Heinz Mehrlich

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In welcher Höhe stehen dem Straßenbauamt Würzburg im Jahr 2003 Finanzmittel für Um- und Ausbaumaßnahmen, Bestandserhaltung, Unterhalt und
Winterdienst der Staatsstraßen – und wie viel davon für reine Neu- und Ausbaumaßnahmen zur Verfügung?
Antwort der Staatsregierung: Dem Straßenbauamt Würzburg stehen derzeit für das Haushaltsjahr 2003 aus dem Staatsstraßenhaushalt für Um- und Ausbaumaßnahmen, Bestandserhaltung und die Unterhaltung und Instandsetzung einschl. Winterdienst Haushaltsmittel in Höhe von rd. 9,6 Mio e zur Verfügung. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
für Neu-, Um- und Ausbaumaßnahmen: 2.3 Mio. e
für Bestandserhaltung: 2,3 Mio. e
für Unterhalt und Winterdienst: 5,0 Mio. e
Die derzeitige Haushaltszuweisung für das Straßenbauamt Würzburg berücksichtigt noch nicht die noch zu erbringenden Leistungen Dritter. Dies bedeutet, dass sich durch Kostenbeteiligungen anderer Straßenbaulastträger an gemeinschaftlichen Maßnahmen (z.B. Kreu- zungsumbauten) die Ausgabemittel des Straßenbauamtes Würzburg erhöhen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Umweltausschuss und auch im Kommunalausschuss mehren sich die Beschwerden darüber und die Petitionen dazu, dass in Sachen Abwasser Landtagsbeschlüsse, insbesondere aus dem Jahr 1996, aber auch aus vorhergehenden Perioden, nicht realisiert und von den Wasserwirtschaftsbehörden bei der Genehmigung von Abwasserbeseitigungsanlagen bzw. Abwasserreinigungsanlagen nicht hinreichend berücksichtigt werden. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt, der fordert, dass endlich Beschlüsse im Abwasserbereich vollzogen werden. Die Wasserwirt
schaftsbehörden sind oft Verbündete der Landratsämter als Genehmigungsbehörden und weigern sich, entsprechende Beschlüsse zu vollziehen.
Das kann man auch daran sehen, dass es in Bayern immer noch beschämend wenige Kläranlagen in kommunaler Zuständigkeit gibt, die das Wasser mit Hilfe von natürlichen Vorgängen – Wurzelraumverfahren, Pflanzenkläranlagen – reinigen. Es reichen die zehn Finger unserer beiden Hände aus, um diese Kläranlagen in kommunaler Trägerschaft in Bayern zu zählen.
Mittlerweile gibt es Bürgerbegehren und sogar einen Bürgerentscheid in Sulzdorf an der Lederhecke im Landkreis Rhön-Grabfeld, wo sich die Bevölkerung im Rahmen der Bundestagswahl für eine dezentrale und natürliche Abwasserreinigung eingesetzt hat.
Es gab auch eine Petition im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit, die der Staatsregierung mit verschiedenen Auflagen einstimmig zur Würdigung überwiesen worden ist. Darin steht, dass, wie gesetzlich vorgesehen, alle ein Jahr lang an den Bürgerentscheid gebunden sind und dass die Genehmigungs- und Fachbehörden gehalten sind, die Gemeinde bei ihrem Plan zu unterstützen, eine natürliche Kläranlage zu errichten.
Vor einigen Tagen wurde mit dem Bau begonnen. Aber kaum hatte man mit den Vorbereitungsarbeiten angefangen, kam die Polizei, die vom Landratsamt geschickt worden war, und die Bauarbeiten mussten eingestellt werden. So gehen die bayerischen Behörden mit Beschlüssen des Bayerischen Landtags um. So wird mit einem Bürgerentscheid in Oberessfeld im Landkreis Rhön-Grabfeld umgegangen. Ich halte das für einen Skandal.
Es wird gesagt, es liege keine Baugenehmigung für die Gesamtanlage vor. Dabei wurde nur mit den Vorarbeiten begonnen. Man hat den Eindruck, ja geradezu die Gewissheit, dass auf Zeit gesetzt wird, bis das Jahr der Bindungsfrist des Bürgerentscheids abgelaufen ist. Ein halbes Jahr ist bereits um. Die Gemeinde hat sich das nicht gefallen lassen und eine renommierte Anwaltskanzlei aus Würzburg eingeschaltet. Sie kennen Herrn Baumann, dessen Vater lange Jahre Mitglied der CSULandtagsfraktion war; aber dies nur nebenbei.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich meine, so kann es nicht weitergehen. Wir können uns doch als Gesetzgeber nicht von den Behörden auf der Nase herumtanzen lassen, wenn es um den Vollzug von Landtagsbeschlüssen geht!
Als Oppositionspolitiker stehe ich hier nicht allein. Auch Ihr Fraktionsvorsitzender Alois Glück hat schon in den Neunzigerjahren im „Münchner Merkur“ darüber geklagt, dass die Behörden den Landtag ausbremsen würden. Sie bremsen tatsächlich diesen Landtag aus. Auch Herr Kollege Walter Hofmann hat sich darüber schon beschwert.
Ein untrügliches Zeichen für Ihr schlechtes Gewissen bei der Ablehnung unseres Antrags, dass Landtagsbeschlüsse endlich umgesetzt werden sollen, ist, dass sich vier Mitglieder der CSU-Fraktion im Kommunalausschuss der Stimme enthalten haben. Ich bin jetzt seit fünf Jahren in diesem Ausschuss, aber dass sich gleich vier Mitglieder der CSU bei einem SPD-Antrag der Stimme enthalten haben, habe ich noch nicht erlebt.
Wie gesagt, ich denke, wir können uns das nicht länger bieten lassen. Wenn die Behörden sich beim Vollzug von Landtagsbeschlüssen querstellen, muss endlich die politische Spitze des zuständigen Ministeriums tätig werden und dafür sorgen, dass diese Praxis eine andere wird.
Von Staatsminister Dr. Schnappauf kann man das aber wohl nicht verlangen, weil er in seinem eigenen Haus und in seiner eigenen Fraktion umstritten ist. Damit wird seine Schwäche deutlich. Ich will gar nicht darauf hinweisen, dass er nicht Mitglied dieses Landtags ist. Sie wissen das so gut wie ich. Es wird jedenfalls Zeit, dass eine andere Praxis greift und dass die Beschlüsse des Landtags nicht nur ernst genommen, sondern endlich auch umgesetzt werden. Die Zeit ist nicht nur reif, sie ist überreif. Appellieren Sie selbst bei Fraktionssitzungen an Ihren Staatsminister Dr. Schnappauf. Nehmen Sie ihn als CSU-Mehrheitsfraktion in die Pflicht, wenn er selbst nicht in der Lage ist, Landtagsbeschlüsse umzusetzen.
Als 1998 die Zuständigkeit für Wasser und Abwasser vom Innenministerium auf das Umweltministerium übergegangen ist, hat man gedacht, dass den natürlichen Maßnahmen – Schilfkläranlagen, Wurzelraumkläranlagen – endlich mehr Gewicht beigemessen wird. Nein, man hätte es sich denken können: Nichts ist passiert. Auch daran wird deutlich, dass Ihr Minister Dr. Schnappauf ein schwacher Mann ist, der noch nicht einmal sein eigenes Haus im Griff hat.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Kollegin Paulig.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Professor Dr. Faltlhauser, Finanzminister in Bayern, wenn man weiß, dass CDU und CSU, Regierungschefs und Minister in Kompaniestärke in den letzten zwanzig Jahren den Begriff Konnexität wie der Teufel das Weihwasser gemieden haben, ist es grotesk, Ihnen heute bei Ihren Ausführungen zuhören zu müssen.
Für Kohl und Waigel – Faltlhauser war Staatssekretär –, Strauß, Streibl und Stoiber war das überhaupt kein Thema. Wenn die jetzige Bundesregierung das Konnexitätsprinzip in die Koalitionsvereinbarung aufnimmt, ist es für Herrn Faltlhauser nicht konkret genug. Sie sind der Letzte, der ein Recht hat, darüber zu richten.
Vielleicht sollten Sie sich endlich einmal die zehn Punkte umfassenden Forderungen des Bayerischen Gemeindetages – vorgestern in Iphofen verabschiedet – zu Gemüte führen. Der Bayerische Gemeindetag und sein Präsident haben endlich erkannt, dass die Verursacher der Finanzmisere der Kommunen nicht nur in Berlin, sondern vor allem in München sitzen. Deswegen haben sie diesen Zehn-Punkte-Katalog an die Bayerische Staatsregierung gerichtet. Er enthält fast durch die Bank Forderungen, die wir bereits im Bayerischen Landtag
eingebracht haben und die von Ihnen in den letzten Jahren stets abgelehnt worden sind.
Vor dem Hintergrund der geschichtlichen Tatsache, dass Sie 16 Jahre lang in Bonn an der Regierung waren, die letzte kommunale Finanzreform – man höre und staune – 1970 unter Willy Brandt als Bundeskanzler durchgeführt wurde, wir im Bayerischen Landtag seit 15 Jahren darüber reden, das kommunale Finanzausgleichsgesetz endlich auch in Bayern zu ändern, dann endlich mit Kabinettsbeschluss vom 21. 03. 2000 eine interministerielle Kommission unter Ihrem Vorsitz eingerichtet worden ist und jetzt nach drei Jahren, nachdem man jahrelang überhaupt nichts gehört hat, die ersten dürftigen Ergebnisse auf den Tisch gelegt worden sind, haben Sie jedes Recht verloren, über die kommunale Finanzreform des Bundes, die noch nicht zu Ende ist, sondern in Berlin erst angedacht wird, herzufallen.
Ich darf aus der Antwort auf meine Schriftliche Anfrage zur Reform des Bayerischen Finanzausgleichsgesetzes die letzten Sätze zitieren. Dort heißt es wörtlich:
Wegen der komplexen Wechselwirkungen des kommunalen Finanzausgleichs müssen Maßnahmen in diesem Bereich sorgfältig untersucht und abgewogen werden.
Das ist richtig. Das gilt aber auch für den Bund. Es heißt dann weiter im zweiten und dritten Satz:
Schnellschüsse wären hier verfehlt. Die Diskussion wird sich daher mit Sicherheit auch in die nächste Legislaturperiode erstrecken.
Der erste Bericht auf Beamtenebene liegt vor. Er soll jetzt dem Ministerrat bzw. der ministeriellen Arbeitsgruppe vorgelegt werden. Dann wollen wir einmal sehen, ob und wann der Landtag mit dem Thema befasst wird. Sie schreiben ja selber nach 15 Jahren Debatte, dass sich die Diskussion in die nächste Legislaturperiode erstrecken wird.
Ich muss ein paar Ausführungen zur Gewerbesteuer machen, weil auch der Minister meinte, darauf hinweisen zu müssen, dass die Gewerbesteuer konjunkturabhängig ist. Wer hat denn diese Gewerbesteuer konjunkturabhängig und nahezu ausschließlich gewinnorientiert gemacht? Das waren doch Sie in Bonn, weil Sie mit dem Wegfall der Gewerbekapitalsteuer zum 01. 01. 1998 dafür gesorgt haben, dass die Gewerbesteuer konjunkturabhängig geworden ist und nur noch nach dem Gewerbeertrag berechnet wird. Es darf doch wohl nicht wahr sein, dass Sie sich jetzt darüber beklagen. Des weiteren muss ich hinzufügen: Es ist zwar richtig, dass als Ausgleich für den Wegfall der Gewerbekapitalsteuer eine Beteiligung der Kommunen im Umfang von 2,2% an der Umsatzsteuer eingeführt worden ist. Ich möchte aber auch daran erinnern, Herr Minister: Wer hat denn damals dafür gesorgt, dass die ursprünglichen Pläne von Waigel nicht Wirklichkeit wurden? Die sozialdemokratische Mehrheit im Bundesrat hat dafür gesorgt, dass dieser Ausgleich deutlich angehoben worden ist.
Ich muss leider Gottes schon Schluss machen, meine Redezeit ist abgelaufen.
Ich möchte abschließend noch darauf hinweisen: Sie sollten endlich die frei verfügbaren kommunalen Finanzmittel erhöhen und vor allem an die Entwicklung des Staatshaushalts angleichen. Wenn Sie darüber hinaus noch Ihre Schulden bei den Kommunen rechtzeitig zahlen würden, dann hätten die Kommunen in den letzten zehn Jahren mindestens 5 Milliarden Euro mehr in der Kasse gehabt. Sie haben das kommunale Schuldenfass gefüllt, sonst niemand.
Herr Dr. Faltlhauser, Sie sprachen davon, dass die Kommission, die im Frühjahr 2000 per Kabinettsbeschluss eingesetzt worden ist, bereits vor einem Jahr ihre Arbeit abgeschlossen habe. Wie verträgt sich das mit den Aussagen einer Ministerialrätin Ihres Hauses, die vor einigen Monaten im Innenausschuss des Bayerischen Landtages gesagt hat, dass die Arbeiten noch nicht abgeschlossen seien und dass beabsichtigt sei, im Frühjahr dieses Jahres die Ergebnisse im Bayerischen Landtag vorzulegen? Wann endlich werden diese Ergebnisse dem Bayerischen Landtag vorgelegt?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Protokoll des federführenden Umweltausschusses heißt es – im Konjunktiv, wie das bei Protokollen so üblich ist –, und ich zitiere Herrn Ministerialrat Geisenhofer:
30 Jahre lang sei ohne Zweitwohnsitz gefördert worden. Die RZWas 2000
also die, die die RZWas 91 abgelöst hat –
kenne auch keine Zweitwohnsitze.
Da muss ich mich eigentlich schon fragen, was dieser Antrag überhaupt soll.
Das liegt ja lange zurück. Dass er heute noch hochgezogen wurde, kann ich nicht so ganz nachvollziehen.
Gleichwohl muss ich sagen, wenn wir schon bei der RZWas sind und weil vorhin auch die Kommunalfinanzen beim Herrn Finanzminister und bei anderen Rednern eine große Rolle gespielt haben, was in dieser so genannten neuen RZWas im Wesentlichen zum Nachteil
es geht um die RZWas, Herr Hofmann, und Sie haben diesen Antrag hochgezogen – der Kommunen geregelt wurde. Die Förderschwelle wurde dramatisch nach oben gezogen, und zwar so dramatisch, dass 50% der antrag
stellenden Kommunen bzw. der Kommunen insgesamt überhaupt keine Zuschüsse mehr bekommen. Ist das die Kommunalfreundlichkeit der Bayerischen Staatsregierung?
Darüber hinaus erhalten die Kommunen, die noch Zuschüsse bekommen, wesentlich geringere als vorher nach der alten RZWas 91.
In diesem Zusammenhang, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist mir eine Presseerklärung des damaligen Umweltministers Dr. Thomas Goppel vom 25. Januar 1996 in die Hände gefallen, in der er davon sprach, die Abwasserversorgung und Abwasserbeseitigung koste Geld. Das ist eine Binsenweisheit. Jetzt kommt es:
In den nächsten zehn Jahren
so schrieb er 1996 –
steht ein Investitionsbedarf über 20 Milliarden auf diesem Gebiet an, unter anderem für die Verbesserung der Abwasserbeseitigung im ländlichen Raum, für den Bau und die Sanierung von Mischwasserbehandlungsanlagen, für die weitergehende Abwasserreinigung, für den Neubau überalterter Wasserversorgungsanlagen – viele sind noch aus den Zwanzigerjahren.
Vor diesem Hintergrund der notwendigen Investitionen in Höhe von 20 Milliarden DM
so Goppel als Umweltminister Anfang des Jahres 1996 –
ist die Kürzung und die Änderung der Zuschussrichtlinien
wie ich vorhin ausführte –
eine Katastrophe nicht nur für die Kommunen,
sondern eine Katastrophe auch für die Umwelt und für die Infrastruktur der Kommunen insgesamt.
Abschließend möchte ich hinzufügen: Wenn im Eckwertebeschluss des bayerischen Kabinetts vom 17. Dezember 1999 – das war die Grundlage für die neue RZWas 2000 – steht, dass durch die neue RZWas 305 Millionen DM eingespart werden sollen bei den Kommunen, wen wundert es dann noch, dass der Antragstau abgebaut werden konnte? – Wer keine Zuschüsse mehr bekommt, stellt keine Anträge.
Folglich wird der Antragsstau natürlich deutlich geringer, und das vor dem Hintergrund, dass 20 Milliarden DM auf diesem Gebiet von 1996 bis zum Jahr 2005 investiert werden müssen.
Hier erweist sich ganz konkret Ihre „kommunalfreundliche“ Politik, nein, sie wird ad absurdum geführt, nicht zuletzt durch diese RZWas 2000.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Paulig.
Saludos Amigos! Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Es klingt schon seltsam – aus dem Munde eines Preußen vor allem – dass Sie, Herr Kaul, uns unser Heimatrecht in Bayern absprechen wollen. Dies ausgerechnet aus dem Munde eines geborenen Preußen. Das ist schon seltsam, um keine andere Ausdrucksweise zu gebrauchen.
Herr Vorsitzender des Umweltausschusses, Herr Kaul, ein Weiteres. Sie haben sich für die RZWas beim Kollegen Hofmann bedankt.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kaul?
Nein.
Sie haben die RZWas mit dem Namen des Kollegen Hofmann verbunden. In der Tat, die Kommunen können sich wegen der RZWas beim Abgeordneten Hofmann bedanken. Ich wusste gar nicht, dass Sie sie verbrochen haben. Ich dachte, sie sei auf einem Kabinettsbeschluss zurückzuführen, wo die Eckpläne festgelegt worden sind, die die Förderschwellen angehoben und die Fördersätze gesenkt haben mit der Folge, dass 50% der Kommunen überhaupt keinen Zuschuss mehr bekommen. Sie können sich in der Tat beim Kollegen Hofmann bedanken und nicht zuletzt bei der Staatsregierung selbst.
Hat man der Rede des Umweltministers aufmerksam gelauscht, hat man den Eindruck gewonnen, als sei bei Ihnen, Herr Dr. Schnappauf, noch gar nicht angekommen, dass Sie auch für die Abwasserentsorgung und die Trinkwasserversorgung zuständig sind. Darüber haben Sie nicht ein einziges Wort verloren. Gerade auf diesem Gebiet sind die Probleme, wie ich gerade im Zusammenhang mit der RZWas sagte, in besonderer Weise vorhanden.
Sie sprachen hingegen, dass Sie die Wasserstoffwirtschaft voranbringen wollten. Wie lange will denn die Staatsregierung die Wasserstofftechnik und -wirtschaft noch voranbringen? In den letzten zehn Jahren, seit dem Sie die Wasserstoffwirtschaft voranbringen, hat sich nichts getan. Außer Colloquien und außer Geldauszugeben ist nichts passiert. Sie sollten sich gegebenenfalls in Unterfranken beim Kollegen Kaul, mit dem ich in Bad Brückenau gewesen bin, erkundigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Stärke bzw. Schwäche eines Ministers wird nicht so sehr durch seine Medienpräsenz und das Medienecho und auch nicht durch seine Stellung im Kabinett deutlich, sondern nicht zuletzt und vor allem auch durch sein Ansehen im Parlament insgesamt und in seinem eigenen Hause.
Er muss sich unter anderem daran messen lassen, ob er in der Lage und willens ist, die Beschlüsse des Hohen Hauses gegenüber seiner Ministerialbürokratie und seinen nachgeordneten Behörden durchzusetzen. Daran wollen wir Sie, Herr Dr. Schnappauf, heute messen. Sie alle, meine Damen und Herren – auch von der Union – ahnen schon, zu welchem Ergebnis ich kommen werde. Ich bin mir sicher, dass Sie es schon ahnen.
Am Beispiel von Wasser und Abwasser will ich es deutlich machen, lieber Walter Hofmann.
Des hasd no nie geschaffd, des wersd a heud ned schaff’n!
In der dreizehnten und in der vierzehnten Legislaturperiode wurden zahlreiche Beschlüsse zum Thema Abwasser – zum Teil auch einstimmig – gefasst. Forderungen wurden erhoben – nicht zuletzt von der CSU selbst –, kleine dezentrale und wohnortnahe Kläranlagen und Pflanzenkläranlagen bauen zu lassen. Man wollte neue Verfahren und Techniken zulassen, selbst wenn sie noch nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprachen. Bei diesen Forderungen des Hohen Hauses ist es bisher aber auch geblieben. Variantenplanungen sollten unter Beteiligung mehrerer Planungsbüros insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Kosteneinsparung zugelassen werden. Zuschüsse sollten sogar nur noch dann gewährt werden, wenn wohnortnahe Lösungen als Alternative zu einem Anschluss an eine zentrale Abwasserreinigung ernsthaft untersucht wurden.
Was war das Ergebnis dieser Anträge, meine sehr verehrten Damen und Herren? Die Umweltverbände, die kommunalen Spitzenverbände, die Kommunen und die Bürger selbst beschweren sich zunehmend darüber, dass trotz der Beschlüsse des Landtags in der Praxis nichts, aber auch gar nichts geschehen ist. Wir bekommen genau wegen dieser Politik immer mehr Petitionen in den Kommunalausschuss. Die Anzahl der Petitionen ist sprunghaft gestiegen. Die Bürger beschweren sich darüber, dass die Wasserwirtschaftsbehörden und auch die politische Spitze des Ministeriums offensichtlich nicht bereit und in der Lage sind, die Vorgaben des Parlaments umzusetzen. Selbst Bürgerinitiativen und Bürgerbegehren machen dies deutlich.
Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Walter Hofmann, ist nicht zuletzt ein Ergebnis der schandhaften RZWas, mit welcher die Kommunen bis aufs Hemd ausgezogen und wonach ihnen keine bzw. nur mehr deutlich verminderte Zuschüsse gegeben werden. Sie müssten es eigentlich auch wissen – in der Anhörung in der letzten Woche ist es deutlich geworden, Herr Minister –, dass für die Abwasserentsorgung kurz-, mittel- und längerfristig Investitionen in Höhe von über 10 Milliarden e anstehen. Dass wir dabei keinen Antragsstau mehr haben, wie Sie selbst sagten, ist nur darauf zurückzuführen, dass die Kommunen überhaupt keine Anträge mehr stellen, weil sie wissen, dass sie keine Zuschüsse mehr bekommen.
Das nennen Sie, Herr Hofmann und Herr Minister Dr. Schnappauf, eine zeitnahe Abwicklung von Zuschüssen. Das ist die ungeschminkte Wahrheit. Die Petitionen im Kommunalausschuss beweisen es überdeutlich. Ich bin mir sicher, dass nicht alle Petitionen zu diesem Thema nur bei uns im Kommunalausschuss, sondern auch bei Ihnen im Umweltausschuss landen.
Die Menschen regen sich nicht immer nur über die Kosten auf. Sie wollen eine übersichtliche, ortsnahe und naturfreundliche Lösung der Abwasserprobleme vor Ort. Sie wollen mitreden, wenn sie schon bezahlen müssen. Sie wollen mitgestalten, sie wollen Übersichtlichkeit. Meistens wird dies der Bevölkerung verwehrt, und damit treten Sie der Bevölkerung, die Eigeninitiative ergreift und mithandeln will, mit Stiefeln ins Gesicht. Mit Ihrer Politik erreichen Sie genau das Gegenteil dessen, was Sie angeblich wollen.
Selbst der Fraktionsvorsitzende der CSU hat vor einigen Jahren in einem Beitrag im „Münchner Merkur“ darüber geklagt, dass die Behörden den Landtag ausbremsen. Recht hat Herr Glück damit gehabt. Hier stellt sich schon die Frage, wie lange dieses Haus – vor allem die Mehrheit dieses Hauses – es sich noch gefallen lassen will, dass Beschlüsse vom Minister und von seiner Administration nicht umgesetzt werden. Das hat mit dem Dosenpfand begonnen und hat in der Abwasserentsorgung bzw. in der Bezuschussung nach der RZWas seinen Höhepunkt gefunden. Die Antwort auf eine schriftliche Anfrage aus dem Jahr 2000 hat ergeben, dass von 1000 privaten Pflanzenkläranlagen gerade einmal – man höre und staune! – 12 kommunale Anlagen dieser Art vorhanden sind. Eine erbärmliche Bilanz kann ich Ihnen, Herr Minister, da nur attestieren!
Herr Minister, Sie persönlich sind gefordert. Zeigen Sie endlich einmal Stärke. Lassen Sie nicht nur buntes Papier bedrucken, sondern sorgen Sie dafür, dass die einschlägigen Beschlüsse des Landtags auch umgesetzt werden. Holen Sie endlich die amtliche Wasserwirtschaft aus dem Bremserhäuschen heraus. Wenn Sie dazu allerdings nicht in der Lage, vielleicht noch nicht einmal willens sind, sollten Sie persönliche Konsequenzen daraus ziehen.
Sie hätten dann Ihr Haus und Ihre nachgeordneten Behörden nicht im Griff.
Aber was tun Sie? Sie nehmen die Gemeinden aus wie eine Martini-Gans. Im Zusammenhang mit der RZWas habe ich darauf schon hingewiesen.
Die Abwasserabgabe ist ein Skandal erster Ordnung. Zwischen 1998 und 2001 wurden 85 Millionen bis 111 Millionen DM den Kommunen als Abwasserabgabe abgenommen. Was wird mit dieser Abwasserabgabe gemacht? Die gesamte bayerische Wasserwirtschaft, die sich letztlich gegen die Kommunen richtet, muss von ihnen auch noch finanziert werden. Dafür werden jährlich 12 Millionen DM vorweg entnommen. Mit einem Großteil des übrigen Geldes stopfen Sie ganz offensichtlich Haushaltslöcher. 65 Millionen DM gingen 1998 aus der Abwasserabgabe an die Kommunen zurück. 29,8 Millionen DM waren es 1999. 73,8 Millionen DM waren es 2000, und 2001 waren es sage und schreibe 2,3 Mil
lionen DM von 111 Millionen DM Einnahmen, also ganze 2%, wurden davon an die Kommunen zurückgegeben. Das ist eine Schande, wie sie größer nicht sein könnte. Sie nehmen die Kommunen in der Tat wie eine Weihnachtsgans aus. Wenn es aber um die finanzielle Situation der Kommunen und deren Ursachen geht, stellen Sie andere an den Pranger. Vor diesem Hintergrund haben Sie dazu jedes moralische Recht verloren und verspielt.
Ein Letztes, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Privatisierungspläne zur Abwasserbeseitigung und -reinigung aus dem Umweltministerium sollten Sie nach der Anhörung von letzter Woche endlich aufgeben. Die Anhörung hat ein klares Ergebnis gezeigt: Bis auf den Vertreter von Vivendi haben sich alle Beteiligten gegen eine weitere Privatisierung der Abwasserentsorgung ausgesprochen. Bei der Einrichtungsprivatisierung werden schlimme Folge für die Bürger und für die Kommunalpolitik befürchtet. Es ist jetzt schon möglich, die Einrichtungen der Wasserversorgung zu privatisieren. Diese Möglichkeit wird aber nicht in Anspruch genommen. Es wäre ein Akt der Entbürokratisierung, wenn diese Möglichkeit wieder zurückgenommen würde.
Wollen Sie die Einrichtungsprivatisierung um Himmels willen tatsächlich auf die Abwasserentsorgung ausdehnen? Ich fordere Sie auf, die Finger davon zu lassen. Die Folge wäre nach den Aussagen in der Anhörung ein Wegfall des Anschluss- und Benutzungszwanges. Die Umsatzsteuer in Höhe von 16% würde dann auch bei der Abwasserentsorgung fällig. Ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und die Planungshoheit wären die Folge. Eine Verkomplizierung und Bürokratisierung bei Ausweisung von Bauland und Gewerbegebieten bzw. deren Erweiterung würde eine solche Privatisierung nach sich ziehen.
Die Spitzenstellung Bayerns und Deutschlands beim Wasser und beim Abwasser stünde dann auf dem Spiel. Wir setzen dagegen unsere Forderungen, die Handlungsspielräume der Kommunen zu erweitern in Form von alternativen Ausschreibungen und Lösungen. Dezentralität wird nachgefragt, nicht Zentralität.
Die Kommunen brauchen mehr Geld. Weder können sie von einem goldenen Zügel leben, noch ist die Bevormundung und Gängelung ihre Sache. Aber Sie praktizieren dies. Was die Gemeinden brauchen, das ist mehr Unabhängigkeit und mehr Freiheit und natürlich auch mehr Geld.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Meißner.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister Dr. Beckstein, was Sie gerade abgeliefert haben, ist eine reine Diffamierung und Verunglimpfung der Opposition.
Sie sollten sich zu schade sein, bei diesem Thema solche Unwahrheiten zu verbreiten. Wer tatsächlich keine Ahnung von den kommunalen Finanzen hat, haben Sie soeben mit Ihrem Redebeitrag bewiesen.
Ich will Ihnen auch sagen, warum.
Nein. Die letzte kommunale Finanzreform auf Bundesebene fand im Jahre 1973 statt. Sie waren von 1982 bis 1998 in Bonn an der Regierung. Was haben Sie in dieser Zeit eigentlich getan? – Nichts. Stattdessen werfen Sie der jetzigen Bundesregierung seit
drei Jahren – sie ist gerade vier Jahre im Amt – vor, sie würde ihren Verpflichtungen hinsichtlich der Kommunalfinanzen nicht nachkommen. Die Bundesregierung hätte gezögert, eine entsprechende Kommission einzusetzen. Herr Staatsminister, Sie stellen die Tatsachen und die zeitlichen Abläufe auf den Kopf.
Herr Minister, Sie sollten sich zu schade sein, solche wahrheitswidrigen, ich möchte fast sagen „gelogenen“ Behauptungen in den Raum zu stellen.
Gelogen hat jemand, wenn er die Wahrheit kennt, aber das Gegenteil erzählt. Wenn ich Ihnen unterstelle, dass Sie die Wahrheit kennen, und Sie trotzdem sagen, was Sie gesagt haben, dann haben Sie gelogen.
Herr Jurist, dem Mehrlich geht es nicht an den Kragen. Wer die Wahrheit kennt, aber das Gegenteil behauptet, lügt.
Ich habe unterstellt, dass der Innenminister die Wahrheit kennt und trotzdem sagt, was er gesagt hat.
Von 1988 bis 1998 haben sich die kommunalen Finanzen und der Staatshaushalt dramatisch zuungunsten der Kommunen auseinander entwickelt. Die Schulden der Kommunen stiegen nämlich in dieser Zeit um das Zweieinhalbfache stärker als die Verschuldung des Freistaates. Der Grund dafür liegt in dem Umstand, dass die Finanzzuweisungen an die Kommunen nicht im gleichen Umfang wie der Staatshaushalt gestiegen sind. Hätten Sie auch die Kommunalfinanzen in dieser Zeit entsprechend erhöht, hätten die Kommunen in den 12 bis 13 Jahren vier bis fünf Milliarden DM mehr erhalten müssen. Dieses Geld fehlt jetzt hinten und vorne.
Die momentane Situation ist doch nur der letzte Tropfen in einem sehr großen Fass. Dieses Fass haben Sie vorher mit Ihrer Politik gefüllt.
In Bayern wird seit zehn Jahren über einen neuen Finanzausgleich schwadroniert. Das Instrument des Finanzausgleichsgesetzes liegt bei den Ländern. Der Bund hat keine direkten Finanzbeziehungen zu den Kommunen. Das läuft über die Haushalte der jeweiligen Länder. Seit zehn Jahren wird über ein Finanzausgleichsgesetz schwadroniert. Was hat die Staatsregierung bisher geschafft? Im Herbst 2000 wurde ein Ministerratsbeschluss gefasst. Im Frühjahr 2001 wollte dann
Finanzminister Prof. Dr. Faltlhauser über erste Ergebnisse berichten.
Daraus wurde nichts. Dieser Termin wurde auf das Frühjahr 2002 verschoben. Jetzt haben wir schon Herbst 2002 und gehen auf den Winter zu. Wo bleibt denn der Bericht über Ihr Tätigwerden in Sachen Finanzausgleichgesetz, den Sie versprochen haben? Sie aber wollen anderen Verzögerung und Untätigkeit vorwerfen.
Bevor Sie mit dem Finger auf andere zeigen, sollten Sie endlich Ihre Hausaufgaben machen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir haben noch acht Minuten Redezeit und zwei Redner, deswegen möchte ich mich sehr kurz fassen Im Übrigen bin ich der Auffassung, dass unser Antrag für sich spricht. Man braucht ihn nur wirklich durchzulesen. Frau Tausendfreund hat die Details schon genannt. Sie hat erklärt, weshalb wir mit beiden Anträgen die Staatsregierung auffordern, ihren Referentenentwurf zurückzuziehen.
Die Durchführungsprivatisierung gibt es bereits. Hier handelt es sich um eine rein formelle Privatisierung der Wasserversorgung wie auch der Abwasserentsorgung. Bei der Wasserversorgung gibt es darüber hinaus auch die Einrichtungsprivatisierung, und dabei handelt es sich eigentlich schon um eine materielle Privatisierung. Sie wurde in Bayern bisher nur zwei Mal in Anspruch genommen. Deswegen gibt es überhaupt keinen vernünftigen Grund – ich würde fast sagen nicht einmal einen unvernünftigen Grund – dafür, diese Einrichtungsprivatisierung jetzt auch bei der Abwasserentsorgung einzuführen. Das ist wirklich völlig unnötig, zumal schon darauf hingewiesen wurde, dass bei der Anhörung in der vergangenen Woche die kommunalen Spitzenverbände, der kommunale Prüfungsverband und der Verband der bayerischen Gas- und Wasserwirtschaft einhellig gesagt haben, dass die Einrichtungsprivatisierung nur Nachteile bringe. Die einzige Ausnahme war Vivendi, ein großer französischer Konzern. Aber selbst der bezweifelte, dass die Einrichtungsprivatisierung unter den gegebenen Voraussetzungen in Bayern überhaupt sinnvoll sei. Die Einrichtungsprivatisierung gefährdet die Spitzenstellung Deutschlands und vor allem Bayerns in der Trinkwasserversorgung und in der Abwasserentsorgung.
Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass es jetzt auch das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes zulässt, dass die Länder in ihren Ausführungsgesetzen die Einrichtungsprivatisierung bei der Abwasserentsorgung einführen. Diese Änderung auf der Grundlage des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes ist bereits 1996 erfolgt. Jetzt hätten also die Länder die Möglichkeit, entsprechend zu reagieren.
Abschließend will ich nur noch darauf hinweisen, dass der Einfluss der Kommunen bei der Einrichtungsprivatisierung entfallen würde. Für die Bürger wären dann nicht mehr die Kommunen zuständig. Die demokratisch legitimierten Gemeinderäte wären dann nicht mehr Ansprechpartner für die Bevölkerung. Dies wäre sehr schlecht.
Abschließend ein wichtiger Grund, der bisher nicht genannt wurde. Die Einrichtungsprivatisierung würde nicht nur einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und die Planungshoheit bedeuten, sondern sie würde zu Schwierigkeiten und zu mehr Bürokratie bei der Ausweisung und Erschließung von Baugebieten und Gewerbeflächen führen, weil dann plötzlich zwei Partner miteinander verhandeln müssten. Es gibt also keinen vernünftigen Grund, diese Maßnahme in Bayern zu ergreifen. Deshalb bitte ich darum, den Referentenentwurf zur Änderung des Artikel 41 b des bayerischen Wassergesetzes zurückzuziehen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister Prof. Dr. Faltlhauser, Sie haben darauf hingewiesen, dass die Kommunen für den Wegfall der Gewerbekapitalsteuer einen Anteil von 2,2% an der Umsatzsteuer bekommen haben. Das ist richtig. Sie haben aber auch gesagt, damit sei ein sicheres Element in die Einnahmen der Kommunen gekommen. Die Gewerbekapitalsteuer war das stabilisierende Element bei der Gewerbesteuer insgesamt. Sie haben durch diesen Wegfall die Gewerbesteuer zur reinen Konjunkturbzw. zur reinen Gewinnsteuer degradiert.
Deshalb dürfen Sie sich heute nicht wundern, wenn das Gewerbesteueraufkommen von Jahr zu Jahr und von Kommune zu Kommune schwankt.
Das habe ich doch erzählt, Sie haben nicht zugehört.
Die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage ist deshalb in Stufen vorgenommen worden, damit sie die betroffenen Kommunen nicht wie ein Keulenschlag trifft. Darüber hinaus haben wir hier in diesen Landtag – Sie müssen uns also nicht dazu auffordern, etwas zu tun – einen Antrag eingebracht – Frau Kollegin Schmitt-Bussinger hat darauf hingewiesen –, damit Sie dieses Geld an die Kommunen in Bayern weitergeben.
74% der Gewerbesteuerumlage gehen bekanntlich an die Länder und nur 26% an den Bund.
Ich möchte mich jetzt mit dem befassen, was sich in den letzten Jahren bei den Kommunalfinanzen getan hat. Doch zunächst möchte ich noch darauf hinweisen, dass natürlich jede Bundessteuerreform die Kommunen einschließt. Wer für Steuersenkungen plädiert, der muss auch dafür plädieren, dass die Kommunen anteilig berücksichtigt werden. Trotzdem kann ich hinzufügen: 13,2% beträgt der Anteil der Kommunen am gesamten Steueraufkommen. Aber der Anteil der Kommunen an der Steuerreform beträgt weit unterproportional nur 8,6%.
Doch jetzt zu Bayern, meine sehr verehrten Damen und Herren: Die Verschuldung der Kommunen hat sich seit 1988 in Bayern dramatisch erhöht. Wir sind das einzige Bundesland, in dem die Verschuldung der Kommunen genauso hoch ist wie die Verschuldung des Freistaates, in beiden Fällen rund 20 Milliarden e.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CSU, dies ist die Folge Ihrer Politik. Seit 1988 hat sich die Verschuldung der Kommunen in Bayern um das 2,5-fache gegenüber der Verschuldung des Freistaates erhöht.
Erstmals wieder seit 14 Jahren in Folge konnte die Verschuldung der Kommunen im Jahr 2002 zurückgeführt werden, mit Ausnahme der Kommunen mit einer Einwohnerzahl von 3000 bis 5000 Einwohnern. Dies können Sie leicht in den statistischen Berichten des bayerischen Landesamtes nachlesen.
Der Staatshaushalt ist in der Zeit von 1988 bis 1998 um knapp 50% nach oben gegangen. Hätten Sie die Zuweisungen an die Kommunen in diesen Jahren genauso steigen lassen, wie der Staatshaushalt gestiegen ist, um knapp 50%, dann hätten die Kommunen insgesamt 4 bis 5 Millionen DM mehr bekommen.
Die fehlen natürlich heute, auch wenn sie aktuell jetzt so nicht mehr zu Buche schlagen. Die jetzige Situation hat doch nur den letzten Tropfen ins Fass und damit das Fass zum Überlaufen gebracht. Das Fass gefüllt haben vorher Sie mit Ihrer Politik in Bayern.
Ein Letztes, meine sehr verehrten Damen und Herren, etwas ganz Aktuelles: Kollege Wörner hat in einer schriftlichen Anfrage abgefragt, wie sich die Abwasserabgabe in Bayern in den letzten Jahren entwickelt hat. 111 Millionen DM betrug das Aufkommen der Abwasserabgabe im Jahr 2001. Wissen Sie, wie viel davon an die Kommunen für Abwasseranlagen zurückgeflossen ist? – Ganze 2298494,91 DM. Das sind 2% des Aufkommens aus der Abwasserabgabe im Jahr 2001, die an die Kommunen zurückgeflossen sind. Mit anderen Worten: Die Kommunen finanzieren die gesamte amtliche Wasser
wirtschaft in Bayern, und darüber hinaus werden sie von Ihnen noch zur Sanierung Ihres Staatshaushaltes angehalten.
Ein aktuelleres und besseres Beispiel, wie Sie die Kommunen ausnehmen, gibt es überhaupt nicht. Ich finde, das ist ein Skandal.
Herr Finanzminister! Aus welchen Gründen wurde beim Finanzamt Lohr – mit seinen Außenstellen Karlstadt und Marktheidenfeld – von der bisherigen räumlichen Zuordnung der Steuerbürger auf die alphabetische Zuordnung umgestellt; was verspricht man sich davon, und bei wie vielen Finanzämtern in Bayern erfolgte bzw. erfolgt diese Umstellung insgesamt?
Herr Staatsminister, zunächst vielen Dank für Ihre ungewöhnlich lange Auskunft. Teilen Sie denn die Befürchtungen von Steuerberatern und Steuerzahlern, die sowohl privat als auch geschäftlich mit den Finanzämtern zu tun haben, dass bei dieser so genannten Optimierung – ich füge hinzu: der internen Arbeitsabläufe – die Bürgernähe und die Kundenorientierung auf der Strecke bleiben?
Herr Staatsminister, sind sie darüber informiert, dass es bereits Reibungsverluste bei den angesprochenen Finanzämtern gibt und dass es damit zu Verzögerungen bei der Bearbeitung kommt, weil der Kontakt mit dem zuständigen Sachbearbeiter schwieriger, wenn gar nicht unmöglich wird?
Nachdem Sie von dem, was man mir zugetragen hat, offensichtlich nichts gehört haben, darf ich Sie noch fragen, ob Sie, obgleich Sie keine zeitlich näher definierte Garantie für die Außenstellen in Marktheidenfeld und Karlstadt abgegeben haben, die Befürchtungen der Bediensteten teilen, dass die genannten Außenstellen zumindest mittelfristig als Folge dieser internen Umorganisation aufgelöst werden könnten?
So ist es! – Beifall bei der SPD – Kaul (CSU): Der Ansprechpartner ist der Bund, Sie haben nicht den Mut, das Trittin zu fragen! Wie die letzten Mohikaner setzen Sie noch auf die Atomenergie. Sogar die Atomwirtschaft ist Ihnen von Bord gegangen. (Beifall bei der SPD)
Ihnen wird es damit wie mit Wackersdorf gehen. Sie werden diese Forderungen noch aufrecht erhalten in Zeiten, in denen die Industrie schon längst in der Wirklichkeit angelangt ist. Das ist eine Politik von gestern und von vorgestern.
Herr Ministerpräsident, Sie haben die Bedrohung Europas und die Sicherheitslage angesprochen. Natürlich sind die Zeiten schwieriger geworden, ist der internationale Terrorismus eine bedrohliche Herausforderung für unser Land. Natürlich machen in diesem Zusammenhang Kernkraftwerke den Menschen Angst. Jeder stellt sich vor, was passieren könnte, wenn ein Flugzeug den Schutzmantel eines Kernkraftwerkes durchschlägt.
In diesem Zusammenhang ist die Sorge gewachsen. Mit dem Festhalten an der Kernenergie ist keine vernünftige Energie- und Zukunftspolitik mehr zu machen ist.
Deswegen sind wir in dieser Frage auf dem richtigen Weg, und Sie sind es nicht.
Bei der Steuerreform gehen Ihre Kapriolen weiter. Ich habe, ehrlich gesagt, immer noch nicht verstanden, ob Sie die Steuern senken wollen oder nicht.
Sie haben ebenso beklagt, dass die Kommunen Milliarden an Einnahmenverlusten zu beklagen haben. Mit Recht, das ist so.
Lassen Sie mich ausreden, vielleicht sind wir einer Meinung. Die Kommunen klagen mit Recht über Steuerausfälle. Die Kommunen stehen finanziell teilweise mit dem Rücken zur Wand. Das ist aber auch darauf zurückzuführen, dass man Steuern gesenkt hat. Das wollten wir auch, und dazu stehen wir auch. Wenn es den Kommunen in Bayern schlecht geht, dann ist das aber nicht die Schuld der Bundesregierung, sondern es liegt an der ungerechten Verteilung der Gelder hier im Freistaat Bayern. Das ist der Grund, von dem Sie ablenken wollen.
Es gibt doch kein Land in Deutschland, in dem die Verteilung der Steuermittel zwischen den Kommunen und dem Land so ungerecht zu Lasten der Kommunen ausfällt wie hier in Bayern.
Beim Familiengeld geht es so weiter. Sie laufen mit Spendierhosen herum, benutzen gutklingende Formulierungen, die Ihnen aber keiner glaubt, denn Sie können nicht belegen, wie Sie das Familiengeld finanzieren wollen. Ihre Sozialministerin, Frau Stewens – leider ist sie im Moment nicht anwesend –, gibt auf die Frage, wie man Ihre formidablen Erziehungs- und Familiengelder finanzieren könnte, eine wunderbare Antwort. Sie sagt: Finanzierungsvorschläge zu machen, ist nicht die Aufgabe der Opposition. Wunderbar!
Wenn wir das so machen würden, Herr Kollege Glück, würde uns aber etwas passieren.
Gerade bei der Familienförderung, meine Damen und Herren, die der Ministerpräsdent heute in den Mittelpunkt seiner Regierungserklärung gestellt hat, spekulieren Sie auf das kurze Gedächtnis der Menschen.
Sie hoffen, dass man vergessen hat, dass es Ihre Regierung war, die für ihre familienfeindliche Politik vom Bundesverfassungsgericht verurteilt worden ist. Sie waren das!
Sie haben in diesem Land 16 Jahre lang eine familienfeindliche Politik gemacht, für die Sie am Ende vom Bundesverfassungsgericht verurteilt worden sind. Das ist die Wahrheit. Das ist erst drei Jahre her, und wir werden Ihnen das nicht durchgehen lassen. Wir werden die Wählerinnen und Wähler daran erinnern.
Die Menschen in Deutschland und in Bayern haben Gott sei Dank auch noch nicht vergessen, zu Zeiten welcher Regierung es in Deutschland die meisten Arbeitslosen,
die höchsten Schulden und die höchsten Steuer- und Abgabenbelastungen in der Geschichte gab. Das war zu Ihrer Regierungszeit und nicht zu unserer.
Ich will auch das Thema Landwirtschaft kurz streifen; denn auch dort spekulieren Sie auf die Vergesslichkeit der Menschen und der Landwirte. Nicht Frau Künast ist das Problem der Bauern, sondern Herr Miller. Herr Miller ist das Problem der Bauern in Bayern.
Was Sie bei BSE und den schlimmen Machenschaften in der Schweinemast angerichtet haben, das hat einen Flurschaden in der bayerischen Landwirtschaft bewirkt. Den haben Sie zu verantworten und niemand sonst.
Am Sonntag sind in Sachsen-Anhalt Landtagswahlen. Auch darüber werden wir kurz sprechen müssen, weil der Ministerpräsident auch dieses Thema angesprochen hat. Ich hätte gern mehr darüber gehört; denn früher hatten Sie, Herr Ministerpräsident, doch auch gute Vorschläge für die Menschen in Ostdeutschland parat. Ich erinnere an die Klage Bayerns und Baden-Württembergs gegen den Risikostrukturausgleich der Krankenkassen, der eine Politik der Entsolidarisierung mit den neuen Bundesländern bedeutet hätte.
Ich erinnere Sie, Herr Ministerpräsident, an Ihre eigene Regierungserklärung vom 4. Februar 1998 hier in diesem Hause. Damals haben Sie die Föderalisierung der Sozialversicherungssysteme zu Ihrem politischen Programm erhoben. Nach Ihren Vorstellungen – nur um Sie daran zu erinnern – sollten die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in der Höhe erhoben werden, wie die jeweilige Arbeitslosenrate in den einzelnen Bundesländern gewesen wäre. Das hätte dazu geführt, dass die Menschen in den Ländern besonders hohe Belastungen verkraften müssten, wo die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist.
Ich habe darauf gewartet, dass Sie diese Forderung im Wahlkampf in Sachsen-Anhalt erneuern würden.
Gestern hat man Sie in „Phönix“ bei einer Wahlkampfkundgebung der CDU in Magdeburg sehen können, übrigens zu einer Zeit, als hier eine Plenarsitzung des Bayerischen Landtags stattgefunden hat. Auch das ist ein bemerkenswerter Vorgang.
Herr Kollege Glück, gut dass Sie danach fragen. Kollege Glück fragt, ob der damalige Ministerpräsident Schröder zu einem Zeitpunkt, als er Kanzlerkandidat war, im Niedersächsischen Landtag präsent war. Wir haben auf diese Frage gewartet und haben uns beim Landtagsamt in Niedersachsen erkundigt. Er war bis auf zweimal – einmal war er auf einer USA-Reise und einmal bei einer Ministerpräsidentenkonferenz – bei jeder Sitzung des Niedersächsischen Landtags anwesend. Bei jeder, Herr Kollege Glück!
So sieht das aus. Der bayerische Ministerpräsident aber entschuldigt sich noch nicht einmal, wenn er bei Plenarsitzungen fehlt und an Wahlkampfveranstaltungen der Union teilnimmt. Wenn er bei Sitzungen der Ministerpräsidentenkonferenz ist, dann ist er selbstverständlich für Sitzungen hier entschuldigt ist. Er ist aber gewählter Ministerpräsident Bayerns, dafür wollen ihn die Bürgerinnen und Bürger Bayerns auch arbeiten sehen. Dafür wird er auch bezahlt, nicht aber für Wahlkampfauftritte anderswo.
Abgesehen davon ist Herr Stoiber auch Abgeordneter dieses Hauses und wird auch dafür entlohnt. Nach unserem Abgeordnetengesetz besteht eine gewisse Verpflichtung, hier als Abgeordneter tätig zu sein.
Ich komme auf Ostdeutschland zurück. Es ist nur schade, dass Sie, Herr Stoiber, in bayerischen Bierzelten anders reden als auf ostdeutschen Marktplätzen. Das ist wirklich schade, denn da gibt es große Unterschiede.
Hier in Bayern schimpfen Sie darüber, dass zu viel Geld in die neuen Bundesländer fließt. Dort aber laufen Sie in Spendierhosen herum und versprechen immer neue Milliarden-Programme. Auch das muss man den Menschen in Bayern und in Ostdeutschland sagen.
Sie haben in Ihrer Regierungserklärung das Thema Zuwanderung angesprochen. Dabei haben Sie flugs unwahre Behauptungen aufgestellt.
Ihre unwahre Behauptung lautet: Mit dem Zuwanderungsgesetz würden Tür und Tor aufgemacht, damit Hunderttausende von Ausländern in unser Land hereinströmen könnten.
Das ist Ihre – und das sage ich bewusst – verlogene Behauptung.
Das wird von Ihnen einfach behauptet. Sie stellen das wissentlich falsch dar. Das tun Sie aus einem einzigen Grund: Sie wollen das Thema Ausländer in diesem Wahlkampf haben. Das ist der einzige Grund, und deshalb nehmen Sie es mit der Wahrheit nicht so genau.
Sie sagen, wir müssten die Integrationskraft unseres Landes im Auge behalten. Das ist richtig. Sie sagen, wir müssten die ausländischen Menschen, die zu uns gekommen sind, besser integrieren. Das ist richtig. Sie sagen, die ausländischen Kinder und Jugendliche müssten besser Deutsch können. Das ist richtig. In den letzten Jahren haben wir versucht, alles das in Bayern zu verbessern. Wir haben Ihnen jahrelang Vorschläge unterbreitet, wie man die Integration der bei uns lebenden ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger konkret verbessern könnte. Sie wollten das alles nicht wissen. Sie haben das alles jahrelang abgelehnt.
Jetzt beklagen Sie das Unheil, das Sie selbst angerichtet haben.
Für das Zuwanderungsgesetz der Bundesregierung gibt es eine breite Zustimmung, weil zwei entscheidende Punkte gut berücksichtigt sind: erstens die Erfüllung humanitärer Verpflichtungen unseres Landes und zweitens die gezielte Öffnung für qualifizierte Arbeitskräfte unter Berücksichtigung der Integrationskraft unseres Landes. Ihr demagogischer Versuch, deutsche Arbeitslose gegen ausländische Arbeitnehmer in Stellung zu bringen, ist unanständig, und er ist auch unchristlich.
Nach dieser Regierungserklärung sollten Sie zum Beichten gehen. Im Übrigen ist der Versuch auch gerade gegenüber der bayerischen Wirtschaft ökonomisch verantwortungslos. Mit Schreiben vom 22. März dieses Jahres hat uns der Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen Handwerkskammer, unser Parlamentskollege Traublinger, das Positionspapier des bayerischen Handwerks zur Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms Bayern übersandt. Dort wird gefordert, den Abschnitt Arbeitsmarktfachkräfte um folgende Sätze zu ergänzen – Zitat Herr Kollege Traublinger:
Die Entwicklung der Bevölkerung in Bayern und die absehbare Orientierung des Nachwuchses lässt die Tendenz erkennen, dass sich zunehmend ein Mangel an Fachkräften, insbesondere im gewerblichen Bereich, abzeichnet. Finden die Betriebe nicht entsprechende Fachkräfte im Inland, so sind alle Potenziale auszuschöpfen, den Fachkräftemangel
auch durch die Beschäftigung auswärtiger Mitarbeiter zu begegnen.
Wollen Sie allen Ernstes den Unternehmen im Großraum München, dessen Wachstum entscheidend dazu beiträgt, dass es vergleichsweise gute Durchschnittszahlen in Bayern bei der Arbeitslosigkeit gibt, tatsächlich sagen: Wenn ihr nicht in der Lage seid, die offenen Stellen mit händeringend gesuchten Kräften zu besetzen, müsst ihr eben auf die Besetzung dieser Stellen und auf das damit verbundene Wirtschaftswachstum verzichten. Wollen Sie das wirklich sagen?
Wollen Sie denen wirklich sagen: Mein Wahlkampfauftritt, mein Wahlkampfthema ist mir wichtiger als die berechtigten Anliegen der bayerischen Wirtschaft und der bayerischen Bevölkerung? Wollen Sie das wirklich?
Ein wirklich wirtschaftskompetenter Ministerpräsident, Herr Kollege Dr. Beckstein, wüsste, dass Bayern seine unbestrittenen wirtschaftlichen Erfolge nicht zuletzt den Menschen verdankt, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu uns nach Bayern gekommen sind.
Kein Wunder, Herr Dr. Stoiber, dass Ihnen Roland Berger als Ihr Wunsch-Wirtschaftsminister postwendend einen Korb gegeben hat. Kein Wunder!
Dabei ist die wirtschaftliche Situation Bayerns gewiss nicht schlecht. Wer würde das bestreiten? – Auch ich anerkenne ausdrücklich, dass Bayern eine gute ökonomische Basis hat. Wir hatten es leichter beim Strukturwandel – wenig Kohle, wenig Stahl, keine Werften. Wir hatten es leichter, weil der Bund kräftig mitgeholfen hat und die anderen Bundesländer übrigens auch.
Sie verschweigen zum Beispiel, Herr Kollege Glück, dass 40% der Forschungsförderung des Bundes zu uns nach Bayern kommt.
Das ist gut, das sollten wir loben. Dafür sind wir dankbar. Das hilft uns.
Wir hatten es auch leichter, weil wir fast 5 Milliarden e Privatisierungserlöse zur Verfügung hatten. Natürlich macht das die Entwicklung des Landes leichter und besser. Ich bestreite das nicht.
Niedersachsen hat sich anders entschieden. Niedersachsen behält seine Anteile an Volkswagen und
weiß das auch zu begründen. Es ist eine Entscheidung des jeweiligen Landes, und es spricht vieles für das eine wie für das andere. Das wissen Sie genau.
Schauen Sie sich an, was aus Viag geworden ist, und denken Sie darüber nach, ob es richtig war, sich ganz herauszuziehen.
Was ist denn aus Ihrer industriepolitischen Heldentat Viag geworden? Wo ist das Bayernwerk? – Weg ist es.
Wo ist die SKW Trostberg AG? – Die blauen Schilder sind abgeschraubt worden, und Degussa hat das Sagen.
Viag-Intercom, die große Perle der Kommunikationsindustrie in München, muss betriebsbedingte Kündigungen aussprechen
und ist heute eine Unterabteilung einer Londoner Vorortfirma. So schaut es aus. Das ist aus Viag geworden. Das war eine Übernahme durch Veba – sonst nichts.
Man kann sich so oder so entscheiden. Die Privatisierungserlöse haben dem Land geholfen; daran gibt es gar keinen Zweifel. Vieles konnte dadurch finanziert werden.
Ich bestreite das nicht. Ich freue mich darüber, und ich bin stolz darauf, in Bayern leben und arbeiten zu können. Vieles von dem, was erreicht wurde, sind echte Gemeinschaftsleistungen. Erst in dieser Woche konnten wir uns richtig über eine solche Gemeinschaftsleistung freuen.
Ich meine das Medienzentrum in München, die Zuteilung wichtiger Spiele der Fußballweltmeisterschaft. Das ist ein Gemeinschaftserfolg, lieber Herr Kollege Glück, des Bundes, des Landes und der Städte München und Nürnberg. Niemand bestreitet das.
Das schafft eine tolle Perspektive für unser Land und unsere Stadt. Das sozialdemokratische München muss wieder herausholen, was
man medienpolitisch im Freistaat Bayern versaubeutelt hat. So sieht es aus.
Ich gehe aber nicht soweit, sondern sage, dass es eine Gemeinschaftsleistung war.
Das war kein Erfolg von Ude allein. Das war kein Erfolg des Bürgermeisters Scholz in Nürnberg allein. Das war kein Erfolg allein von Beckenbauer, und das war kein Erfolg allein von Stoiber. Wir haben es hier aber mit einer Besonderheit zu tun, und das ist das Bemerkenswerte: Gemeinschaftserfolge, Herr Ministerpräsident, dürfen um keinen Preis gemeinsam gefeiert werden. –
Um keinen Preis! Wenn schon die Fehler von den Einzelnen auszubaden sind – im Fall Kirch von Herrn Wiesheu –, müssen auch die Erfolge von einem Einzelnen gefeiert werden dürfen – nämlich von Ihnen. Das ist doch lächerlich. Ihr Wirtschaftsminister hatte als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Münchner Messe gemeinsam mit seinem Stellvertreter, dem Münchner Oberbürgermeister, für Dienstag 11.00 Uhr eine Pressekonferenz einberufen. Es war schon eingeladen. Aber das durfte nicht sein, weil nur Sie einen Erfolg verkaufen dürfen. Deshalb musste Herr Wiesheu die Gäste wieder ausladen, damit Sie alleine das machen können. Das Strahlen darf nur allein über Ihrem Haupt erfolgen. Ich finde, dass das eine lächerliche Wichtigtuerei ist. Was wäre denn geschehen, wenn Sie Ihren Parteifreund, den Nürnberger Oberbürgermeister Scholz, der nur wenige hundert Meter von Ihnen entfernt war, dazugeladen hätten? – Sie hätten ganz wunderbar ein großartiges Ergebnis für unser Land gemeinsam vertreten können.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kaul, Herr Hofmann, die schwarze Märchenstunde neigt sich dem Ende zu. Ich möchte die verbliebene Zeit nutzen, um einige Fakten deutlich zu machen. Herr Kollege Schnappauf hat – Kollege kann ich nicht sagen, er ist ja „nur“ Minister – sich erdreistet, in einer völligen Verfälschung der Tatsachen in der Presseerklärung vom 24. Januar im Zusammenhang mit der RZWas wahrheitswidrig zu schreiben, die RZWas 2000 habe entscheidende Verbesserungen gebracht.
Das ist das Märchen. Jetzt kommt die Wahrheit. Die neue RZWas 2000 ist ein Bürokratiemonster von 57 Seiten. Die alte RZWas hat sich noch mit 26 Seiten zufrieden gegeben. Die Förderschwelle wurde auf 2500 DM
pro Einwohner angehoben. Das bedeutet, dass 50% der Kommunen überhaupt keine Zuschüsse mehr erhalten.
Den Kommunen, die noch Zuschüsse erhalten, werden deutlich niedrigere Fördersätze gewährt. Diese wurden nämlich von vorher 15 bis 79% auf nunmehr 10 bis 60% gesenkt. Das Förderprogramm Teil 2 1999 bedeutet für alle, die noch in Antrag standen, eine pauschale Kürzung von 15 Prozentpunkten. Das hat in meinem Landkreis Main-Spessart dazu geführt, dass 6,7 Millionen DM Zuschüsse nicht gewährt worden sind. Dies war bereits in der zweiten Jahreshälfte 1999 der Fall. Meine eigene Gemeinde Partenstein, die gut 2900 Einwohner hat, hat in den Jahren 2000 und 2001 über 6 Millionen DM in die Wasserversorgung investiert. Diese Gemeinde hat Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 350000 DM. Es gab keine müde Mark Zuschuss für Investitionen in Höhe von über 6 Millionen DM.
Derzeit sieht es so aus, als ob wir noch einmal über 2 Millionen DM in eine Aufbereitungsanlage investieren müssen. Jetzt – meine Damen und Herren, hören Sie gut zu – bekommen wir bei Investitionen von 2 Millionen DM Zuschüsse in Höhe von 11%. Dies ist die kommunale Wirklichkeit in Bayern.
Gestatten Sie mir noch einen Satz zur Gemeindeeinkommensteuer. Raten Sie einmal, wer die letzte Einkommensteuerreform auf Bundesebene durchgeführt hat. – Diese wurde 1969 unter Bundeskanzler Willy Brandt durchgeführt.
Obwohl Sie von der Union 16 Jahre an der Regierung waren, haben Sie nichts zuwege gebracht. Jetzt, nachdem drei Jahre lang eine andere Bundesregierung am Ruder ist, glauben Sie, auf diese Bundesregierung in diesem Zusammenhang mit Fingern zeigen zu können, um von Ihren eigenen Versäumnissen und Nachlässigkeiten abzulenken.
Das bayerische Finanzausgleichgesetz ist heute vom Innenminister gelobt worden. Ich habe gedacht, ich sehe und höre nicht recht,
denn seit über zehn Jahren wird in Bayern darüber schwadroniert, dieses Finanzausgleichsgesetz auf neue Füße zu stellen und zu reformieren.
Was haben Sie in diesen zehn Jahren zuwege gebracht? Eine Arbeitsgruppe wurde eingerichtet, die aber über eine Datensammlung nicht hinausgekommen ist.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, Sie haben Ihre Redezeit überschritten. Ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.
Die Staatsregierung weiß noch nicht einmal, wie es bei den Gemeinden aussieht. Sie weiß nicht einmal, wie viele Gemeinden es in Bayern gibt, die gerade noch die Mindestzuführung vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt erwirtschaften können. Wenn man das nicht weiß, kann man in der Tat keine vernünftige Gemeindesteuerreform durchführen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Kollege Ettengruber.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es um die Kommunen tatsächlich so schlecht steht und die Bundesregierung
dafür die Verantwortung hat, frage ich mich, warum heute der Ministerpräsident nicht anwesend ist.