tropenökologie haben, denn Wissen sollte die Grundlage für unser Handeln sein.
Allein das Wattenmeer ist ein weltweit beispielloser
und artenreicher Lebensraum. Die meisten von uns kennen natürlich die Scholle, die Miesmuschel, den Wattwurm und den Seehund, aber insgesamt leben allein im Wattenmeer 4 800 Arten, und dazu kommen etwa 10 Millionen Vögel, die hier brüten und rasten.
Da die Meere unsere Lebensgrundlage sind, brau
chen sie unseren Schutz, denn die Vielfalt des Öko
systems Meer ist auch vielfältig in Gefahr, und wenn wir diese Grundlage gefährden, dann gefährden wir uns selbst am Ende der Nahrungskette auch.
Schon jetzt wird deutlich, dass die Lebensge
meinschaften der Kaltwasserkorallenriffe, Schwarze Raucher, Schwammbänke und Seeberge sowie die Tiefseefische, aber auch der Krill in der Arktis selbst einer massiven Bedrohung ausgesetzt sind. Die Meere werden überfischt, der Abbau von Erdöl, immer mehr Schifffahrt, die Energiewirtschaft und auch zum Teil der Tourismus machen dem Ökosystem Meer und den Küsten nicht nur bei uns, sondern weltweit zu schaffen. Dazu kommt der Eintrag von Giftstoffen wie Dioxine, Schwermetalle, hormonell wirksame Substanzen, Arzneimittel, Kunststoffabfälle und Öl, der längst nicht gestoppt ist. Auf Überdüngung fol gen Algenteppiche und damit eine Reduzierung des Lichts und des Sauerstoffs. Der Klimawandel führt zu einer Übersäuerung des Meeres, zur Freisetzung von klimaschädlichen Methanvorkommen, es ist in dem Fall ein Teufelskreis.
Die bestandsbedrohende Befischung mit zerstöre
rischen Geräten wie Grundschleppnetzen, unkont rollierte Forschung, zum Beispiel auch von CCS, der Kohlendioxidspeicherung, und die Öl- und Gasge winnung gefährden komplexe Ökosysteme, deren Gesundheit für den Erhalt ertragreicher Fischbestände sorgt. Der Schutz vor allem der Tiefsee ist somit nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern allein schon ökonomisch ohne Alternative.
In der im Rahmen der Verabschiedung der Mee
resstrategie-Rahmenrichtlinie durchgeführten An fangsbewertung der deutschen Nordsee im Jahr 2011, wurde festgestellt, dass die Nordsee derzeit in keinem der geprüften Bereiche den guten öko logischen Zustand aufweist, der bis zum Jahr 2020 erreicht werden soll. Die Einhaltung der europäischen Wasserrichtlinie ist ein Muss, denn alles, was sich im Grundwasser befindet und in die Flüsse eingeleitet wird, ob es Nitrat oder auch – –.
Herr Bödeker, Sie hatten gerade darauf hingewie
sen, in der Weser kann man wieder baden, ja, aber auch das ist nicht selbstverständlich, denn wenn K+S durch den Kalibergbau Laugen und Abwässer wieder in die Werra und damit in die Weser einleitet, dann ist auch hier der Zustand wieder gefährdet. Das wollen wir verhindern, deswegen freue ich mich auch, dass wir uns damals hier in der Bürgerschaft parteiübergreifend dagegen ausgesprochen haben.
Eine stetig wachsende Gefährdung des Ökosystems
Nordsee stellt auch die hohe Verschmutzung durch Mülleintrag dar, darauf wurde schon eingegangen. Jährlich werden rund 20 000 Tonnen Abfall in die Nordsee eingetragen, was dazu führt, dass sich bereits etwa 600 000 Kubikmeter Müll am Meeres grund abgelagert haben. Der Eintrag von Abfällen
insbesondere der problematischen Kunststoffe, der Mikroplastik, aber auch der Paraffine – in die Nordsee erfolgt landseitig vor allem durch Einträge in Flüsse und seeseitig unter anderem durch den Schiffsverkehr, die Fischerei, durch Bohrinseln oder andere Offshoreanlagen.
Zur Vermeidung des landseitigen Eintrags von
Abfällen in die Nordsee trägt ein gutes Abfallma nagement an Land bei, das ist ganz klar, aber dazu gehören auch die Hafengebühren und die darin enthaltenen Entsorgungsgebühren. Ich bin dafür, sich europaweit, aber auch weltweit dafür einzusetzen, dass die Entsorgung von Müll nicht extra noch einmal als Gebühr ausgewiesen wird, sondern automatisch in den Hafengebühren enthalten ist.
Wir brauchen europaweite, aber auch weltweite
einheitliche Umwelt- und Fischereistandards. Wir müssen darüber nachdenken, dass das, was an Land gilt – nämlich Eingriffsregelungen und Kompen sationsmaßnahmen – auch in maritimen Systemen etabliert wird. Dort, wo zum Beispiel in der Tiefsee Claims abgesteckt werden, um Rohstoffe abzubauen, muss zugleich ein Schutzgebiet ausgewiesen werden.
Wir haben in der Vergangenheit sehr viel Positives
erreicht, Herr Kuhn ist darauf eingegangen, zum Beispiel das Verklappungsverbot von Dünnsäure oder auch das Verbot von TBT in Antifoulinganstri chen. Gerade am Beispiel von TBT sieht man aber, selbst zehn Jahre nach dem Verbot haben wir immer noch sehr hohe Konzentrationen im Hafenschlick. Ein Ökosystem zu zerstören geht nämlich ziemlich schnell, es zu regenerieren dauert sehr lange.
Daher, meine Damen und Herren, ist es gut, dass
der Senat sich in vielfältiger Weise sowohl im Um weltschutz in den Häfen als auch im Küstenmana gement und bei den internationalen Bestrebungen zum Meeresschutz engagiert. Das begrüßen wir ausdrücklich und wollen es auch weiter fördern. Ich glaube in der Tat, wir müssen darüber nachdenken, wie wir auch in Bremen den Plastiktütenverbrauch minimieren können und ob wir nicht eine vierte Stufe bei der Reinigung von Abwässern brauchen, um Arzneimittel herauszufiltern et cetera. Wir können hier in Bremen auch einiges leisten.
Wirtschaftliche Interessen sind kein Gegensatz
zum Umweltschutz. Sie müssen zwangsläufig und überlebensnotwendig gemeinsam gedacht werden, und so muss auch gehandelt werden. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Ich möchte noch einmal auf einen Punkt von Frau Ahrens eingehen, den ich in keinster Weise teile. Frau Ahrens hat hier vorhin in ihrer Rede gesagt, dass bildungsnahe Eltern sich untereinander austauschten und dann für sich die schönsten Kindergärten aussuchten. Ich finde, das diskriminiert erst einmal die gute Arbeit, die wirklich – so glaube ich – alle Kindergärten hier in Bremen leisten,
in denen man eben nicht unterscheidet, welche Eltern mit welchem Hintergrund dort ihre Kinder hinschicken. Ich finde ehrlich gesagt, dass das ein bisschen an den Haaren herbeigezogen ist, und ich glaube auch, dass es alle Eltern diskriminiert, auch die Eltern, denen Frau Ahrens damit nämlich – so suggeriert das zumindest ihre Rede – unterstellt, dass sie noch nicht einmal in der Lage seien, sich untereinander auszutauschen oder in der Lage wären, einen Kindergarten für ihre Kinder auszusuchen.
Weil sie sich selbst an mich gewandt hatte mit der Bemerkung, ich hätte mir den Kindergarten ausgesucht, möchte ich an meinem Beispiel einmal sagen: Ja, ich habe für mein Kind auch den Kindergarten ausgesucht, und zwar in Grohn. Das ist kein Elitekindergarten, und trotzdem ist es ein Super-Kindergarten. Die machen alle Super-Arbeit
egal welche Kinder mit welchem Hintergrund dorthin gehen. Ich habe mir den Kindergarten ehrlich gesagt nach pädagogischen Konzepten ausgesucht. Die sind dort auch super, obwohl da ganz viele Kinder aus der Grohner Düne hinkommen, wo die Eltern vielleicht nicht dem Bildungsbürgertum angehören. Trotzdem hat der Kindergarten ein super pädagogisches Konzept, und ich habe ihn mir – ehrlich gesagt – nicht danach ausgesucht, ob es da Plastikteller oder Plastiktassen oder Porzellan- oder Glasgeschirr gibt. Ich glaube, da gibt es ganz andere Kriterien.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bremen hat sich sehr ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt. Wir wollen in Bremen bis 2020 40 Prozent CO2 – im Vergleich zum Jahr 1990 – einsparen. Das ist ehrgeizig, aber auch absolut notwendig, wenn man sich die letzten Klimaschutzberichte ansieht.
Doch wie funktioniert Klimaschutz ganz konkret? Wie können wir hier in Bremen so ein Ziel erreichen? Was sind sinnvolle Maßnahmen? Was kann die öffentliche Hand, was kann aber auch jeder einzelne von uns dafür leisten? Es gibt oftmals keine leichten Antworten.
Da ist es gut, dass wir in Bremen die Klimaschutzagentur Energiekonsens haben. Energiekonsens wurde 1997 gegründet. Herr Strohmann ist auf die gesamte Geschichte schon eingegangen. Insofern erspare ich mir das. Ich will aber schon die Aufgaben darstellen: Die Energiekonsens berät sowohl Unternehmen als auch das Handwerk und die Öffentlichkeit über Energieeffizienzmaßnahmen. Ihre Mitarbeiter machen Umweltbildung, sie sind die Netzwerker zwischen den Klimaschutzakteuren, sie machen Energieberatung und führen sehr sehenswerte Projekte mit bremischen Akteuren durch. Beim Jahresevent der Energiekonsens konnte man zum Beispiel die sanierte und sehr moderne katholische Kirche in Gröpelingen besichtigen. Ich fand sehr beeindruckend, was man alles an Energieeffizienz und Einsparmaßnahmen an diesen Gebäuden durchführen kann.
Energiekonsens leistet nach unserer Ansicht in Bremen einen unverzichtbaren Beitrag zum Klimaschutz. Daher haben wir naturgemäß ein sehr großes Interesse, dass Energiekonsens auch zukünftig ihre wertvolle Arbeit fortsetzen kann.
Zum Ende dieses Jahres läuft die bisher bestehende Finanzierungsperiode aus. Auch darauf ist Herr Strohmann schon eingegangen. Für 2015 haben wir in der Umweltdeputation die Finanzierung in Höhe von 2 Millionen Euro beschlossen. Aber wir wissen alle, dass Projekte eine lange Laufzeit, eine Vorlaufzeit für die Beantragung haben. Daher ist es von großem Interesse für Energiekonsens, eine langfristige Finanzierungsperspektive zu haben. Das teilen wir absolut mit Ihnen von der CDU. Allerdings finden wir es – auch aus formalen Gründen – problematisch, wenn die Bürgerschaft den Senat heute, im Dezember 2014, auffordert, im Vorgriff bis 2020 über noch nicht existierende Haushalte Gelder festzulegen. Wir hier in der Bürgerschaft sind der Souverän – nicht der Senat –, der künftige Haushalte beschließt.
Insofern sollten wir hier bei diesen formalen Fragen auch korrekt bleiben. Wir hier als Bürgerschaft müssen uns doch selbst zum langfristigen Fortbestand der Bremer Energie-Konsens GmbH bekennen und nicht den Senat dazu auffordern, Haushalte zu beschließen oder schon im Vorgriff mit Summen festzulegen.
Im Übrigen, Herr Strohmann, stimme ich jetzt nicht so ganz mit Ihnen darin überein – weil Sie ja nun auch Mitglied der Deputation sind –, dass wir uns zur Finanzierung der Bremer Energie-Konsens GmbH noch in keiner Weise geäußert hätten. Wir haben ja in der Deputation in der Tat schon eine Vorlage beschlossen, aber ich finde, wir können das hier und heute noch einmal als Bürgerschaft machen, indem wir nämlich in den zukünftigen Haushalten gern einen anteiligen jährlichen Zuschuss von einer Millionen Euro bereitstellen. Das ist hier das Commitment der Bürgerschaft zum Klimaschutz.
Wir sollten aber, und das ist mir in der Debatte auch ein wichtiges Anliegen, die swb AG und die EWE, die zuvor die Bremer Energie-Konsens GmbH kofinanziert haben, nicht einfach so aus der Verantwortung entlassen, deshalb finden wir, dass der Senat den Dialog hier auch weiterführen soll, um auch die swb AG und die EWE weiter an der Kofinanzierung zu beteiligen.
Meine Damen und Herren, wir sind uns einig, wir brauchen in Bremen die Arbeit der Energie-Konsens GmbH, wir wollen die Bremer Energie-Konsens GmbH erhalten, und wir bitten Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen! – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es richtig, sich mit dem Thema Abfall zu beschäftigen, denn wir alle produzieren Abfall. Ich möchte mit ein bisschen Statistik anfangen, damit klar wird, um welche Dimension es sich handelt. Laut Statistischem Bundesamt liegt das Abfallaufkommen pro Kopf in kaum einem anderen EU-Land so hoch wie in Deutschland. 2012 – aus diesem Jahr haben wir die Werte – fielen in Deutschland im Durchschnitt 611 Kilogramm Siedlungsabfall je Einwohner an. Der EUDurchschnitt liegt nur bei rund 492 Kilogramm je Einwohner, also deutlich niedriger. Allerdings – die gute
Nachricht für die Bremer –: Jede Bremerin und jeder Bremer produziert statistisch gesehen circa 432 Kilogramm Abfall pro Jahr. Wir in Bremen sind also richtig gut, wir liegen sogar unter dem europäischen Durchschnitt.
Das EU-weite kommunale Abfallaufkommen entspricht rund 250 Millionen Tonnen. Dann schaut man sich an, wie man mit diesen vielen Tonnen umgeht. 98 Prozent wurden weiterbehandelt, 34 Prozent wurden auf Deponien und ähnlichem abgelagert. Das ist ein sehr hoher Prozentsatz, meine Damen und Herren. Nur 27 Prozent wurden recycelt, 20 Prozent durch Verbrennung energetisch verwertet, 4 Prozent durch Verbrennung beseitigt und weitere 15 Prozent kompostiert und vergärt. Aber nicht jedes Land in Europa verfügt über umweltfreundliche und moderne Abfallentsorgung. Was hier in Deutschland für Hausmüll längst verboten ist, nämlich die Deponierung, ist in anderen, und zwar in ganz vielen Ländern Europas noch immer erlaubt.
Herr Kuhn und ich haben im letzten Jahr eine Anhörung zum Thema Kunststoffabfälle gemacht, weil die EU ein Grünbuch dazu herausgegeben hat. Dabei wurde festgestellt, dass eines der größten Probleme ist, dass die Abfälle in den meisten Ländern deponiert werden, und dies ist besonders schädlich für die Umwelt, für die Böden und für das Grundwasser.
Im Antrag der LINKEN heißt es: „Ökologisch ist der grenzüberschreitende Im- und Export von Abfall unsinnig“ – dann machen Sie die Differenzierung –, „insbesondere dann, wenn es im Herkunfts- beziehungsweise Empfängerland ähnliche rechtliche und technische Möglichkeiten zur Müllverwertung gibt wie in Deutschland.“ Das ist aber, wie gesagt, nicht der Fall.
Die EU-Kommission plant hohe Standards, aber das ist eben noch nicht so weit, und es gibt genügend europäische Länder, in denen es keine Müllverbrennungsanlagen gibt, wo die Abwärme nicht genutzt wird. Daher finde ich es falsch, pauschal zu sagen, dass dann eine Abfallentsorgung hier unökologisch sei, wenn man weiß, wie in anderen Ländern mit dem Müll umgegangen wird, wie er dort deponiert oder oftmals schlimmstenfalls von der Müllmafia ins Meer geworfen wird. Daher finde ich es erst einmal nicht falsch, dann hier die Kapazitäten, die wir für eine umweltfreundliche Müllentsorgung haben, diesen Ländern auch anzubieten.
Grenzüberschreitende Abfalltransporte sind erlaubt, es gibt dazu Regelwerke, grenzübergreifende Abfalltransporte finden insbesondere zwischen Nachbarstaaten statt. Im Jahr 2012 sind rund 1,8 Millionen Tonnen notifizierungspflichtige Abfälle aus Deutschland exportiert und knapp 5,9 Millionen Tonnen importiert worden, das zeigt, dass wir auch gar nicht so viel importieren. Für die Kontrolle sind das Bun
desamt für Güterverkehr, der Zoll, die Abfallbehörden sowie die Polizei und das LKA zuständig. Sie kritisieren die grenzübergreifenden Abfalltransporte, aber ich glaube, wir sollten uns hier in Bremen mehr darauf konzentrieren, wie wir hier mit dem Abfall umgehen. Das Lagern unter freiem Himmel im Fischereihafen in Bremerhaven, finde ich, geht auch nicht. Gerade bei heißem Wetter – Herr Rupp, Sie sind darauf eingegangen – ging das mit extremen Geruchsbelastungen einher, und ich finde schon, dass der Müll dort gelagert werden muss, wo er auch entsorgt werden soll, und in dem Fall wäre es Hamburg gewesen.
Ich finde, es muss auch dafür Sorge getragen werden, dass weder eine Gefährdung von Mensch und Umwelt noch Belästigungen wie Gerüche entstehen. Die Filterstäube, Herr Rupp, finde ich auch bedenklich, aber bedenklicher als die Lagerung in einem Zwischenlager finde ich, dass die Filterstäube in Bremerhaven immer noch auf der Deponie gelagert werden. Die Filterstäube aus den stadtbremischen Müllverbrennungsanlagen werden alle unterirdisch auf Sondermülldeponien gelagert, und ich finde, dort gehören sie auch hin.
Zum Elektroschrott! Ich möchte nicht noch einmal auf die Gefährdung der Kinder und Jugendlichen in Afrika und anderen Entwicklungsländern eingehen, Sie haben es ausführlich getan. Damit die bremischen Häfen aber nicht als Schlupfloch für illegale Mülltransporte dienen, wollen wir effektivere Kontrollen, dazu haben wir den Senat mit einem Antrag der Bremischen Bürgerschaft aufgefordert, es gab inzwischen auch einen intensiven Austausch zwischen der Umweltbehörde und der Polizei, insbesondere der Wasserschutzpolizei. Das Problem der Kontrollen löst man aber nicht nur oder auch vor allem nicht durch mehr Personal bei der Umweltbehörde, dass das Referat immer mehr Personal haben möchte, wissen wir. Wir brauchen vor allem den Zugang –
ich komme sofort zum Schluss, Herr Präsident! – der Polizei zu den Zolldatenbanken. Dem steht im Moment das Steuerrecht entgegen. Zudem steht die Wasserschutzpolizei in den Startlöchern und würde gern mehr kontrollieren. Es liegt jetzt auch am Innenressort, ihnen diese Kompetenzen zu übertragen.
Das Wichtigste ist, dass wir europäische Regelungen brauchen, nach denen der Exporteur nachweisen muss, dass die exportierten Geräte funktionstüchtig sind und es sich bei ihnen eben nicht um Abfall handelt, es ist quasi eine Beweislastumkehr zu dieser Regelung.
Letzte Bemerkung: Die beste Vermeidung von Abfalltransporten ist die Vermeidung von Abfall, das ist das erste Gebot des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, und daran sollten wir alle auch sehr viel mehr arbeiten. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir debattieren hier den Antrag, der zum Ziel hat, die Lebensmittelkennzeichnung zu erhöhen, um damit auch mehr Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu schaffen. Ich sage aus Grüner Sicht: Dieser Antrag ist gut, er geht in die richtige Richtung, wir begrüßen ihn sehr!
Kunden und Verbraucher wollen wissen, was sie essen. Sie wollen sicher sein, dass nichts in der Nahrung enthalten ist, das ihre Gesundheit gefährdet. Lebensmittel, das heißt, es sind Mittel, die uns am Leben erhalten und die uns zum Leben dienen, dürfen eben nicht das Leben gefährden. Das ist ein Grund, der besonders für Allergiker und Asthmatiker besonders wichtig ist, sie sind auf eine klare Kennzeichnung der Inhaltsstoffe angewiesen, weil bestimmte Inhaltsstoffe Allergien und Asthma auslösen können, und das muss verhindert werden.
Das, was auf den Verpackungen steht, muss auch darin sein. Frau Grobien hat auf die natürlichen Aromastoffe hingewiesen, die vortäuschen, dass leckere Himbeeren in einem Produkt seien, obwohl sie es gar nicht sind. Dasselbe gilt für Erdbeeren oder Blaubeeren, bei denen uns blaugefärbte Sägespäne frisches Obst vortäuschen sollen, das ist in der Tat eine Täuschung der Kunden und der Verbraucher.
Kunden haben in der Regel, wenn sie im Supermarkt sind – zumindest geht es mir so –, keine Zeit, sich jedes einzelne Produkt ganz genau anzuschauen und zu recherchieren, was darin enthalten ist, gerade auch, weil oft auf den Inhaltslisten vieles nicht so eindeutig nachvollziehbar ist, sondern mit dem Buchstaben E gekennzeichnet ist. Das führt zu einer Verunsicherung.
Üblicherweise fällt der erste Blick auf das Etikett und auch dort wird uns oftmals etwas vorgetäuscht, zum Beispiel, dass im Joghurt frische Erdbeeren enthalten seien oder dass dort glückliche Rinder abgebildet sind, auch wenn das Fleisch aus einer Massentierproduktion kommt. Der freundliche Fleischer lächelt uns an, auch wenn wir wissen, dass in den Schlachthöfen unter ganz schrecklichen Bedingungen die Arbeiter ausgebeutet werden. Meistens sieht man auf der Verpackung einen wunderschönen Serviervorschlag, aber es eben nicht immer in der Packung enthalten, was uns auf der Packung gezeigt wird.
Wie nehmen wir eigentlich Nahrung wahr? Ich glaube, hier sind alle Sinne angesprochen, nämlich Sehen, Riechen, Schmecken und zum Teil auch Hören, wenn irgendetwas besonders knusprig ist, und damit uns das, was wir essen wollen, auch gefällt, gibt es eine ganze Reihe an chemischen Lebensmittelzusatzstoffen. Es gibt eine ganze Industrie, die sich nur mit diesen Lebensmittelzusatzstoffen beschäftigt: Es gibt Farbstoffe, damit es schön rot aussieht, Konservierungsstoffe, Verdickungsmittel, Antioxidationsmittel, Säuerungsmittel, Geschmacksverstärker, Trennoder Überzugsmittel, zum Beispiel Wachse, damit der Apfel schön glänzt. Oftmals ist alles das mit dem berühmten Buchstaben E deklariert. Wissen Sie, was sich unter der Bezeichnung E 620 verbirgt?
Es ist Natriumglutamat, das auch bei vielen eine Allergie auslöst! In der EU sind 320 chemische Zusatzstoffe zugelassen. Daran sehen Sie, dass man als Durchschnittskunde im Prinzip überfordert ist.
Ihr Antrag fokussiert sich vor allen Dingen auf diese chemischen Lebensmittelzusatzstoffe. Für uns Grüne ist ein weiterer Punkt eigentlich auch wichtig, und er betrifft die gentechnisch veränderten Organismen. Sie müssen deklariert werden, wenn sie als richtiger Inhaltsstoff in einem Lebensmittel enthalten sind, sie müssen nicht deklariert werden, wenn sie nur als Futtermittel dienen, und da sagen wir, dass das der Kunde eigentlich auch wissen möchte. Viele Menschen haben Angst vor gentechnischen Organismen, wie Gen-Soja, weil sie nicht wissen, welche Folgen entstehen können. Wir fordern insofern: Wenn gentechnisch veränderte Organismen, GVOs, als nicht direkter Inhaltsstoff, sondern als Futtermittel verwendet werden, dann muss das auch auf den Nahrungsmitteln deklariert werden.
Das Thema gentechnisch veränderte Organismen wurde in Deutschland intensiv diskutiert. Die Kunden haben sich eindeutig, öffentlich und laut gegen Gentechnik bekannt. Der Kunde hat Macht und hat
gesagt, er will keine Gentechnik – anders als in anderen Ländern – haben. Das zeigt: Der Kunde hat Macht. Der Kunde hat auch eine Verantwortung. Ja, die Grünen wollen, dass mehr regional gekauft wird. Wir wollen auch, dass Bioprodukte bevorzugt werden. Das ist gut für die Gesundheit. Das ist gut für den Klimaschutz und den Umweltschutz.
Ich sage Ihnen hier: Nahrungsmittel müssen gesund sein, und zwar für jeden Geldbeutel. Insofern fordern und unterstützen wir, dass es eine klare Deklarierung gibt.
Wir beantragen, dass der Antrag in die Gesundheitsdeputation überwiesen wird. Ich habe verstanden, dass auf EU-Ebene gerade evaluiert wird, dass es im Dezember einen Bericht zur Lebensmittelverordnung geben soll. Wir denken, dass dieses ganze Thema auf der Grundlage dieses Berichts in der Deputation ausgiebig diskutiert werden sollte. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Fast 80 Prozent der Deutschen lehnen gentechnisch veränderte Kulturpflanzen, Futter- und Lebensmittel ab. Wir haben diesen Punkt heute Morgen, als wir über die Lebensmittelkennzeichnung debattiert haben, auch schon näher beleuchtet.
Die Risiken gentechnisch veränderter Organismen sind bisher nicht ausreichend erforscht. Zu den Risiken gehören Kreuzungen von Wildpflanzen und die mögliche Konkurrenz zu einheimischen Arten. Es gibt übrigens an der Bremer Universität eine Arbeitsgruppe, die sich genau mit dem Thema Risikoeinschätzung von gentechnisch veränderten Organismen – ich werde diese in meinem weiteren Redebeitrag mit GVO abkürzen – beschäftigen. Beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen werden zudem mehr Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Die Gewinner sind in der Regel die Großkonzerne. Dabei können Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt durch den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen derzeit nicht ausgeschlossen werden.
In Bremen ist die Verwendung von gentechnisch verändertem Saat- und Pflanzgut auf kommunalen Flächen bereits seit dem 9. Dezember 2008 verboten. Entsprechende Klauseln wurden auch in den Pachtverträgen verankert, und seit dem 14. Januar 2011 ist Bremen außerdem eine gentechnikfreie Region, denn mehr als die Hälfte der ansässigen Landwirte hat mittels einer Selbstverpflichtungserklärung erklärt, keine Agrogentechnik zu nutzen. Das ist fortschrittlich, das ist super, und die Bremer Landwirte sind sich ihrer Verantwortung für die Menschen und die Umwelt bewusst, das muss man hier auch einfach einmal positiv hervorheben!
Im Jahr 2003 hatte die EU Leitlinien für die Koexistenz gentechnisch veränderter, konventioneller und ökologischer Kulturen formuliert. Daraufhin wurde am 4. November 2003 in Bilbao das europäische Netzwerk der gentechnikfreien Regionen geschaffen. Bei diesem Netzwerk handelt es sich um einen Zusammenschluss von europäischen Regionen, Provinzen und Bundesländern, deren Ziel es ist, die Interessen der Regionen im Hinblick auf gentechnikfreie landwirtschaftliche Produktionsweisen auf EUEbene zu vertreten und auch zu stärken. Derzeit gehören dem Verbund 61 europäische Regionen an, in Deutschland unter anderem Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und das Saarland. Ich finde, wenn Bremen sowieso schon seit etlicher Zeit eine gentechnikfreie Region ist, dann ist es auch an der Zeit, auf europäischer Ebene Flagge zu zeigen!
Der Beitritt zum europäischen Netzwerk erfolgt durch die Zeichnung der Charta von Florenz. Darin sind die Ziele des Netzwerks und die Pflichten der Mitglieder festgelegt. Hierzu zählen vor allem die Unterstützung der ökologischen Landwirtschaft in der eigenen Region, die Unterstützung von Initiativen zu GVO-freien Gebieten innerhalb der eigenen Region sowie der Ausbau des Netzwerks und die Zusammenarbeit innerhalb des Netzwerks. Als Mitglied des europäischen Netzwerks gentechnikfreier Regionen verpflichtet sich das Land zur Erhaltung der Artenvielfalt, des Umwelterbes und zum Schutz der spezifischen lokalen Erzeugung. Das Ziel ist, dass Bremen gentechnikfrei bleibt.
Ich finde, das ist für die heimische Landwirtschaft ein wichtiger Standortvorteil.
Ich möchte noch auf die allgemeine europäische Diskussion eingehen. Heute ist die Regelung so, dass die EU-Kommission die Anträge auf GVO zulässt, wenn die EFSA, also die europäische Behörde für Le
bensmittelsicherheit, sie für unbedenklich hält und grünes Licht gibt, das sich im Wesentlichen auf die Dossiers der Hersteller stützt, auch wenn sie bisher keine Langzeitstudie gemacht haben. Wenn es keine qualifizierte Mehrheit gegen die Zulassung gibt, dann wird es dafür grünes Licht geben. Da die Lage so ist, wird die Europäische Kommission demnächst wohl eine Anbauerlaubnis für den Genmais 1507 der Firma DuPont aussprechen, denn die Mehrheit dagegen ist im vergangenen Jahr leider nicht zustande gekommen, weil Deutschland sich enthalten hat. Die Diskussion darüber hat auch in Deutschland die Diskussion über Änderungen der europäischen Regelungen wiederbelebt. Eine Richtung vertreten wir Grüne mit vielen Naturschutz- und Bauernverbänden: Ein grundsätzliches europäisches Verbot des Anbaus von gentechnisch veränderten Organismen!
Die andere Linie betrifft das Opt-out: Die Mitgliedstaaten können auch bei zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen leichter einen Anbaustopp auf ihrem Hoheitsgebiet aussprechen. Dieser Vorschlag ist von den EU-Ministern im Juni 2014 angenommen worden mit der Unterstützung der jetzigen Bundesregierung. Er liegt dem Europäischen Parlament zurzeit zur Beratung vor.
Der Vorschlag sieht ein Opt-out schon beim Zulassungsverfahren vor. Man könnte sagen, wenn es schon kein allgemeines Verbot geben soll, dann wenigstens ein Opt-out. Es könnte aber auch anders kommen, und deswegen sehen wir in dem vorgeschlagenen Verfahren der EU eine große Gefahr. Die Berichterstatterin des Europaparlaments hat in dem EU-Bericht einige Forderungen formuliert, damit aus diesem second-best nicht second-worst wird, zum einen die Aufhebung der Begrenzung auf zwei Jahre, zum anderen die Aufnahme europaweiter Regeln für die Koexistenz, schärfere Regeln für die Verursacherhaftung und die Verrechtlichung der Umweltverträglichkeitsprüfung von GVO.
Opt-out-Regeln schaffen im besten Fall Inseln, die immer gefährdet sein werden. Ein gentechnikfreies Europa wäre festes Land. Als Schritt in diese Richtung wünsche ich mir von allen, die heute dem vorliegenden Antrag zustimmen, die politische Unterstützung für die Forderung des Europäischen Parlaments! – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Richtung des CDU-Antrags ist richtig gut! Die Themen dieses Antrags stimmen darin überein, dass es bei Geldangelegenheiten einen Verbesserungsbedarf in der Ausgestaltung, der Transparenz und beim Verständnis gibt. Wir sprechen also über finanziellen Verbraucherschutz und weitergefasst über Verbraucheraufklärung, und das halten wir für wichtig und nötig.
Es besteht dauerhaft und unaufhörlich Handlungsbedarf, da dieser Bereich äußerst komplex und zudem auch ständig in Bewegung und im Wandel ist. Auch wenn sich glücklicherweise schon einiges getan hat, sind Verbraucherinnen noch immer zu wenig oder schlecht informiert. Dies gilt für die im Antrag aufgeführten, oft unverständlichen Beratungsprotokolle, für Finanzprodukte, die häufig auf Provisionsinteresse basieren, für den Komplex der Riester-Rente und für die Krankenkassen.
Der CDU-Antrag wie auch der Änderungsantrag der Koalition tragen einen weiteren Baustein dazu bei, den häufig sehr intransparenten Finanzproduktdschungel zu entflechten und dort mehr Licht hineinzubringen. Bei näherer Beschäftigung mit dem Thema wird deutlich, dass dieser Zustand leider allzu oft gewollt und geplant ist. Das Ziel von Banken und Versicherungen sollte eigentlich sein, die Kunden umfassend aufzuklären, sodass sie in der Lage sind, alle Konsequenzen, die ein Vertragsabschluss bedeutet, zum Beispiel bei einer Riester-Rente, oder der Wechsel der Krankenkasse oder die Höhe des Dispositionskredits genau zu erfassen. Leider – und darauf ist Frau Ryglewski schon eingegangen – ist das in der Praxis nicht immer der Fall.
Daher ist diese Initiative in Richtung Aufklärung und Verbraucherbildung nötig. Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, dass Beratungsprotokolle verständlich sind und die Umwandlung eines Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto problemlos und leicht zu bewerkstelligen ist. Die Leistungen, die ein Girokonto bietet, sollen auch mit einem Pfändungsschutzkonto zu haben sein. Laut Bundesverfassungsgericht steht dem Kunden genau dies zu, in der Praxis wird das aber oft nicht umgesetzt. Außerdem sollten die Vertragsabschluss- und Verwaltungskosten einer Riester-Rente den Versicherten mitgeteilt werden und leicht zu verstehen sein.
Der CDU-Antrag bietet gute Ansätze, und ich bedanke mich bei Ihnen, Frau Grobien, für diese Initiative! Da er uns allerdings nicht ganz ausreicht und hier und da zu mager ist, erlauben wir es uns, ihn um einige Punkte anzureichern und etwas zu verschärfen. Frau Ryglewski ist auf die einzelnen Punkte eingegangen, deswegen werde ich das jetzt nicht noch einmal wiederholen. Für uns sind Punkte wie zum Beispiel das „Girokonto für alle“ oder auch der „DispoDeckel 7 Prozent“ sehr wichtig.
Zum Abschluss: Politische Initiativen können immer nur bestehende Missverständnisse mildern oder ändern, wenn diese schon eine Weile bestanden haben. Wirklich initiativ verhindern können Sie sie natürlich nicht, deshalb sind die zweite Seite des Verbraucherschutzes immer der kritische Verbraucher und die kritische Verbraucherin. Mündig, unabhängig, aufgeklärte Verbraucherinnen und Verbraucher sind Menschen, die auch einmal genau nachfragen und sich nicht mit unverständlichen Erklärungen einfach abspeisen lassen und die bei schlechter oder undurchsichtiger Beratung auch einfach ihre Marktmacht nutzen und sich einen anderen Anbieter suchen.
Mit diesen Anträgen, meine Damen und Herren, geben wir den Verbrauchern ein optimiertes Werkzeug in die Hand, um sich besser zu informieren, ihre vom Bundesgerichtshof zugestandenen Rechte einzufordern und sich besser vor risikoreichen Finanzgeschäften zu schützen. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beschließen heute in der ersten Le sung das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen in der Freien Hansestadt Bremen, das uns der Senat vorgelegt hat. Wir haben im September letzten Jahres in der Bürgerschaft einen Antrag mit sehr großer Mehrheit auf den Weg gebracht, der das Ziel hatte, das Be stattungsrecht so zu ändern, dass in Bremen faktisch die Friedhofspflicht für Urnen und die Asche von Verstorbenen aufgehoben wird und individuelle Bestattungsorte für die Asche der Verstorbenen zukünftig ermöglicht werden.
Gestatten Sie mir vorab eine persönliche Bemer
kung! Ich bin froh, heute dieses Thema hier de battieren zu dürfen, weil es für mich wirklich eine Herzensangelegenheit ist.
Wir haben in Bremen – nicht nur in Bremen, sondern
bundesweit – sehr viele Betroffene, die entweder selbst den Wunsch nach einem individuellen Be stattungsort haben oder den letzten Wunsch eines Angehörigen nach einem individuellen Bestattungsort außerhalb des Friedhofes erfüllen wollen, und die bisher sehr skurrile Wege dafür gehen mussten, weil es in Deutschland nicht erlaubt ist. Die Verstorbenen sind zum Teil in das Ausland überführt worden,
meistens in die Niederlande oder in die Schweiz, sind dort eingeäschert worden, und die Asche ist irgendwie heimlich wieder zurückgeführt und hier bestattet worden. Das finden wir würdelos, und das wollen wir abschaffen. Deswegen finde ich es gut, dass wir dieses Thema hier debattieren und auch diesen Gesetzentwurf vorliegen haben.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stehen
in dieser Debatte die Ehrfurcht vor den Toten, die Würde des Menschen, die Rücksicht auf vielfältige und individuelle Bedürfnisse, aber auch das Recht auf Selbstbestimmung und Freiheit im Fokus. Trauer, meine Damen und Herren, ist immer individuell, die Menschen gehen unterschiedlich mit der Trauer um, aber die Menschen haben auch unterschiedli che Vorstellungen zur Bestattung und auch zu den Bestattungsorten.
Viele wollen heutzutage eben selbst mitbestimmen
und mitreden, welchen Weg der Trauer sie gehen und wie und wo die Bestattung erfolgen soll. Deswegen empfinden sehr viele Menschen in Deutschland den Friedhofszwang – so nenne ich es jetzt einmal – als Bevormundung und Einschränkung ihrer per sönlichen Bedürfnisse und Wünsche. Es gibt eine Emnid-Umfrage, in der 65 Prozent der Deutschen eine Aufhebung des Friedhofszwangs für Urnen beziehungsweise für die Asche von Verstorbenen befürworten.
Im Unterschied zu vielen anderen Ländern der
Welt, unter anderem die Schweiz, Niederlande, Großbritannien, Frankreich, Spanien oder die USA, besteht in Deutschland sowohl für die Erdbestat tung – da finde ich es aus hygienischen Gründen auch richtig – als auch für die Urnenbestattung der sogenannte Friedhofszwang. Der Friedhofzwang schreibt vor, dass eine Beerdigung außerhalb eines Friedhofsgeländes nicht zulässig ist. Die einzige Ausnahme, die hier existiert, ist die Seebestattung.
Bremen lockert mit diesem Gesetz, das uns heute
vorliegt, den Friedhofszwang so weitgehend auf, wie nirgendwo sonst in der Bundesrepublik. Wir sind quasi hier in Bremen Vorreiter, wir sind das erste Bundesland, dass das Ausstreuen der Asche außerhalb von Friedhöfen erlaubt. Künftig können Bremerinnen und Bremer ihre Totenasche auf dem eigenen Grundstück oder auf dafür ausgewiesene öffentliche Flächen ausstreuen lassen.
Das Ausstreuen der Asche ist an Bedingungen
geknüpft. Ich glaube, es ist auch gut, dass es nicht willkürlich erlaubt ist, sondern an Bedingungen, die ich gleich auch noch einmal erläutern werde, geknüpft ist. Das heißt, dass die verstorbene Person hier in Bremen gemeldet sein muss und zu Lebzeiten schriftlich verfügt haben muss, an welchem Ort das Ausstreuen der Asche gewünscht ist. Es genügt eine einfache, nicht notwendigerweise notariell beglau bigte schriftliche Verfügung.
Diese Regelung soll Missbrauch verhindern, eine
schnelle Klärung herbeiführen sowie Streitigkeiten unter den Hinterbliebenen verhindern. Die Verfügung kann durch keine weitere Person ersetzt werden, und sie muss eindeutig sein. Außerdem muss eine Person zur Totenfürsorge benannt werden, die sich dazu eidesstattlich verpflichtet, das Ausstreuen in einem pietätvollen Rahmen innerhalb von 14 Tagen zu gewährleisten.
Meine Damen und Herren, diese Stärkung der
individuellen Entscheidungsfreiheit ist Kern der Gesetzesnovelle, die die Bürgerschaft auf Initiative der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nun beschließen soll. Wenn das so geschieht, dann soll das Gesetz zum 1. Januar 2015 in Kraft treten.
Mit dieser Lockerung der Friedhofspflicht, meine
Damen und Herren, setzt Bremen einen Meilenstein. Die Gesetzesnovelle respektiert den letzten Wunsch der Verstorbenen. Damit stärkt die Reform die Ent scheidungsfreiheit des Individuums über den Tod hinaus. Immer mehr Menschen möchten ihre letzte Ruhestätte selbst bestimmen und ihre Asche an ei nem Ort verstreut wissen, dem sie sich verbunden fühlen. Diese Entscheidung, glaube ich, wird ganz sicherlich nicht getroffen, ohne nahestehende Ange hörige einzubeziehen. Das ist bei der Seebestattung so, und ich finde, was auf See erlaubt ist, muss auch an Land zukünftig möglich sein.
Die traditionellen Bestattungsrituale werden im
Übrigen dadurch auch nicht beeinträchtigt. Bei der Möglichkeit zum Ausstreuen der Asche außerhalb von Friedhöfen handelt es sich um ein Zusatzangebot zu den traditionellen Friedhofsbestattungen. Wer sich traditionell eine Erd- oder Urnenbestattung auf einem Friedhof wünscht, der soll das natürlich auch weiterhin tun können. Derjenige, der das aber nicht möchte, der soll die Möglichkeit erhalten, das in Zukunft auch in einem pietät- und würdevollen Rahmen außerhalb der Friedhöfe auf dem privaten Grundstück oder auf einer ausgewählten öffentlichen Fläche vollziehen zu können. Es sollen eben nicht mehr skurrile Wege über das Ausland in Anspruch genommen werden müssen, und Trauernde sollen sich nicht im Graubereich der Legalität bewegen müssen, denn sie haben sowieso schon Stress, und dieser Stress soll nicht noch zusätzlich erhöht werden.
Diese Gesetzesnovelle – ich komme zum Schluss,
Herr Präsident! – ist auch ein Zeugnis für den Wan del in der Gesellschaft. Es hat in der deutschen Gesellschaft in den letzten Jahren einen Wandel gegeben, der auf die gewonnene Mobilität, auf die Globalisierung, auf Internet und Fernsehen beruht und durch den man die Möglichkeit hat, andere
Kulturen und deren Gewohnheiten kennen und auch schätzen lernen zu dürfen. Das, was Menschen woanders sehen, wollen sie vielleicht auch hier in Deutschland umsetzen.
Viele Menschen können sich heute einfach nicht
mehr vorstellen, dass sie auf einem Friedhof be stattet werden sollen, einem Ort, zu dem sie keine Verbindung haben und vielleicht vorher nie dort waren. Jetzt, meine Damen und Herren, gibt es die Möglichkeit, den letzten Wunsch der Verstorbenen nach einem schönen Platz außerhalb der Friedhöfe in der Natur zu erfüllen. Ich denke, das wurde auch Zeit, und das ist gut so. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Röwekamp, es ist vielleicht nicht so verwunderlich, dass ich doch noch einmal auf das eine oder andere von Ihnen vorgetragene Argument eingehen möchte. Sie sagen, mit der neuen Regelung fühlen Sie sich in Ihrer Freiheit eingeschränkt. Ich glaube, es fühlen sich sehr viele Menschen, die eben umgekehrt mehr Freiheit bei dem Ort und der Aus wahl der Bestattung haben wollen, in ihrer Freiheit und in ihrem Freiheitsdenken eingeschränkt, dass sie sich an diese alten traditionellen Vorgaben halten
müssen, dass Bestattungen nur auf dem Friedhof stattfinden dürfen.
Der Tote ist keine Verfügungsmasse. Ich glaube,
der Tote hat auch das Recht, wenn er es zu Lebzei ten so dokumentiert hat, über seinen Tod hinaus zu verfügen und selbst zu bestimmen, was mit seinen Überresten passieren soll.
Ich finde es schwer zu akzeptieren – das haben
Sie beim letzten Mal auch schon gemacht –, dass Sie sagen, das Gesetz greift in die Religionsfreiheit ein. Ich finde, es entsteht ein verzerrtes Bild, wenn immer so getan wird, als stünden auf der einen Seite die Atheisten, die die komplette Freiheit anstreben, nach dem Tod die Asche ausstreuen zu lassen, und auf der anderen Seite stünden Menschen mit einer Konfession, die das ablehnten. Ich gehöre auch ei ner Konfession an, ich bin evangelisch, und ich bin trotzdem dafür, dass man die Freiheit haben sollte, den Beerdigungsort selbst zu bestimmen. Es gibt in meiner Fraktion ganz viele, die einer Religion an gehören und trotzdem sagen, die Menschen sollen selbst bestimmen.
Ich finde, man darf keine Glaubensdiskussion führen.
Das hat gar nichts damit zu tun, Atheisten wollen vielleicht genauso nach wie vor auf einem Friedhof bestattet werden wie auch religiös geprägte Men schen.
Doch, Sie haben gesagt, es greift in die Religionsfrei heit ein. Sie sagen, dass Trauer und Bestattung nicht vollständig privatisiert werden dürfen. Ich meine, die Trauer ist erst einmal sowieso sehr privat. Das Wort Privatisierung klingt für mich so, als ob man über ein Unternehmen spricht. Ich finde, dass die Trauer privat ist und dass eine größere Freiheit – ein größeres Angebot bei den Bestattungsorten – nicht dazu führt, dass die Trauer privatisiert wird.
Ich möchte noch einmal etwas zu den Kontroll
möglichkeiten sagen. Wie ist es denn jetzt, gibt es jetzt eine Urnenpolizei? Wieso ist es denn möglich, dass Menschen jetzt schon das Gesetz umgehen können? Es ist doch so, dass bei einer Einäscherung im Ausland auch keine Urnenpolizei anwesend ist und kontrolliert.
Ich kann Ihnen aktuelle Bremer Beispiele nennen,
nach denen Menschen gesagt haben, die Asche soll im Ausland ausgestreut werden. Sie haben brav die Formulare ausgefüllt, und niemand vom Zoll hat beim Grenzübertritt im Kofferraum nachgeschaut, und letztlich wurde die Asche im eigenen Garten ausgestreut.
Es ist jetzt schon so, dass nicht kontrolliert wird.
Es wird bei einer Seebestattung auch nicht der In halt der Urne kontrolliert. Deswegen finde ich es falsch, ein Bild zu zeichnen, dass es demnächst eine Urnenpolizei geben wird. Es gibt sie jetzt nicht, und es wird sie auch in Zukunft nicht geben, weil sie einfach nicht notwendig ist.
Ich möchte noch einmal etwas zu der Bestattungs
kultur sagen, weil Sie noch einmal darauf hinge wiesen haben. Beim letzten Mal war es der Disput zwischen uns beiden, Herr Röwekamp. Ich habe den Sachverhalt noch einmal juristisch nachprüfen lassen.
Sie haben beim letzten Mal das Preußische Land
recht angeführt, was aber im Übrigen nur besagt, dass Friedhöfe außerhalb von Wohngebieten errichtet werden dürfen. Das hat hygienische Gründe, weil man aus der Pest gelernt hat. Dass es einen Fried hofszwang oder eine Friedhofspflicht für Urnen und Totenasche in Deutschland und Österreich gibt, beruht – und das ist noch einmal juristisch bestätigt worden – auf der Fortschreibung des 1934 einge setzten Reichsfeuerbestattungsgesetzes. Ich finde, ein Gesetz von 1934 kann man jetzt, nach über 80 Jahren, auch endlich einmal wieder abschaffen, meine Damen und Herren!
Ja, es gibt sinnvolle Gesetze, und es gibt vielleicht
nicht sinnvolle Gesetze oder Gesetze, die sich durch
den Wandel der Gesellschaft auch einfach überholt haben,
und das ist, Herr Röwekamp, eines von diesen Ge setzen, die von den Nationalsozialisten eingeführt worden sind und wir jetzt einfach wieder rückgängig machen wollen.
Ich sage es noch einmal, ich finde es nicht würdelos,
dass jemand selbst bestimmen kann, wo er bestattet wird, an einem ausgesuchten Ort, und das zeigen die Erfahrungen aus dem Ausland. Ich möchte das jetzt doch noch einmal an einigen Beispielen verdeutlichen.
Herr Röwekamp, wenn Sie bitte zuhören würden!
Ja, ich finde es auch mühsam, Ihnen zuzuhören, ganz ehrlich gesagt!
Es gibt Beispiele aus unserer eigenen Fraktion. Sie
sagen, Sie möchten kein Haus kaufen oder irgendwo entlanggehen, wo die Asche ausgestreut wird. Dann würde ich Ihnen empfehlen, niemals nach London zu gehen! Da kann ich Ihnen Orte nennen, ob es Kew Gardens oder Richmond Park ist, die Englän der lassen sich in den englischen Parks ausstreuen.