Meine Damen und Herren, die 19. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist eröffnet. Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Presse. Auf der Besuchertribüne begrüße ich eine Klasse des Gymnasiums Obervieland und eine zehnte Klasse des Schulzentrums Ronzelenstraße. Herzlich willkommen!
Bremen in T.I.M.E. Rahmenprogramm zur Landesinitiative „Informations- und Mediennutzung“ Mitteilung des Senats vom 23. Mai 2000 (Drucksache 15/320)
Landesmedienprogramm T.I.M.E. mit klaren Kompetenzen weiterentwickeln Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 6. Juni 2000 (Drucksache 15/373)
Dazu als Vertreter des Senats Senator Hattig und Senator Lemke, ihnen beigeordnet Staatsrat Dr. Färber und Staatsrat Köttgen. Die gemeinsame Beratung ist eröffnet. Das Wort hat der Abgeordnete Schildt.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegt uns heute das Rahmenprogramm zur Landesinitiative Informations- und Mediennutzung des Senats vor.
Ja, einige Kollegen sind noch nicht in time, die brauchen noch etwas länger, bis sie an ihrem Arbeitsplatz sind!
Es liegt ein Rahmenprogramm als Mitteilung des Senats vor. Bremen in T.I.M.E. übersetzt sich als Telekommunikation, Informationstechnik, Multimedia und Entertainment.
Die Entwicklungen innerhalb der Bundesrepublik und insbesondere weltweit machen es erforderlich, dass auch wir eine politische Zielsetzung unserer Informations- und Kommunikationspolitik definieren und daraus Handlungsschritte entwickeln. Unsere Diskussion und das vom Senat vorgelegte Rahmenprogramm finden vor dem Hintergrund folgender beispielhaft genannter Aktionen statt: die Aktion der rotgrünen Bundesregierung unter dem Stichwort „Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des einundzwanzigsten Jahrhunderts“, in der Aktion der Wirtschaft unter dem Stichwort „D 21, Deutschland im einundzwanzigsten Jahrhundert“, eine Veranstaltung der Wirtschaft und der Politik, sowie der Diskussion der 14 Regierungschefs in Berlin, die sich unter dem Stichwort „Modernes Regieren für das einundzwanzigste Jahrhundert“ in Berlin ausgetauscht haben. Nicht vergessen möchte ich hierbei das Aktionspapier der Arbeitsgemeinschaft der Nordwestdeutschen Industrie- und Handelskammer mit dem Titel „Technologie-Region Nordwest“.
All diese von mir eben aufgeführten Initiativen haben dasselbe Ziel: die Chancen, die die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien bieten, im vollen Umfang zu nutzen, um Wohlstand, Beschäftigung und Teilhabe zu erreichen. Es liegt uns das Rahmenprogramm des Senats vor als Mitteilung, das einen thematischen Rahmen für den Weg Bremens und Bremerhavens in die Informationsgesellschaft beschreibt. Das Programm orientiert sich dabei nicht an den aktuellen Ressortzuschnitten, sondern gliedert sich nach inhaltlichen Gesichtspunkten, die auf einer breiten Basis zusammengetragen wurden.
Dieses T.I.M.E.-Programm stellt keine Projektliste dar, sondern beschreibt in den drei Themenbereichen Qualifizierungsoffensive, Ausbau regionaler Potentiale und Entwicklungen von Kompetenzzentren und Infrastrukturen Handlungsfelder und Ziele sowie Maßnahmen. Die konkrete Projektauswahl erfolgt im Rahmen der Umsetzung des T.I.M.E.Projektes.
Wir sehen in der ressortübergreifenden Erstellung des Rahmenprogramms eine besondere Qualität, beschreibt es doch den Willen aller bremischen Senatsbereiche, sich nach außen als ein gemeinsames Netz
werk darzustellen. Genauso wie hier ein Netzwerk erstellt wird, sollten wir auch unsere Technologiestandortpolitik wie ein Netzwerk verstehen und entwickeln. Wir sollten die Stärken der einzelnen Gewerbegebiete und Technologiestandorte aufnehmen und sie zusammenführen im Lande Bremen unter dem Stichwort Technopolis Bremen und sie als europaweit beachtete Technologiestätte ausweisen.
Das Programm beschreibt den Weg und die Ziele des Landes Bremen für die nächsten fünf Jahre. Für diesen Weg wird zusätzlich ein Mitteleinsatz von 100 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Da diese Mittel natürlich nicht ausreichen werden, muss es uns gelingen, in Bremen und Bremerhaven eine Venture-Capital-Kultur zu etablieren, wie es mein Kollege Andreas Kottisch bereits in der Debatte im Dezember 1999 für uns erklärt hat. Insoweit möchten wir die gerade aktuell vorgelegte Handelskammerinitiative unterstützen, die in ihrem Punkt sechs definiert, dass es in der bremischen Mittelstandspolitik genau um die Ansätze geht, Venture Capital zu organisieren, um im Bereich Bremen und Bremerhaven Kapital zu sammeln, um Innovationen und Arbeitsplätze in diesem Bereich zu schaffen.
Es ist uns, der großen Koalition, besonders gelungen, in den schweren Haushaltsnöten, in denen wir uns befinden, einen Kraftakt zu veranstalten und trotzdem Mittel für ein Zukunftsprojekt zur Verfügung zu stellen.
Ich glaube, deswegen ist der Kraftakt für uns, Herr Kollege, extrem groß, weil weitere Verkaufserlöse erzielt werden müssen. Herr Kollege, wenn Sie schon einen Einwand haben, hören Sie doch zu, was ich dazu sage! Wir haben einen hohen Kraftakt geleistet mit der Maßgabe, weiteres Vermögen zu verkaufen, weil wir glauben, dass es sinnvoll ist, jetzt in diesen Bereich zu investieren. Wer nicht jetzt investiert, der verschläft die Zeit.
Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass neben den 100 Millionen DM, die weiter zur Verfügung gestellt werden, schon bereits jetzt in den Haushalten 2000 bis 2004 rund 470 Millionen DM für entsprechende T.I.M.E.-Projekte, T.I.M.E.-ähnliche Projekte in den Ressortbereichen zur Verfügung gestellt werden. Wir wissen, dass wir uns mit der Beschlusslage zum Rahmenprogramm nicht zurücklehnen dürfen. Es muss weitergehen, denn wer stehen bleibt, den hat die Zukunft bereits überholt. Es ist also klar, dass noch weitere Planungen notwendig sind, die,
wie es im Rahmenprogramm geschrieben ist, durch die Steuerungsstaatsräterunde unter Federführung der Senatskanzlei dem Senat zur Beschlussfassung vorgelegt werden, und wir gehen davon aus — wenn ich wir sage, meine ich alle Sprecher im I-und-KAusschuss —, dass der Parlamentsausschuss zur gegebenen Zeit entsprechend über die weiteren Schritte informiert wird.
Als einen besonderen Erfolg des T.I.M.E.-Programms möchte ich hier — das ist gestern schon in der Haushaltsdebatte erwähnt worden — die Bereitstellung von 20 Millionen DM für die Medienausstattung in den Schulen der beiden Städte Bremen und Bremerhaven erwähnen. Ich möchte darauf hinweisen, dass es sich hier nicht nur um Mittel für die Hardware handelt, sondern auch Mittel für die Software einbezieht.
Eine weitere besondere Chance durch das T.I.M.E.-Programm sehe ich für die Stadt Bremerhaven. Ich glaube, dass in Bremerhaven ein Wachstumspotential im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie besteht. Gestützt wird diese meine Ansicht durch die Wachstumsambitionen der bestehenden Unternehmen im BRIG, aber auch durch das Vorhandensein von Fachhochschulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Bremerhaven. Ich gehe davon aus, dass, nachdem die Standortentscheidung für den Technologiepark Bremerhaven gefallen ist, diese von mir aufgezeigten Potentiale genutzt werden, damit Bremerhaven gerade richtig — just in time — einen Technologiestandort entwickeln kann.
Abschließend möchte ich auf den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingehen, der zusammen mit der Mitteilung des Senats beraten wird. Ich bin der Meinung, dass ich die Punkte, die von Ihnen unter eins angesprochen werden, Frau Kollegin, Akteure, Ziele, Zeitvorgaben und Mitteleinsatz, eben genannt habe, und wenn ich sie benenne, zitiere ich sie aus dem Rahmenprogramm, also sehe ich das als abgearbeitet. Die Punkte sind angesprochen! Es sind die Akteure im Rahmenprogramm genannt, es sind die Ziele definiert. Zeitvorgaben — in fünf Jahren soll das Programm umgesetzt und weiter evaluiert werden — und der Mitteleinsatz sind von mir beschrieben worden. Insoweit sehe ich keinen Bedarf, Ihrem Dringlichkeitsantrag zuzustimmen. Ich kann Ihnen an dieser Stelle mitteilen, dass die Fraktion der SPD Ihren Antrag ablehnt, weil wir der Meinung sind, dass die von Ihnen angeführten Punkte entsprechend Berücksichtigung gefunden haben. Wir wollen das Rahmenprogramm sich entsprechend entwickeln lassen.
Zum Schluss möchte ich ganz gern meinen Redebeitrag mit einem Zitat aus dem Komitee der 14 Regierungschefs schließen. Ich zitiere: „Alle Bürger
müssen über die Fähigkeit verfügen, an den Technologien teilzuhaben, die unser Leben rapide verändern.“ Wir Sozialdemokraten werden uns für diese Ziele nicht nur im Zusammenhang mit dem T.I.M.E.Programm einsetzen, sondern auch in unserem weiteren politischen Handeln daran orientieren. — Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mit großer Freude auf die Debatte gewartet. In der vergangenen Bürgerschaftssitzung hatten wir ja schon einmal die Aktuelle Stunde zu dem Thema „Bremen in T.I.M.E.“. Da habe ich bemängelt, dass der Senat nach 110 Tagen Verzögerung immer noch nicht das Rahmenprogramm vorgelegt hat, das er zum 31. Januar vorlegen sollte. Immerhin, ich finde im Internet eine Pressemitteilung vom 23. Mai, in der der Senat wenigstens das Programm ankündigt. Im Internet finde ich immer noch nicht das Rahmenprogramm. Darauf gehe ich später auch noch einmal ein.
So ein Landessonderprogramm zur Informationsund Mediennutzung soll dazu beitragen, dass alle gesellschaftlichen Bereiche, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, egal ob Arm oder Reich, den Zugang zu den neuen Medien finden, dass daraus wirtschaftliche Impulse erfolgen und auch in Bremen Arbeitsplätze geschaffen und neue Berufsfelder entwickelt werden. Wird das Programm dem gerecht? Herr Scherf und Herr Hattig sind ja leider nicht da, ich wollte noch die Frage stellen, wem ich das nun zu verdanken habe, dass das Programm hier vorliegt, oder waren wir es als Parlamentarier in der vergangenen Aktuellen Stunde, Herr Eckhoff, vielleicht Sie oder Herr Böhrnsen, die das Programm denn doch noch vorangetrieben haben?
Ich bleibe bei meinen Anregungen und bei meinen Aufforderungen an die große Koalition. Wir Grünen fordern mehr gesellschaftliche Beteiligung und Transparenz bei diesem Programm.
Wir fordern Schnelligkeit in der Umsetzung! Ihr Rahmenprogramm schwächelt schon an dieser Stelle! Das Programm fängt erst 2001 an. Was heißt das, es ist hier für fünf Jahre angelegt? Das ist erst einmal finanziell halbiert worden. Am Anfang war die Rede ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
von 50 Millionen DM jährlich, Herr Schildt, das haben Sie uns verschwiegen, das stand noch in dem Entwurf. Das Programm hat sich halbiert, und es fängt erst 2001 an. Was jetzt läuft, läuft sowieso und nicht extra!
(Abg. E c k h o f f [CDU]: Wo war denn der Antrag der Grünen bei den Haushalts- beratungen, das Programm aufzustocken?)
Eine wachsende Informationsgesellschaft — Herr Eckhoff, melden Sie sich doch auch selbst! — braucht Interaktion, denn die Informationsgesellschaft kann keine impulsarme Einwegbeziehung sein. Der Antrag der großen Koalition zu den Haushaltsberatungen hat auch gefehlt! Ihr finanziell halbiertes Sonderprogramm zeigt noch einmal deutlich, dass der Senat keine Priorität setzen kann und auch nicht die große Koalition, Herr Eckhoff.
Ja, die Grünen! Ich finde das Papier diskutabel. Es ist ambitioniert. Bloß in einigen Punkten gebe ich Ihnen Anregungen, die Sie ja auch aufnehmen könnten, damit dieses Papier weiterentwickelt werden kann. Sonst ist es heute schon veraltet. Es steht noch nicht einmal im Internet, ein Programm, das sich mit Internetnutzung auseinander setzt und noch nicht einmal von der Öffentlichkeit diskutiert wird, von Experten und von gesellschaftlichen Gruppen! Es steht zum Beispiel kein Wort darin über Open Source! Was ist das für ein Papier, in welche Zukunft geht das?
Der Beschluss der Bürgerschaft forderte einen konkreten Zeitfahrplan. Den haben Sie auch in der Drucksache vorn im Beschlussvorschlag stehen. Der Senat sollte konkret sagen, wie er was wann realisieren will. Einen solchen Fahrplan vermisse ich wirklich, Herr Schildt. Man könnte sich zum Beispiel als Ziel setzen, wie in Hamburg, dass man der Bevölkerung einen Multimediaführerschein anbietet, dann sagt, bis zum Jahr 2003 sollen 70 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren diesen Führerschein erworben haben. Solche Ziele sind nicht benannt worden.