Peter Paul Gantzer

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Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben für die Aktuelle Stunde das Thema gewählt: „Für eine solidarische Gesellschaft von Jung und Alt – keine Hetze gegen Ältere!“
Meine Damen und Herren, Auslöser ist die Diskussion über die Rentenerhöhung um 1,1 %. Man ist erstaunt, wie der Blätterwald gerauscht hat; denn wenn man vor allem die Rentenentwicklung der letzten zehn Jahre anschaut, muss man feststellen: Diese Rentenerhöhung ist mehr als angemessen. Sie ist im Grunde lächerlich gering, wenn man die vielen Nullrunden der letzten Jahre sieht, die die Rentnerinnen und Rentner haben erleiden müssen. Das Doppelte und Dreifache wäre eigentlich richtig gewesen. Deswegen kann ich nicht verstehen, dass man sich über diese 1,1 % aufregt.
Schlimm ist, dass dann Leistungsträger, die ehemalige Bundespräsidenten wie Roman Herzog immer noch sind, davon reden, dass das alles Vorboten einer Rentnerdemokratie seien, und dann fortfahren, dass am Ende die Älteren die Jüngeren ausplünderten. Das passt genau zu den Sprüchen, die wir gerade von Jungpolitikern aus seiner Partei oder auch aus benachbarten Parteien hören müssen. Vor zwei Jahren hat der JuLi-Vorsitzende, also der Vorsitzende der Jungen Liberalen, gesagt, die Alten lebten auf Kosten der Jungen, sie sollten frühzeitig genug ihr Tafelsilber abgeben, und das alles unter der Überschrift: „Alte, gebt den Löffel ab“. Da muss man sich schon fragen, welche Geisteshaltung dahintersteckt. Nicht anders agiert der Chef der Jungen Union von München, der beantragt hatte, die Wahl des Seniorenbeirats in München abzuschaffen, und gesagt hatte: „Wir wollen nicht länger von grauen Haaren regiert werden.“ In dieselbe Kerbe hat der Bundesvorsitzende der JU, der Herr Mißfelder, geschlagen, der gesagt hat, es sei nicht nachvollziehbar, dass 85 Jahre alte Menschen noch eine künstliche Hüfte eingesetzt bekämen.
Meine Damen und Herren, das alles ist menschenverachtend. Da fragt man sich, was für ein Menschenbild da
hintersteckt. Das ist nicht hinzunehmen, und es ist auch nicht sachlich zu begründen. Die Zahlen scheinen zwar so zu sein, als ob diese Angriffe richtig wären. Wenn ich einmal die durchschnittliche Lebenserwartung betrachte und feststelle, dass die durchschnittliche Lebenserwartung vor 100 Jahren 58 Jahre war, aber heute 79 Jahre ist, dann ist das natürlich schon eine sehr imponierende Zahl, vor allem wenn ich sie vor dem Hintergrund sehe, dass in 99,9 % der Zeit, in der Menschen auf dieser Erde gelebt haben, die durchschnittliche Lebenserwartung 30 Jahre war. Gerade in den letzten 100 Jahren ist sie immens angestiegen. Das ist aber nur die eine Seite der Wahrheit. Daraus kann man keine Vorwürfe gegen die ältere Generation ableiten. Denn die wichtigere Zahl ist die Zahl der Geburtenrate. 1960 hatte in Deutschland jede Frau, statistisch gesehen, 2,5 Kinder – heute hat in Deutschland jede Frau, statistisch gesehen, 1,3 Kinder. Die Geburtenrate hat sich also praktisch halbiert. Deswegen sage ich zu diesem Thema erst einmal: Wir leiden in Deutschland nicht an einer Überalterung, sondern wir leiden an einer Unterjüngung.
Ihnen muss ich das nicht sagen. Sie haben die entsprechenden Konsequenzen gezogen, lieber Kollege.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will das einmal ganz konkret mit Blick auf die Rentenmisere betrachten. Weil wir immer älter werden, beziehen wir immer länger Rente. Die Rentenbezugsdauer hat tatsächlich von 1960, als es noch neun Jahre waren, auf heute, wo es 17 Jahre sind, zugenommen. Die Rentenbezugsdauer hat sich also um acht Jahre verlängert. Das ist richtig. Aber wenn man es genau untersucht, stellt man fest, Ursache der Rentenmisere ist nicht, dass wir länger Rente beziehen, sondern die Rentenmisere ist in erster Linie durch falsche politische Entscheidungen begründet. Da will ich nur die Hauptursache nennen: Als 1989 die Wiedervereinigung stattfand, hat die damalige Bundesregierung unter Kohl und Waigel entgegen dem Ratschlag aller Experten die Ostrenten nicht aus Steuermitteln bezahlt, wie es hätte sein müssen, sondern sie hat das Geld aus unserer Rentenkasse genommen. Dieses Loch haben wir bis heute nicht wieder füllen können. Unter diesem Loch leiden die Rentner bis heute, weil deswegen die Renten-Nullrunden zugenommen haben. Und ich denke daran – das passt nämlich dazu –, dass 1986 noch ein Minister der CDU mit „blumigen“ Worten gesagt hat: „Die Rente ist sicher.“ Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war 1986, und nur drei Jahre später hat die damalige Bundesregierung diesen Rentenmissgriff getan. Die Alten sind nicht schuld, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Diese Vorwürfe, dass wir immer älter werden und dass es deswegen mit der Rentenversicherung nicht klappt, dass es mit der Krankenversicherung nicht mehr klappt, dass es mit der Pflegeversicherung nicht klappt, dass es mit der Arbeitslosenversicherung nicht klappt, muss sich die ältere Generation nicht gefallen lassen. Das ist billig, und es ist vor allem falsch.
Das darf man nicht tun.
Auch Sie sind ein bisschen älter, Herr Kollege, und sollten mir eigentlich Beifall klatschen, ich rede auch in Ihrem Namen. – Deswegen sage ich: Halten wir zusammen, lassen wir uns nicht auseinanderdividieren. Nur gemeinsam können wir die Probleme, die wir im Augenblick in dieser Gesellschaft haben, lösen und zur Zufriedenheit aller in die Zukunft gehen.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will eines vorweg feststellen. Und das ist, glaube ich, ganz wichtig, und wir sagen das, hoffe ich, parteiübergreifend – bei den GRÜNEN war ich mir jetzt eben nicht so ganz im Klaren –: Die Vorfälle in Herzogau sind nicht symptomatisch für die bayerische Polizei.
Ich meine, sagen zu können: Ich kenne die bayerische Polizei so gut, dass ich weiß, dass das wirklich ein Ausnahmefall ist. Um es einmal mit einem Beispiel darzustellen: Die bayerische Polizei hat eine völlig saubere Uniform; da ist jetzt ein Fleck draufgekommen. – Für die Münchner: Ich habe nicht gesagt, dass da Läuse reingekommen sind, nicht dass ein falscher Eindruck entsteht. – Da ist ein Fleck draufgekommen, und wir müssen uns darüber unterhalten, wie wir diesen Fleck wieder entfernen.
Ich will den ganzen Fall zusammenfassen, weil er eigentlich nur dann erklärlich wird, wenn man weiß, wie das so in bestimmten besonderen – ich will nicht sagen: Eliteeinheiten, aber in – besonderen Einheiten zugeht, was da passieren kann. Als ich diesen anonymen Brief gelesen habe, ist mir aus meiner eigenen Militärzeit bei den Fallschirmjägern klar geworden, was da abgelaufen ist: Da ist wieder so eine kleine, in sich geformte Gruppe, die meint, sie sei Elite – dabei ist der Hund die Elite, sage ich mal, und nicht der Hundeführer –, und dieses Elitedenken hat. 320 Beamte, eine kleine Gruppe in einer abgelegenen Dienstschule. Die liegt da oben an der tschechischen Grenze und ist ohne Dienstaufsicht. Kollege Weiß weiß, wie wichtig Dienstaufsicht ist. Die Dienstaufsicht war an der österreichischen Grenze, 300 Kilometer durch Bayern hindurch entfernt. Die waren völlig auf sich allein gestellt da oben, die haben machen können, was sie wollen.
Ich sage, Herr Minister: Respekt, man merkt, dass Sie auch gedient haben, dass Sie gleich mal diesen Dienstaufsichtsstrang dort hergestellt haben nach SulzbachRosenberg und damit dafür gesorgt haben, dass jetzt eine ordentliche Dienstaufsicht stattfindet. Die mangelnde Dienstaufsicht war einer der Hauptfehler, die wir bei dieser Schule gehabt haben.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es für mich durchaus nachvollziehbar, dass es zu diesen Auswüchsen hat kommen können. Also: Es sind ja nicht nur diese maroden Bauverhältnisse an der Schule, sondern es sind insgesamt sieben Vorwürfe, die wirklich schwer wiegen, nämlich die sexistischen Äußerungen und Beleidigungen gegenüber Polizeibeamtinnen, das Gewährenlassen von Auftritten von Prostituierten und Striptease-Tänzerinnen – da gibt es ja jetzt anscheinend schon mehr als zwei Fälle –, Tierquälerei, Insidergeschäfte, rechtsextremistische Äußerungen, Initiationsriten – also diese Aufnahmeprüfungen, Hundeführertaufen – und Alkoholexzesse.
Wenn ich das alles nehme: Das ist eigentlich der Stoff, aus dem schlechte Romane geschrieben werden. Das hat alles einen Hintergrund. Und wir haben festgestellt, dass das mit den Prostituierten und Striptease-Tänzerinnen richtig gewesen ist. Ich meine damit, dass die Behauptung richtig gewesen ist.
Das wird wahrscheinlich mehr in Regensburg sein, wie ich die Verhältnisse dort kenne.
Und dann haben wir auf der anderen Seite auch festgestellt, dass diese Aufnahmeprüfungen stattgefunden haben. Mich hat gestern sogar ein Hundeführer angerufen und hat mir erklärt, dass das toll sei, so eine Prüfung, und dass keiner was dagegen gehabt hat.
Ich meine – das hat der Innenminister richtig gesagt –, das geht an die Würde des Menschen. Wer diese Bilder gesehen hat, wie Hundeführer am Halsband auf dem Boden herumgekrabbelt sind und aus Hundenäpfen getrunken haben, liebe Kolleginnen und Kollegen, da ist eine Grenze überschritten. Da ist man erstaunt, dass bei bayerischen Polizeibeamten – wenn das auch nur vereinzelt der Fall ist – so etwas passieren kann.
Wir haben mit diesem Dringlichkeitsantrag, den wir gestellt haben, erreicht, was wir wollten. Heute ist ein Bericht gegeben worden. Herr Innenminister, Sie haben gesagt, dass es auch einen Bericht im Innenausschuss geben wird. Sie bestätigen dies durch Ihr Nicken. Deshalb erkläre ich für die SPD-Fraktion, dass wir diesen Antrag für erledigt erklären. Den Antrag der GRÜNEN werden wir ablehnen, wie das Herr Kollege Schuster schon ausgeführt hat. Hier kommt mir zuviel Polizeifeindlichkeit durch. Das ist Ihr Problem. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Nachdem ich die ersten beiden Beiträge in der Debatte gehört habe, habe ich den Eindruck, hier gäbe es eine schwarze Metropolregion und eine grüne Metropolregion, und wir würden jetzt eine rote Metropolregion vorschlagen.
Es gibt nur das schwarze Loch. Das ist Ihnen doch bekannt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht zunächst einmal um den Grundgedanken einer Metropolregion. Zu diesem Grundgedanken spreche ich hier als Abgeordneter des Landkreises München, der einer der wichtigsten Partner der Metropolregion München ist. Ich sage das, weil es den meisten unbekannt ist. Der Landkreis München hat 300 000 Einwohner. Wir sind die drittgrößte bayerische Kommune nach München und Nürnberg. Das ist nicht Augsburg oder Ingolstadt, wie manche denken.
Im Ranking von 2006 stehen wir als Landkreis München im Vergleich der Wirtschaftskraft deutscher Landkreise und Städte auf Platz 10, München steht auf Platz 24 und Augsburg auf Platz 145. In der Prognos-Zukunftsstudie wird der Landkreis München, was die Zukunftsfähigkeit betrifft, auf Platz 1 gesetzt. Wenn ich daran denke, was Herr Pschierer gesagt hat bezüglich Universitäten, Entwicklung, Wissenschaft und Erneuerung, dann kann ich nur sagen: Der Landkreis München ist der wichtigste Partner. Das drückt sich auch in harten Zahlen aus, zum Beispiel beim Bruttoinlandsprodukt. Der Landkreis München hat ein Bruttoinlandsprodukt von 85 000 Euro pro Einwohner. Das ist der höchste Wert in ganz Deutschland. München hat 53 000 Euro und Augsburg 40 000 Euro. Wenn also meine Augsburger Kollegen – gleich welcher Couleur – behaupten, dass sich Augsburg in die Metropolregion München als zweitstärkste Kraft einbringen will, dann stimmt das nicht.
Die zweitstärkste Kraft ist der Landkreis München. Die Augsburger sind aber herzlich willkommen, bei uns mitzumachen.
Wir sollten über die wesentlichen Dinge, um die es bei der Metropolregion geht, diskutieren. Es geht um Wirtschaft. Es geht um Wissenschaft. Es geht um Gesundheit, und es geht um Mobilität. Zu den ersten Themen wurde schon viel gesagt. Dazu hat jeder seine eigene Meinung. Ihnen, Frau Bause, muss ich widersprechen; denn es geht auch um Mobilität und darum, dass eine Metropolregion erreichbar ist. Ich fange mit dem Zug an. Die Franzosen haben die TGV-Strecke von Paris nach Straßburg ausgebaut. Das ist ein sagenhaft schneller Zug. Ab Straßburg nach München, Wien und Bratislava müssen wir auf die Postkutsche – um es bildlich auszudrücken – zurückgreifen. Hier fehlt die Mobilität, wie wir sie in Europa bräuchten.
Wenn wir eine Eisenbahn hätten, die den Anforderungen gerecht würde, könnten wir den gesamten Mittelstrecken-Flugverkehr in Europa einstellen. Die Forderung nach Mobilität gilt auch für den Flughafen München. Es kann nicht sein, dass wir die dritte Start- und Landebahn nicht bauen. Wenn Sie eine Metropolregion haben wollen, können Sie sich nicht mit einem „Popelfl ughafen“ begnügen.
Wir müssen international angebunden sein. Dazu gehört der Ausbau des Flughafens. Wir müssen auch überlegen, ob zum Beispiel der Südring um München vielleicht doch geschlossen werden kann, wenn umweltgerecht ein unterirdischer Tunnel gebaut wird. Wir sollten das zumindest untersuchen und nicht wie Sie schon jetzt die Bremspfosten einschlagen und fordern, dass das nicht untersucht werden dürfe. Das ist falsch. Wenn wir eine Metropolregion werden wollen, müssen wir verkehrsmäßig gut erschlossen sein.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. „Metropolregion“ heißt, dass wir den Arbeitsmarkt und die Infrastruktur stärken wollen. Diese Chance haben wir im Rahmen der Globalisierung nur mit den Metropolregionen. Die Metropolregionen können Wissenschaft, Ausbildung und Bildung ansammeln. Sie sind wichtig für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Sie sind für den Arbeitsmarkt in Deutschland wichtig.
Die momentan ablaufende Globalisierung können wir nicht verhindern, im Gegenteil: Jede Bundesregierung, schon beginnend mit Bundeskanzler Adenauer, hat die Globalisierung gewollt. „Globalisierung“ ist kein Schimpfwort. Wir wollten immer offene Grenzen. Wir wollten „Made in Germany“ stets ins Ausland tragen. Das kann aber keine Einbahnstraße sein. Das muss umgekehrt auch gelten, die Grenzen müssen offen sein. Globalisierung heißt, dass wir uns dem Wettbewerb stellen müssen. Deutschland hat nur eine Chance, wenn wir wieder das Land der
Denker und Erfi nder werden. Da wir mit den Quantitätsarbeitsplätzen anderer Länder nicht konkurrieren können, brauchen wir Qualitätsarbeitsplätze, die wir am besten in Metropolregionen fi nden können. In diesem Sinne sollten wir ein schwarz-rot-grünes Band stricken, es um die Metropolregionen ziehen und auf diese Weise Wirtschaftspolitik betreiben.
Frau Heckner, jetzt, nach Ihrer Rede, meldet sich Kollege Pfaffmann noch zu einer Zwischenbemerkung.
Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD) (vom Redner nicht au- torisiert): Frau Heckner, Sie haben gesagt, dies sei eine scheinheilige Diskussion. Diesen Vorwurf gebe ich an Sie zurück. Was an dieser Fachakademie derzeit passiert, spottet jeder Beschreibung. Der Schuldirektor wird abgesetzt. Die Lehrer werden unter Druck gesetzt. Das geschieht aber doch nicht, weil wir regieren. Vielmehr haben Sie die Verantwortung für diese Schweinerei, die da momentan läuft.
Ich empfehle Ihnen: Bremsen Sie Ihre Kollegen.
Ich halte es nach wie vor für richtig, was ich im Ausschuss gesagt habe. Aber man muss mit der Situation leben und sie jetzt akzeptieren. Nachdem sich die Lehrer so entschieden haben, wie sie sich entschieden haben, darf die Konsequenz jetzt doch nicht sein, dass sie unter Druck gesetzt werden, damit die 80 % erreicht werden. Was da abläuft, ist eine Schweinerei.
Zur Frage der Finanzierung. Diese ganze Problematik ist nicht eine Problematik des Landkreises Mühldorf, sondern eine Problematik der bayerischen Bildungspolitik.
Warum haben wir denn 115 Verstaatlichungsanträge? – Weil Sie die Kommunen mit ihren Problemen an den Schulen allein lassen. Das gilt nicht nur für Mühldorf, sondern auch für alle anderen Schulen. Deswegen ist das Problem Mühldorf beispielgebend für andere.
Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Verstaatlichungsanträge schon nicht genehmigen wollen, dann erhöhen Sie wenigstens punktuell die Zuschüsse da, wo es Finanzierungsprobleme vor Ort gibt.
Übrigens ist das nicht ein Problem der Staatsregierung, sondern eines der Mehrheitsfraktion. Zwingen Sie Ihre Staatsregierung, ihre Aufgaben ernst zu nehmen, bevor Sie uns vorwerfen, wir führten eine scheinheilige Diskussion. Das schlägt doch dem Fass den Boden aus.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie müssen sich keine Sorgen wegen der Öffentlichkeit bzw. Nichtöffentlichkeit machen. Alles das, was ich jetzt vortrage, ist schon in der Zeitung gestanden, ist alles schon durch den Münchner Blätterwald gerauscht. Sie brauchen also kein schlechtes Gewissen zu haben.
Es handelt sich um einen Fall der verwaltungsmäßigen Einfl ussnahme und Steuerung seitens des Finanzministeriums zulasten der Gemeinde Grünwald. Das Pikante daran ist: Wir haben ein CSU-geführtes Finanzministerium und wir haben eine CSU-geführte Gemeinde. In diesem Fall stehen sich diese beiden Partner gegenüber. Einfl ussreiche Darsteller sind dabei eine Frau Dr. Bartenschlager, die die staatlichen Grundstücke in der Rodungsinsel Wörnbrunn gekauft hat und ein Beamter im Finanzministerium, Leitender Ministerialrat Dr. D. Dieser ist zufällig Wertungsrichter bei Reitturnieren, und die Käuferin ist zufällig Turnierreiterin. Da hat anscheinend wieder eine Wertung stattgefunden.
Das entscheidende Problem ist, dass die Gemeinde Grünwald diese staatlichen Grundstücke unbedingt kaufen wollte. Es hat ein Gespräch stattgefunden in der Gemeinde selber. Aufgrund dieses Gesprächs hat die Gemeinde einen Aktenvermerk angefertigt, das Finanzministerium nicht. Der Aktenvermerk sagt, dass das Finanzministerium keinerlei Angebote gemacht hat, diese Grundstücke durch die Gemeinde kaufen zu lassen. Später wird aber vom Finanzministerium behauptet, es habe der Gemeinde den Kauf angeboten. Die Gemeinde ist bereit, durch den Bürgermeister und den Bauleiter einen Eid zu schwören, dass das nicht der Fall gewesen ist.
Eine Gemeinderätin hat daraufhin eine Petition eingereicht und geschrieben: Die Beamten im Finanzministerium lügen.
Sie wissen, als Dienstvorgesetzter bin ich eigentlich verpfl ichtet, wenn so ein Vorwurf erhoben wird, diesen strafrechtlich zu verfolgen. Es steht sogar im Strafgesetzbuch, dass insoweit ein eigenes Antragsrecht des Behördenleiters besteht. Dies ist nicht erfolgt mit der Ausrede, da würde doch immer etwas hängen bleiben. Ich glaube auch, dass in diesem Fall etwas hängen bleiben würde.
Es ist also so, dass hier der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung seitens des Finanzministeriums aufgrund persönlicher Einfl ussnahme nicht erfüllt worden ist.
Ich will das nicht weiter ausführen, weil unsere Redezeit begrenzt ist. Aber wenn man den Gesamtzusammenhang betrachtet, gibt das, was da passiert ist, immer mehr ein Geschmäckle.
Und dieses Geschmäckle hat sich zu einem ziemlich starken Antigeschmack entwickelt, als mir der Kaufvertrag für dieses Grundstück zwischen dem Freistaat Bayern, vertreten durch das Finanzministerium, und Frau Bartenschlager zugespielt wurde. In diesem Kaufvertrag gibt es zwei Klauseln, die ich als Notar nicht nachvollziehen kann. Ich bin 36 Jahre Notar, habe umgerechnet etwa 100.000 Urkunden beurkundet – etwa 3.000 Urkunden im Jahr mal 36 ergibt sogar mehr – und glaube daher, dass ich mich in Verträgen auskenne. Ich habe diesen Kaufvertrag genau durchgelesen.
Es handelt sich dabei – bis auf den letzten Absatz – um einen ganz normalen Kaufvertrag. Im letzten Abschnitt werden also zwei Vereinbarungen getroffen, die das Geschmäckle zu einem Ungeschmack erweitern:
Erstens: Die Frau Bartenschlager hatte mit der Landesschule für Behinderte einen Vertrag abgeschlossen, dass sie auf dem gekauften Grundstück Reiten für Körperbehinderte ermöglichen wird. Das ist alles in Ordnung und auch förderungswürdig. Aber dieser Vertrag, der zwischen Fremden abgeschlossen worden ist, wird vom Finanzministerium als wesentlicher Bestandteil des Kaufvertrages – das müssen Sie sich einmal vorstellen! – übernommen; so steht es ausdrücklich drin. Sie wissen, „wesentlicher Bestandteil eines Kaufvertrages“ ist eine Säule des Kaufvertrages. Es gibt keine Erklärung dafür, außer dass gesagt würde, wir müssen auch sozial sein, es ist doch im Interesse des Staates, dass der Behindertensport gefördert wird. Es gibt keinen Anlass dafür, dass sich das Finanzministerium zum Vollzugsbeamten eines fremden Pachtvertrages macht und sich dann auch noch bereit erklärt, diesen zukünftig zu kontrollieren, weil Änderungen des Vertrages nur mit Zustimmung des Finanzministeriums möglich sind. Meine Damen und Herren, ich habe das noch nie erlebt.
Zweitens ist eine Verpfl ichtung enthalten, dass sich Frau Bartenschlager, der das Gasthaus Wörnbrunn schon gehört, verpfl ichtet, dieses Gasthaus wieder zu eröffnen und zehn Jahre zu betreiben. Welchen Sinn gibt es, dass das Finanzministerium die Dame verpfl ichtet, ein Gasthaus, das sie schon hat, wieder zu eröffnen und zu betreiben?
Zusammengefasst, weil die Redezeit abläuft: Es gibt einen ganz klaren Grund dafür, nämlich den, dass die Gemeinde erklärt hat, ein Vorkaufsrecht auszuüben. Sie können in jeder Fortbildungsschulung hören, dass solche Klauseln immer vereinbart werden, um das Vorkaufsrecht auszuhebeln; denn selbstverständlich kann die Gemeinde das Gasthaus nicht eröffnen und zehn Jahre betreiben, weil es ihr nicht gehört. Damit wollte man also – für einen Juristen, für einen Notar ganz klar – das Vorkaufsrecht der Gemeinde aushebeln.
Ich fasse zusammen und komme damit zum Ende: Die Gemeinde ist zweimal ausgetrickst worden: einmal beim Angebot, das sie nicht bekommen hat, und zweitens beim Vorkaufsrecht, das man verhindern wollte. Deswegen beantragen wir Würdigung.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte, um Missverständnisse zu vermeiden, ausdrücklich erklären, dass sich alle meine Ausführungen nicht auf Staatsminister Faltlhauser bezogen haben. Ich kenne Herrn Staatsminister Faltlhauser seit vielen Jahrzehnten und möchte hier ausdrücklich eine Ehrenerklärung für ihn abgeben.
Das Nächste, was ich bemerken möchte, ist ein Zitat aus einem Buch, Herr Faltlhauser, das Sie bereits vor 30 Jahren geschrieben haben: „Zustimmung und Mitwirkung zu Missverständnissen in der Parlamentsdiskussion“. Manche von Ihnen werden das gelesen haben. Ich zitiere:
Mancher Minister in Bayern hat nämlich eine stärkere Identität zu seiner Verwaltung als Identität zu seiner politischen Aufgabe. Politische Courage beweist sich nicht nur im Verhältnis Parlament zu Regierung, sondern auch im Verhältnis der politischen Spitze zur Verwaltung. Hier gibt es in Bayern noch Verbesserungsmöglichkeiten.
Lieber Herr Faltlhauser, Sie haben das zwar vor 30 Jahren geschrieben, es hat sich aber nichts geändert.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als erstes möchte ich dagegen protestieren, dass die Redezeit bereits angelaufen ist, obwohl ich noch nicht gesprochen habe. Das hat ungefähr 15 Sekunden gekostet. – Das zur Geschäftsordnung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundesnachrichtendienst hat seinen Sitz in Pullach, das im Landkreis München liegt. Ich komme aus dem Landkreis München. Genau mir gegenüber sitzt der örtlich zuständige CSUAbgeordnete, mein geschätzter Kollege Kupka. Es wundert mich, dass nicht Kollege Kupka sondern Kollege Kreuzer geredet hat, der von Kempten aus sicherlich nicht genau beurteilen kann, wie die Lage vor Ort ist – weil alles sehr geheim ist.
Dieses Verhalten ist für die gesamte Diskussion symptomatisch. Herr Haedke, der sich früher schon eingesetzt hat, behauptete, er sei für den Münchner Süden zuständig, kommt aber aus dem Süden der Stadt München, Herr Gauweiler kommt aus derselben Richtung und auch Jerzy Montag.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine Allianz von „Süd-Abgeordneten“. Wenn ich das aber genau betrachte, setzen sich alle für die Villenbesitzer des BND ein, die dort in der Gegend ihre Häuser haben.
Nein, mir fehlen sowieso schon 15 Sekunden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen – ich meine das ganz ernst –, hier werden Interessen von Leuten vertreten, denen es sehr gut geht und die dort ihre Prachtvillen haben. Aber die Häuslebesitzer, die Bürger in Pullach werden nicht gefragt. Die müssten man fragen, und auch die Parteien und die örtliche CSU müsste man fragen. Ich habe es getan. Wenn Sie die Stimmung in Pullach undercover – das ist für Pullach spezifi sch – eruieren, wird Ihnen klar gesagt, dass man keinen Wert darauf lege, dass der BND in Pullach bleibt. Für die Bürger von Pullach war der BND immer ein Fremdkörper. Die Gemeinde Pullach hatte vom BND keinerlei Nutzen.
Der BND hat die Ortsentwicklung behindert, und durch ganz Pullach zieht sich eine lange schreckliche hohe Mauer, die jeglichen Kontakt innerhalb von Pullach verhindert. Man kann nur sagen: Die Bürger von Pullach sind froh, wenn der BND weg kommt. Typischerweise gibt es auch keinen Gemeinderatsbeschluss. Erinnern Sie sich an die Kasernenverlegungen. Dazu haben viele Gemeinderäte Beschlüsse gefasst. In Pullach gibt es keinen Gemeinderatsbeschluss, der BND möge erhalten bleiben. Auch das sollte Sie zum Nachdenken bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich hinzufügen: Die BND-Angehörigen sind Bundesbeamte. Tausend davon sind bereits umgezogen. Ich erinnere, was bei
der Bundeswehr passierte. Dort gab es drei Heeresstrukturreformen. Es wurden Kasernen geschlossen. Soldaten mit niedrigen Dienstgraden und ihre Familien mussten umziehen. Es hat vor allem die Unteroffi ziere und nicht die hohen Beamten getroffen, wie in Pullach.
Dazu, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, erinnere ich Sie daran, dass die CDU/CSU-Regierung die erste Heeresstrukturreform gemacht hat, mit der SchleswigHolstein von der Bundeswehr entvölkert wurde. Also keine Vorwürfe. Dann war Bayern dran. Das ist nur gerecht.
Ich meine, es gibt keinen Grund, sich für die Bundesbeamten des BND einzusetzen. Entscheidend ist lediglich, dass die Sozialverträglichkeit gegeben ist. Deswegen haben wir mit dem Personalrat gesprochen. Er ist mit dem Umzug ab 2012 einverstanden, weil er dies als sozialverträglich erachtet.
Darauf haben sich viele eingestellt. Ich würde sagen, wir sollten insoweit die Kirche im Dorf lassen.
Herr Kreuzer hat das Kostenargument gebracht. Hier gibt es einen großen Streit, wie viel das Ganze wirklich kostet, 1 Milliarde Euro, 1,5 Milliarden Euro oder 2 Milliarden Euro. Man muss aber auch sehen, wenn ein Transrapid gebaut werden soll, dann stören Sie Kosten von 2 Milliarden Euro überhaupt nicht. Daran sollten Sie denken, wenn Sie so tun, als ob es ungeheuer wäre, was da passiert. Ich kann nur sagen, über die Kosten ist noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden. Hier sehe ich auch nicht die großen Probleme.
Herr Kreuzer, Ihr anderes Argument – das steht so im Antrag – war die Verschlechterung der Sicherheitslage, die Schwächung der Auslandsaufklärung und die ernsthafte Beeinträchtigung der Arbeit des BND. Herr Kreuzer, ich weiß nicht, wie viele sich hier im Hause in der Undercover-Sicherheitspolitik auskennen, aber das, was Sie hier behaupten, ist schlichtweg falsch. Gerade die Teilung des BND, wie wir sie im Augenblick haben, gefährdet die Arbeit des BND. Gerade ein so sicherheitsempfi ndlicher Betrieb muss zusammenstehen und an einem Ort seine Zentrale haben. Das, was wir im Augenblick haben, ist das Gefährlichste von allem, weil viel mit technischen Mitteln kommuniziert werden muss, von denen wir wissen, dass sie von Hackern leicht eingesehen werden.
Ich sage weiter, wenn die Argumente von Herrn Kreuzer richtig wären, dann hätten wir kein einziges Ministerium von Bonn nach Berlin verlegen dürfen. Dieselben Argumente gelten auch in diesem Fall. Das kann nicht richtig sein, Herr Kreuzer.
Im Übrigen geht es um eine Bundesangelegenheit. Sie wissen ganz genau, hier haben wir im Landtag überhaupt nichts mitzuschnabeln. Ich weiß gar nicht, weshalb Sie überhaupt den Antrag stellen. Das ist Bundesangelegenheit. Wenn Sie schon von Demotivation reden, dann sollten Sie lieber vor der eigenen Tür kehren. Wenn Sie zum Beispiel in Bayern die Arbeitszeit der Polizeibeamten auf 42 Stunden verlängern, dann demotivieren Sie Beamte
und schwächen die Sicherheit. Das ist gefährlich für die Sicherheit.
Es wäre besser, Sie würden sich um Ihren eigenen Bereich kümmern und sich nicht um die Geheimdienstbeamten in Pullach sorgen.
Ich sagte, und damit komme ich zum Schluss – –
Lieber Herr Kollege, Sie sollten Gottes Namen nicht freveln.
Ich sagte, es ist Bundesangelegenheit. Die Entscheidungen, die von der alten Bundesregierung getroffen wurden, sind jetzt bestätigt worden. Frau Merkel und das Bundeskanzleramt haben ganz klar gesagt, es wird verlegt. Wenn ich Ihren Dringlichkeitsantrag ansehe, stelle ich fest, dass Sie Ihre Ablehnung bekräftigen. Herr Kreuzer, hören Sie zu.
Kann mir das von der Redezeit abgezogen werden?
Herr Kreuzer, Sie haben einen Antrag gestellt, in dem Sie Ihre Ablehnung bekräftigen. Sie haben auch erwähnt, dass Sie bereits zwei Dringlichkeitsanträge gestellt haben. Diese stammen vom 06.05.2003 und vom 11.02.2004 – also zeitlich neue Dringlichkeitsanträge – und sind beide auf ein Verhindern der Verlagerung des BND nach Berlin gerichtet. Die Anträge sind hier mit Ihren Stimmen beschlossen worden. Es gibt also zwei Dringlichkeitsanträge, die sich jüngst mit dem Thema beschäftigt haben. Jetzt frage ich Sie, Herr Kreuzer: Warum haben Sie das Thema eigentlich nicht in die Koalitionsverhandlungen eingebracht? Das wäre doch der richtige Ort gewesen.
Vor einem halben Jahr haben Sie die Chance gehabt, Ihr Anliegen durch den Ministerpräsidenten und Ihre hochrangigen Vertreter in der Verhandlungskommission in den Koalitionsvertrag einzubringen. Sie haben doch sogar den Transrapid in einem Satz erwähnen lassen. Ich frage Sie: Wieso steht dort nichts vom BND? Warum müssen wir uns im Landtag mit diesem Thema beschäftigen? – Das ist unglaublich. Es gibt zwei Dringlichkeitsanträge, die in der Staatskanzlei eingelaufen sind, sodass sie der Ministerpräsident kennt, aber in den Koalitionsverhandlungen in Berlin bleiben Sie bei der Frage, wo der BND hin soll, stumm. Herr Kreuzer, es ist fast eine Unverschämtheit, uns heute noch einmal einen solchen Antrag vorzulegen.
Ich bin der Meinung, das ist ein reiner Schaufensterantrag für die Villenbesitzer in Pullach, der nicht sachgerecht und dazu überholt und verspätet ist, weswegen Sie ihn am besten zurückziehen sollten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe deswegen gegen diesen Dringlichkeitsantrag gestimmt, weil der bayerische Staatsminister des Innern keinen nachvollziehbaren, vernünftigen Grund dafür angeben konnte, dass er in den Koalitionsverhandlungen in Berlin vor einem halben Jahr den BND-Umzug nicht so zum Thema gemacht hat, dass dieser Umzug verhindert worden wäre, obwohl er erstens als Minister in Bayern für diese Frage zuständig ist und zweitens die beiden vorhergehenden Dringlichkeitsanträge aus den Jahren 2003 und 2004 gekannt hat. Ich bin der Meinung, er hat, weil der Landtag so beschlossen hatte, seine Pfl ichten als Minister insoweit verletzt.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche als Mitglied des Vorstandes der SPD-Landtagsfraktion. Die SPD will damit klarstellen, wie wichtig sie die angesprochenen Themen
nimmt, dass die innere Sicherheit obersten Stellenwert hat und ein wichtiges Thema der politischen Arbeit der SPD darstellt. Deswegen sind wir der Meinung, dass über dieses Thema nicht häufig genug geredet werden kann.
Ich verbinde die Eingangsbemerkung mit dem Dank an alle Sicherheitsbehörten, insbesondere der Polizei und dem Verfassungsschutz in Bayern. Die Kolleginnen und Kollegen, die heute als Zuhörer anwesend sind, wissen, dass das keine Lippenbekenntnisse der SPD sind, sondern dass wir an ihrer Seite stehen und sie engagiert unterstützen und fördern.
Ich sage das vor folgendem Hindergrund: Ich bin Offizier der Reserve und wurde später im Bayerischen Landtag mit der Polizeiarbeit und den Problemen der inneren Sicherheit betraut. Ich erinnere mich an die Sechzigerjahre. Damals war die äußere Sicherheit ein großes Problem, während über die innere Sicherheit so gut wie nicht gesprochen wurde. Heute ist es umgekehrt. Heute ist die äußere Sicherheit kein Problem mehr für uns, sondern die innere Sicherheit. Dass wir die großen Probleme der inneren Sicherheit so gut bewältigen – nicht nur in Bayern sondern in ganz Deutschland – ist letztlich der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden zu verdanken. Durch meine langjährige Arbeit mit der Polizeiabteilung im Innenministerium und der guten Zusammenarbeit nicht nur mit Herrn Kindler, sondern auch mit seinen zahlreichen Vorgängern, weiß ich, dass dort herausragende Arbeit geleistet wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, da Staatsminister Dr. Beckstein die Arbeit der Sicherheitsbehörden so gelobt hat, muss ich die Vorschläge der Staatsregierung zum Haushalt und zur Organisationsreform hinterfragen. Ich will jedoch nicht im Einzelnen darauf eingehen – das wird Kollege Stefan Schuster machen. Zum Horrorkatalog Einsparen von Planstellen, Verlängerung der Wochenarbeitszeit, Verlängerung der Lebensarbeitszeit bleibt mir nur festzustellen: Man soll die Kuh nicht quälen, die man melken will.
Man sollte Reformen im vernünftigen Maße betreiben. Was jetzt vorgesehen ist - dazu wir Abgeordneter Schuster etwas sagen – ist der guten Arbeit der Sicherheitsbehörden nicht angemessen.
Ich komme zum ersten Thema, das der Innenminister angesprochen hat, nämlich zur EU-Osterweiterung. Alle Verlautbarungen des Innenministers und der Spitze der CSU-Fraktion besagen, man erwarte nicht, dass am 01.05.2004, wenn die zehn neuen Länder der EU beitreten werden, gravierende sicherheitspolitische Veränderungen auftreten werden. Ich nehme das zur Kenntnis. Aber ich musste im “Donaukurier“ vom 21.04.2004 und ähnliches in der „Augsburger Allgemeinen“ vom selben Tag lesen, die Ängste der Bevölkerung vor einer krassen Zunahme der Kriminalität nach der EU-Osterweiterung würden die
CSU umtreiben. Kollege Donhauser hat sich gestern mit einer Mündlichen Anfrage nach der Sicherheitslage in der Oberpfalz nach der EU-Osterweiterung erkundigt.
Welches Spiel wird hier gespielt? – Eigentlich hat die Bevölkerung aufgrund der Erfahrung der letzten Beitritte keine so großen Ängste, wie dies suggeriert wird. Fest steht, dass nach den letzten vier EU-Erweiterungen die Kriminalität nicht signifikant angestiegen ist. Zwar stieg die Kurve der Ladendiebstähle vorübergehend leicht an. Trotzdem kann man nicht behaupten, dass sich die Sicherheitslage innerhalb der EU durch die Erweiterung verschlechtert haben. Dies wird auch jetzt so sein, wie das Innenministerium sagt.
Warum werden dann die Ängste der Bevölkerung geschürt, indem man behauptet, man nehme die Befürchtungen der Bevölkerung auf? – Ich erinnere mich daran, dass wir dieses Spiel schon einmal hatten, nämlich als Österreich der EU beigetreten ist. Damals schürte der Innenminister die Ängste, indem er behauptet hat, die Österreicher seien noch nicht so weit, und wir müssten wegen der Grenzöffnung Angst haben. Es wurde also die Angst geschürt, um später den Retter spielen zu können. Damals wurde das in Form der Schleierfahndung getan – gegen die ich nichts einzuwenden habe.
Ich möchte wegen der Ängste folgenden Sachverhalt darstellen, weil er eine große Rolle bei der Sicherheit spielt. Zunächst ist ein Unterschied zwischen der objektiven Sicherheitslage und dem subjektiven Sicherheitsgefühl der Bürger festzustellen. Die objektive Sicherheitslage in Deutschland – das ist unumstritten – ist gut. Deutschland ist das sicherste Land. Und innerhalb Deutschlands ist Bayern ein sehr sicheres Land. Wir leben also in einem hervorragenden Sicherheitszustand. Niemand muss Angst haben, wenn er abends alleine nach Hause geht.
Nicht no no, denn ich erzähle Ihnen folgendes Beispiel.
Sie können sich sicherlich an Herrn Dr. Gauweiler erinnern, der in München diese Ängste anlässlich einer Kommunalwahl, bei der er zur Debatte stand, geschürt hat. Er behauptete, man könne abends nicht alleine mit der SBahn nach Hause fahren. Daraufhin machten sich zwei attraktive Redakteurinnen auf den Weg und fuhren bis spät nachts mit der S-Bahn quer durch München, und sie wurden kein einziges Mal angepöbelt. Ich will damit sagen, dass die objektive Sicherheitslage gut ist, das objektive Sicherheitsgefühl, insbesondere der deutschen Bürger, damit aber nicht übereinstimmt.
Die Forschungsgruppe Kriminologie des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg hat das Sicherheitsgefühl der Menschen in ganz Europa untersucht. Es wurde festgestellt, dass die deutsche Bevölkerung die meiste Angst hat, Opfer einer Straftat zu werden. Es waren über 50 %. Die anderen europäischen Länder liegen weit dahinter. In Frankreich ist es jeder Dritte, obwohl es in Frankreich viel gefährlicher ist. In den weiteren Ländern ist die subjektive Angst wesentlich geringer. Diese interessante kriminologische Untersu
chung zeigt also deutlich auf, dass das Sicherheitsempfinden und -bedürfnis bei der deutschen Bevölkerung besonders hoch ist. Dieses, lieber Herr Beckstein, mache ich Ihnen zum Vorwurf.
Das mache ich auch Ihrem Haus zum Vorwurf. Sie schüren die Ängste der deutschen Bürger – denn Sie wissen natürlich, was ich gerade gesagt habe –, indem Sie davor warnen und davor warnen lassen, dass durch Beitritte zur Europäischen Union die Kriminalität ansteigen könnte. Sie schüren damit die Ängste der Grenzlandbevölkerung.
Im zweiten Takt – taktisch sind Sie sehr klug in der Sicherheitspolitik – kommen Sie als Retter daher und sagen: Wir machen, wir sorgen dafür, dass Sie trotzdem sicher leben können. Ich halte das nicht für richtig, Herr Innenminister. Ich bin der Meinung, dass Sie auf Schwachstellen in der inneren Sicherheit hinweisen müssen, dass es Ihre Aufgabe ist, die innere Sicherheit zu stabilisieren. Es ist aber nicht Ihre Aufgabe, Angst zu machen. Das sollte wirklich aus der Sicherheitspolitik herausgehalten werden, das sollten Sie nicht weiter betreiben.
Damit komme ich zum Hauptthema Ihres Vortrages, nämlich die Terrorismusbekämpfung. Dort spielt das auch eine Rolle. In der Beurteilung der Ausgangslage, Herr Minister, stimmen wir mit Ihnen überein – das haben Sie selbst so gesagt, aber ich betone es noch einmal. Wir sind uns darüber einig, dass es für Deutschland eine abstrakte Gefährdung gibt, aber keine konkrete Gefährdung. Deutschland ist nach wie vor für den Terrorismus, vor allem den arabischen oder den islamischen Terrorismus Ruhe- und Vorbereitungsraum. Die Möglichkeit besteht zwar, dass Deutschland auch Ausführungsraum für terroristische Gewalttaten wird, aber konkrete Anhaltspunkte dafür liegen derzeit nicht vor. Hier betreiben Sie dasselbe Spiel; ich muss nur Ihre gesamten Ausführungen lesen und hören, was Sie zum islamischen Terrorismus gesagt haben. Ich muss feststellen, dass Sie zahlreiche Einzelbeispiele anführen, um mit deren Summierung wiederum Ängste zu schüren, um aufgrund dieser Ängste bestimmte Gesetzesänderungen zu fordern. Mit diesen Einzelbeispielen, mit denen Sie die Ängste schüren, betreiben Sie Politik, indem Sie so tun, als ob die Bundesregierung ihre Hausaufgaben nicht machen würde, und fordern damit das Sicherheitspaket III. Wenn ich das Sicherheitspaket III genau analysiere – Sie haben nur einen Teil davon ausgeführt – und das hinterfrage, dann muss ich sagen: Das ist menschlich nicht sauber, was Sie da machen. Sie haben selbst teilweise eingeräumt, dass vieles schon aufgenommen ist.
Ich nenne als Beispiel die so genannte Gefährderausweisung. Sie sagen, wir müssen Terroristen schon dann ausweisen dürfen, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass so etwas passieren soll. Wir sagen, dass Tatsachen belegen müssen, dass so etwas passieren soll; das ist ein kleiner Unterschied. So steht es auch im § 8 Absatz 1 Nummer 5 des Ausländergesetzes, in dem es um die Erteilung der Einreisegenehmigung geht. Dasselbe wollen wir auch bei der Abschiebung haben, wie Sie selbst gesagt haben. Sie wissen aber selbst ganz genau, dass in den Verhandlungen über das Zuwanderungsge
setz dieser Punkt besprochen worden ist. Sie wissen ganz genau, dass die Koalition, also beide Parteien, der Meinung sind, dass dies so aufgenommen werden soll. Das liegt mir vor. Die Koalition hat sich darauf verständigt, dass man darüber reden kann. Es geht im Grunde nur um eine Wortwahl, um Kleinigkeiten. Es geht darum, ob es heißen soll „Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen“ oder „wenn Tatsachen belegen“, wie es im Ausländergesetz steht.
Für den sicherheitspolitischen Laien klingt es zunächst erschreckend, was Sie gesagt haben. Aber beim Hinterfragen stimmt das nicht ganz. In der Diskussion über das Zuwanderungsgesetz wurde das diskutiert. Sie werden sehen, man wird zu dieser Einigung kommen, die Sie angefragt haben. Dasselbe gilt für die Regelanfrage beim Verfassungsschutz im Einbürgerungsverfahren. Es ist in Verwaltungsvorschriften geregelt, dass eine Regelanfrage erfolgt. Herr Beckstein fordert ein Gesetz. Er sagt das aber nicht so. Er fordert überhaupt die Regelanfrage, sodass dem Bürger vor Augen steht, da findet überhaupt keine Anfrage statt, da kann jeder eingebürgert werden, der einen terroristischen Hintergrund hat. Das ist aber nicht so.
Wie man sieht, sind es Kleinigkeiten, über die diskutiert werden. Wenn man sie aber richtig aufbauscht, machen Sie den Bürgern Angst. Dasselbe gilt für das Vereinsgesetz. Sie wissen, dass Bundesinnenminister Schily das Vereinsgesetz dahingehend geändert hat, dass Ausländervereine dann verboten werden können, wenn sie extreme Absichten verfolgen. Das ist im jetzigen Gesetz schon enthalten und wird konsequent angewandt. Die Erfolge sollten wir nicht klein reden. Sie tun das, indem Sie solche Forderungen erheben. Sie tun so, als ob keine Erfolge da wären. Das stimmt aber nicht. Sie wissen auch, dass wir im Augenblick ein gerichtliches Verfahren haben, das AlAksa-Verfahren, in dem alles auf dem Prüfstand steht. Wir müssen abwarten, was dabei herauskommt, was die Richter sagen. Dann werden wir uns weiter darüber unterhalten, ob Verschärfungen notwendig sind.
Sie reden dann noch über den Informationsaustausch zwischen den deutschen Sicherheitsbehörden. Sie haben es selbst erwähnt: Bayern leistet Widerstand gegen die Einrichtung eines nationalen Lageanalysezentrums, eines Zentrums, in dem die Informationen zusammenfließen sollen. Bayern hat zu all diesen Bestrebungen sein Veto eingelegt. Sie fordern aber ein nationales Informationszentrum. Ich muss sagen: So darf man nicht argumentieren. Der Bundesinnenminister ist auf einem sehr guten und richtigen Weg und versucht, Informationen zusammenzuführen. Er versucht, eine nationale Lageanalyse erstellen zu lassen. Im Bundesrat verweigern Sie aber Ihre Zustimmung dazu. Das ist nicht ganz sauber.
Deshalb meine ich: Sie gehen wieder den Weg, Ängste zu schüren, die Bürger zu erschrecken; dann kommt Herr Beckstein, zieht sich selbst an den Haaren heraus und tritt als Retter der Nation bei der inneren Sicherheit auf. Das geht nicht.
Damit bin ich bei Ihrer weiteren Forderung in diesem Bereich: die Einbindung der Bundeswehr in die Bekämpfung von Kriminalität, vor allen Dingen von Terrorismus. Was ich eben gerade gesagt habe, Herr Dr. Beckstein, das haben Sie auch selbst besonders betont. Die Wahrnehmung der originären polizeilichen Aufgaben ist Sache der Länder; das muss man als Grundsatz festhalten. Das ist einer der großen Bausteine des Föderalismus neben der Bildungspolitik, dass wir dort autark und selbst zuständig sind. Auch wenn die terroristischen Bedrohungen so groß sein mögen, wie Sie gesagt haben, dann darf man trotzdem nicht von der lange bewährten Trennlinie zwischen polizeilichen und militärischen Aufgaben abweichen. Das ist ein Grundsatz, der verfassungsrechtlich eindeutig ist und – wie ich meine – von dem es keine Abweichung geben darf. Das Grundgesetz räumt uns schon genügend Möglichkeiten ein, vor allem Artikel 35. Wir haben genügend Möglichkeiten, die Bundeswehr auf Anforderung einzusetzen. Ihre Beispiele aus Frankreich oder Spanien gehen daneben. Sie wissen ganz genau, dass Artikel 35 des Grundgesetzes erlaubt, dass die Bundeswehr zur Verhinderung eines konkret bevorstehenden Unglücksfalles eingesetzt werden kann. Sie argumentieren aber wieder juristisch: Das stehe dort nicht ausdrücklich drin. Wenn Sie den Gesetzestext des Artikels 35 Absatz 2 des Grundgesetzes genau lesen, dann werden Sie feststellen, dass es keinen Sinn haben kann, dass die Bundeswehr erst abwartet, bis ein Unglücksfall eingetreten ist, um dann erst einzugreifen. Alle Verfassungsrechtler sind sich einig, dass sie auch einen konkret bevorstehenden Unglücksfall verhindern kann, zum Beispiel einen bevorstehenden Dammbruch. Die Bundeswehr muss nicht warten, bis der Damm überspült wird, sondern sie kann schon vorher Sandsäcke legen. Dasselbe gilt für den von Ihnen angesprochenen ABC-Schutz. Im Wege der Amtshilfe kann die Bundeswehr, wenn ein ABC-Notfall vorliegen würde, selbstverständlich ihren ABC-Trupp einsetzen.
Ich kann nur sagen: Es gibt eigentlich keinen Anlass für eine Grundgesetzänderung. Die Sachlage und die Rechtslage sind eindeutig; die Bundeswehr kann in diesen Fällen eingreifen. Ich sage noch eines, Herr Dr. Beckstein: Sie fordern auch, die Bundeswehr müsse neu gegliedert werden. Sie wollen nicht nur eine Organisationsreform im eigenen Hause machen, Sie wollen auch eine Organisationsreform bei der Bundeswehr haben.
Sie wollen nämlich den Heimat- und Territorialschutz in Form einer Nationalgarde neu aufbauen. Dazu fällt mir Folgendes ein: Auf der einen Seite wollen Sie in Bayern Planstellen streichen, auf der anderen Seite wollen Sie diese Stellen anscheinend mit Bundeswehrkräften ausgleichen. Das geht nicht, Herr Beckstein. Das ist kein Föderalismus.
Sie können nicht auf der einen Seite Organisationsreformen durchführen, um weniger Polizei zu haben und auf der anderen Seite sagen, da kann ich mir doch raushelfen, indem ich einfach den Heimatschutz anfordere. Auch der Heimatschutz ist Territorialschutz. Ich glaube, auch Sie haben darin gedient. Ich jedenfalls habe das lange Zeit getan. Der Territorialschutz ist nicht dafür da, die innere Sicherheit zu gewährleisten. Er kann Aufgaben wahrneh
men, die ihm das Grundgesetz im Rahmen der Bundeswehr zuerkennt. Es kann aber nicht sein, dass Sie die Grenzen zwischen Bundeswehr und Polizei aufbrechen, indem Sie den Heimatschutz und eine Nationalgarde einführen und sagen, die können dann auch noch Polizeiaufgaben machen, wenn es bei uns nicht mehr reicht. Das würde bedeuten, bei der nächsten Sicherheitskonferenz in München hätten wir den Heimatschutz statt der Polizei. Das wäre ein schlechtes Zeichen.
Damit bin ich bei der letzten Forderung, die Sie für die Bundeswehr haben. Ich konnte es gar nicht glauben und musste es dreimal lesen. Ich kann gar nicht glauben, was Ihr Haus Ihnen in Ihre Rede hineingeschrieben hat. Ich würde gerne wissen, wer das gewesen ist. Dort steht doch tatsächlich, dass die Bundeswehr die Fußballweltmeisterschaft 2006 bewachen soll. Meine Damen und Herren, wenn ich mir diese Forderung bildlich vorstelle: Wir haben das Eröffnungsspiel in München und ich muss nicht durch eine Polizeikontrolle, sondern durch eine Kontrolle von Bundeswehrsoldaten. Da stehen dann meine Kameraden von der Bundeswehr mit ihrem Gewehr und bewachen das Stadion.
Können Sie sich das vorstellen? Können Sie sich vorstellen, dass man tatsächlich Bundeswehreinheiten einsetzt, um die Fußballweltmeisterschaft zu bewachen?
Nein, Herr Beckstein, das ist mit uns nicht zu machen. Es sollen doch friedliche Spiele sein. Friedliche Spiele aber gehören durch die Polizei bewacht und nicht durch militärische Einheiten.
Wenn ich all das zusammenfasse und frage, wie wir weiter gegen den Terrorismus vorgehen wollen, dann verweise ich auf das Programm der Bundesregierung, die so genannte Antiterrorstrategie der Bundesregierung. In diesem Programm, das Sie sicher auch gelesen haben, ist der rote Faden der Antiterrorstrategie in fünf Zielen zusammengefasst. Mit diesen Zielen stimmen Sie sicher überein, wie wir im Übrigen ohnedies keine große Abweichung voneinander haben. Wenn diese fünf Ziele beachtet werden, dann glaube ich, sind wir auf einem guten Weg und wir brauchen keine zusätzlichen Sicherheitspakete.
Ziel 1: Terroristische Strukturen zerstören. Die Bundesregierung übt erheblichen Fahndungs- und Ermittlungsdruck aus. Wir haben 182 Ermittlungsverfahren laufen, wir haben die Verurteilungen – das Meriani-Verfahren, auch Abdallah – und, das haben Sie nicht erwähnt, wir haben einen anhaltenden Ermittlungsdruck zur Aufklärung von Finanzierungsquellen des Terrorismus, und zwar durch das Geldwäschebekämpfungsgesetz vom August 2002. Auch das ist im Rahmen der Terrorismusbekämpfung sehr wichtig.
Ziel 2: Terrorismus bereits im Vorfeld abwehren. Das heißt das Verbot islamistischer Unterstützer und von Vorfeldorganisationen und Vereinen. Das bedeutet den Einsatz biometrischer Merkmale auch bei Pässen und Personalausweisen. All das ist Ziel der Bundesregierung.
Ziel 3: Ausbau der internationalen Zusammenarbeit. Das bedeutet auf der europäischen und internationalen Ebene die Verbesserung des Informationsaustauschs. Das heißt aber auch die Verbesserung der Arbeit von Europol. Hier ist bei Ihnen immer noch Zurückhaltung zu spüren. Europol ist für Sie noch immer kein zentrales Instrument der Sicherheit in Europa. Europol sollten wir fördern, gerade weil der Terrorismus international ist, und weil er in den europäischen Ländern sehr stark auftritt. Ich nenne als Beispiele nur Spanien und Frankreich.
Ziel 4: Bevölkerung schützen, vorsorgen, Verwundbarkeit des Landes reduzieren. Das heißt, der Schutz kritischer Infrastrukturen muss verbessert werden. Er wird verbessert. Die Luftsicherheit wird erhöht. Sie selbst haben das Luftsicherheitsgesetz angesprochen, das gerade vorliegt. Denken Sie auch daran, was die Bundesregierung im Hinblick auf die Zuverlässigkeitsüberprüfungen von Beschäftigten in sicherheitsrelevanten Bereichen in die Wege geleitet hat. Es gab inzwischen eine Unzahl von Sicherheitsüberprüfungen, teilweise mit großen Erfolgen. Die Bundesregierung ist also auch hier tätig geworden.
Jetzt kommt das 5. Ziel, und das hat mir, Herr Beckstein, bei Ihnen gefehlt, Das 5. Ziel heißt bei der Bundesregierung: Ursachen des Terrorismus beseitigen.
Das bedeutet den Dialog mit dem Islam. Das heißt: Die Reformkräfte in den islamischen Staaten stärken. Das heißt auch, die Förderung von rechtsstaatlichen demokratischen Strukturen und das heißt Entwicklungshilfe, wie beispielsweise der Aufbau in Afghanistan.
Das bedeutet auch nationale, also deutsche Integrationspolitik. Ich erinnere daran, was Ihre Bundesregierung zur Integration gemacht hat. Ich denke beispielsweise an die Russlanddeutschen. Die wurden hereingeholt, ohne dass man irgendetwas für ihre Integration getan hat.
Dasselbe gilt jetzt für den Dialog mit den Angehörigen des Islam, die in Deutschland leben und von denen wir wissen, dass der überwiegende Teil nicht terroristisch ist. Sie wissen selbst, dass der Dialog noch nicht genügend vorangetrieben worden ist. Ich meine deshalb, einer unserer Schwerpunkte muss es sein, nicht nur Sicherheitspakete zu schnüren, sondern die Bekämpfung der Ursachen des Terrorismus. Wir müssen auch innerdeutsch bei den Ursachen ansetzen. Wenn wir es schaffen, mit den islamischen Angehörigen in Kontakt zu treten, einen Dialog zu führen, in Berührung zu kommen und Zusammenarbeit zu üben, dann stellt das islamische Terroristen schlechter, denn sie
werden nicht wie der Fisch im Wasser schwimmen können.
Lassen Sie mich zum Terrorismus noch einige Zahlen nennen. Die Bundesregierung, die jetzige Bundesregierung, hat seit 1998 konsequent die Sicherheitsbehörden auf Bundesebene gefördert. Trotz der notwendigen Haushaltskonsolidierungen sind die Finanzmittel für das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Bundesgrenzschutz, das Technische Hilfswerk, die Zentralstelle für Zivilschutz, das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik und die Mittel für die Beschaffung der Bereitschaftspolizei der Länder erhöht worden. Der Ausbau der Personalkapazität wurde begleitet von erheblichen Investitionen für die moderne Ermittlungstechnik und Logistik. Es wurden, Herr Beckstein, im Bundeshaushalt im Jahr 2002 für Sicherheit 203,5 Millionen Euro zusätzlich verausgabt und im Jahr 2003 278,7 Millionen Euro. In diesem Jahr wird es noch mehr sein. Damit will ich zeigen, dass die Bundesregierung ihre Hausaufgaben erfüllt hat, während Sie versuchen, durch Organisationsreformen und durch die Verlängerungen von Arbeitszeiten einzusparen. In diesem Zusammenhang muss man sagen, dass es bei der Bundesregierung völlig anders aussieht.
Lassen Sie mich mit einem Ausblick, wie auch Sie das getan haben, und mit einem Rückblick schließen. Erstens. Diese Bundesregierung hat, seit sie an der Regierung ist, stets das Recht des Bürgers auf Sicherheit – ich nenne das ein Grundrecht des Bürgers – gewährleistet. Sie hat die Spitzenposition bei der Bekämpfung des Terrorismus in der Welt gehalten. Das können auch Sie nicht in Abrede stellen. Wir sind das sicherste Land auf dieser Erde. In diesem Zusammenhang gebührt vor allem Innenminister Otto Schily ein besonderer Dank. Er hat sich für das Sicherheitsbedürfnis beispielhaft eingesetzt. Sie selbst müssen zugeben, dass es bei der Bearbeitung von Sicherheitsproblemen noch eine Steigerung gibt. Das ist Otto Schily, der ein Markenzeichen der deutschen Sicherheit ist.
Zweitens. Die Zusammenarbeit der Länder mit der Bundesregierung ist zu verbessern. Das gilt auch für Sie, ich habe das Beispiel vorhin genannt. Es kann nicht sein, dass Sie in der Rolle des Klassenersten – ich würde das nicht Streber nennen – aus lauter Eitelkeit immer wieder neue Forderungen erheben, nur um beim Lehrer aufzufallen. Sie sollten sich schon um mehr Zusammenarbeit bemühen, denn so schlecht sind die Kontakte zwischen dem Bundesinnenminister und Ihrem Hause nicht. Man sollte deshalb auch einmal nach außen dokumentieren, dass wir zusammenarbeiten. Das wäre auch gut für das Sicherheitsgefühl des Bürgers.
Der Bürger muss das Gefühl haben, dass die großen Sicherheitseinrichtungen – das Bundesinnenministerium und die Landesinnenministerien zum Beispiel, vor allem das bayerische Innenministerium – im Grunde gut zusammenarbeiten. Dass die Zusammenarbeit hervorragend ist, wird mir aus Ihrem Hause auch immer wieder bestätigt. Im Grunde ist man sich in allen Sachfragen einig. Wenn ich es prozentual ausdrücke, so habe ich den Eindruck, dass wir
in – sagen wir einmal – 95 % aller Fälle derselben Meinung sind, und nur in 5 % der Fälle wird aus Ihrem Hause gezwungenermaßen Terror gemacht, und es steigt Dampf auf, damit der Bürger das Gefühl hat: So ganz in Ordnung ist das nicht. Ich halte das im Sinne der eingangs gemachten Ausführungen für falsch.
Wir sollten alles dafür tun, dass der Bürger das Gefühl bekommt, dass er durch uns Sicherheitspolitiker gut aufgehoben ist in unserem Land und dass er keine Angst haben muss, Opfer einer Straftat zu werden.
Das Letzte, das ich sagen will, wird Ihnen, Herr Beckstein, ein bisschen wehtun.
Sie haben Recht: Wir sind nicht vor Terrorismus gefeit. Der Anschlag am 11. März 2004 in Madrid hat gezeigt, dass Terroranschläge überall ausgeübt werden können. Aber, Herr Beckstein, wir müssen uns auch fragen: Warum ist dieser Terroranschlag gerade in Madrid ausgeführt worden? Die Antwort ist relativ einfach: Spanien hat sich durch Ihre Bruderpartei ohne Vorbehalte an der Seite der USA am Krieg im Irak beteiligt.
Sie können den Bundeswehreinsatz in Afghanistan oder am Horn von Afrika nicht mit dem Krieg im Irak vergleichen. Denn das, was die Bundeswehr tut, erfolgt im Rahmen der Sicherheitsmaßnahmen der UN und mit Auftrag der UN,
während der Irakkrieg ohne jegliche UN-Verantwortung, ohne UN-Unterstützung und ohne UN-Beschluss geführt worden ist.
Damit ergibt sich für mich eines, Herr Beckstein: Wir mögen über Terrorismus reden, wie wir wollen; den größten Beitrag zur Terrorismusbekämpfung in der Bundesrepublik hat diese Bundesregierung dadurch erbracht, dass sie sich nicht am Irakkrieg beteiligt hat.
Das ist eine ganz wichtige Entscheidung gewesen.
- Nein, Frau Deml, das ist nicht unerhört. Es tut mir Leid. Das hat der damalige Kanzlerkandidat Stoiber gefordert, und Herr Beckstein hat dem zugestimmt. Wir sollten jetzt nicht die Geschichte verdrehen.
Es ist ganz eindeutig gewesen: Sie wollten sich an die Seite der USA stellen und in den Irak ziehen, und wir hätten heute deutsche Soldaten im Irak. - Ich will das nicht vertiefen.
Nur, weil Sie es sind, Herr Minister.
Sehr geehrter Herr Minister, ich nehme diese Ausführungen erfreut zur Kenntnis, wäre nur auch erfreut gewesen, wenn ich sie in dieser Klarheit, wie ich sie gerade gehört habe, auch damals gehört hätte.
Sie haben damals, als es um den Irakkrieg ging, ganz bewusst Politik damit gemacht.
Als Schröder erklärt hat: Wir werden nicht in den Irak gehen, haben Sie damit ganz bewusst Politik gemacht. Ich sage noch einmal: Eine ganz große geschichtliche Leistung ist es gewesen, dass diese Bundesregierung gesagt hat: Wir gehen nicht in den Irak.
Das ist für mich der große Beitrag zur Terrorismusbekämpfung gewesen. Denn wir sind deswegen nicht Zielland des islamischen Terrorismus, weil wir uns ganz klar distanziert und gesagt haben: Das machen wir nicht. Liebe Genossinnen und Genossen, das sollte man damit auch abrunden. Ich bin froh, dass wir das nicht gemacht haben, und ich bin froh, dass wir die Bundeswehr auch nicht einsetzen werden, wenn es zu solchen neuen Kriegen kommen sollte.
Meine Damen und Herren, liege Kolleginnen und Kollegen, in diesem Sinne habe ich vielleicht einen Wermutstropfen vergossen.
Aber ich sage abschließend noch einmal und möchte das Ganze damit wieder ein bisschen glätten: Wenn ich meine lange Zeit als Sicherheitspolitiker sehe, so ist das Schöne gerade an der Sicherheitspolitik – in anderen Bereichen ist das wesentlich schwieriger -, dass man sich in vielen Grundproblemen einig ist. Ich habe gerade gesagt: Ihr Haus und das Haus in Berlin sind sich vielfach – jedenfalls grundsätzlich – einig. Davon gehe ich aus. Deswegen ist auch die SPD grundsätzlich mit Ihnen einer Meinung, dass wir die Sicherheit in Deutschland und vor allem in Bayern schützen müssen. Sie werden grundsätzlich unsere Unterstützung haben. Darüber dass es bestimmte Probleme gibt wie beispielsweise die präventive Abhörung der Telefone von Rechtsanwälten, Notaren und Priestern, darüber werden wir reden müssen. Aber der Grundsatz lautet: Die Sicherheit des Bürgers muss für uns alle an erster Stelle stehen.
In diesem Sinne reichen wir Ihnen unsere Hand.
Gibt es weitere Wortmeldungen dazu? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über die geänderte Fassung des Berücksichtigungsbeschlusses des Ausschusses für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik: Die Petition wird der Staatsregierung zur Berücksichtigung überweisen mit der Maßgabe, dass die Wertausgleichsforderung gestundet wird. Die Staatsregierung wird aufgefordert, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Schulfinanzierungsgesetzes im Sinne des Petenten vorzulegen.
Das ist die einvernehmliche Vorlage für die Beschlussfassung. Wer dem Berücksichtigungsbeschluss in der jetzt vorgelegten Fassung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Ich rufe jetzt auf
Tagesordnungspunkt 5
Eingaben betreffend Aufenthaltsgenehmigung (EB. 0256.15, EB. 0261.15, EB. 0213.15 und EB. 0333.15)
Der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden hat sich mit diesen Eingaben in seiner Sitzung am 4. Februar 2004 befasst und beschlossen, diese gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären.
Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat gemäß Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 des Bayerischen Petitionsgesetzes fristgerecht beantragt, die Eingabe auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen. Ich eröffne hierzu die Aussprache. Frau Kollegin Dr. Strohmayr hat sich zu Wort gemeldet.