Andreas Kottisch
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Vielen Dank! Also, wenn sich im Ortsteil ein Aldi-Markt ansiedelt, der fußläufig zu erreichen ist, glauben Sie, dass dann dadurch die Bevölkerung im Ortsteil benachteiligt wird und in das Auto steigen muss?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, es ist unstrittig über alle Fraktionen hinweg, dass Existenzgründungen, und zwar viele Existenzgründungen, vor allem erfolgreiche Existenzgründungen, eine wesentliche Voraussetzung für den Strukturwandel sind. Ich denke auch, zumindest bei den Koalitionsfraktionen ist es unstrittig, dass der Weg, der hier in Bremen gegangen wurde bis dato, ein guter ist und dass sich das Land Bremen als ein guter Gründungsstandort darstellt.
Aber das Gute ist oftmals der Feind des Besseren. Aus dem Grund habe ich mir noch einmal einige
Gedanken gemacht, was eigentlich gut läuft und was vielleicht noch besser gemacht werden kann.
Gut ist erstens, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, und das Programm B.E.G.IN als solches ist eine gute Maßnahme, um derartige Rahmenbedingungen zu schaffen. Der Kollege Herr Kastendiek hat das eben auch faktenmäßig dargestellt.
Gut ist zweitens, neben der Konzentration auf die Existenzgründung auch gleichzeitig darauf zu achten, dass diejenigen, die vor Jahren ihre Existenzgründung durchgeführt haben, auch eine Existenzsicherung oder eine Existenzfestigung erfahren, denn was nützt es, wenn wir alle Jahre neue Firmen auf den Markt bringen, die nach zwei, drei Jahren wieder verschwinden!
Gut ist drittens die Schaffung beziehungsweise der Ausbau von Gründungszentren, ich nenne da das BITZ in Bremen, das BRIG in Bremerhaven, TZBN in Bremen-Nord, das Gründerzentrum Airport, in Zukunft auch das Mobile-Solution-Center. Das sind gute Infrastrukturen für Gründer in den jeweiligen Bereichen. Wir sollten auch intensiv über ein entsprechendes Zentrum im Faulenquartier für den Bereich Medien nachdenken. Ich halte das für eine gute Grundlage, um auch diesen Bereich vernünftig zu entwickeln.
Gut ist viertens die Betreuung durch freiberuflich tätige Unternehmensberater, eine gewisse Qualitätssicherung durch das RKW vorausgesetzt. Hier kann allerdings etwas besser gemacht werden, beispielsweise indem eine noch intensivere Vernetzung dieser Berater mit potentiellen institutionellen, also VCGesellschaften, und auch nichtinstitutionellen, also Businessangels-Investoren erfolgt. Ich denke, dass in diesem Bereich sehr viel auf einer persönlichen Ebene passiert. Wir haben das eben in der Rede von Herrn Senator Hattig auch mitbekommen. Wenn es darum geht, Kredite entsprechend zu vergeben, da spielen persönliche Beziehungen eine Rolle. Es kann für einen jungen Existenzgründer von großem Vorteil sein, wenn er in seinem Gesellschafterkreis sowohl Berater als auch potentielle Geldgeber findet.
Gut ist fünftens die Existenz der Bremer Aufbaubank für eine verbesserte Finanzierung der Unternehmen, aber hier erwarte ich eigentlich auch, um hier ein Verbesserungspotential aufzuzeigen, kreative Konzepte zur qualitativen Optimierung der Unternehmensfinanzierungen.
Die bloße Existenz oder die bloße Steigerung der Kreditvergaben reicht meines Erachtens da nicht aus. Warum können wir nicht hier in Bremen versuchen,
einen Weg zu gehen, beispielsweise das Auflegen eines Existenzgründerfonds mit einer Mindestverzinsung, und dafür die mittelständische Wirtschaft begeistern, vielleicht sogar die Bevölkerung insgesamt begeistern, in diesen Fonds einzuzahlen, um damit Existenzgründungen und auch damit Strukturwandel zu fördern?
In Süddeutschland entstehen momentan die ersten privatwirtschaftlich getragenen Mittelstandsbanken. Ich denke, wenn so etwas in Bremen passieren würde, würde das auch bedeuten, dass der Strukturwandel einen größeren Rückhalt erfahren würde. Das wäre eine klimaverbessernde Maßnahme, um das Wort von Herrn Kastendiek aufzunehmen. Klima ist in der Tat sehr wichtig, denn Aufbruch beginnt im Kopf! Warum nicht in Bremen? Ich erwarte mehr Kreativität von den Institutionen, die dafür gegründet wurden, und nicht immer neue Gesellschaften, sondern neue Produkte.
Gut ist sechstens die Identifizierung von Zukunftsbranchen und -märkten sowie die Definition entsprechender Förderschwerpunkte. Das läuft hervorragend über die Bremer Innovationsagentur. Ein Verbesserungspotential ist hier beispielsweise die Entwicklung eines strategischen Spin-off-Managements. Da müsste man einmal die bremische mittelständische Wirtschaft analysieren, dazu sind die Unternehmer selbst aus kapazitativen Gründen nicht in der Lage, und dann schaut man einmal, wie man die mit den entsprechend identifizierten Zukunftsbranchen kombinieren kann und wie man strategisch einleiten kann, dass diese Jointventures, die daraus entstehen würden, dann entsprechende Spin-offs generieren. Das wäre eigentlich eine Maßnahme, die ich mir wünschte. Aber auch die gezielte Vergabe öffentlicher Aufträge an Bremer Unternehmen aus diesem Bereich, das sage ich ganz offen, selbstverständlich im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, sage ich ebenso selbstverständlich, stellt meines Erachtens ein probates Mittel dar, das verstärkt eingesetzt werden sollte.
Mit diesem Bereich korrespondiert der nächste Punkt: Gut ist, siebtens, die Intensivierung des Transfers zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, aber auch hier wünschte ich mir eine noch stärkere Interdisziplinarität als Grundlage für innovative Existenzgründungen. Ich habe die Antwort des Senats auf die Große Anfrage hoffentlich richtig interpretiert. Dort steht, dass bestehende Ergebnisse verwertet werden sollen. Ich wünschte mir, dass etwas früher angesetzt wird und dass ganz gezielt marktfähige Ergebnisse induziert werden, indem nämlich die richtigen Faktoren für eine Existenzgründung kombiniert
werden. Die Gründerzentren, die bereits angesprochen wurden, bieten eine hervorragende Basis dafür. Gut ist, achtens, die Intensivierung der Qualifizierung, denn die Akteure müssen in der Lage sein, den Aufbruch entsprechend zu gestalten. Das Beispiel „Bridge“ ist gefallen, ein hochschulübergreifendes Zentrum für Entrepreneurship, das hört sich gut an, ein entsprechender Lehrstuhl, dürfen aber nur erste Schritte sein. Mir ist das Ganze noch zu sehr nach innen gerichtet. Ich wünschte mir, dass diese Strukturen noch stärker in die Wirtschaft hineinreflektieren. Das habe ich leider noch nicht beobachten können. Ziel muss sein, dass diese wissenschaftlichen Strukturen auch im Bereich der Qualifizierung eng verzahnt sind mit den Bereichen der Wirtschaft und es dort zu einem regen Austausch kommt. Im Übrigen muss das Thema Qualifizierung so breit wie möglich angelegt sein, auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette ansetzen. Neben den Gründern müssen genauso deren Mitarbeiter wie auch deren Dienstleister auf hohem Niveau agieren können. Gut ist, neuntens, die Vermarktung des Landes als Gründungsstandort. Ein Verbesserungspotential wäre hier eine noch stärkere Berücksichtigung dieses Themas durch die Bremen Marketing GmbH und auch durch die Messegesellschaft. Ich denke, dass das insbesondere überregional tätigen Unternehmen sehr zugute käme. Der Ausbau der Marke Bremen mit den Assoziationen Aufbruch, Erneuerung, Mut, Risikobereitschaft kann eigentlich nur gelingen, wenn wir die dafür gegründeten Gesellschaften auch entsprechend instrumentalisieren.
Das passiert im Bereich Existenzgründungen noch nicht in der Form, wie es eigentlich sein müsste. Wir haben heute Basel diskutiert, wir haben in den Monaten zuvor Pisa diskutiert, man halte sich einmal nur vor Augen, welche Assoziationen man hat bei diesen beiden wunderbaren Städten Basel und Pisa. Vielleicht gelingt es uns ja einmal, das Thema Bremen mit entsprechenden Existenzgründerassoziationen zu verkoppeln! Abschließend betone ich noch einmal: Die grundsätzliche Ausrichtung des Landes Bremen zur Initiierung sowie zur Unterstützung von Existenzgründungen ist sehr gut. Das muss ich jetzt noch einmal sagen. In den letzten Jahren ist hier durch die große Koalition gemeinsam eine gute Arbeit gemacht worden, aber das sollte uns nicht die Augen verschließen, um da vielleicht die eine oder andere Nuance noch zu verbessern. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir gemeinsam, die beiden Koalitionspartner SPD und CDU, diesen Antrag auf den Weg gebracht haben. Wir sind uns weitgehend einig, auch bezüglich der strategischen Ausrichtungen der Gewerbeflächenpolitik, was den Aspekt angeht, Existenz von strategischen Gewerbeflächen auszuweisen, beispielsweise den Technologiepark, das Flughafengewerbegebiet, den Science-Park, oder weitere Gewerbeflächen in Bremen zu positionieren und als Produkte zu vermarkten. Aber auch Entwicklungen auf kleineren Flächen schaffen Arbeitsplätze.
Seitens der öffentlichen Hand sollte eine Darstellung aller zur Verfügung stehenden Flächen mit sämtlichen für die Ansiedlung relevanten Informationen als Übersicht vorliegen.
Die zentral gehaltenen Informationen, die dann einmal entwickelt wurden und entsprechend sicherlich arbeitsintensiv, aber dann, was den zukünftigen Prozess angeht, erleichternd vorliegen, können dann in Gänze oder entsprechend bestimmter personengruppenbezogener Rechte beziehungsweise datenschutzrechtlicher Bestimmungen in Teilen all denen zur Verfügung gestellt werden, die im Rahmen des Prozesses um Standortentscheidungen dezentral kommunizieren.
Die Stärkung der dezentralen Einheiten durch Informationslieferung zum Wohle unserer Wirtschaft, zum Wohle eines prosperierenden Standortes sollten wir als Bringschuld und nicht als Holschuld der vor Ort Agierenden definieren, auch dahingehend sind wir uns einig. Insbesondere bei der Ansiedlung, Umsiedlung und bei der Erweiterungsinvestition kleinerer Unternehmen spielt vielfach der persönliche Kontakt zu befreundeten Unternehmen, Kontakt zu Zulieferern oder Kunden eine nicht unerhebliche Rolle. Regionale Vertreter vor Ort wie Ortsämter oder Beiräte werden ebenfalls als Anlaufstelle von ansiedlungswilligen Unternehmen genutzt. Es ist nun einmal so, dass in vielen Fällen nicht die Wirtschaftsförderung direkt angesprochen wird, und damit werden wir uns abfinden müssen, auch wenn wir wollen, dass natürlich, wie wir es hier fordern, letztendlich die Frequenz in Richtung Wirtschaftsförderung gelenkt wird.
Der erste Schritt ist aber oftmals nicht der Schritt in Richtung Wirtschaftsförderung, und der unmittelbare Verweis auf die Wirtschaftsförderung kann in solchen Fällen als Desinteresse oder mangelndes Interesse interpretiert werden derer, die da gefragt werden, obwohl eigentlich Nichtkenntnis vorliegt. Aber auch Wirtschaftsverbände und andere überregional organisierte Vereinigungen verfügen über ausgeprägte Beziehungsgeflechte, die, mit entsprechenden Werkzeugen ausgerüstet, einen sinnvollen
Dienst zur Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft leisten könnten. Der Ratschlag einer vertrauten Person wird vielfach höher bewertet als die Beratung durch einen Vertriebsbeauftragten. Das ist so! Zu vergessen sind auch nicht die Gewerbeflächen- und Immobilienmakler, die im Rahmen der Ansiedlung von Unternehmen keine unbedeutende Rolle spielen. Wir sind der Meinung, alle diese Potentiale müssen genutzt werden.
Die Bereitschaft der hier genannten Gruppen ist in unterschiedlicher Weise vorhanden. Beispielhaft sei hier der Ausschnitt aus einem Schreiben von einem Ortsamtsleiter an mich aufgezeigt. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
„Mit der Verfügbarkeit eines solchen angestrebten Gewerbeflächenplans würden wir über Arbeitsmaterial verfügen, mit dem wir gegenüber solchen Anfragen kompetenter agieren und auch eine größere Zahl von Nachfragen erzeugen könnten. Dabei ist es selbstverständlich, dass wir nicht die professionellen Einrichtungen wie die WfG und andere ersetzen, sondern eher als vorgeschobene Außenposten für die Entstehung erster Kontakte zu diesen Einrichtungen Sorge tragen könnten.“
Es soll hier also nicht der Sinn der institutionellen Wirtschaftsförderung auf der einen Seite oder die Richtigkeit der Entwicklung marktfähiger Gewerbegebietsprodukte auf der anderen Seite in Frage gestellt werden, sondern es sollen zusätzliche Unterstützungspotentiale erschlossen und die Zusammenarbeit der am Prozess und vor Ort agierenden Beteiligten soll optimiert werden. Es kann nicht schaden, wenn Kontaktpersonen vor Ort beziehungsweise Personen des direkten Vertrauens ansiedlungsbereiter Unternehmen über bestimmte Informationen verfügen beziehungsweise entsprechende Informationen bis zu einem gewissen Grad – das betone ich! – den Interessenten auf direktem Wege, zum Beispiel über das Internet, zugänglich gemacht werden können.
Ich betone, bis zu einem gewissen Grad, da es natürlich nicht angehen kann, dass im Internet Preisinformationen, die dann auch einer gewissen Verhandlungstaktik von beiden Seiten unterliegen, geboten werden, aber dennoch – ich erlaube mir, mich gleich noch einmal zu Wort zu melden und es in einem zweiten Redebeitrag detaillierter aufzuzeigen! – Informationen, die eben dieses Gewerbegebiet angehen, sehr wohl weitreichend bereits zur Verfügung gestellt werden können.
Im Rahmen der Abstimmung dieses Antrags wurde mir vom Koalitionspartner das Projekt Deafin, ein Projekt des Wirtschaftssenators, vor Augen geführt.
Ich danke dem Kollegen Focke für den Hinweis auf Deafin. Bei der Recherche zu diesem Projekt habe ich sehr interessante Informationen sammeln können. Ich würde davon ganz gern ein bis zwei Absätze hier dokumentieren.
Deafin ist ein Projekt, das 1997 vom Wirtschaftssenator beantragt wurde, das jetzt 1998 begonnen wurde und im September 2002, also im nächsten Monat, enden wird. Das ist ein europäisches Gemeinschaftsprojekt zwischen den Regionen Västernorrland in Schweden, Mailand in Italien und Bremen. Im Rahmen dieses Projekts wurden unter anderem Stärken-/Schwächenanalysen für die Regionen, ein Benchmarking durch das hier in Bremen ansässige Biba, ausführliche Ökoaudits sowie Strategiereporte erarbeitet. Ausdrückliches Ziel von Deafin ist die Steigerung der Transparenz der Wirtschaftsregionen für potentielle Investoren und – man höre und staune! – für lokale Akteure. Die Notwendigkeit eines derartigen Informationssystems wurde vom Wirtschaftssenator also schon 1997 erkannt.
Mit einem System basierend auf Deafin kann dezentralen Einheiten entsprechend unterschiedlicher Berechtigungsstufen, ich erwähnte das anfangs, eine Vielzahl standortbezogener Informationen zur Verfügung gestellt werden, etwa Umfeldanalysen, Belastungseinstufungen, Infrastrukturdaten zu Verkehr, Bildung und Wissenschaft beziehungsweise zur branchenspezifischen Personalsituation oder auch Suprastrukturinformationen. All das ist sehr aufwendig zu erheben, aber wenn es einmal zur Verfügung steht, sofort darstellbar.
Wie schwierig es ist, an valide Informationen zu kommen, musste ich selbst im Rahmen der Entwicklung eines Wohnbebauungsprojekts auf Ortsteilebene erfahren. Da gab es nämlich zu ein und derselben Fläche mehr als drei offizielle Kontaminierungsinformationen. Das bringt Unruhe und verlängert Prozesse.
Ein Standort, der über ein System verfügt, das derartige Probleme lösen kann und dies entsprechend breit angelegt nutzt, verfügt über einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Standorten. Der Senator für Wirtschaft hat in das mit insgesamt 2,25 Millionen Euro budgetierte Projekt Deafin bis heute bereits 305 000 Euro Eigenmittel gesteckt, von der EU-Kommission flossen 1,35 Millionen Euro. Ich kann mir vorstellen, dass sie sicherlich daran interessiert ist, dass Deafin in Bremen auch umgesetzt wird, zumindest aber darüber nachgedacht wird, wie man die Ergebnisse entsprechend verwerten kann.
Ich hatte bereits angekündigt, dass ich gleich noch in eine zweite Runde gehen werde, und würde dann auch Ihnen noch einmal ganz gern darstellen und
mich damit beschäftigen, wie eigentlich ein Unternehmen die Standortentscheidung trifft und was in Reflektion darauf ein Standort hinsichtlich einer optimalen Bedienung eines Unternehmens zu tun hat. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist Einigung erzielt, ich will es jetzt auch nicht in die Länge ziehen. Aber jetzt habe ich mir so viel Mühe gemacht, so einen Fragebogen, so einen Erhebungsbogen ausfindig zu machen, jetzt möchte ich den noch einmal kurz präsentieren dürfen. Frau Trüpel hat es auf den Punkt gebracht, es geht hier in der Tat um die Vermarktung, um ein Serviceangebot, und es obliegt dann dem Einzelnen, da gewisse politische Interpretationen hineinzulegen, das ist sicherlich möglich.
Die Standortwahl eines Unternehmens wird in der Regel betriebswirtschaftlich motiviert sein und hängt
nicht davon ab, was wir hier im Parlament entscheiden. Wir können da nur weitestgehend versuchen, uns den betriebswirtschaftlichen Motivationen entgegenzubewegen, die da wären der Aus- und Aufbau von Produktionskapazitäten, Herstellung von Kundennähe, Erschließung von Märkten, in manchen Fällen auch Standortverlagerung aufgrund günstigerer Rahmenbedingungen. In einigen Fällen können diese Motivationen auch durch Akquisitionsbemühungen seitens der Akteure eines Standortes modifiziert, generiert oder verstärkt werden, sonst müssten wir nicht auf Messen gehen, sonst müsste die Wirtschaftsförderung hier nicht aktiv werden.
Damit eines deutlich wird: Ich glaube nicht, dass über die ausschließliche Darstellung von Gewerbeflächen im Internet der Vertrieb jener Gewerbeflächen erfolgen kann. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass die professionell oder auch gelegentlich mit an- oder umsiedlungswilligen Unternehmen kommunizierenden Personen kompetent und schnell über notwendige und vor allem über die richtigen Informationen verfügen können müssen. Das ist wichtig, dadurch wird in jedem Fall die Information an den richtigen Mann oder die richtige Frau gebracht und die Vermarktung beschleunigt, in manchen Fällen sogar erst ermöglicht. Das Ziel hier muss auch sein, Prozesse zu beschleunigen, damit wir schneller als andere Standorte reagieren können.
Als ich mich gefragt habe, wie eigentlich in einem Unternehmen, noch einmal ganz konkret, eine Standortfrage entschieden wird, bin ich auf einen Fragebogen gestoßen, den ich ganz kurz, ich hatte es eben ja schon angedeutet, einmal präsentieren möchte. Das ist ein Erhebungsblatt für einen neuen BMW-Standort, der ist auch irgendwann einmal in Bremen angekommen.
Da müssen Fragen beantwortet werden, muss man sagen, dann von der Wirtschaftsförderung zur Grundstückslage und -größe, zur Topographie, das hätte man erwartet, technische Ver- und Entsorgung, also Distanz zur nächstmöglichen Gasanschlussstelle, zum nächstmöglichen Telekommunikationsanschluss, auch das hätte man erwartet, Verkehrserschließung, Distanz zum nächsten Bahnhof, Bezeichnung der nächst erreichbaren Autobahn, Entfernung Straßenkilometer, Fahrzeit, Distanz Luftlinie zum nächsten Wohngebiet, ich überspringe jetzt ganz viel, Einwirkungen von Staub, Katastrophenpotential, Flughafen, Grundstücksgeologie, Bebauungserschwernisse, beispielsweise Verdacht auf archäologische Bedeutsamkeit, Baurecht, Flächennutzungsplan, solche Dinge natürlich, aber auch zu erwartende Baugenehmigungsdauer. Ich kann mir vorstellen, dass derjenige, der das fragt, intendiert, dass er eine relative kurze Zeit dort angegeben bekommt, entsprechend kurz sollte auch die Beantwortung dieses Fragebogens sein.
Dann Beschäftigungsdaten bezogen auf die Region, Bevölkerung nach Altersgruppen, Bevölkerungs
entwicklung, Bevölkerung nach Schulabschluss, nach Ausbildungsabschluss, Schulabgänger an Hochschulen, Universitäten, immatrikulierte Studenten, Studienfächer, Beschäftigungsdaten, Krankheitstage in der Industrie, Ausfalltage durch Arbeitskämpfe, Erwerbstätige nach Wirtschaftsbereichen und medizinische Versorgung! Das ist eine ganze Menge! Hätten Sie sich das vorgestellt, dass das so lang ist? Haben Sie so etwas schon einmal gesehen? Ich glaube, das ganze Haus noch nicht hier! Kriminalität, Vorhandensein einer deutsch-internationalen Schule, Eigentumserwerb möglich und so weiter! Dann werden noch eine ganze Menge Fragen gestellt zu potentiellen Zuliefererbetrieben und diverse Anlagen erwartet.
Ich meine, dass eine Beantwortung eines derartigen Fragebogens in dieser detaillierten Form sicherlich nicht von jedem Unternehmen eingefordert wird und dass ein solcher Fragebogen sicherlich auch nicht idealtypisch für kleinere und mittlere Betriebe ist. Aber im Prinzip sind es dieselben Informationen, die jedes Unternehmen braucht, um eine Standortentscheidung zu treffen. Die Konsequenz auch aus Erfahrungen der Vergangenheit wäre doch nun, solche abgeforderten Informationen von vornherein vorliegen zu haben für die entsprechenden Gewerbeflächen, die in Frage kämen, und das ansiedlungswillige Unternehmen mit einer Blitzreaktion geradezu zu überraschen, die dann auch auf eine ebenso fundierte Unterstützung bei allen weiteren Schritten schließen lässt.
Die durch uns geforderte Form der Professionalisierung der Gewerbeflächenvermarktung passt im Übrigen in die Landschaft Konzern Bremen. Ich nenne hier nur Projekte wie das Produktgruppencontrolling, die SAP-Einführung, den Weg von der Kameralistik zur Doppik, den Aufbau insgesamt effizienterer Strukturen. Ziel hier wäre die Schaffung freier Kapazitäten, die zum einen dafür verwendet werden können, dass die Mitarbeiter, die dann eben nicht mehr mit diesen Recherchearbeiten zu tun hätten, frei wären für den direkten Vertrieb, für die Vermarktung und dass damit die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht werden kann.
Ich möchte jetzt schließen aber auch mit der Aufforderung an Sie alle, dass wir gemeinsam die oberzentrale Funktion Bremens hier im Nordwesten stärken und möglichst viele Personenkreise zu aktiven Vermarktern unseres Standortes machen. Ich bin der Überzeugung, die Bereitschaft ist groß. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vieles von dem, was ich eigentlich sagen wollte, ist vom Kollegen Eckhoff schon gesagt worden. Vielen Dank dafür! Ich möchte deshalb aber doch noch einmal ganz kurz den Fokus der Diskussion auf die Motivation der Zuwanderung richten. In der Tat muss man unterscheiden zwischen überregionaler Zuwanderung und regionaler Zuwanderung. Die überregionale Zuwanderung hängt von Arbeitsplätzen ab, die hier geschaffen werden. Das muss man ganz klar sehen.
Niemand von uns würde auf die Idee kommen, nach München zu ziehen, weil München so schön ist und weil die Lebensqualität in München so toll ist. Das ist Fakt! Da sollte sich einmal jeder in seine eigenen Gedanken verstricken und überlegen, ziehe ich nach München, weil München schön ist. Ich denke, jeder sagt sofort, nein, völlig absurd, so etwas in Erwägung zu ziehen! Also ist der Arbeits––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
platz relevant für eine langfristige, eine überregionale Zuwanderung.
Die Motivation für die Zuwanderung aus der Region heraus nach Bremen hängt in der Tat davon ab, wie günstig Wohnraum ist – das ist auch der Grund dafür, dass Menschen in das Umland ziehen – und wie hoch die Lebensqualität in dieser Stadt ist, und daran arbeiten wir. Das ist der Fokus der politischen Arbeit der großen Koalition, und das wird meines Erachtens in den letzten Jahren sehr erfolgreich getan.
Vielleicht noch ein Wort zum Internet! Ich denke, allen ist klar, eine tolle Internetseite wird nicht dazu führen, dass die Menschen in Massen hier nach Bremen kommen. Da sind aber die wichtigen Schritte getan, Herr Eckhoff. Auch Ihnen ist bekannt, Media@Komm, das Projekt, das von der bremenonline Service GmbH mit städtischer Beteiligung gemacht wird, arbeitet bereits intensiv daran. Diese Prozesse beispielsweise für Studenten entsprechend den Lebenslagen ideal zu gestalten, da haben wir in Kürze eine sehr hohe Kundenorientierung zu erwarten. Auch da sind wir auf dem richtigen Weg, und auch das geht zurück auf die Politik der großen Koalition.
Marketing ist wichtig, sehr wichtig sogar, insbesondere in Bezug auf eine langfristige Imagebildung eines Standortes, und die Neubürgeragentur in der Form, wie sie jetzt von der großen Koalition geplant wird, ist ein integraler Bestandteil eines umfassenden Marketingkonzepts. Ich denke, wir sind auch in diesem Fall wieder auf dem richtigen Weg. Die große Koalition macht den richtigen Schritt mit der Neubürgeragentur. Wir danken den Grünen hier für die Zustimmung. Lassen Sie uns positiv in die Zukunft schauen! Wir machen das schon richtig. – Vielen Dank!
Herr Eckhoff, ist Ihnen der Hegelsche Lehrsatz These, Antithese, Synthese bekannt?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte das Thema noch einmal kurz aus ökonomischer Sichtweise betrachten und dann aufzeigen, dass die Green Card sehr wohl ein Erfolg ist.
Herr Jäger, die Green Card ist in der Tat keine Patentlösung, das haben wir im Mai bereits diskutiert. Sie darf nicht isoliert betrachtet werden, sie ist integraler Bestandteil einer Politik, die letztendlich dazu führt, dass Arbeitsplätze geschaffen werden und ein Strukturwandel in Europa, in Deutschland und vor allem auch hier in Bremen eingeleitet wird.
Es ist richtig, Herr Jäger, dass zu dieser Politik auch die Intensivierung der Qualifizierungsbemühungen für inländische Kräfte gehört. In Bremen haben wir das erreicht. Da haben wir Sie, unseren Koalitionspartner, überzeugen können, dass wir zum Beispiel auch im Rahmen des Programms T.I.M.E. den Block Qualifizierung als einen ganz starken aufgestellt haben.
Das freut uns, vielen Dank! Da haben Sie gelernt, und Sie sehen, selbst im Bereich der Wirtschaftspolitik kann die christdemokratische Partei von der sozialdemokratischen lernen!
Wir haben heute Morgen zu der Debatte um die Qualifizierung für den Strukturwandel Frau Stahmann und auch andere Kollegen hören dürfen, und ich denke, das ist ein Thema, das in diesem Zusammenhang immer wieder auf die Tagesordnung kommen wird. Von daher meine ich, dass es auch in diesem Zusammenhang immer wieder Erwähnung finden muss.
Ich möchte noch einmal ganz kurz auf eine Studie des „European Information Technology Observatory“, kurz EITO, eingehen. Diese Gesellschaft hat prognostiziert, dass es im Jahr 2003 22 Millionen Beschäftigte im Bereich Informationstechnik und EBusiness in Europa geben wird. Heute sind es 14,5 Millionen. Heute bereits können 13 Prozent dieser Stellen nicht besetzt werden, und im Jahr 2003 werden es 18 Prozent sein. Das heißt, wir haben eine riesige Lücke an IT-Fachkräften. Absolut ausgedrückt sind das 1,9 Millionen heute und 3,8 Millionen im Jahr 2003. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Wenn wir diese Lücke nicht schließen, passiert laut EITO Folgendes: Wir verzichten auf ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von drei Prozent. Das muss man sich einmal vor Augen führen! Drei Prozent Wirtschaftswachstum verschenken wir, wenn wir keine Maßnahmen einleiten, und ich meine, da muss man jede Maßnahme, auch die Green Card, untersuchen und ausprobieren, damit wir eben nichts von diesem Wirtschaftswachstum verschenken.
Bernhard Rohleder, das ist der Sprecher des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien, kurz BITKOM, hat bereits vor einigen Jahren darauf hingewiesen, dass hier in Deutschland ein Wettbewerb um die besten Köpfe entbrannt ist, und zwar aus folgendem Grund: Es müssen sich hier in Deutschland die Rahmenbedingungen ändern – zu diesen komme ich gleich noch –, damit wir diesen Wettbewerb gewinnen können. Er zeigt auf, dass der Wanderungssaldo für ITSpezialisten in der Tat im Moment in Deutschland negativ ist. Das heißt, es wandern mehr IT-Fachkräfte ab, vor allem in die USA, als wir sie überhaupt akquirieren können. Darauf hatte Herr Jäger auch hingewiesen. Das ist in der Tat so.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern, dass der Know-how-Import durch eine Green Card gleich mehrere Arbeitsplätze für Einheimische hier in unserem Lande schafft, und das gilt natürlich auch in die andere Richtung. Das heißt, wenn wir IT-Fachkräfte verlieren, in die USA beispielsweise, vernichten wir automatisch auch gleich mehrere Arbeitsplätze, die daran geknüpft sind.
Ich meine deshalb, Herr Jäger, dass Maßnahmen wie die Green Card nötig sind. Wir müssen alles dafür tun, auch wenn die Resonanz – ich meine, bis zum Jahresende sind ungefähr 5000 Genehmigungen erteilt worden – nicht ganz so hoch ist wie erwartet.
Dennoch müssen wir versuchen, mit der Green Card dagegen anzugehen. Ich halte sogar diese schlechte Resonanz für einen Grund, einmal nachzufragen, woran das eigentlich liegt! Da muss man sich diese IT-Branche einmal ganz genau vor Augen führen. Das ist eine sehr international geprägte Branche, die Fachsprache ist Englisch, und die deutsche Leitkultur – Herr Eckhoff, auch das müssen Sie zur Kenntnis nehmen – hilft uns hier in ganz – –.
Dazu kommen wir ja gleich! Nur, diese ganze Debatte ist ja durch die Green Card angeleiert worden.
Von daher werden wir doch in unserer konzeptionellen Vorgehensweise unterstützt auch durch Sie. Vielen Dank!
Also ganz im Gegenteil – ich muss es auch noch einmal sagen, weil es mir nicht gefällt, um einen parlamentarischen Ausdruck zu nutzen –, Kampagnen wie der Wahlkampf auf dem Rücken der doppelten Staatsangehörigkeit, Kampagnen wie Sprüche „Kinder statt Inder!“, das sind einfach Dinge, meine Damen und Herren von der CDU, das muss ich auch als Mann der Wirtschaft sagen,
die kommen nicht gut an.
Die tragen einfach nicht dazu bei, dass wir das Klima entwickeln, um Strukturwandel hier voranzutreiben! Halten Sie sich bitte einmal vor Augen – und bitte, Herr Eckhoff, nehmen Sie sich das zu Herzen –, IT, Internet, Globalisierung und deutsche Leitkultur passen nicht zusammen!
Das ist ein echtes Problem.
Jegliche Internationalität, die wir erzielen, auch über die Green Card, hilft uns weiter. Ansonsten werden, wie bereits von der Kollegin Frau Dr. Trüpel aufgezeigt, die besten Köpfe, zum Beispiel aus Indien, ihren sehr viel einfacheren Weg nach Großbritannien oder in die USA suchen. Das ist für sie recht einfach. Sie haben über die Kolonialherrschaft der Briten hervorragende Kontakte zum Mutterland, warum sollten sie nach Deutschland kommen?
Nachdem wir den Entschließungsantrag der Grünen im Mai an die Deputationen für Wirtschaft und Häfen sowie für Arbeit und Gesundheit überwiesen hatten, wurde insbesondere das Problem der Befristung auf fünf Jahre noch einmal diskutiert. Das ist ein Problem, das in zweierlei Hinsicht betrachtet werden muss: einmal aus Sicht der ausländischen ITFachkräfte selbst, nämlich aus ethisch-moralischer Sicht – darüber haben wir auch eben diskutiert, ich denke, das wird auch weiterhin Thema sein –, aber, und darauf möchte ich hinweisen, sehr wohl auch aus Sicht der IT-Wirtschaft. Man stelle sich einfach einmal vor: Schlechtestenfalls nach fünf Jahren werden der Wirtschaft die maßgeblichen Schlüsselqualifikationen alle wieder schlagartig entzogen, das ist
auch nicht sehr förderlich. Darum, Herr Eckhoff, und da stimmen wir Ihnen ja auch zu, ist es letztendlich einhellige Meinung, denke ich, auch in diesem Hause, dass wir eine sinnvolle Integrationspolitik brauchen.
Ich meine, dass wir hier in Bremen bereits erste Ergebnisse haben. Der Senator für Inneres, Herr Jäger wies darauf hin, hat in Erweiterung der Green Card, das muss man dann auch wieder konstatieren – ich sage einmal, auch als Erfolg der Green-CardDebatte –, gegenüber dem Auswärtigen Amt der Erteilung von Visa an hoch qualifizierte ausländische Fachkräfte sowie deren Angehörige generell zugestimmt. Ich habe heute einmal beim Senator für Inneres nachgefragt, und mir wurde bestätigt, dass seitdem tatsächlich der Erfolg respektive die Erteilung von Visa zugenommen hat. Ich denke, das ist doch sehr erfreulich.
Eine Begrenzung der Aufenthaltsdauer ist generell nicht mehr vorgeschrieben, das heißt also, die Aufenthaltserlaubnis ist strikt an die Dauer der Arbeitsgenehmigung und die Art der Beschäftigung geknüpft. Das ist dieses Thema Blue Card, das auch in Bayern und in Hessen vorgelebt wurde, das haben wir jetzt auch in Bremen. Das haben längst nicht alle Länder, von daher möchte ich das positiv hervorheben, aber auch das, Herr Jäger, ist letztendlich eine Konsequenz aus der Diskussion um die Green Card.
Ich denke, wir sollten auch noch einmal abwarten, welche Arbeitsergebnisse der Zuwanderungskommission letztendlich vorliegen, die werden ja auch Grundlage für den weiteren Diskussions- und Entwicklungsprozess für die Länder sein und sicherlich auch einen Beitrag für eine bessere Integration leisten.
Frau Dr. Trüpel, Ihr Drei-Säulen-Modell ist wunderbar, ich finde es klasse. Ich habe eigentlich zusammenfassend für mich noch einmal überlegt, zwei Parameter herauszustellen, die mir doch sehr wichtig sind, ich möchte das einmal sehr pragmatisch angehen. Es geht hier um zwei Parameter, an denen wir einfach drehen müssen, die wir verändern müssen, teilweise auch schon verändert haben: Das sind einmal die Verfahren, die einfach transparenter gestaltet werden müssen, für Ausländer einfacher zu handhaben. Dazu gehört aber auch die Gestaltung von Integrationsauflagen, um entsprechende Integrationserwartungen bei den Einreisenden zu generieren, damit da auch von vornherein so eine Basis besteht, und das ist zweitens, und daran müssen wir arbeiten, die Kultur, und zwar Kultur im Sin
ne von Klima, im Sinne von Bereitschaft zur freundlichen Aufnahme von fremden Menschen, nicht nur von fremden Nahrungsmitteln,
also Kultur auf gar keinen Fall im Sinne von Leitkultur! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist ja doch noch eine ganz hitzige Debatte geworden heute.
Gut, ich versuche dann einmal, ein wenig Ruhe wieder hineinzubringen. Aber, Herr Teiser, ich muss doch sagen, es wundert mich sehr, dass Sie sozialdemokratische Positionen in Richtung Wirtschaft vertreten, was die Ausbildung – –.
Vielen Dank!
Aber wir haben heute gelernt, von daher war das ja eine sehr lehrreiche Veranstaltung, dass die Bayern besser schreiben als die Bremer und dass deutsche Töchter nicht in die Türkei geschickt werden. Also, das finde ich schon ziemlich aufschlussreich, und ich finde es auch ganz toll, dass bei uns in Deutschland der Staat die Religion beherrscht, dass das integraler Bestandteil der deutschen Leitkultur sein soll.
Ich frage mich, wie das eigentlich in Holland ist, aber wahrscheinlich wird es in Holland genauso sein, und dann muss man sich doch fragen, ist das vielleicht die holländische Leitkultur, über die wir hier diskutieren oder die französische Leitkultur oder vielleicht die englische Leitkultur!
Ich möchte Ihnen in einem Punkt Recht geben, die deutsche Sprache ist in der Tat eine wesentliche Grundlage, auch um sich zu verständigen, das hat auch Habermas schon gesagt, ein Soziologe, dem Sie wahrscheinlich nicht in jederlei Hinsicht folgen würden, aber ich habe in meiner Rede darauf hingewiesen, dass wir für die Einwanderer Integrationsauflagen machen sollen, und dazu kann so etwas gehören.
Lassen Sie uns doch einfach einmal abwarten, was die von Frau Süßmuth geleitete Integrations-/Einwanderungskommission erarbeiten wird, dann werden wir sicherlich auch ein Stück weiterkommen in der Hinsicht.
Aber auf einen Punkt, Herr Focke, muss ich doch hinweisen. Sie haben eine Kausalität versucht her
zustellen zwischen deutscher Leitkultur oder amerikanischer Leitkultur und IT-Erfolg der amerikanischen Nation. Ich frage mich in der Tat, woher die Amerikaner das Potential haben, derartige Leistungen zu vollbringen. Herr Teiser, Amerika ist Einwanderungsland! – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Dr. Trüpel, „Scheibenwischer“ hin, „Scheibenwischer“ her, erst im März 1998 startete in Bremen die Existenzgründungsinitiative BEGIN. Deren Wirkung wurde nach etwas mehr als einem halben Jahr erstmals durch eine Große Anfrage der Koalitionsfraktionen kontrolliert.
Unbestritten ist meines Erachtens, dass durch die Initiative eine gründerfreundlichere Stimmung sowie ein insgesamt freundlicheres Klima bezüglich Wirtschaft, Existenzgründungen und Selbständigkeit in Bremen unterstützt wurde. Konkrete Erfolge konnten aufgrund des kurzen Zeitraums nach einem halben Jahr noch nicht verzeichnet werden, und ein Erfolg à la Harry Potter konnte in diesem Zusammenhang ohnehin nicht zu erwarten sein.
Am 28. Januar dieses Jahres erfolgte eine erneute Große Anfrage der Koalitionsfraktionen, und zwar diesmal bezüglich der Förderung von Existenzgründungen und der Überprüfung sämtlicher Landesaktivitäten in diesem Zusammenhang. Die diesbezügliche Mitteilung des Senats vom 7. März verdeutlicht bei allen Fortschritten und positiven Aspekten, dass es keine hinreichenden Instrumente gibt, um die eingeleiteten Maßnahmen zu kontrollieren. Es gibt auch kein statistisches Material, um beispielsweise vergleichende Betrachtungen mit anderen Stadtstaaten anzustellen. Das halte ich für ein Manko!
Die mir bekannten Berichte zur Erfolgskontrolle von Investitionszuschüssen aus dem GRW- oder auch dem Landesinvestitionsprogramm sowie weitere bestehende Evaluationsinstrumente sind meines Erach
tens zu lang und zu unübersichtlich, um von Parlamentariern als Handlungsinstrumente genutzt zu werden. Hier sehe ich ein Problem. Mein Fazit ist in diesem Zusammenhang, dass es an knappen, übersichtlichen Erfolgskontrollen mit konkreten, zukunftsorientierten Handlungsanweisungen für die Politik fehlt. Hier sehe ich ein Manko.
In der Mitteilung des Senats vom 7. März wird darüber hinaus aufgezeigt, dass die überwiegende Ursache für das Scheitern von Existenzgründungen in einer unzureichenden Eigenkapitalausstattung und zu geringen Kreditlinien sowie daraus resultierenden Liquiditätsengpässen liegt. Ich werde deshalb nicht müde, in diesem Zusammenhang wieder auf die Notwendigkeit von Venture Capital gerade auch für Existenzgründerinnen und -gründer hinzuweisen.
Am 21. März stellte schließlich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den eben von Ihnen erläuterten Antrag „Förderung von Existenzgründungen verbessern“, der als dringlich eingestuft und somit noch in der Plenarsitzung im März an die Deputation für Wirtschaft und Häfen überwiesen wurde. Eine maßgebliche Forderung war die Mittelbereitstellung für die Herstellung von Räumlichkeiten für Unternehmensgründer in unmittelbarer Nähe der Hochschulräumlichkeiten in der Airport-City. Sie haben eben schon gesagt, dass das Thema hier relativ schnell abgehandelt worden ist. Die Wirtschaftsförderungsausschüsse haben in dieser Angelegenheit zeitgerecht entschieden, so dass die Mittelbereitstellung gesichert ist. Aus Sicht der SPD-Fraktion war dies eine unerlässliche Maßnahme, gerade auch vor dem Hintergrund der Entwicklung eines weiteren Kristallisationspunktes für Technopolis Bremen.
Weitere Forderungen Ihres Antrages waren zusätzliche Mittel für Coaching-Kräfte, die Forcierung von personenbezogenen Dienstleistungen sowie die Förderung von Teilzeitexistenzgründungen. Auf diese drei Punkte möchte ich im Folgenden kurz eingehen.
Ich meine, dass es tatsächlich an der Zeit ist, sich konzeptionelle Gedanken bezüglich der Förderung von Existenzgründungen zu machen, allerdings nicht in der in Ihrem Antrag dargestellten Form. Mehr bezahlte Coaching-Kräfte zu engagieren ist aus mehreren Gründen nicht der richtige Weg. Die größten Profiteure solcher Maßnahmen sind in aller Regel die bezahlten Coaching-Kräfte und nicht die Exis
tenzgründerinnen und -gründer, die überdies der Gefahr unterliegen, zu Dauersubventionsfällen zu degenerieren. Stattdessen ist die Wirtschaftsförderung aufgefordert, verstärkt Vertreter des privaten Sektors zu motivieren, sich als Paten oder Mentoren für Existenzgründerinnen und -gründer zu engagieren. Der Bremer Seniorservice ist hierfür ein hervorragendes Beispiel, und auch die Handelskammer wird in Kürze Veranstaltungen mit dieser Zielsetzung organisieren. Das hilft existenzgründenden Studenten am besten, glauben Sie mir! Analog dazu möchte ich die bremische Wirtschaftsförderung auffordern, verstärkt Vertreter des privaten Sektors, so genannte Business-Angels, zu motivieren, Venture Capital zur Verfügung zu stellen. Wirtschaft funktioniert seit Jahrhunderten nach denselben Mechanismen. Heute reden wir von Venture Capital, David Ricardo hat von Kapitalakkumulation und Profitrate gesprochen. Ich denke, hier sollte die Wirtschaftsförderung konzeptionell ansetzen. Den Kapitaleignern muss auf systematische Weise gezeigt werden, dass in den entsprechenden Dienstleistungsbereichen eine mindestens genauso hohe Profitrate zu erzielen ist wie in den traditionellen Branchen. Die Allokation der knappen Ressource Kapital in diese Dienstleistungsbereiche unserer Region ist der beste Weg, um Strukturwandel voranzutreiben und die benötigten Arbeitsplätze zu schaffen.
Soviel zur Förderung von personenbezogenen Dienstleistungen! Nun noch zu den Teilexistenzgründungen, dem letzten Aspekt Ihres Antrags! Ich bin der Meinung, dass ein Unternehmen nicht per se mit dem Ziel gegründet werden kann, als Teilzeitexistenz zu fungieren. Der Markt wird hierauf keine Rücksicht nehmen. Ein teilzeitgeführtes Unternehmen ist somit einem vollzeitgeführten Unternehmen gegenüber tendenziell benachteiligt. Eine Förderung, die ein tendenziell schwächeres Unternehmen zu Lasten eines tendenziell stärkeren Unternehmens unterstützt, darf deshalb nur temporär und mit dem Ziel erfolgen, die Teilzeitexistenz in eine Vollzeitexistenz zu überführen. Abschließend sei noch einmal darauf hingewiesen, dass eine moderne Wirtschaftsförderung, die den regionalen Strukturwandel hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft unterstützen soll, auf breiter Basis erfolgen muss. Einzelbetriebliche Subventionierungen sollten dabei meines Erachtens nicht im Vordergrund stehen. Diese benachteiligen nichtgeförderte Unternehmen und führen oftmals dazu, den Wettbewerb am Markt durch einen Wettbewerb um Subventionen zu ersetzen. Die Folge ist, dass sich in der geförderten Region kaum überregional erfolgreiche Unternehmen entwickeln. Ein wichtiges Element moderner Wirtschaftsförderung bleibt nach wie vor die Schaffung und Auf
rechterhaltung günstiger Rahmenbedingungen, wir hatten das hier in diesem Haus gestern diskutiert. Dazu gehören etwa adäquate Immobilienangebote, eine kluge Gewerbeflächenpolitik und zum Beispiel auch ein attraktives Angebot an weichen Standortfaktoren wie gute Schulen, attraktive Kultureinrichtungen sowie ausreichende Freizeit- und Naherholungsmöglichkeiten.
Hier werden Strukturen mit langfristiger Wirkung entwickelt, und der Aspekt der Fehlleitung von öffentlichen Geldern spielt kaum eine Rolle.
Der Arbeitskreis Telematik der Handelskammer Bremen, dem auch ich angehören darf, hat vorgestern Abend mit dem Geschäftsführer der BIA die Umsetzung des Programms „in time“ diskutiert. Die BIA hat so genannte USP, unique selling positions, also Alleinstellungsmerkmale für Bremen identifiziert und beginnt nun, die entsprechenden Branchen am Standort auch mit entsprechenden Existenzgründungsinitiativen zu entwickeln. Dies ist ein richtiges Vorgehen, da erstens kein Wettbewerb zu bestehenden Unternehmen und Branchen der Region losgetreten wird, zweitens eine Möglichkeit der überregionalen punktgenauen Vermarktung des Standortes mit Langzeitwirkung erschlossen wird und drittens das Ganze mit relativ geringem Einsatz öffentlicher Mittel erfolgen kann.
Darüber hinaus sollte künftig die systematische Unterstützung einzelner Branchen durch deren Vermarktung gegenüber potentiellen Kapitalgebern sowie die Entwicklung einer positiven Stimmung über alle gesellschaftlichen Bereiche hinweg, angefangen in der Schule, mehr Beachtung finden. Letzteres ist durch BEGIN mit Sicherheit unterstützt worden.
Bezüglich der Vermarktung einzelner, den Strukturwandel fördernder Branchen an Kapitalgeber ist die Entwicklung privater regionaler Netzwerke zu unterstützen. Damit kommt man gleichzeitig der Notwendigkeit nach, dass die Existenzgründerinnen und -gründer weitere notwendige Unterstützung erfahren – das ist dieses Coaching, aber eben auf privater Ebene – sowie sich hierüber, und das ist auch ganz wichtig, auch ihre anfänglichen Absatzmärkte erschließen können, das ist etwas, das die CoachingKräfte in der Regel nicht hinbekommen. Die bieten nämlich leider nicht die Absatzmärkte mit, sondern zeigen klug und theoretisch auf, wie man sich diese erschließen könnte.
Apropos Absatzmärkte: Ein meines Erachtens respektables Beispiel für die Förderung der Internetbranche ist die in Bremerhaven durchgeführte Internetoffensive. Hier wurde die Nachfrage von Internetdienstleistungen und nicht die Internetfirmen selbst gefördert, indem ein Kostenzuschuss für den
Aufbau von unternehmenseigenen Websites von bis zu 3000 DM gewährt wurde. Ich gebe zu, dass das ein Gießkannenprinzip war, aber unabhängig davon hat es gewirkt, da kein einzelner Anbieter mit riesigen Fördersummen seinen Wettbewerbern gegenüber bevorzugt wurde, sondern ganz im Gegenteil die gesamte Branche dadurch gestärkt wurde, dass eben der Absatzmarkt generiert wurde.
Effekte waren: kein Wettbewerb um Subventionen, sondern Wettbewerb um Kunden, die Unterstützung des Strukturwandels durch eine nachfrageinduzierte Entwicklung der Internetbranche sowie der Aufbau anhaltender Geschäftsbeziehungen mit regionalen Anbietern und die Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft, sowohl von Seiten des Angebots als auch der Nachfrage. Bremerhavens Unternehmen und damit auch Bremerhaven selbst sind heute überproportional im Internet präsent, und es ist ein optimales Klima für Existenzgründungen geschaffen worden.
Ich meine deshalb, bremische Existenzgründungsförderungspolitik sollte primär durch den Grundsatz geleitet sein, wie auf Basis staatlicher Wirtschaftsförderung mehr Hilfe zur Selbsthilfe initiiert und Dauersubventionierungen durch günstige Rahmenbedingungen substituiert werden können. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte mich ja eigentlich heute in dieser Debatte zurückhalten, weil ich denke, vieles ist gesagt und vieles ist programmatisch aufbereitet, es sollte losgehen. Vielleicht müssen aber doch zwei, drei Kriterien einmal herausgearbeitet werden. Die Tatsache, dass es ein Landesprogramm gibt, ist mehr als positiv zu sehen.
Das muss zunächst einmal herausgearbeitet werden. Ziel ist es, einen Impuls, ein Zeichen zu setzen für diese Branche, für die gesamte Gesellschaft, die mit diesen Technologien in Zukunft umgehen wird, und auch das ist gelungen. Das Programm soll einen Rahmen darstellen, das ist wichtig, der Synergien und Innovationen in der Gesellschaft dynamisch freisetzen soll. Innovationen sollen nicht im Programm beschrieben werden, das ist nicht die Aufgabe des Staates. Frau Stahmann, die Internetkosten zu senken kann nicht Inhalt eines Landesprogrammes sein. Das muss man einfach einmal realisieren.
Das zeigt ja auch, dass die Diskussionen, die wir auf freundschaftlicher Ebene in diesem IuK-Ausschuss geführt haben, gefruchtet haben.
Ich denke aber, Vergangenheitsbewältigung führt in dieser Branche nicht weit und macht überhaupt keinen Sinn. Lassen Sie uns jetzt dieses Programm bitte auf den Weg bringen! Anregungen, Frau Stahmann, sind natürlich herzlich willkommen. Ich denke, da reicht das Selbstbewusstsein. Eine Anregung der SPD-Fraktion wurde vom Kollegen Schildt heute Morgen aufgezeigt, da geht es um das VentureCapital, das ist wichtig, diese Szene muss intensiviert und aufgebaut werden. Das wird hier in Bremen gerade auf breiter Ebene angegangen. Ich meine, wir sind auf dem richtigen Weg, lassen Sie uns alle drei gemeinsam diesen Weg beschreiten! — Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ausführungen von Herrn Dr. Kuhn haben gezeigt, dass das Thema Green Card ein nicht ganz triviales ist. Fakt ist, dass sowohl bundesweit als auch in Bremen viele Stellen in der ITBranche unbesetzt sind, was für eine zügige Entwicklung der Branche und vor allem für den in Bremen notwendigen Strukturwandel nicht gerade förderlich ist. In Bremen sind beim Arbeitsamt derzeit zirka 140 unbesetzte Stellen gemeldet. Das Stellenangebot dürfte weit größer sein, da viele Unternehmen aufgrund der in der Vergangenheit nicht gerade erfolgreichen Vermittlung viele Stellen schon gar nicht mehr melden.
Auf der anderen Seite gibt es eine große Anzahl arbeitsloser IT-Kräfte, die allerdings größtenteils aufgrund ihres Alters schwer zu vermitteln sind und/ oder nicht in den Technologien ausgebildet und qualifiziert wurden, die die Gegenwart dieser Branche und vor allen Dingen die Zukunft dieser Branche bestimmen. Das dürfte nach der heute Morgen geführten T.I.M.E.-Debatte leicht nachvollziehbar sein. Beim Arbeitsamt sind derzeit zirka 400 IT-Kräfte gemeldet. Die Aufschlüsselung dieser Personengruppe nach Alter und Beruf macht deutlich, dass da ein sehr heterogenes Spektrum zugrunde liegt. Die Hälfte der arbeitslos Gemeldeten ist älter als 40 Jahre, und die andere Hälfte umfasst aus anderen Gründen schwer Vermittelbare beziehungsweise die Fluktuationsarbeitslosen, die sich nach ihrem Studium pro forma schnell arbeitslos melden, dem Arbeitsmarkt tatsächlich aber gar nicht mehr zur Verfügung stehen.
Gleichzeitig muss zur Kenntnis genommen werden, dass auch durch die Tatsache, dass dieses Missmatch zu verzeichnen ist, die Einstiegsgehälter für gut qualifizierte IT-Kräfte, insbesondere für kleine und mittlere Betriebe, die maßgeblich vor allem auch regional Strukturwandel und Innovationen generieren, zu hoch sind. Auch hieran geknüpfte Fluktuationen und das Abwerben von guten Kräften macht den kleinen und mittleren Unternehmen das Leben
schwer. Einzig die Personalberater können sich über diese Situation freuen, das allerdings auch nur eingeschränkt. Dieser Zusammenhang ist übrigens auch ein Grund dafür, dass Arbeitnehmer dieser Branche nicht so recht die Notwendigkeit von Betriebsräten und Gewerkschaften erkennen können.
Die Green Card darf nicht isoliert betrachtet werden. Sie stellt eine Maßnahme im Rahmen eines Maßnahmenbündels dar. Ich habe gerade mit dem Kollegen Frank Schildt gesprochen, der mir sagte, seine USA-Reise hätte ihm aufgezeigt, dass dort die Leute darüber den Kopf schütteln würden, dass wir über dieses Thema überhaupt debattieren. Das wäre so selbstverständlich, dass man auch Kräfte aus dem Ausland in das Land holt, um die Branche intern zu fördern.
Selbstverständlich koppelt die Bundesregierung die Akquisition ausländischer IT-Fachkräfte an die Intensivierung der Qualifizierungsbemühungen für inländische Kräfte.
Das ist übrigens eine Maßnahme, die unter dem damaligen Zukunftsminister nicht einmal als nötig erkannt wurde.
Die kurzfristige Entwicklung bei der Qualifizierung der benötigten inländischen IT-Kräfte kann im Zeitalter nach Rüttgers als sehr erfreulich bezeichnet werden.
Die Zahl der Ausbildungsverhältnisse in den entsprechenden Berufen steigt seit kurzem bundesweit und auch in Bremen deutlich.
Herr Eckhoff, im Jahr 1999 stieg die Zahl der Ausbildungsverhältnisse in Bremen um sage und schreibe 66 Prozent von unter 100 auf 153. Ich denke, das ist ein Fakt.
Auch die Zahl der Studierenden erhöht sich in hohem Maße.
Für die derzeit arbeitslosen IT-Kräfte wurden zahlreiche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen initiiert,
das ist sehr wichtig. Im Übrigen muss an dieser Stelle auch noch einmal darauf hingewiesen werden, dass auch ältere, heute arbeitslose inländische ITFachkräfte Vorteile gegenüber jüngeren ausländischen IT-Fachkräften haben. So beherrschen sie etwa in aller Regel die deutsche Sprache besser, was auch ein Vorteil ist. Es lohnt sich deshalb allemal für die inländischen arbeitslosen IT-Kräfte, die von der Branche nachgefragten Qualifikationen im Rahmen der angebotenen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zu erwerben.
Eine ausreichende Zahl an Absolventen aus diesen initiierten Qualifizierungsmaßnahmen steht dem Arbeitsmarkt allerdings erst in einigen Jahren zur Verfügung, so dass bis dahin nach wie vor eine Lükke klafft, und dies insbesondere für hoch qualifizierte Stellen. Hierauf weisen diverse Prognosen namhafter Researchcompanies hin. Bundesweit kann von momentan mindestens 75.000 offenen IT-Stellen ausgegangen werden, davon zirka 37.000 offenen Stellen für Hochschulabsolventen. Diesen 37.000 offenen Stellen steht eine Absolventenzahl von 8000 gegenüber. Die offensichtliche Lücke soll durch die Akquisition von zunächst 10.000 und bei Bedarf 20.000 ausländischen IT-Experten geschlossen werden. Sicherlich ist dies keine Patentlösung, ich denke, darüber ist sich die Bundesregierung im Klaren. Um den notwendigen Strukturwandel zu ermöglichen und im Wettbewerb mit anderen Regionen bestehen zu können, gibt es hierzu allerdings momentan kaum Alternativen.
Unabhängig davon entspricht die hierdurch steigende Internationalität in den Regionen durchaus dem Geist der Branche und kann sich auf diese befruchtend auswirken. Auch die Tatsache, dass einige der akquirierten Ausländer ihren Aufenthalt in Deutschland als Basis für die Kooperation mit ihren inländischen Firmen nutzen werden, muss als positiver Effekt gewertet werden.
Ein wesentlicher Aspekt ist aber doch, dass ein Inder gleich mehrere Arbeitsplätze für Einheimische nach sich zieht.
Anstelle der dummen Aussage „Kinder statt Inder“ sollten wir lieber Inder für unsere Kinder gewinnen.
Dies wird allerdings gar nicht so einfach, denn der Weg nach Großbritannien oder in die USA wird aus traditionellen Gründen von den meisten IT-Kräften viel eher beschritten und ist überdies allein vor dem Hintergrund, dass hierzulande bereits mit ausländerfeindlichen Floskeln reagiert wird, ein viel attraktiverer.
Zwischenfazit: Die Green Card als eine Maßnahme im Rahmen eines ganzen Maßnahmenbündels ist eine Notwendigkeit, um Versäumnisse der Vergangenheit auf allen Seiten, Herr Dr. Kuhn, das sehen wir genauso, wiedergutzumachen. Der zuweilen geäußerte Vorwurf, die Bundesregierung würde im Stil eines Kolonialherren durch die Wegakquisition der Leistungsträger die hiervon betroffenen Volkswirtschaften schädigen, ist bei der Zahl von insgesamt maximal 20.000 Fachkräften über sämtliche Länder hinweg wohl kaum haltbar.
Das Gegenteil ist der Fall! Durch die bereits genannte Möglichkeit der Kooperation mit ihren einheimischen Firmen im Rahmen des befristeten Aufenthalts hier in Deutschland wird die Entwicklung in beiden davon berührten Ländern gefördert. Des Weiteren scheinen die ausländischen Volkswirtschaften zum momentanen Zeitpunkt noch nicht ausreichend attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten. Dieser Zustand kann gerade durch Maßnahmen, wie die Green Card eine darstellt, verändert werden. Wer dem so nicht zustimmen kann, sollte sich noch einmal generell Gedanken über Sinn und Zweck internationaler Austauschprogramme machen.
Die Unternehmen im Bund und auch in Bremen wollen die Green Card und haben sich dazu bereit erklärt, die zu geringen Ausbildungsbemühungen der Vergangenheit durch künftig verstärkte Ausbildungsaktivitäten zu kompensieren, was, wie eben bereits dargestellt, schon in die Praxis umgesetzt wird. Der als Alternative zum Hochschulstudium geforderte Gehaltsnachweis von 100.000 DM wird von den Unternehmen, insbesondere von den Firmengründern und den Klein- und Mittelbetrieben, allerdings als zu hoch eingeschätzt. Hier käme als Kriterium schon eher die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung in Frage, wie unter anderem auch vom Arbeitgeberpräsidenten Dieter Hundt gefordert. Das wären im Westen um die 75.000 DM und in den neuen Bundesländern um die 65.000 DM im Jahr. Dieses monetäre
Problem stellt meines Erachtens jedoch ein lösbares dar.
Es bleibt das Problem, wie auch Herr Dr. Kuhn bereits aufgezeigt hat, der Befristung auf zunächst fünf Jahre, welches zum Beispiel in den USA nicht besteht. Zwar wissen diejenigen, die kommen, dass sie sich auf diese Befristung einlassen, außerdem wird ihnen der Wechsel des Arbeitgebers ebenso ermöglicht wie die Gründung einer selbständigen Existenz, auch können Familienangehörige von Anfang an mit nach Deutschland kommen, dennoch kann die Befristung, eine erfolgreiche und ausreichende Akquisition vorausgesetzt, zu Problemen führen.
Wie die Gastarbeiter in den sechziger und siebziger Jahren werden sich einige der akquirierten ITExperten vermutlich schnell als Bürger dieses Landes fühlen und werden hier Zukunftsperspektiven entwickeln wollen. Wie eingangs gesagt, ist dieses weniger ökonomisch, sondern eher sozial und ethisch geprägte Problem kein triviales und sollte hinsichtlich der Verknüpfung mit einer angemessenen Integrationspolitik noch einmal fachlich diskutiert werden.
Erörtert werden müsste in diesem Zusammenhang übrigens auch, ob der Weggang einer größeren Zahl ausländischer IT-Fachkräfte nach fünf Jahren für diese Branche ohne weiteres zu verkraften wäre. Niemand kann heute vorhersehen, wie sich diese so sehr dynamische Branche in den nächsten fünf Jahren entwickeln wird. Aus diesen Gründen beantragen wir die Überweisung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an die entsprechenden Fachdeputationen für Wirtschaft und Häfen sowie für Arbeit und Gesundheit. — Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Trüpel, wer etwas unternimmt, geht Risiken ein. Wer Risiken eingeht, kann auch in manchen Fällen danebenliegen.
Da, wo gehobelt wird, fallen Späne. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Das sind Sprüche, in denen steckt ein Stück Wahrheit.
Dieser Antrag rückt im richtigen Moment noch einmal das Erfolgsmoment Arbeitsplatzeffekte in den Mittelpunkt und ins Bewusstsein der Akteure, das ist wichtig, ohne dass da irgendetwas umgeworfen wird, ohne dass da irgendwie eine grobe Strategie völlig verändert werden soll, sondern es soll noch einmal geprüft werden, wo wird eigentlich etwas erreicht, wo liegen die Arbeitsplatzeffekte.
Zu behaupten, es hätte bislang keine positiven Arbeitsplatzseffekte gegeben, ist sicherlich sehr falsch.
Der Trend stimmt schon! Schauen Sie sich doch einfach an, welche Strukturanstrengungen hier erfolgt sind! Wenn man sich gerade auch die Vulkan-Krise
vor Augen führt und die dort kompensierten Arbeitsplätze, die weggefallen sind und jetzt in neuen Strukturen aufgefangen wurden, dann, denke ich, ist das unter dem Strich ein sehr positives Ergebnis.
Ich frage mich, wie hoch die Arbeitslosigkeit heute wäre, wenn dieser Strukturwandel in dieser Art und Weise nicht vollzogen worden wäre. Unabhängig davon können Sie doch nicht bestreiten, dass die Richtung, in die gegangen wird, die richtige ist. Wir gestalten doch hier einen Strukturwandel, und neue Strukturen aufzubauen ist sicherlich immer sehr viel schwieriger, als bestehende Strukturen zu erhalten. Ich denke, das gelingt hier in akzeptabler Art und Weise.
Von falschem Zweckoptimismus zu reden ist in dem Moment vielleicht auch nicht der richtige Ton. Ich denke, in solchen Phasen ist auch ein Zweckoptimismus angebracht,
denn wenn man das nicht optimistisch angeht, wenn man nicht versucht, in dieser Stadt etwas positiv zu gestalten, sondern immer nur kritisch hinterfragt, dann ist das nicht der richtige Weg. — Vielen Dank!