Udo Egleder

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Herr Staatssekretär, trifft es zu, dass für die Vereine nach wie vor die Möglichkeit besteht, nach der alten Zuschussform, das heißt 20% Zuschuss und 10% Darlehen, in absehbarer Zeit, nämlich mit maximal drei Jahren Wartezeit, die der Bayerische Landessportbeirat beschlossen hat, zu Fördermitteln zu kommen? Trifft dies speziell für diesen Verein und auch für die anderen bayerischen Vereine zu?
Herr Staatssekretär, welche konkreten Maßnahmen unternimmt die Staatsregierung gegen den hohen Anteil von über 10% eines Jahrganges, der die bayerischen Schulen ohne jeglichen Schulabschluss verlässt?
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Aussage der IHK Niederbayern, dass angesichts der sich abzeichnenden Ausbildungsplatzsituation insbesondere Hauptschulabsolventinnen und -absolventen besonders schlechte Chancen haben, einen Ausbildungsplatz zu bekommen?
Herr Staatssekretär, in der Praxis stellen wir immer wieder fest, dass selbst die Abschlüsse der F 10 sowie der M-Züge und M-Klassen der Hauptschulen in der Konkurrenz zu anderen mittleren Abschlüssen bei den Bewerbungen oft nicht standhalten können. Sie werden zwar als „gleichwertig“ apostrophiert, von der Wirtschaft aber nicht in gleicher Weise anerkannt. Deshalb frage ich, mit welchen konkreten Maßnahmen Sie es der Wirtschaft schmackhaft machen, dass diese Abschlüsse wirklich als anderen mittleren Bildungsabschlüssen gleichwertig anerkannt werden.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Möglichkeit einer Ausbildungsplatzumlage? Eine solche Umlage könnte den Betrieben helfen, die wirklich ausbilden. Sie käme diesen Betrieben zugute.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Bayerns Schulen auf dem Weg – wir haben erstens erwartet, dass man für diesen Weg klare Zielvorstellungen formuliert –, denn erst dann kann man sich auf einen so steinigen Weg begeben –, und zweitens erwartet, dass man sich mit der richtigen Ausstattung und mit der nötigen Kondition auf diesen Weg begibt. An beidem fehlt es für die bayerischen Schulen. Sie haben heute, Frau Ministerin, in keinster Weise eine Aufbruchstimmung, die dringend nötig ist, erzeugen können, und das hätten wir eigentlich heute von Ihnen erwartet.
Sie haben zwar in Ihrer Prélude Pédagogique – so will ich es einmal nennen –, hehre Ziele formuliert, teilweise als Plagiat dessen, was wir schon vorher formuliert haben. Es ist weitgehend von unseren Zielvorstellungen
abgeschrieben worden, aber es fehlt schließlich und endlich wiederum an den nötigen Grundlagen, um zu diesen Zielen kommen zu können. Sie sehen vor sich das Dilemma, das wir bei den Ausbildungsstellen – gerade bei uns in Bayern – haben. Wir sind dasjenige Bundesland, in dem am meisten Ausbildungsplätze fehlen für junge Menschen, die am Beginn ihres beruflichen Lebens, einer wichtigen Zukunftsperspektive, stehen. Gerade diese Jugendlichen stehen bei uns in Bayern zu einem großen Teil vor dem Problem, dass ein StoppSchild an diesem Weg ihres Lebens steht. Man muss fragen: Woher kommt denn all dieses? Wir müssen an unser Schulsystem ran, wir müssen an die Grundlagen dessen heran, was diese Schülerinnen und Schüler vorweisen müssen, um erfolgreich ins Berufsleben einsteigen zu können. Ich habe auch hier vermisst, dass Sie Wege aufgezeigt hätten, wie wir auch – besonders wichtig: langfristig und nachhaltig – unser bayerisches Bildungswesen stärken können. Diese Nachhaltigkeit kam in Ihrer gesamten Rede nicht vor.
Ich komme zu den Kosten: Sie haben einiges beschönigt, aber Sie wissen genauso gut wie ich und jede und jeder andere in diesem Hohen Hause, dass uns das Problem der Altersversorgung schon bald um die Ohren fliegen wird. Ein großer Teil der Steigerung im Bildungshaushalt ist allein darauf zurückzuführen. Sie haben mich zwar als „schummelhaft“ bezeichnet – ich kenne dieses Adjektiv im übrigen nicht; es ist von Ihnen kreiert –, Sie selber sagen aber nicht die reine Wahrheit, weil Sie verschweigen, wie diese Ausgabensteigerung uns in Zukunft vor große Probleme stellen wird, was die Finanzierung im Bildungshaushalt angeht.
Sie haben hehre Worte verwendet bis hin zu mehr Freiheit in den Schulen, Qualitätssteigerung, positive Schulentwicklung, Transparenz, Differenzierung – alles wirklich gute Ansätze, aber sie bleiben hohle Worte, wenn nicht einige grundlegende Dinge folgen.
Zur Kondition, die man für den steilen Weg unserer Schulen mitbringen muss, gehört beispielsweise, dass sie auch vor Ort entsprechend ausgestattet sind. Sie müssen den Schulträgern – im Sinne der Konnexität die Kommunen – die nötigen Mittel an die Hand geben, damit die Ausstattung der Schulen und die Rahmenbedingungen endlich verbessert werden können. Ich erinnere an die Mangelsituation bei der Mittagsbetreuung. Ich erinnere an die Computerausstattung, welche die Kommunen vor Ort alleine tragen müssen. Sie haben vor Jahren einmal hier an dieser Stelle versprochen, Sie würden 30% der Kosten für die Computerausstattung übernehmen. Was ist denn davon geblieben? – Vor drei Jahren haben Sie es an dieser Stelle 200 Millionen angekündigt, und was haben die Kommunen letztendlich erhalten? Es geht bis hin zur Systembetreuung, wo wiederum nur die Kommunen, die es sich leisten können, etwas auf eigene Füße zu stellen, etwas anbieten können, die armen Kommunen aber nicht. Auch diese Situation der ärmeren Kommunen berücksichtigen Sie in keinster Weise.
Das Gleiche gilt natürlich für die Ganztagsschulen. Ich habe aus eigenem Erleben erfahren müssen, dass Sie und Ihr Haus Anträge zur Errichtung von Ganztagsschulen an Hauptschulen abgelehnt haben. Hätte die Kommune nicht selbst ein Betreuungssystem aufgebaut, das zugegebenerweise gut funktioniert und fast schon eine Ganztagsschule ist, dann wäre die Hauptschule ohne ein Ganztagsangebot geblieben. Da können Sie doch nicht sagen, Sie würden hier die Ganztagsschulen schaffen. Was Sie zum Teil unterstützen, ist eine Ganztagsbetreuung, nicht mehr und nicht weniger. Aber sich dann hinzustellen und zu sagen: „Ich schaffe die flächendeckende Ganztagsschule!“, ist in keinster Weise haltbar.
Ich erinnere im Zusammenhang mit den Kommunen an die Schülerbeförderung. Diese Kosten wachsen den Kommunen schon seit längerer Zeit buchstäblich über den Kopf. Es sind Millionenbeträge, welche die Kommunen ersatzweise für den Freistaat Bayern Jahr für Jahr im kommunalen Haushalt ansetzen müssen. Das belastet und engt ein, wenn wichtige andere Dinge anstehen.
Ich darf an das Tohuwabohu, das Sie vor kurzem zum Thema Gastschulbeiträge veranstaltet haben, erinnern. Auch das ist etwas, was die Politik in den Kommunen natürlich durcheinander bringt. Im Zusammenhang mit diesem Thema befürchten wir alle, dass unmittelbar nach den Wahlen wieder etwas auf die Kommunen zukommen wird, was nicht zu deren Vorteil sein wird. Ich erinnere an das große Problem – hier erst vor kurzem diskutiert –, mit welchen Schwierigkeiten die kommunalen Schulträger zu kämpfen haben, die in eigener Verantwortung kommunale Schulen betreiben. Auch hier keinerlei Ansatzpunkt für eine gerechte Finanzausstattung. Sie lassen die Betroffenen buchstäblich weiter im Regen stehen.
Eines liegt mir noch besonders am Herzen; das ist der Schulsport. Die Situation im Schulsport hat sich eher weiter verschlechtert. Ich spreche in diesem Zusammenhang von einem krassen Versäumnis Ihres Hauses, wenn immer noch weitgehend – so muss man sagen, denn auch in die Stundenpläne und Stundentafeln wird inzwischen ja schon eingegriffen – in diesem Bereich vier Stunden Pflichtunterricht ausgewiesen werden, wenn auch teilweise mit Fußnoten versehen.
Davon 1,5 Stunden, die nicht erteilt werden, bedeuten jedoch 1,5 Stunden Unterrichtsausfall. Das sind allein beim Schulsport schon etliche Prozent Unterrichtsausfall in Bayern, die in keiner Statistik ausgewiesen werden.
Was das Thema Unterrichtsausfall betrifft: Selbst der Präsident des Realschullehrerverbandes – das ist gewiss jemand, der Ihnen nicht sehr fern steht – spricht von 5% Unterrichtsausfall, und das bei einer skandalösen durchschnittlichen Klassenstärke von 28,6 an den Realschulen. Auch hier ist die Situation dramatisch. Hätten Sie sich doch lieber um solche Dinge an den Real
schulen gekümmert, anstatt die komplette Schullandschaft in Bayern umzustülpen!
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Sibler.
Herr Staatsminister! Welche Ziele verfolgt die Staatsregierung derzeit bereits mit der in Modellversuchen erprobten Organisationsentwicklung bei den Polizeiinspektionen und Polizeistationen der Bayerischen Landespolizei, wonach kleine Dienststellen nachts unbesetzt bleiben? Welche Polizeidienststellen in Niederbayern werden von einer nächtlichen bzw. völligen Schließung oder Umverlagerung betroffen sein und welche Auswirkungen haben derartige Maßnahmen auf die derzeit angespannte Personalsituation bei der Polizei in Bayern?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.
Herr Staatsminister, inwieweit versprechen Sie sich angesichts der Tatsache, dass bisher schon von kleineren Inspektionen aus, insbesondere im ländlichen Raum, eine große Fläche abgedeckt werden muss und dass dies jetzt schon enorme personelle Engpässe aufzeigt, von solchen Maßnahmen eine Verbesserung der teilweise schon jetzt prekären Situation auf dem Land?
Herr Staatsminister, aber dann werden diejenigen Dienststellen, die nachts die Aufgabe übernehmen, mehr Andrang und mehr Arbeit bewältigen müssen. Wie werden diese Dienststellen dafür personell und sächlich ausgerüstet und in die Lage versetzt, die zusätzlichen Aufgaben zu erfüllen?
Herr Staatssekretär, inwieweit sind die im sogenannten Kienbaum-Gutachten vorgeschlagenen Einsparmaßnahmen im Schulsport umgesetzt worden, und wie stellt sich die derzeitige Situation des Schulsports bezüglich der Unterrichtsversorgung der dritten und vierten Sportstunde und des Basissportunterrichts und die Zahl der Sportstudierenden dar?
Herr Staatssekretär, ist der Staatsregierung bekannt, dass wir inzwischen in Bayern offiziell von einem Bewegungsnotstand bei unserer Jugend, insbesondere bei der Schuljugend, sprechen müssen? Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um Verbesserungen im Schulsport zu erreichen? Denn die Erreichung der dritten Sportstunde wird mindestens zehn Jahre in Anspruch nehmen, was man in Anbetracht der Tatsache, dass darüber hinaus sehr viel Basissportunterricht ausfällt, nicht hinnehmen kann.
Herr Präsident, man könnte hier im Hause durchaus einmal Sport zur Auflockerung während langer Sitzungstage treiben.
Herr Staatssekretär, sind Sie der Auffassung, dass die Maßnahmen der Staatsregierung ausreichen, um die Versorgung mit Sportlehrern in Zukunft sicherzustellen? Die Studenten, die zur Zeit an unseren Universitäten Sport studieren, werden nicht ausreichen, um in Zukunft drei oder vier Pflichtstunden Sport in den Schulen abzudecken.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Im Zuge des sich ständig weiter verschärfenden Wettbewerbs auf europäischer und globaler Ebene haben die großen Privatbanken – das ist bereits dargestellt worden – über die Bankenvereinigung der EU in ihrer Wettbewerbsbeschwerde bei der EU auch die Gewährträgerhaftung und Anstaltslast bei den Sparkassen moniert.
Da die Vorrednerinnen und Vorredner ausführlich zu beiden Begriffen Stellung genommen haben und es sicherlich klar geworden ist, dass es sich bei der Gewährträgerhaftung nicht um die Verschärfung des Waffenrechts handelt, kann ich mich etwas kürzer fassen. Es ist aber anzusprechen, warum die jetzt getroffene Regelung gerade für unsere Sparkassen im Flächenstaat Bayern von so großer und enormer Wichtigkeit ist.
Es bestand die Gefahr, dass durch die Vorgaben im EURecht tatsächlich die Haftungsgrundlage der Sparkassen zum Schaden ihres öffentlichen Auftrages hätte verändert und geschmälert werden sollen. Im Interesse der kreditwirtschaftlichen Versorgung breiter Bevölkerungskreise in Bayern und insbesondere der kleineren und mittleren Unternehmen ist es aber gerade in unserem Flächenstaat Bayern von besonderer Wichtigkeit, dass wir eine funktionierende Bankenlandschaft haben und insbesondere die flächendeckende Versorgung durch die bayerischen Sparkassen.
Wir sind unserer Bundesregierung zu ganz besonderem Dank verpflichtet, weil sie bei den Verhandlungen mit der EU die Grundlagen und die Leitlinien für das Arbeiten bei den Sparkassen in Bayern geschaffen hat.
Das ist eine Verhandlungsleistung, die sich in Zukunft gerade im Flächenstaat Bayern stabilisierend auswirken wird.
Das Ergebnis wurde gemeinschaftlich mit den Bundesländern und dem Bundesrat herbeigeführt. Daran kann man sehen, wie gut eine gedeihliche Zusammenarbeit wirken kann und wie schädlich es hätte sein können, wenn auch dort gebremst worden wäre.
Wir stellen auch fest, dass es durch die gemeinschaftlichen Bemühungen aller Beteiligten gelungen ist, den Sparkassen eine gewisse Planungssicherheit und Rechtssicherheit für die Zukunft zu geben. Auch das müssen wir deutlich und anerkennend herausstellen.
Wenngleich die Gewährträgerhaftung nun entfallen ist und die Anstaltslast durch eine „normale Eigentümerbeziehung“ ersetzt worden ist, bedeutet die jetzt gefundene Lösung, dass die Sparkassen weiterhin ihren öffentlichen Auftrag erfüllen können und die kommunale Bindung voll erhalten bleibt. Dieses Ergebnis ist besonders wichtig, wenn wir die Entwicklungen bei den großen Privatbanken betrachten, die sich bekanntermaßen aus der Fläche zurückziehen, Zug um Zug 40000 Stellen abbauen werden und sich zunehmend dem Shareholder Value zuwenden. Demgegenüber bieten unsere Sparkassen ein klares Gegengewicht, auf das wir in Zukunft verstärkt setzen müssen. Die Sparkassen bleiben in den ländlichen und strukturschwachen Gebieten und halten ihren Personalbestand bzw. stocken ihn teilweise noch auf. Von besonderer Wichtigkeit ist: Sie bieten attraktive Ausbildungsplätze für junge Leute in Wohnortnähe, und zwar auch in ländlichen Gebieten.
Darüber hinaus sind es die Sparkassen, die sich um die wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungsteile kümmern. Es ist bekannt, dass beispielsweise 80 Prozent der Sozialhilfeempfänger ihr Konto bei den Sparkassen haben. Diese Tatsache können wir – im Vergleich zu mancher der großen Privatbanken – nur positiv herausstellen.
Durch die kommunale Bindung ist die Gemeinwohlverpflichtung weiterhin gewährleistet. Alle Kommunalpolitiker wissen, wie wichtig die Unterstützung der Sparkassen für Vereine, Verbände und wohltätige Einrichtungen ist. Durch das gefundene Ergebnis wird diese Unterstützung weiterhin sichergestellt.
Ein großes Anliegen der SPD-Fraktion und der Grünen war es schon immer, die Mitwirkungsmöglichkeiten der Beschäftigten zu stärken. In besonderer Weise gilt das auch in Bezug auf die Mitarbeiter der Sparkassen.
Ich weiß nicht, warum Sie das verwundert; unser Kollege Dietmar Franzke und die Kollegen, die sich mit Fragen des öffentlichen Dienstes befassen sowie die gesamte Fraktion haben schon seit Jahren und Jahrzehnten darauf gedrängt, die Mitwirkungsmöglichkeiten gerade in diesem Bereich zu stärken. Das ist, Frau Kollegin Kellner, nichts Neues. Deshalb überrascht auch ein kurzfristiger Antrag nicht. Wir bitten darum, in diesem Punkt die Zustimmung zu bekommen.
Das ist keine Luftnummer. Es muss einfach irgendwann einmal angepackt werden, Herr Kollege Meyer. Wir sind das den Beschäftigten schuldig.
Zuletzt sei unser Anspruch wiederholt, an den nunmehr notwendig gewordenen geschäftspolitischen Anpassungsmaßnahmen der Sparkassen mitzuwirken. Die SPD-Fraktion ist sich sicher, dass auch unter den geänderten Rahmenbedingungen unsere bayerischen Sparkassen einer erfolgreichen Zukunft entgegensehen können, und zwar trotz der Belastungen infolge der KirchPleite und der Regelungen aus Basel II. Wir haben uns alle im Hohen Hause um dieses Thema redlich bemüht. Deshalb bin ich mir sicher, dass das gewünschte Ergebnis mit Sicherheit so eintreffen wird.
Wir von unserer Seite signalisieren Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf, zum gemeinsamen Änderungsantrag und zum Änderungsantrag der Grünen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den Antrag zur Ablehnung der Orientierungsarbeiten gestellt, weil wir von Seiten der SPD der Meinung sind, dass durch zusätzliche Tests der ohnehin schon erhöhte Druck auf Kinder und Lehrer, den Sie von Seiten der CSU in die Grundschulen gebracht haben, nochmals massiv erhöht wird. Wir sind im Übrigen der Meinung, dass Orientierungshausaufgaben für die bayerische Staatsregierung angebracht wären.
Was das Thema „Bildung sei in Bayern keine Bringschuld des Staates mehr“ betrifft, fordern wir eine Umorientierung von Ihrer Seite, damit dieses Missverständnis aus der Welt geschaffen wird. Ich empfehle Ihnen in diesem Zusammenhang auch, die bayerische Verfassung
nachzulesen. In einigen Artikeln ist genau dieser staatliche Auftrag festgelegt. Es ist elementare Bringschuld des Staates, für die Bildung unserer Bevölkerung in Bayern zu sorgen.
Wir sehen durch diese Orientierungsarbeiten folgende Probleme verschärft auf die Grundschulkinder zukommen. Tatsächlich ist es so, dass bis zum Ende der zweiten Jahrgangsstufe keine Noten vergeben werden. Jetzt sollen die Orientierungsarbeiten zunächst freiwillig – freiwillig heißt im Schulbetrieb in Bayern, dass kein unmittelbarer Zwang auf die Leute ausgeübt wird – in der dritten Jahrgangsstufe durchgeführt werden. Das ist aber nichts anderes als ein Test, jeweils eine Schulstunde lang, in Deutsch und Mathematik. Die Schülerinnen und Schüler und auch die Lehrerinnen und Lehrer wissen genau, was dabei auf sie zukommt. Diese Tests werden jetzt schon an den Grundschulen vorbereitet. In den Klassen – Sie können sich gerne erkundigen – wird im Unterricht schon darauf hingearbeitet. Wir stellen ohnehin fest, dass an unseren Schulen oft von Test zu Test gelernt wird. Das wird in Zukunft eine weitere Stufe sein, auf der nur auf einen Test hin gelernt und gebüffelt werden soll.
Die Kinder an den Grundschulen wissen genau, dass dies einer weiteren Auslese dienen wird, wenn auch momentan noch keine Noten vergeben werden. Wenn auch momentan noch die Schule selbst die Korrekturarbeiten durchführen kann, so ist die Befürchtung groß, dass sich dies in absehbarer Zeit ändern wird, ähnlich wie beim Zentralabitur, das vom Staat nicht nur vorgegeben, sondern auch kontrolliert wird und auch dazu dient – auch das ist von Ihrer Seite schon angekündigt worden –, die Lehrerinnen und Lehrer bei uns in Bayern stärker zu kontrollieren und noch stärker dirigieren zu können, als das bisher der Fall ist. Auch diesen Punkt lehnen wir ganz kategorisch ab. Wir halten das für unnötig. Wir brauchen Schulen, die mehr Demokratie aufweisen. Ihr Ansatz dient nicht der Demokratisierung unserer Schulen; er führt zum genauen Gegenteil.
Wir sehen auch, dass Sie wohl Recht damit haben werden, dass diese Tests von den Lehrerinnen und Lehrern angenommen werden. Dies liegt eben auch daran, dass die Lehrer extrem verunsichert sind. Sie leiden unter der neuen dienstlichen Beurteilung. Sie sehen, dass sie extrem ungerecht ist. Viele Lehrerinnen und Lehrer versprechen sich demgegenüber von diesen Orientierungsarbeiten eine Art Objektivierung der Bewertung ihrer Arbeit. Auch da, glaube ich, sind sie auf dem Holzweg. Dies wird in absehbarer Zeit dazu führen, dass das Ranking auch bei den Lehrern verstärkt wird und damit eine Art Kontrolle und Beurteilung stattfinden wird. Wir lehnen diese zusätzliche Beurteilung strikt ab.
Wir sehen im Zusammenhang mit der Pisa-Studie, dass es in jenen Ländern, die uns hinsichtlich der Schulergebnisse ihrer Schülerinnen und Schüler weit voraus sind, bis mindestens zur sechsten Jahrgangsstufe überhaupt keine Benotungen gibt. Erst später, in Finnland etwa nach neun Jahren, werden dann Zugangsarbeiten für weiterführende Schulen geschrieben. Ich glaube, das wäre der richtige Weg, um das zu schaffen, was gestern
Herr Glück, der Fraktionsvorsitzende der CSU, eingefordert hat: mehr Eigenverantwortlichkeit zu stärken, in unseren Schulen mehr Pädagogik vom Kinde aus zu betreiben. Ich habe gedacht, ich sei in einer Vorlesung über Reformpädagogik gelandet, als er diese Vorstellungen über Kindgemäßheit entwickelt hat. Mit diesen Orientierungsarbeiten wird aber genau das Gegenteil erreicht. Es wird über einen Kamm geschoren werden, damit wird Gleichmacherei betrieben, den Kindern wird Angst vor diesen zusätzlichen Arbeiten eingeimpft, die in der Grundschule auf sie einströmen werden. Das ist genau das Gegenteil einer kindgerechten, an den Bedürfnissen der Kinder orientierten Arbeit in der Grundschule.
Sie sollten von diesem Irrweg abkommen. Wir von Seiten der SPD haben dagegen gesagt, dass wir es schaffen müssen, in der Grundschule bei der Diagnostik voranzukommen, möglichst schon im Kindergarten damit anzufangen. Es wäre den Einsatz der Edlen von Seiten der CSU wert, diesbezüglich wesentlich mehr zu tun. Die Schule muss dahin kommen, dass das Gespräch nicht nur zwischen Schülern und Lehrern, wie das jetzt im Zusammenhang mit den Ereignissen in Erfurt gefordert wird, sondern gerade auch zwischen Lehrern und Eltern verstärkt wird. Dort muss der Kontakt enger geschlossen werden. Dies ist im Übrigen in den Pisa-Spitzenländern der Fall; dort besteht quasi ein ständiger Austausch zwischen Eltern und Lehrern. Diesbezüglich müssen wir vorankommen, auch über die Änderungen beim Schulforum, damit von Seiten der Eltern von vornherein mehr Mitsprachemöglichkeiten bestehen.
Auch dies ist eine Forderung, die wir bitten zu unterstützen. Wenn dieser Kontakt eng genug ist, dann brauchen wir diese Orientierungsarbeiten nicht, weil die Eltern dann von den Lehrern über den Lernfortschritt ständig auf dem Laufenden gehalten werden. Das ermöglicht einen kontinuierlichen Überblick über den Lernfortschritt.
Wir fordern auch, dass die Schulen endlich in die Selbstverantwortung entlassen werden. Ich darf Sie von Seiten der CSU daran erinnern, dass dies Worte des ehemaligen Bundespräsidenten sind, der zum Abschluss seiner großen Bildungsrede gesagt hat: Entlassen wir die Schule endlich in die Freiheit. Dem wollen Sie mit diesen Orientierungsarbeiten aber einen weiteren Riegel vorschieben. Das ist kontraproduktiv, das passt nicht in die pädagogische Landschaft, auch nicht in Bayern. Wir brauchen mehr Freiheit für die Schulen, für die Kinder mehr Selbsttätigkeit, mehr Eigenverantwortlichkeit. Wir brauchen für Lehrer mehr Gestaltungsspielräume. Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen.
Auch dazu dient dieses Vorhaben mit den Orientierungsarbeiten in keiner Weise.
Wenn Sie uns in absehbarer Zeit einen einzigen Schüler zeigen können, der durch diese Orientierungsarbeiten besser geworden ist oder mehr für seinen Lebensweg mitbekommen hat, sind wir gern bereit, mit Ihnen darüber erneut zu diskutieren. Dies gilt auch, wenn Sie uns
auch nur einen Lehrer zeigen können, der durch diese Orientierungsarbeiten in seiner Arbeit gestärkt oder in seiner pädagogischen Ausrichtung gefestigt worden ist. Ich bin mir sicher, dass Sie uns keinen einzigen Schüler zeigen werden, dem diese Orientierungsarbeiten genutzt hätten.
Weg mit der falschen Vorstellung, durch immer mehr Auslese könnte eine bessere und breitere Elite geschaffen werden, wie sie in den Pisa-Ländern vorhanden ist. Hier hängen Sie einem Irrglauben an. Das wird durch Ihre verfehlten Maßnahmen in Zukunft ebenso wenig klappen wie bisher. Auslese schafft nicht mehr Leistung. Im Übrigen ist unsere Grundschule in gar keiner Weise leistungsfeindlich, selbst dann nicht, wenn sie diese Orientierungsarbeiten nicht einführt. In unseren Schulen wird bisher schon sehr viel geleistet. Mehr Leistung wird durch die Rahmenbedingungen verhindert, die an unseren Grundschulen denkbar schlecht sind. Sie müssen endlich dafür sorgen, dass die Klassen entsprechend kleiner werden, damit die einzelnen Schüler mehr Zuwendung erhalten. Orientierungsarbeiten sind hier nur schädlich. Ich bitte Sie, von Ihrem Vorhaben Abstand zu nehmen und stattdessen die Anregungen aufzunehmen, die wir heute vorgebracht haben. Angesichts der Voraussetzungen, die wir an unseren bayerischen Schulen vorfinden, werden wir diese Forderungen auch weiterhin mit Nachdruck stellen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Grund dafür, dass mich die Einführung der Orientierungsarbeiten so bedrückt, ist, dass die Orientierungsarbeiten den Schülerinnen und Schülern nicht helfen und dass der Druck hin zum Nachhilfeunterricht zunimmt, was eine schleichende Privatisierung des Unterrichts bedeutet. Wir stellen an unseren Grundschulen tatsächlich fest, dass dadurch, dass bereits in der vierten Jahrgangsstufe die Lebenschancen verteilt werden, indem sich der Weg der Schullaufbahn für viele endgültig entscheidet, der Nachhilfeunterricht massiv zugenommen hat.
Der Nachhilfeunterricht, der früher den weiterführenden Schulen vorbehalten war, ist dort sinnvoll, wenn es darum geht, eine Durststrecke zum Beispiel in Mathematik oder in Physik kurzfristig zu überwinden. In solchen Fällen ist Nachhilfe sicher angebracht.
Aber wir brauchen diese Krücke doch nicht an unseren Grundschulen, wo wir Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren haben. Es ist für deren Entwicklung schädlich, wenn man schon dort auf Nachhilfeunterricht zurückgreifen muss, weil die Kinder unter solchem Übertrittsdruck stehen. Ich habe festgestellt, dass Nachhilfeunterricht teuer bezahlt werden muss. Eltern, die nicht so begütert sind, nehmen heute tatsächlich Kredite auf, um für ihre Kinder in der Grundschule den Nachhilfeunterricht finanzieren zu können. Wir müssen diese Auswüchse heute an den Grundschulen feststellen. Dieser Druck und diese Benachteiligung sind einfach nicht hinzunehmen.
Festzustellen ist auch, dass zu wenig im Hinblick auf die Elternarbeit gemacht wird. Elternarbeit heißt nichts anderes, als dass die Eltern in die schulische Arbeit integriert werden. Es gibt heute schon Modelle, bei denen Eltern in den Unterricht einbezogen werden. Sie nehmen nicht nur am Unterricht teil, sondern sind am gesamten Schulleben beteiligt. Diese Eltern brauchen solche Orientierungsarbeiten nicht, weil sie von vornherein über ihre Kinder und die Schule sehr gut Bescheid wissen. Das ist der Weg, den wir vorschlagen.
Ich sehe auch, dass die bayerische Schulhierarchie wieder einmal genutzt wird, um diese Projekte durchzudrücken. Wie das funktioniert, wissen wir alle. Die bayeri
sche Kultushierarchie und die Schulverwaltung sind besonders stringent organisiert. Da wird vom Ministerium an die Regierungen die Weisung gegeben, man solle das Projekt auf freiwilliger Ebene möglichst vollzählig durchführen. Die Regierungen geben die Order dann an die Schulämter weiter. Beide stehen unter Rechtfertigungsdruck aufgrund des Berger-Gutachtens und wollen möglichst gute Vollzugsmeldungen nach oben abliefern. So werden die Schulen über ihre Schulleitungen dazu gedrängt, die Orientierungsaufgaben möglichst in allen Klassen durchzuführen. Wo man die Freiwilligkeit da noch groß postulieren kann, ist mir schleierhaft. Dann heißt es, den umgekehrten Weg zurückzugehen: Eine Vollzugsmeldungsstufe nach der anderen tritt in Aktion, bis das Ergebnis beim Ministerium ankommt. Von dort heißt es dann, über 90% der Lehrer haben die Orientierungsarbeit freiwillig und gerne erledigt. Vonseiten der CSU-Staatsregierung wird man daraufhin eitel Sonnenschein verbreiten.
Zum Schluss frage ich noch, was geschieht eigentlich mit unseren privaten Schulen? Werden die Orientierungstests beispielsweise an den Waldorf-Schulen durchgeführt? Dort finden wir, genauso wie an den Montessori-Schulen und anderen privaten Schuleinrichtungen, gegenüber den staatlichen Schulen vergleichsweise paradiesische Arbeits- und Lernbedingungen vor. Herr Staatssekretär, finden dort die Orientierungsarbeiten im gleichen Umfang statt? Das ist wohl nicht denkbar und schon gar nicht möglich. Diese Schulen haben doch bereits jetzt die Zustände, wie sie in den Pisa-Spitzenländern vorzufinden sind. Ich bitte deshalb um Auskunft darüber, wie das an den Waldorf-Schulen gehandhabt werden soll.
Ich betone noch einmal: Unsere Grundschüler brauchen diese Orientierungsarbeiten nicht. Sie bewirken nur mehr Druck, mehr Arbeit und die von mir dargelegten negativen Begleiterscheinungen werden sich zum Schaden unserer Schülerinnen und Schüler auswachsen.
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen!
Den Hauptschulen in Bayern geht es immer schlechter. Schuld an dieser Entwicklung ist die Schulreform, die die Hauptschule verkommen lässt.
Das stammt ausnahmsweise nicht von mir, sondern von einem erfahrenen Kommunalpolitiker, einem Bürgermeister, der das in der heutigen Ausgabe der „Erdinger SZ“ geäußert hat.
Ich sage dazu: Durch die Aussagen dieses Kommunalpolitikers ist das Versagen der CSU-Staatsregierung, was die Hauptschulen bei uns in Bayern betrifft, sehr klar ausgesprochen worden. Angesichts dieser Situation, der sich die bayerischen Hauptschulen ausgeliefert sehen, muss das vollmundige Wort der Kultusministerin – sie hat es zum Anfang ihrer Amtszeit als Ministerin ausgesprochen –, sie würde in Bayern für eine „Bildungsoffensive“ sorgen, in einen „ungeordneten Rückzug“ umgedeutet werden, um einmal bei diesem militärischen Jargon zu bleiben.
Ich darf dies an einigen Beispielen erläutern: Grundsätzlich gilt für uns von der SPD, dass die Schulpolitik auf keinen Fall der Finanzpolitik unterzuordnen ist,
sondern dass es im Gegenteil darum geht, eine eigenständige Bildungspolitik zu betreiben. Das diesbezügliche Defizit betrifft leider in ganz besonderer Weise die Situation unserer Hauptschulen. Ich darf deshalb auf unsere Anträge und Verbesserungsvorschläge eingehen und sie Ihnen wärmstens ans Herz legen.
Es geht uns zum Ersten darum, die Klassenmindestgröße an den Hauptschulen wieder auf zwölf statt bisher 15 Schülerinnen und Schüler zu senken. Sie erinnern sich sicherlich an die Zeiten, als das so der Fall war. Damals ging es den Hauptschulen besser als jetzt. Ohne die Senkung der Klassenmindestgröße wird es mit dem Schulsterben weitergehen. Das betrifft insbesondere die kleinen Hauptschulen auf dem Lande. Diese werden weiterhin die Leidtragenden sein. Der BLLV hat errech
net, dass innerhalb der nächsten Jahre etwa 450 bayerische Hauptschulen und Teilhauptschulen von der Schließung bedroht sein werden, und zwar als Folge der Politik der CSU.
Die Staatsregierung hat erst im März dieses Jahres die alarmierende Tatsache bestätigt, dass im Schuljahr 2001/2002 laut Drucksache 14/8878 die fünfte und sechste Jahrgangsstufe an 15 Schulstandorten weggefallen sind, und zusätzlich bei der fünften Jahrgangsstufe 19 und bei der sechsten Jahrgangsstufe 14 an weiteren Standorten. Diese dramatische Entwicklung des Ausblutens der Teilhauptschulen und Hauptschulen wird sich nach der endgültigen Einführung der sechsstufigen Realschule noch dramatisch fortsetzen. Wir befürchten in diesem Zusammenhang die schlimmsten Entwicklungen und insgesamt eine Gefährdung und Schwächung unserer Hauptschulen.
In einem zweiten Punkt fordern wir, dass die Klassenhöchststärken an den Hauptschulen zunächst einmal auf 30 und dann sehr rasch auf 25 Schülerinnen und Schüler zurückgefahren werden müssen. Alle Fachleute sagen uns – wir alle wissen das auch aus der Pisa-Studie –, dass in Klassen mit 30 oder mehr Schülerinnen und Schülern aus didaktischen und pädagogischen Gründen heutzutage kein vernünftiges Arbeiten mehr möglich ist. Das hängt mit den gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen zusammen. Das hängt auch mit der Schwächung der Erziehungskraft in den Familien und mit der Tatsache zusammen, dass wir immer mehr verhaltensauffällige Schülerinnen und Schüler in unseren Klassen haben.
Wir brauchen heutzutage ein besseres Eingehen auf die persönlichen Bedürfnisse unserer Schülerinnen und Schüler, das aber unter den angesprochenen Zuständen in den Klassen nicht möglich ist.
Was ist die Folge? – Es muss häufig zum Frontalunterricht zurückgekehrt werden. Das ist nun wirklich nicht der Weisheit letzter Schluss im Bildungsbereich.
Wir fordern zum Dritten, dass die Berufsorientierung und die Berufsvorbereitung an den Hauptschulen durch die Stärkung des Faches Arbeitslehre sowie durch die Einrichtung von Tagen der Berufsorientierung verbessert und die Akzeptanz und Qualität der Hauptschulen nicht zuletzt durch gezielte Werbemaßnahmen der Bayerischen Staatsregierung für die Schulabschlüsse gestärkt werden.
Die bayerische SPD hat sich dafür schon frühzeitig eingesetzt. Wir tun das jetzt zum wiederholten Male, weil wir die Nöte an den bayerischen Hauptschulen aus eigener Erfahrung vor Ort kennen. Wir werden von den Kommunalpolitikern bestätigt. Diese wissen genau, was auf die kleinen Schulstandorte zukommt. Die kleinen Schulen auf dem Lande werden geschlossen. Damit geht nicht nur eine wichtige kulturelle Einrichtung im Dorfleben verloren, sondern damit ist auch noch mehr Schüler
tourismus verbunden. Die Kommunalpolitiker wissen, dass sie für die leer stehenden Schulräume zahlen müssen. Die Staatsregierung hält sich in dieser Beziehung vornehm zurück und reduziert die Fördermittel für die Schülerbeförderung ständig. Die Kommunalpolitiker wissen auch, dass sie zusätzliche Mittel aufwenden müssen, um den Ausbau zur sechsstufigen Realschule mit zu finanzieren. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes die Dreifach- und Vierfachlackierten. Wir wollen, dass dem Einhalt geboten wird.
Wir brauchen – und das ist besonders wichtig – für die innere Schulreform der Hauptschule eine Überarbeitung der Lehrpläne. Dabei kommt auch hier dem Fach Arbeitslehre eine besondere Bedeutung zu. Die Ausweitung zu der fünften und sechsten Jahrgangsstufe hin ist ein richtiger Weg, aber sie muss jetzt schnell umgesetzt werden.
Darüber hinaus brauchen wir geeignete Lehrerinnen und Lehrer, die in ihrer Ausbildung verstärkt das Fach Arbeitslehre studieren. Wir fordern deshalb, dass im Rahmen der LPO I dem Bereich Arbeitslehre ein entsprechender Stellenwert zugemessen wird. Wir wollen, dass an mindestens einem Lehrstuhl in Bayern die Arbeitslehre im Lehramtsstudium intensiviert und ausgeweitet wird.
Von entscheidender Wichtigkeit vor Ort ist, dass die Staatsregierung für die Abschlüsse der Hauptschule wirbt und deutlich macht, dass diese wirklich einen Qualitätsstandard darstellen. Die Schülerinnen und Schüler, die diese Abschlüsse machen, sind wirklich sehr gut. Es ist aber in der Wirtschaft noch nicht bekannt, welch hervorragende Leute man aus den Hauptschulen bekommen kann. Wie sonst ist es zu erklären, dass es große Betriebe gibt, die sich weigern, Hauptschüler auszubilden? Es ist höchste Zeit, dass die Staatsregierung etwas tut, um die Hauptschule als in hohem Maße qualifizierende Bildungseinrichtung aufzuwerten.
Ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Angebot an M-Klassen, das von der Kultusministerin angekündigt worden sind, ist längst nicht überall vorhanden. Auch in diesem Zusammenhang darf ich den Bürgermeister aus Taufkirchen zitieren, der sich heute öffentlich geäußert hat. Seine Aussage, die vom Schulamt bestätigt wird, lautet, dass im Landkreis Erding nur zwei Standorte mit M-Klassen bestehen. Das ist eine Katastrophe, weil damit die Chancen der Hauptschulen schwinden. Man muss daran denken, dass wirklich flächendeckend M-Klassen, M-Kurse, angesetzt werden, um den mittleren Schulabschluss zu stärken. Das ist für uns eine Grundbedingung für die Reform der Hauptschule.
Ein vielversprechender Ansatz war die Einrichtung der sogenannten P-Klassen, und zwar nicht nur an Brennpunkten, sondern auch darüber hinaus. Wir stellen aber fest – das trifft einmal mehr den ländlichen Raum –, dass bei der Ausstattung große Defizite bestehen. Die Kommunalpolitiker bestätigen, dass der Bedarf an Praxisklassen mit einem sehr starken Praxisbezug noch lange nicht gedeckt ist. Es ist wichtig, den 10% der Schulab
gängerinnen und Schulabgängern, die ohne Schulabschluss in die Berufswelt entlassen werden, entgegenzukommen. Gerade für solche Schülerinnen und Schüler ist es elementar wichtig, dass sie praktische Erfahrungen sammeln können. Es ist wichtig, dass sie auf diesem Wege in den Betrieben Erfolgserlebnisse sammeln können und lernen, was Leistungswille und Leistungsbewusstsein heißt. Es ist ein bildungspolitischer Skandal, dass jeder zehnte Schüler bzw. jede zehnte Schülerin in Bayern ohne einen Abschluss in die Berufswelt entlassen wird. Das dürfen wir nicht länger zulassen.
Wir müssen aufgrund der Strukturänderung, die Sie geschaffen haben, daran denken, dass sich die Klassenstrukturen auch an der Hauptschule stark verändert haben. Es fehlen immer mehr die sogenannten leistungsstärkeren Schülerinnen und Schüler, die jetzt in der fünften und sechsten Jahrgangsstufe vermehrt zur Realschule wechseln. Das hat Auswirkungen auf das praktische Unterrichtsgeschehen in den Klassen. Wir müssen daran denken, dass es gilt, innerhalb der Änderung der Lehrpläne darauf hinzuwirken, dass dieser neuen Klassensituation Rechnung getragen wird und für die insgesamt etwas schwächere Schülerschaft adäquate Unterrichtsformen und Anreize geschaffen werden.
Wir müssen auch darauf reagieren, dass zunehmend die Hauptschulstandorte schwinden und die Hauptschulen Probleme haben werden, eine Mehrzügigkeit zu erreichen. Andererseits haben wir die gegenteilige Situation an unseren Realschulen. Dort ist der Andrang riesengroß. Es ergibt sich das Problem, dass wir dort Platz für den Zustrom der Schülerinnen und Schüler schaffen müssen. Um den Hauptschülern den wohnortnahen Standort zu erhalten und andererseits für die Hinzukommenden Realschülerinnen und Realschüler Platz zu schaffen, kann es sich anbieten, die sogenannten „Regionalschulen“ zu testen. Nichts anderes fordern wir in einem unserer Anträge. Wir fordern, dass Hauptschüler und Realschüler wohnortnah die Schule besuchen können, indem man Verbünde in den ländlichen Regionen schafft. Wir fordern, dies in jedem Regierungsbezirk an mindestens einem Schulstandort im Rahmen eines Schulversuchs anlaufen zu lassen.
Ein unverzichtbarer Qualitätsansatz ist, dass gerade an den Hauptschulen ein Ganztagsangebot bestehen muss. Was die Bayerische Staatsregierung angekündigt hat, ist völlig unzureichend. Das hat mit Bedarfsgerechtheit und Flächendeckung nicht das Geringste zu tun. Wir fordern deshalb ein Gesamtkonzept für ganz Bayern, das auch die Hauptschulen umfassen soll. Wir wissen, dass unsere Forderungen nach besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht nur von großen Frauenverbänden, sondern auch von der Wirtschaft unterstützt werden, die ständig darauf drängt, dass etwas geschehen muss. Ich darf in diesem Zusammenhang beispielsweise an die Aussage von Paul Siebertz, dem Vorstandsitglied der Hypo/Vereinsbank, erinnern, der in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 24./25./26.12.2001 ausdrücklich betont hat, dass die in der Pisa-Studie festgestellten Defizite nicht mehr nur durch einen Vormittagsunterricht und vielleicht eine Ganztagsbetreuung von der CSU pro
pagiert wird, ausgeglichen werden können. Erforderlich, so sagt Herr Siebertz sehr dezidiert, sei eine Ganztagsschule mit einem pädagogisch durchgehenden Angebot. Das sollte inzwischen die allgemeine Unterstützung des ganzen Hauses erfahren, damit wir einen gewaltigen Schritt nach vorne kommen.
Es widerspricht aber offenbar immer noch Ihrer rückschrittlichen Ideologie; denn Sie haben immer noch ein bestimmtes Leitbild von Häuslichkeit, welches allerdings schon längst überholt ist. Wir fordern dagegen gemeinsam mit Verbänden, der Wirtschaft, dem Präsidenten des Städtetages und den Gewerkschaften, dass Sie Ihre ideologischen Hemmschuhe endlich ablegen.
Ich möchte an Sie, meine Kollegen von der CSU, mit Nachdruck appellieren, die Hauptschule nicht weiter zu vernachlässigen. Genau das wird nämlich getan. Sie haben in Ihrer Strukturreform einen großen Schwerpunkt eindeutig auf den Ausbau der Realschulen gelegt und dabei den gravierenden Fehler gemacht, die Hauptschulen sträflich zu vernachlässigen. Die Hauptschule hat für uns immer noch einen sehr hohen Stellenwert. Sie bildet Fachkräfte heran, die in der Wirtschaft dringend gebraucht werden; sie erzieht immer noch sehr viele junge Menschen zu lebenstüchtigen, wertvollen Mitgliedern unserer Gesellschaft. Soziale Probleme müssen, wenn sie rechtzeitig erkannt werden, in den Schulen angepackt werden, die neben dem Elternhaus nach wie vor die wichtigste soziale Instanz im Leben der Menschen sind. Gerade für die Rahmenbedingungen unserer Hauptschulen muss hier wieder etwas mehr getan werden. Wir brauchen jetzt einen speziellen Einsatz für unsere Hauptschule, und zwar bevor sie um ihr Überleben kämpfen muss. Die Schülerinnen und Schüler der Hauptschulen sind es wert, dass man sich für sie wieder verstärkt einsetzt. Wir dürfen sie nicht weiter alleine lassen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Thätter, bitte.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Was Herr Kollege Schneider hier an Behauptungen aufgestellt hat, kann nicht ohne Richtigstellung im Raum stehen bleiben. Ich weiß nicht, wo er gelesen haben könnte, dass die SPD ab der fünften Jahrgangsstufe in der Hauptschule schon M-Klassen fordert. Das ist uns so fern, wie ein intergalaktischer Stern. Ich weiß nicht, wie Sie sich das aus den Fingern gesogen haben. Unser Antrag, ich darf ihn hier noch einmal vortragen, lautet:
Stärkung der Hauptschulen IV Der Landtag wolle beschließen: Die Staatsregierung wird aufgefordert, eine flächendeckene Einrichtung eines „M-Angebotes“ umzusetzen und dabei ein durchgängiges Angebot der Jahrgangsstufen 7 bis 10 von M-Angeboten und die Bereitstellung von mindestens sechs Unterrichtsstunden je Klasse mit M-Kurs-Angeboten zu verwirklichen.
Von den fünften und sechsten Jahrgangsstufen lese ich hier nichts. Sie müssen uns schon zeigen, wo wir das im Zusammenhang mit unserem entsprechenden Antrag jemals angesprochen haben sollen. Das ist eine Unterstellung, die wir uns nicht gefallen lassen müssen.
Wir wollen allerdings erreichen, dass diese Angebote durchgängig geschaffen werden. Es ist Humbug, was derzeit vor Ort geschieht. Die Jahrgangsstufen sieben und acht unterrichtet man an der einen Hauptschule und die Jahrgangsstufen neun und zehn in der Hauptschule am Nachbarstandort oder umgekehrt, oder sogar das Ganze im Wechsel. Das schafft zusätzlichen Aufwand und verdeckt den Mangel nur mühsam.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Egleder, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Schneider?
Ja.
Die Regionalschule ist im Land Rheinland-Pfalz inzwischen ein Erfolgsmodell. Ich bitte Sie, sich vor Ort darüber zu informieren. Die Regionalschule kann für die Schulstruktur eine große Erleichterung schaffen, insbesondere für den ländlichen Raum. Dort gibt es inzwischen bereits an 70 Standorten dieses neue Schulangebot. Wir sollten dieses Modell deshalb auch in Bayern versuchsweise einführen, um vor allem dem ländlichen Raum zu helfen, denn dieser ist von den Schließungen der Hauptschulen ganz besonders betroffen. Das ist doch eine vernünftiges Sache, die man auch in Bayern ausprobieren könnte, weil damit sowohl für Hauptschüler und Hauptschülerinnen als auch für Realschüler und Realschülerinnen ein wohnortnahes Schulangebot geschaffen würde. Ich empfehle deshalb Ihrem Arbeitskreis, sich einmal in Rheinland-Pfalz dieses erfolgreiche Modell anzusehen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Staatssekretär Freller.
Herr Präsident, Frau Staatssekretärin! Aus welchen Gründen wurde bei der Einteilung der Einzugsgebiete des bevölkerungsbezogenen Krebsregisters Bayern von der Zuteilung nach Regierungsbezirken abgewichen, und welche Gründen sprechen gegen die Errichtung eines Tumorzentrums in Niederbayern?
Frau Staatssekretärin Görlitz (Verbraucherschutzmi- nisterium): Herr Präsident, Herr Kollege Egleder! Bei der Umsetzung des Auftrags des Gesetzgebers, spätestens ab dem 1. Januar 2002 Daten über Krebserkrankungen für das bevölkerungsbezogene Krebsregister Bayern im
gesamten Gebiet des Freistaates Bayern zu erfassen, war geprüft worden, welche Einrichtungen – zum Beispiel Tumorzentren oder onkologische Schwerpunkte – mit den Aufgaben und Befugnissen eines Klinikregisters nach Artikel 6 des Bayerischen Krebsregistergesetzes beauftragt werden können.
In einer Übergangszeit von zwei bis drei Jahren werden zunächst die vorhandenen Infrastrukturen der Tumorzentren Regensburg und München mit ihren Klinikregistern genützt; diese sind mit der Meldung an das bevölkerungsbezogene Krebsregister Bayern beauftragt worden. Nach dieser Erprobungsphase wird die Staatsregierung prüfen, ob für Niederbayern ein eigenes Klinikregister bestimmt werden kann. Diese Vorgehensweise beruht auf intensiven Gesprächen mit allen Beteiligten und erfolgte unter Einschaltung der Regierung von Niederbayern.
Aufgrund der bereits bestehenden Infrastrukturen wurden für bestimmte Klinikregister in Einzelfällen örtliche Zuständigkeiten erweitert. Unabhängig von den hieraus folgenden Überschneidungen der Grenzen der Regierungsbezirke werden künftig regierungsbezirksbezogene Auswertungen der Daten des bevölkerungsbezogenen Krebsregisters Bayern möglich sein.
Inwieweit geht die Staatsregierung bei ihren Überlegungen davon aus, dass Niederbayern einer der Regierungsbezirke ist, in dem die Krebsmodalität am höchsten in ganz Bayern ist und deshalb wie in Bayreuth für den Regierungsbezirk Oberfranken, in dem ähnliche Voraussetzungen bestehen, eine entsprechende Einrichtung geschaffen werden soll?
Frau Staatssekretärin Görlitz (Verbraucherschutzmi- nisterium): Es handelt sich um eine Feststellung Ihrerseits, dass es in Niederbayern mehr Krebsfälle gebe. Ich kann das nicht bestätigen. Ich kann Ihnen lediglich sagen, ob die Zahlen bezogen auf den jeweiligen Regierungsbezirk ermittelt werden können. Der Sinn des Krebsregisters ist, die Erkrankungen an dem Ort zu erfassen und dort zuzuordnen, an dem sie auftreten. Mit dem Krebsregister ist die Erfassung gewährleistet.
Frau Staatssekretärin, bestehen seitens der Staatsregierung Überlegungen, an die in Niederbayern bereits bestehenden onkologischen Abteilungen der Kliniken oder Krankenhäuser Erweiterungsmaßnahmen vorzunehmen, um ein Tumorzentrum einrichten zu können?
Frau Staatssekretärin Görlitz (Verbraucherschutzmi- nisterium): Diese Frage kann ich in diesem Zusammenhang nicht beantworten. Über die Ausweitung der entsprechenden Gesundheitsvorsorge muss man sich an anderer Stelle unterhalten. Im Rahmen dieser Anfrage kann ich diese Zusatzfrage nicht beantworten.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ganz offensichtlich spricht die Bayerische Staatsregierung auch zu dem Punkt, über den wir uns jetzt unterhalten müssen, mit gespaltener Zunge. Auf der einen Seite wird sie nicht müde, die hohe Qualität – das haben wir heute Vormittag wieder erlebt – der Bildung in Bayern zu loben, man könnte schon fast sagen, zu beweihräuchern. Auf der anderen Seite schafft sie es, mit einer so genannten „Regelung zur Gruppenbildung“ bayernweit nochmals Lehrerstellen, diesmal beim Religionsunterricht, zu streichen.
Damit erhöht sie mit Ihrer Unterstützung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Seite, den Druck, der jetzt schon im Religionsunterricht in Bayern besteht, noch einmal massiv. Sie alle wissen, wie die Situation ist. Geschätzt wird, dass flächendeckend etwa 5% des Religionsunterrichts von vornherein nicht gehalten werden kann. Sie wissen auch um die Situation der Religionspädagoginnen und -pädagogen, die teilweise acht bis neun Schulen an unterschiedlichen Schulorten zu betreuen haben. Nicht einmal jetzt, nach der Veröffentlichung der Pisa-Studie, zeigen Sie, dass sie bereit sind, auf diesem Weg der Stelleneinsparungen umzukehren.
Natürlich könnten Sie jetzt einwerfen, dass in der PisaStudie nicht explizit auf den Religionsunterricht eingegangen worden ist. Damit haben Sie recht. Die Studie zeigt aber ganz deutlich auf, dass es nicht nur bei den Kulturtechniken nötig ist, in Bayern mehr für die Bildung unserer jungen Leute zu tun. Um dem Mangel abzuhelfen, ist es auch notwendig, den Religionsunterricht zu stärken, anstatt ihn weiter zu schwächen, wie es hier geplant worden ist.
Dem Religionsunterricht kommt immer noch eine besondere Bedeutung in der Schulbildung unserer Kinder zu. Zunächst einmal darf ich hier in diesem Zusammenhang an die Verwirklichung des Verfassungsauftrages erinnern, der als oberste Bildungsziele Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen, Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl und Hilfsbereitschaft vorsieht; ich muss hier nicht die Verfassung in vollem Umfang zitieren.
Wo kann das besser gemacht werden, als im Religionsunterricht? – Hier wird ganz besonders der friedliche Umgang mit Konflikten, das Wahrnehmen und Bestehen
lassen unterschiedlicher Meinungen, also buchstäblich Toleranz und Respekt voreinander erlernt und, wenn es die Gruppenstärken zulassen, eingeübt. In keinem anderen Fach werden in solchem Umfang unsere gesamtgesellschaftlichen Werte vermittelt wie im Religionsunterricht. Hier können Schülerinnen und Schüler diese Werte für sich entdecken, deren Bedeutung für sich und andere nachspüren und sich damit auseinandersetzen, sie hinterfragen und verstehen lernen.
Hinzu kommt, dass in keinem anderen Fach an der Schule in diesem Maß das Kennenlernen anderer Kulturen und Religionen, anderer Lebensweisen und anderer Einstellungen möglich ist.
Nicht nur nach dem 11. September, der für viele junge Leute sehr tiefgreifende und elementare Fragen aufgeworfen hat, die man aufgreifen muss und die man mit ihnen besprechen muss, sondern schon immer war und ist dies von ganz außerordentlicher Bedeutung. Fremdenfeindlichkeit und Fremdenhass entstehen bekanntermaßen vor allem aus Unkenntnis und Nicht-Verstehen anderer Lebensweisen und Religionen mit deren speziellen Sitten und Gebräuchen. Gerade hier ist die Bedeutung des Religionsunterrichts bei der Entwicklung der Persönlichkeiten der Schulkinder herausragend. Wenn ich von Religionsunterricht spreche, dann meine ich damit auch den Ethikunterricht.
Es kommt noch einiges hinzu – um die Verfassung weiter zu zitieren –, was im Religionsunterricht erlernt und ermöglicht wird: der verantwortliche Umgang mit der Natur, die Auseinandersetzung mit der eigenen Religiosität und darüber, was für viele den Sinn des Lebens ausmacht und ausmachen soll.
Das alles, meine Kolleginnen und Kollegen, ist nur möglich, wenn im Religionsunterricht eine vertraute und angstfreie Atmosphäre herrscht und die Klassengrößen und sonstigen Bedingungen so sind, dass auch neue Unterrichtsformen und Lernmethoden eingesetzt werden können.
Das alles wischt die Bayerische Staatsregierung über das Kultusministerium mit ihrer „Regelung zur Gruppenbildung“ beiseite. Mit dieser Regelung zur Gruppenbildung werden Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Klassen zu Gruppen zusammengelegt, das Ganze geschieht jahrgangsübergreifend und – man höre und staune – sogar schulübergreifend.
Was das für den Religionsunterricht bedeutet, ist ganz offensichtlich.
Die bestehende vertrauliche Atmosphäre geht verloren. Während es zuvor noch möglich war, den friedlichen Umgang mit Konflikten spielerisch zu erlernen und zu üben, ist dies nun nicht mehr möglich, weil sich die Schülerinnen und Schüler aus Scham, sich eine Blöße zu geben, nicht mehr mit gleichaltrigen vertrauten Kolleginnen und Kollegen aus der Klasse austauschen und sich nicht mehr offen und persönlich äußern wollen. Dies gilt
besonders dann, wenn Jahrgangsstufen übergreifend Klassen zusammengefasst werden, weil die jüngeren Schülerinnen und Schüler oft etwas Furcht vor den ältern haben, während die älteren Schülerinnen und Schüler vor den jüngeren keine Blöße zeigen wollen.
Hinzu kommt noch, dass bei zusammengefassten Gruppen die Anwendung neuer Unterrichts- und Lehrmethoden nur noch schlecht möglich ist. Was bleibt den Pädagoginnen und Pädagogen übrig? Nachdem sie die Fäden der unterrichtlichen Ansprüche oftmals nicht zusammenbekommen, müssen sie zum nichtadäquaten Frontalunterricht übergehen, was gerade im Religionsunterricht wenig angebracht erscheint.
Mit ihrer „Regelung zur Gruppenbildung“ macht es die Bayerische Staatsregierung dem Religionsunterricht unmöglich, seinen bisherigen Aufgaben in ihrer vollen Bedeutung nachzukommen. Eine sinnvolle Werteerziehung, die schon jetzt sehr erschwert ist, wird damit erneut ein Stück weiter belastet. Sonst bestehen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU immer bis aufs I-Tüpfelchen auf die Erfüllung der Lehrpläne. Sie wissen doch ganz genau, dass es in solchen Gruppen schier unmöglich ist, die Lehrpläne in der vorgesehenen Weise zu erfüllen und den Stundentafeln, die Religion an unseren bayerischen Schulen immer noch als ordentliches Schulfach vorsehen, gerecht zu werden.
Man muss feststellen, dass dieses Mal der Religionsunterricht das Bildungssparopfer ist. Diese Regelung stellt eine weitere Sparmaßnahme zu Lasten unserer Schülerinnen und Schüler dar, weil sie ihnen das soziale Lernen, welches unsere Kinder für die Lebensgestaltung wirklich brauchen, erschwert. Wichtige Bildungsinhalte werden damit unseren Kindern genommen.
Hinzu kommt die fadenscheinige Begründung, die Sie hier liefern. Sie verstecken sich hinter den Bemerkungen des Obersten Rechnungshofes, dem angeblich speziell im Religionsunterricht die Gruppenstärken zu klein erschienen sind. Wo bleibt denn Ihr Einsatz, wenn es darum geht, den vom Rechnungshof gerügten Zuwachs von 4% mehr Spitzenbeamten in den Ministerien zu beschränken, was Sie zu verantworten haben?
Die Spitzenbeamten werden weiter hochgezogen. Der Wasserkopf wird aufgebläht, und dort, wo dringend Lehrerinnen und Lehrer gebraucht werden, zieht man das Personal durch diese und ähnliche Maßnahmen sogar noch ab. Schon heute entfallen an den Grundschulen geschätzte 5% des Unterrichts. Ich kann einige Beispiele nennen. An den Berufsschulen beträgt der Unterrichtsausfall 18,6%, an den Fachoberschulen sind es 58,4%. Dieser Unterricht kann nun auch in Zukunft nicht mehr gehalten werden. Schön langsam nähert sich dies ganz offensichtlich einem Skandal.
Die Zusammenlegung von Klassen über drei oder mehr Jahrgangsstufen hinweg oder sogar über verschiedene Schulen hinweg ist kein sinnvolles Instrument, um die Zahl der entfallenen Stunden zu reduzieren. Notwendig ist – darauf bestehen wir weiterhin – eine Zuweisung von
mehr Lehrerstellen auch für den Religionsunterricht. Auch wenn in Diasporagebieten Klassen übergreifende Gruppen für den Religionsunterricht gebildet werden müssen, kann es dennoch nicht hingenommen werden, dass Sie die Situation mit Ihrer Regelung noch einmal deutlich verschärfen. Nicht zuletzt deshalb kritisieren auch die Religionspädagoginnen und -pädagogen selbst diese Regelung aufs Schärfste. Das geht hin bis zum Landeskomitee der Katholiken und zu anderen christlichen Vereinigungen und Verbänden. Von ihnen allen wird diese Maßnahme kritisiert. Das sollte Ihnen auch bekannt sein.
Sie setzten mit dieser Anordnung ein falsches gesellschaftspolitisches Signal. Mit dem Aufhängen von Kruzifixen ist es nicht getan, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Wir müssen darüber hinaus unsere Klassenzimmer auch damit erfüllen, dass dort ein qualitätsvoller Religionsunterricht gehalten wird. Daran dürfen wir Sie an dieser Stelle ganz deutlich erinnern.
Deshalb fordern wir Sie ganz entschieden auf, darauf hinzuwirken, dass diese Anordnung schnellstmöglich zurückgenommen wird. Wir haben es durch unseren Druck, den wir gemeinsam mit den kirchlichen Organisationen Ende letzten Schuljahres auf Sie ausgeübt haben, immerhin schon geschafft, dass das Schlimmste vorläufig verhindert werden konnte. Dennoch ist es nötig, diese Verordnung möglichst schnell zurückzunehmen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bei der Finanzierung der Bildung sehen Sie von der CSU und wohl auch Sie, Herr Sackmann, Ihre Rolle darin, mit aller Kraft einzusparen. Dies gilt für die Erhöhung der Klassenstärken, für die Mehrbelastungen von Lehrerinnen und Lehrern und vor allem für die Einsparung von Planstellen, die Sie in den letzten Jahren in großem Stil vorgenommen haben.
Ich kann Ihnen dies nachweisen. – Ferner bleibt bei Ihnen ungehört – –
Sie sind hier auf alle Fälle betroffen, sonst würden Sie sich hier nicht so echauffiert aufführen.
Erstens haben wir Ihre Vorgehensweise erst vor kurzem erleben müssen. Sie rühmen sich mit der Tatsache, in Bayern die Schulsozialarbeit eingeführt zu haben. Wir haben 1995 die Schulsozialarbeit gefordert. Seitdem sind nur einige Modellversuche entstanden. Sie aber streichen momentan diese Modellversuche und fordern, dass diese Aufgabe die Kommunen voll
und ganz übernehmen müssten, wenn diese erfolgreiche Arbeit weitergeführt werden soll.
Die Kommunen aber sagen, sie seien gerade bei den Kosten der Bildung schon so hineingedrückt worden, dass sie diese Aufgabe nicht auch noch tragen könnten. Die Schulsozialarbeit ist aber dringend nötig. In Bayern finden landauf landab Veranstaltungen zur Schulsozialarbeit statt. Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter, Eltern und Elternverbände suchen händeringend nach Möglichkeiten, die Schulsozialarbeit zu installieren. Hier ist ein riesiges Betätigungsfeld und eine riesige Herausforderung für die Zukunft, der Sie in keiner Weise nachkommen.
Sie sparen im Gegenteil weiter ein und wälzen Kosten im Bereich der Bildung und Erziehung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die der Freistaat Bayern zuständig ist, auf die Kommunen ab.
Sie verschieben auch Kosten in einem Bereich, nämlich dem Schulsport, der sich in Zukunft noch dramatisch auswirken wird. Ich spreche von Kürzungsmaßnahmen bei der dritten und vierten Sportstunde, die sich in Zukunft noch dramatischer auswirken werden.
Ich muss mich bei dieser Unruhe bemühen zu schreien, damit es bei der CSU ankommt.
Leider, denn sonst stünde es um den Schulsport besser und wäre Bayern insofern nicht das Schlusslicht in ganz Deutschland. Diese traurige Tatsache müsste unseren Landessportbeirat – Herr Schneider ist gerade nicht im Haus – noch mehr auf die Beine bringen, um die Situation endlich zu verbessern. Sie verschieben bereits jetzt die Kosten in die Zukunft hinein und aus den Kassen des Haushalts des Freistaats Bayern – Sie haben allein beim Sport 900 Planstellen eingespart – in die Sozialkassen des Bundes zu verschieben, weil Sie wissen, dass Sie dafür in absehbarer Zeit nicht mehr zuständig sein werden, woraus später Reha-Maßnahmen für junge Leute, die aus Ihrer Umgebung herausfallen, finanziert werden müssen. Dies ist eine klare Verschiebung der Kosten nicht nur hin zu den Kommunen, sondern auch zum Bund.
Ich bitte Sie dringend, beispielsweise den „Bayernsport“ zu lesen oder zu einer der Veranstaltungen zu gehen, auf der die Misere beim Schulsport beklagt wird oder zu dem eben angesprochenen Landessportbeirat zu gehen und dort die Meinungen und Darstellungen aufzufassen.
Tatsache ist, dass nicht einmal mehr 20% der 13-jährigen Knaben bei uns in Bayern einen Felgaufschwung, eine der einfachsten Aufgaben, hinbekommen. Tatsache ist auch, dass bei den Bundesjugendspielen die Leistungen massiv zurückgehen.
Die körperliche Leistungsfähigkeit und der Gesundheitszustand unserer Kinder verschlechtern sich dramatisch.
Tatsache ist, Herr Kollege, dass sogar schon Schulwanderungen von vielen Kindern als Strapaze empfunden werden, weil sie die Leistungsfähigkeit dafür nicht mehr besitzen. Wir bitten Sie, hier anzusetzen und die Dinge zum Besseren zu wenden.
Das Motto der Staatsregierung und der CSU-Fraktion, zum Beispiel auch heute wieder: zum einen Ohr hinein, und zum anderen Ohr sofort wieder hinaus. Dieses Motto gilt für Sie auch dann, wenn es um die Kostenverlagerungen zu Lasten der Kommunen geht.
Wir stellen dies bei der Schülerbeförderung fest. Von den ehemals 80% des Kostenersatzes für die Kommunen sind maximal noch 55% übriggeblieben. Das sind Millionenbeträge, die die Kommunen Jahr für Jahr aus ihren Haushalten als Ersatz, für Leistungen, die der Freistaat Bayern nicht mehr erbringt, aufbringen müssen. Das gleiche gilt auch für die Mittagsbetreuung und andere Bereiche, in denen es die Kommunen aufgrund ihrer Finanzlage nicht mehr schaffen, für den Freistaat Bayern die Kosten zu übernehmen.
Sie sind deshalb dringend aufgerufen, nicht wie auf dem Basar zu handeln und um die Kosten zu schachern nach dem Motto „I make you a good price“, was hinterher nicht eingehalten werden kann. Als diejenigen in Bayern, die für Bildung und Erziehung Verantwortung tragen, sind auch Sie aufgefordert, hier wieder für Verbesserungen zu sorgen.
Herr Staatsekretär, wie beurteilen Sie die Darstellung, dass zunehmend verhaltensauffällige Schülerinnen und Schüler an die Sonderschulen geschickt werden und immer seltener diejenigen Schüler, die einen ausgewiesenen Förderbedarf haben? Sehen Sie eventuell eine Möglichkeit, durch Schulsozialarbeit für verhaltensauffällige Schülerinnen und Schüler an der Regelschule etwas mehr zu tun?
Herr Staatssekretär! Trifft es zu, dass sich die Staatsregierung nach dem Auslaufen der dreijährigen Modellphase der in Bayern installierten Modellprojekte zur Schulsozialarbeit aus diesen erfolgreichen Projekten zurückziehen will, und wie stellt sich die Staatsregierung die weitere Entwicklung und Finanzierung der Schulsozialarbeit an den bestehenden und gegebenenfalls weiteren Standorten vor?
Herr Staatssekretär, zur Zeit werden die Verantwortlichkeiten zwischen dem Kultus- und dem Sozialministerium hin- und hergeschoben. Deshalb frage ich: Sind Sie auch der gleichen Meinung wie die Landräte und die kommunalen Spitzenverbände, dass die Verantwortlichkeit für Schulsozialarbeit beim Kultusministerium liegen sollte und von dort in Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium und den örtlichen Trägern der Schulen die Finanzierung sichergestellt werden soll?
Herr Staatssekretär, da sich der Terminus Schulsozialarbeit allgemein in Deutschland durchgesetzt hat, ist damit auch der Ort festgelegt, wo diese stattfinden soll, nämlich in der Schule. Ist die bayerische Staatsregierung in Anbetracht der Tatsache, dass man
die laufenden Projekte nicht stoppen kann – sie sind sehr erfolgreich und werden dringend benötigt –, bereit, ein Sofortprogramm für die Förderung und Weiterführung der Schulsozialarbeitstandorte aufzulegen und einen Systembruch bei der Förderung zu vermeiden, der dann entstehen würde, wenn die Kommunen dies übernehmen müssten?
Herr Staatssekretär! Aus welchen Kraftwerken – Ort und Art – soll der laut Forschungsbericht „Energieverbrauchsprognose für Bayern“ des Instituts für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart vom Mai 2000 für Bayern zu beziehende Atomstrom für das Jahr 2020 produziert und geliefert werden?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekretär, bitte.
Herr Staatssekretär, wie will die Bayerische Staatsregierung das, was im Gutachten an Atomstrom angesetzt ist – abgesehen davon, dass dieses Gutachten, das sicher nicht billig war, damit auch wertlos ist – ausgleichen?
Herr Staatssekretär! Da das Werk Ohu I seit 1979 in Betrieb ist, die Anlage in Grafenrheinfeld seit 1982 und Gundremmingen seit 1984 und daher absehbar ist, dass diese Anlagen nach der politischen Willensbekundung etwa bis 2020 aus dem Betrieb genommen werden, frage ich Sie, ob daran gedacht ist – und wenn ja, in welchem Umfang –, aus Kraftwerken aus dem osteuropäischen Raum Atomstrom zu beziehen?
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekretär, bitte.
Frau Staatsministerin, nachdem der Altenhilfeplan des Freistaats Bayern die Quote von 4% der über 65-jährigen Leute in Bayern ansetzt, für die ein Pflege- und der Altenheimplatz bereit stehen muss, frage ich Sie, ob diese Quote, nachdem dieser Bevölkerungsanteil zunimmt, von 4% auf 5% oder weiter erhöht werden muss.
Herr Staatssekretär, an wie vielen Gymnasien in Niederbayern wurde im Schuljahr 2001/2002 im Vergleich zum Schuljahr 1999/2000 in welchem Umfang die Zuweisung von Lehrerstunden verändert, und in welchem Maße veränderte sich an den einzelnen Gymnasien das Wahlpflicht- und Wahlangebot in den einzelnen Fächern?
Herr Staatssekretär, da bekannt ist, dass nach der Aufhebung der Klassenrichtzahlen an manchen Gymnasien die Klassenstärken auf teilweise 35 oder 36 Schüler pro Klasse nach oben gegangen sind und an anderen Gymnasien das Wahlangebot reduziert werden musste, frage ich Sie: Wäre es möglich, in die Übersicht eine Gegenüberstellung dieser Werte, bezogen auf die einzelnen Gymnasien, die Lehrerstundenzahlen, das Fächerangebot und die Klassenstärke in einer Gesamtzusammenschau aufzunehmen?
Herr Staatssekretär, ist es Ihnen möglich, eine Übersicht besonders für die Schulen zu geben, an denen das Lehrerstundenangebot in der ersten Stufe reduziert werden musste, über die Folgeschritte, die wegen der 50prozentigen Budgetierung im nächsten Schuljahr und der 100prozentigen Budgetierung im übernächsten Schuljahr speziell auf diese Gymnasien zukommen werden.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, Sie liegen grundverkehrt, wenn Sie dem Volksbegehren unterstellen, es sei unzulässig. Ihr Ministerkollege vom Innenministerium hat das Volksbegehren zugelassen und damit bestätigt, dass es keinesfalls unzulässige Kosten verursacht.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich wollte wirklich, es wäre damals Schwarzmalerei gewesen, als ich in der Plenarsitzung am 6. Mai des vergangenen Jahres
sagte, ich wollte auf keinen Fall, dass an unseren bayerischen Schulen in absehbarer Zeit amerikanische Verhältnisse einkehren. Im Nachhinein beweisen meine damals zugegebenermaßen etwas dramatisierenden Worte aber doch, dass man offenbar nicht oft und rechtzeitig genug auf Problemlagen hier bei uns in Bayern hinweisen kann und vor allem präventive Maßnahmen einfordern kann.
Dass aber gerade die schlimmen Vorfälle Anfang Dezember – wir alle stehen noch unter diesen Eindrükken – im beschaulichen Metten im ländlichen Niederbayern fern aller so genannten Brennpunktsymptomatik meine damalige Forderung nach Schulsozialarbeit und gewaltpräventiven Maßnahmen im Unterricht unterstreichen müssen, ist für uns alle in Bayern besonders traurig.
Wenn wir unmittelbar danach aus den Medien von Vergewaltigung auf dem Schulweg, rechtsradikalen Umtrieben an Schulen, verbaler Gewalt im Schulbus, Erpressungen, Schutzgelderzwingungen und einer Art Aufrüstung, wenngleich Gottlob nur einer kleinen Gruppe von Schülerinnen und Schülern, mit Schlagringen, verschiedenen Stich- und Wurfwaffen bis hin zu Pistolen erfahren, ist es allerhöchste Zeit, nicht nur die schlimmen Erscheinungsformen zu beklagen oder sich hinter Ihren konservativen Law-and-Order-Rufen zu verschanzen und die Augen fest zuzumachen, sondern endlich grundlegend etwas gegen das Versagen unserer Gesellschaft und die Zunahme der sozialen Probleme zu tun.
Wie sehr sich die Lebens- und Lernbedingungen der Schülerinnen und Schüler geändert haben, zeigen uns die folgenden Beispiele, die ich herausgreifen möchte. 60% der Kinder wachsen heutzutage als Einzelkinder auf. 20% der Grundschüler schauen länger als fünf Stunden am Tag Fernsehen. 50% der Kinder sitzen bis zu fünf Stunden vor dem Bildschirm. Das sagen einwandfrei nachgewiesene Statistiken aus. Auf den ständig erhöhten Leistungsdruck reagieren immer mehr Schülerinnen und Schüler mit Resignation bis hin zu Leistungsverweigerung. Die Zahl der notorischen Schulschwänzer und Schulabgänger ohne Abschluss ist geradezu alarmierend.
Diese Erscheinungsformen können nicht monokausal zugeordnet werden, sondern sie beruhen auf einem Ursachengeflecht aus Alleingelassensein, Gewalt in der Familie, fehlender Werteorientierung, Medieneinwirkung, Schulversagen, falschen Vorbildern, erdrückenden sozialen Problemen und ungenügender Integration. Dementsprechend muss innerhalb einer konzertierten Aktion aus Eltern, Lehrern, Jugendämtern, Schulpsychologen, Erziehungshilfen bis hin zu Jugendrichtern, kirchlichen Einrichtungen, Polizei- und Jugendarbeit ein Netzwerk aufgebaut werden, das uns dazu befähigt, nicht nur die schlimmsten Auswüchse zu verhindern, sondern bereits im Vorfeld präventiv wirken zu können.
Eine unserer Uraltforderungen an die CSU-Staatsregierung besteht darin, die Lehrerinnen und Lehrer besser in die Lage zu versetzen, innerhalb ihres Unterrichts– und
Erziehungsauftrags wirksamer reagieren zu können. Unsere Forderungen nach einer entsprechenden Lehreraus– und –fortbildung sowie nach Verbesserungen der Rahmenbedingungen haben wir schon beinahe gebetsmühlenartig mit Nachdruck vertreten. Meine Damen und Herren von der CSU, Sie haben zu verantworten, dass wir damit nicht aus den Startapparaten herausgekommen sind.
Aber halt: Laut einer Zeitungsmeldung vom 29. Januar 2000 prasselt urplötzlich der volle Segen der Waldorf-Ministerin auf die zukünftigen Pädagogen der Universität Passau und damit auf das krisengeschüttelte Niederbayern herab. Ein sogenanntes ehrgeiziges Projekt für das neue Schulmillennium. Frau Staatsministerin Hohlmeier schuf flugs einen auf zwei Jahre angelegten Modellversuch zur „Bewältigung von Problemsituationen im Klassenzimmer“. Dieses Modell stattete sie mit 61000 DM, also 30500 DM pro Jahr und 15000 DM pro Semester aus. Wie sie sagte, genehmigte sie diese Mittel mit großer Freude, um junge Menschen aus den Unis zu entlassen, die gute Lehrer sind. Wenn man die 500 Millionen DM, die für die Einführung der R 6 gebraucht werden, mit dieser läppischen Summe vergleicht, weiß man, wie groß der Ehrgeiz der Ministerin auf diesem Gebiet wirklich ist.
Ich möchte darauf hinweisen, dass wir ein Landesprogramm „Schulsozialarbeit“ gefordert haben. Dafür wäre es höchste Zeit. Ich möchte auch noch auf das positive Beispiel eingehen, das Herr Sibler genannt hat: Die Bayerische Staatsregierung hat für die Entwicklung am Gymnasium Landau 40000 DM zur Verfügung gestellt, die Kommunen 200000 DM und private Geldgeber 400000 DM. Dies beweist, wie groß das angebliche Engagement der Bayerischen Staatsregierung auf diesem Gebiet an unseren Schulen ist.
Herr Präsident, ich glaube mich zu erinnern, dass einige meiner Vorredner ebenfalls ihre Redezeit überzogen haben.
Ich weise im letzten Satz darauf hin, dass wir die drängenden Probleme in eigenen Veranstaltungen ansprechen werden. Ich denke an den immer massiver werdenden Unterrichtsausfall, an die katastrophalen Zustände beim Schulsport, an die tatsächliche Situation der mobilen Reserven und an die notwendigen Mittel, die wir unseren Kommunen als Aufwandsträger vor Ort zur Verbesserung ihrer Situation an die Hand geben müssen. Die Kommunen werden durch die Beschlüsse immer weiter in Verantwortlichkeiten hinein
gedrängt. Ich denke auch an die Mittagsbetreuung und an die Sachaufwandsträgerschaften.