Nese Erikli

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Die AfD beschwert sich über das Coronamanagement der Landesregierung und moniert, die Grundrechte in Baden-Württemberg seien nun gefährdet. Das ist schon ein starkes Stück. Als Verteidiger und Schützer der Grundrechte
sind Sie bislang nun wirklich nicht aufgefallen. Genau das Ge genteil ist nämlich der Fall.
Glauben Sie wirklich, dass in Baden-Württemberg jetzt der Bock zum Gärtner wird?
Sprich, dass Sie sich plötzlich als ehrbare Partei – –
Das alles gilt vor allem deshalb, weil die AfD erstens nicht Krisenmanager, sondern am liebs ten Krisenverschärfer spielt
und Sie sich zweitens mit Ihren Aussagen in zuverlässiger Re gelmäßigkeit als entschiedene Gegner der universellen Grund rechte der Bürgerinnen und Bürger zeigen und auch die par lamentarische Demokratie – jetzt gerade wieder – mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen.
Sie glauben, Sie könnten sich mit diesem Antrag zu „Spre chern“ der Bürgerinnen und Bürger aufschwingen,
die unter den Coronabeschränkungen leiden und sich große Sorgen machen. In Wirklichkeit versuchen Sie bloß, sich zum Sprachrohr unbewiesener Vorwürfe, Gerüchte und Verschwö rungstheorien zu machen.
Sie hoffen, die Bürgerinnen und Bürger mit Ihrem Antrag be eindrucken und einige von ihnen auf Ihre Seite ziehen zu kön nen.
Aber wer Sie so dasitzen sieht, der wird diesen Versuch als untauglich zurückweisen müssen.
Nein. – Ihr heutiger Antrag wi derspricht vor allem den früheren Stellungnahmen von Ihnen. Noch im März warnte die AfD-Landtagsfraktion vor einer – das muss man sich einmal vorstellen – Verharmlosung des Co ronavirus.
Und Sie befanden die im März ergriffenen Maßnahmen der Landesregierung als grundsätzlich zielführend.
Auch die Entscheidung, die Pandemie als Naturkatastrophe einzustufen, trug die AfD-Landtagsfraktion in dieser Zeit noch mit.
Ähnlich äußerte sich die AfD-Bundestagsfraktion und ver langte ebenfalls im März einen Shutdown.
Dann kamen aber die ersten Umfragewerte.
Die AfD war in der Coronakrise nicht mehr gefragt. Und auf einmal änderte die AfD ihre Ansichten und zeigte ihr wahres Gesicht. Jetzt brüllen Sie auf einmal wie brünstige Bullen
ganz laut: kein Lockdown, keine Kontaktbeschränkungen, kei nen Mund- und Nasenschutz.
Dass Sie es mit Fakten und der Wissenschaft nicht besonders haben, wissen wir alle im Landtag zur Genüge.
Dass Sie aber nun vielfach nachgewiesene wissenschaftliche Erkenntnisse ignorieren und die Menschen
geradezu in ihr Unglück treiben wollen, das geht nun wirk lich nicht.
Ihre Anmerkungen und Anträge zeigen, dass Sie nicht nur nichts von Coronamanagement verstehen. Nein, Sie sind auch noch stolz auf den Irrsinn, den Sie hier tagtäglich fabrizieren.
Warum machen Sie das?
Ist das Ignoranz, ist das Unkenntnis, ist das pathologische Ver bohrtheit? –
Sicher auch. Wie sonst kann man sich innerhalb einer Legis laturperiode als anfangs stärkste Oppositionsfraktion mit 23 Mitgliedern freiwillig auf 15 Mitglieder kleinschrumpfen?
Die AfD verfolgt ein einfaches Kalkül. Sie hat die Wähler stimmen und die Stimmen der mutmaßlich Unzufriedenen im Blick. Eine durchdachte und ganzheitliche Strategie, um die Coronapandemie in den Griff zu bekommen, ist das freilich nicht; im Gegenteil. Die AfD nimmt mehr – –
Die AfD nimmt mehr Infizierte mit unabsehbaren Langzeitfolgen, zusätzliche Todesfälle, ei nen Kollaps des Gesundheitssystems und damit auch noch weiter reichende Einschränkungen in Kauf. In Wirklichkeit ist die AfD sogar auf die Folgen erpicht.
Denn mehr Einschränkungen heißt ja für die AfD vielleicht noch mehr unzufriedene Menschen.
Es ist also ein politischer Teufelskreis, den Sie mit Ihrem treu herzigen Antrag
als Streiterin für das Wahre, Gute, Rechte heute hier in Gang setzen wollen – ein Teufelskreis, dem sich jedoch die badenwürttembergische Landesregierung und koalitionsübergrei fend die deutliche Mehrheit hier in diesem Hohen Haus mit aller Kraft und Entschiedenheit entgegenstellen.
Ich kann nur sagen: Gut, dass wir unsere grün geführte Lan desregierung mit unserem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann haben, der bedacht und faktenbasiert Maßnah men ergreift, um das Virus einzudämmen, und gleichzeitig da rauf achtet, dass zu weitgehende Vorschläge genau das blei ben, nämlich Vorschläge. Dazu gehört auch, die Maßnahmen stetig zu hinterfragen, verfassungsrechtlich zu prüfen und ge gebenenfalls an die sich ändernde aktuelle Situation anzupas sen. Gut sichtbar wird dies an den besonnenen Lockerungen, die wir im Sommer vorgenommen haben. Begleitet sind die se Maßnahmen durch massive finanzielle Hilfen für Einrich tungen und Personen.
Also, die Damen und Herren von der AfD: Ein gutes Corona management ist das Gegenteil von Ihrem Getöse und Gebuh le um Wählerstimmen bei Querdenkern,
Verschwörungstheoretikern und Coronaleugnern.
Ich komme nun zu meinem zweiten und letzten Punkt: die AfD und die Grundrechte – eigentlich zwei Begriffe, die man nicht ohne Weiteres in einem Atemzug nennen würde. Ja, das Coronavirus schränkt die Bürgerinnen und Bürger in einer bis zum Frühjahr nicht vorstellbaren Form ein. Das gilt für die meisten Länder in Europa und der Welt,
die sich zu ähnlich weitreichenden Maßnahmen entschlossen haben, um Leben zu retten. Es gilt, unser Gesundheitssystem vor einem Kollaps zu bewahren und Menschenleben nicht mutwillig aufs Spiel zu setzen.
Daher sind die Ende Oktober beschlossenen Maßnahmen not wendig und richtig.
Der Staat kommt damit seiner Schutzpflicht für hochrangige Verfassungsgüter – den Schutz des Lebens sowie den Schutz
der körperlichen Unversehrtheit – nach. Allerdings sieht die Verfassung noch weitere Grundrechte wie die Berufs-, die Kunst-, die Versammlungs- oder die Religionsfreiheit vor, mit denen die Maßnahmen zugunsten von Leben und körperlicher Unversehrtheit in Ausgleich
gebracht und abgestimmt werden müssen.
Sie selbst, die hier groß von Grundrechten tönen, haben eine Plattform für Schülerinnen und Schüler eingerichtet,
auf der sie Lehrerinnen und Lehrer melden sollen, also denun zieren sollen.
Was absolut nicht geht, ist, die Menschenwürde von ganzen Menschengruppen anzugreifen, von Menschen, die ganz of fenbar Ihrem Weltbild nicht entsprechen.
Das, was Sie hier heute betreiben, ist kaum etwas anderes als Heuchelei. Denn wenn die Grundrechte nur für Sie und we nige Auserwählte gelten sollen, zeigt das, welches Grundver ständnis Sie von unserer Verfassung haben.
Grund- und Menschenrechte zeichnen sich nämlich gerade dadurch aus, dass sie für alle gelten, dass man sich nicht ein fach aussuchen kann, was einem gerade passt, was einem op portun erscheint.
Seien wir ehrlich: Ihr Grundrechtsverständnis ist sehr selek tiv. Die Grundrechte sind aber keine Pralinenschachtel, aus der man sich seine Lieblingsstücke herauspicken kann.
Auch die Grundrechte, die einem selbst nicht offenstehen – –
Die Grundrechte, die einem selbst nicht offenstehen, Grundrechte, die mit Toleranz und einem Ertragenmüssen zu tun haben, die die Verfassung vorsieht, kommen – mit Blick auf die Meinungs- und Versammlungs freiheit – in manchen Fällen nicht ohne Zumutungen aus. Das weiß ich sehr gut, denn ich empfinde das meiste, was Sie hier in diesem Hohen Haus vortragen, ebenfalls als Zumutung.
Dennoch käme ich nicht auf die Idee, Ihnen Ihre Grundrech te abzusprechen.
Die AfD ist also die politische Bewegung, die am wenigsten kompetent und geeignet ist, sich zur Hüterin der Grundrech te aufzuschwingen. Sie wollen sich als Hüter der Verfassung und der Grundrechte empfehlen.
Sie werden verstehen, dass wir dieses vergiftete Angebot mit aller Entschiedenheit ablehnen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Bei der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs der FDP/DVP haben wir eigentlich schon al le Argumente ausgetauscht. Ich möchte dennoch kurz die Ge legenheit nutzen und die zentralen Argumente sowie Erwä gungen, die gegen den hier vorgelegten Gesetzentwurf spre chen, noch einmal erörtern.
Erstens: Der Gesetzentwurf der FDP/DVP kommt zum fal schen Zeitpunkt. In den nächsten Wochen wird das hier dis kutierte Informationsfreiheitsgesetz evaluiert. Das hat der Ge setzgeber schon 2015 bei der Verabschiedung des Informati onsfreiheitsgesetzes so entschieden. Änderungen bereits vor der Evaluierung des Gesetzes auf den Weg zu bringen hieße, den ersten vor dem zweiten Schritt zu tun.
Erst nachdem wir evaluiert haben, wie sich das Gesetz bis lang auswirkt, welche Stärken und welche Schwächen sich bei seiner Anwendung gezeigt haben, sollten Änderungen ver abschiedet werden. Alles andere ist nicht seriös.
Gerade von Ihnen, liebe Abgeordnete der FDP/DVP, die sich immer für einen schlanken Staat und möglichst zurückhalten de Regulierungen einsetzen wollen, kommt dieses Gesetz zur Unzeit.
Zweitens: Auch inhaltlich verfehlt der Gesetzentwurf der FDP/DVP das Ziel. Die geplanten Änderungen würden nicht zu substanziellen Verbesserungen im Bereich der Transparenz beitragen. Die Veröffentlichung von leistungsbezogenen Da ten von baden-württembergischen Schulen klingt nur im ers ten Moment nach mehr Transparenz. Schnell wird klar: Die
Veröffentlichung dieser Daten kann auch massive negative Folgen für die Schullandschaft in Baden-Württemberg haben.
Wir Grünen sehen es grundsätzlich kritisch, die Leistungsfä higkeit der Schulen an äußerlichen Kennzahlen festzumachen und daraus dann absehbar ein Schulranking oder Schularten ranking ableiten zu wollen.
Das hat nichts mit Transparenz zu tun, sondern zeigt eine fal sche Vorstellung vom Wettbewerbsgedanken der FDP. Da durch werden alle Beteiligten, insbesondere die Schülerinnen und Schüler, aber auch ihre Eltern unter völlig unnötigen Druck gesetzt. Das sehen insgesamt nicht nur wir so, sondern auch viele Verbände, die sich in der Anhörung des Gesetzent wurfs ähnlich ablehnend geäußert haben.
Also: Lassen Sie uns doch das Informationsfreiheitsgesetz ge meinsam weiterentwickeln, und zwar nach seiner Evaluierung.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Demokratie lebt vom Wissen über die öffentlichen Angelegenheiten. Denn nur dann, wenn die Bürgerinnen und Bürger wissen, was Regierung und Par lament, Verwaltungsstellen und Gerichte tun, haben sie die Möglichkeit, sich eine Meinung zu bilden und ihre Interessen wahrzunehmen. Dazu braucht es die Presse- und die Mei nungsfreiheit. Dazu braucht es aber – wie wir in den letzten Jahren festgestellt haben – vor allem freien Zugang zu amtli chen Informationen.
Dieses Informationsrecht ist für uns Grüne wichtiger Teil der Politik des Gehörtwerdens. Denn nur wer weiß, was auf wel cher Grundlage entschieden wurde, kann sich eine eigene Auf fassung bilden und sich äußern.
Für uns – und damit stehen wir nicht allein – ist es ein funda mentales Bürgerrecht, transparent nachvollziehen zu können, wie öffentliche Institutionen arbeiten. Deshalb haben wir Grü nen im Jahr 2015 mit unserem damaligen Koalitionspartner das Informationsfreiheitsgesetz eingeführt. Jede Bürgerin und jeder Bürger kann nun bei der Verwaltung des Landes oder ei ner Kommune eine Auskunft verlangen, und die Behörde muss die Information zeitnah bereitstellen. Zusammen mit der Reform der Gemeindeordnung haben wir somit gute Voraus setzungen für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung geschaffen. Denn um sich beispielsweise auf kommunaler Ebene einbrin gen zu können, müssen die Bürgerinnen und Bürger auch die notwendigen Informationen haben.
Gute und sorgfältige Politik, die über den Tellerrand des Ta gesgeschäfts hinausweist, schaut sich bestehende Gesetze im mer wieder an und prüft, ob es Verbesserungs- oder Ände rungsbedarf gibt. Schon bei der Einführung des Informations freiheitsgesetzes haben wir eine Überprüfung der Auswirkun gen dieses damals neuen Gesetzes für das Jahr 2020 mit auf den Weg gebracht. Das Gesetz wird derzeit umfassend und
gründlich evaluiert. Dies geschieht, um gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden, dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie anderen sachverständigen Akteuren eine möglichst breite Faktenbasis sicherzustellen.
Also, liebe FDP/DVP: Wir wollen eine Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes. Aber Änderungen bereits vor der Gesetzesevaluierung auf den Weg zu bringen hieße, den zweiten vor dem ersten Schritt zu tun. Erst nachdem wir eva luiert haben, wie sich das Gesetz bislang auswirkt, welche Stärken und möglicherweise auch welche Schwächen sich bei seiner Anwendung gezeigt haben, erst dann sollten auch die Änderungen verabschiedet werden. Alles andere fände ich nicht besonders seriös.
Wir wollen nicht blind irgendwelche Änderungen vornehmen, sondern wir wollen das Gesetz geordnet und überlegt weiter entwickeln, hin zu einem umfangreichen und modernen Trans parenzgesetz. Dazu hören wir die Einschätzungen aller rele vanten Beteiligten an, bevor wir Entscheidungen treffen. Hier für ist ein vollumfänglicher Blick auf das Informationsfrei heitsgesetz notwendig. Herr Dr. Brink, der Landesbeauftrag te für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, hat in sei nem aktuellen Tätigkeitsbericht zum Informationsfreiheitsge setz ein mögliches Transparenzgesetz in den Mittelpunkt ge rückt, und damit stößt Herr Brink bei uns auf offene Ohren.
Also: Lassen Sie uns das Informationsfreiheitsgesetz doch ge meinsam weiterentwickeln, und zwar nach der Evaluation und mit Vorschlägen, die die Transparenz behördlicher Vorgänge in Baden-Württemberg wirklich voranbringen.
Einzelne Änderungen hingegen, wie hier von der FDP/DVP heute vorgeschlagen, sorgen nicht für substanzielle Verbesse rungen im Bereich Transparenz. Das aber liegt weder im In teresse der Bürgerinnen und Bürger noch in unserem Interes se.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Vor über einem Jahr haben wir über den vorliegenden Gesetzentwurf der FDP/DVP schon einmal diskutiert.
Schnell wurde klar: Wir warten die Evaluierung der Gemein deordnung ab. Wir wollten schließlich keine Entscheidung treffen, bevor nicht die Fakten auf dem Tisch liegen.
Nun liegt uns die Evaluierung der Gemeindeordnung vor. Das Dokument stellt auf über 100 Seiten ausführlich dar, was in den Bereichen Bürgerbeteiligung, „Transparenz der Gremi enarbeit“, „Stellung der Fraktionen“ sowie Minderheitenrech te Stand der Dinge ist.
Das Thema „Bürgerbeteiligung auf Landkreisebene“ wird da rin nur kurz behandelt. Das hat seine Ursache darin, dass es die Bürgerbeteiligung auf Landkreisebene zwar bisher nicht gibt, aber dennoch Fragen zur Einstellung dazu gestellt wur den. Die Landkreise wurden gefragt, ob sie eine Bürgerbetei ligung auf ihrer Ebene als sinnvoll erachten. Von den insge
samt 35 Landkreisen haben sich 16 dagegen ausgesprochen, drei dafür.
16 Landkreise haben diese Frage nicht beantwortet.
Wonach in der Evaluierung nicht gefragt wurde, was aber nach dem Gesetzentwurf der FDP/DVP auch eingeführt werden soll, sind Einwohneranträge und Bürgerbegehren. Gefragt wurde nur nach einer Option der verschiedenen Beteiligungs formen, und es gab von 60 % der Landkreise überhaupt kei ne Rückmeldung. Das ist wirklich sehr bedauerlich.
Was aber sehr ausführlich evaluiert worden ist, sind die ver schiedenen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung auf kommu naler Ebene. Klar wird vor allem eines: Die Kommunen kom men mit den verschiedenen Möglichkeiten der Bürgerbeteili gung gut zurecht. Auch die Evaluation kommt zu diesem Schluss. Im Bereich der kommunalen Bürgerbeteiligung gibt es nur wenige Änderungswünsche. Besonders beachtlich ist: Die Kommunen fragen nicht nach weniger Bürgerbeteiligung. Es geht eher um eine leichtere und vor allem unkomplizierte Handhabung. Es wird also nicht das Ob, sondern das Wie in frage gestellt.
Als 2015 die Gemeindeordnung reformiert wurde, hörte sich das alles noch anders an. Von einer Gängelung war da die Re de, von Durchsetzung von Partikularinteressen und von einer sinkenden Bereitschaft der Menschen vor Ort, ein Gemeinde ratsmandat zu übernehmen.
Außerdem wurde befürchtet, dass Bürgerbeteiligung in den Kommunen beispielsweise den Bau neuer Wohnungen mas siv einschränken würde. Diese Befürchtungen haben sich al le nicht bewahrheitet. Das zeigt die Evaluation der Gemein deordnung sehr deutlich. Das ist wirklich erfreulich. Wir kön nen hier erkennen: Es ist gut und vernünftig, wenn die Men schen über Projekte vor Ort mitreden dürfen.
Auf Landkreisebene sind wir aber nicht zufrieden. Denn Ba den-Württemberg ist neben Hessen das einzige Flächenland in Deutschland, das keine Bürgerbeteiligung auf Landkreis ebene vorsieht.
In den anderen Bundesländern gibt es momentan keine Be strebungen, diese Form der Bürgerbeteiligung wieder rück gängig zu machen. So schlecht scheint es also dort vor Ort nicht zu laufen. Für uns Grüne ist das ein Grund mehr, Bür gerbeteiligung auch auf der Ebene der Landkreise einzufüh ren. Leider sieht das unser Koalitionspartner nicht so.
Deshalb ist es schade, dass wir, die Regierungsfraktionen, heute nicht einen eigenen Entwurf zur Bürgerbeteiligung auf Landkreisebene vorlegen können.
Hier ist von uns Grünen offensichtlich noch starke Überzeu gungsarbeit zu leisten.
Herr Klenk lächelt vor sich hin. Aber wir kennen die Kolle gen von der CDU. Sie sind oftmals nach zähem Ringen für kluge Vorschläge empfänglich.
Wir Grünen unterstützen die Forderung des Vereins „Mehr Demokratie“. Deshalb war die Bürgerbeteiligung auf Land kreisebene auch Teil unseres letzten Wahlprogramms. Ich fra ge mich: Warum hört die FDP/DVP hier nicht auf die Exper tinnen und Experten von „Mehr Demokratie e. V.“? Sie sehen nämlich andere Quoren vor.
Es fällt mir nicht nur wegen der geringen Beteiligung und der unzureichenden Faktenlage schwer, dem Gesetzentwurf der FDP/DVP zuzustimmen. Vielmehr ist der Gesetzentwurf auch inhaltlich schwach. Denn er übernimmt von „Mehr Demokra tie“ die wirklich relevanten Inhalte bezüglich der Quoren eben nicht.
Zum Abschluss: Die Menschen in Baden-Württemberg sind natürlich in der Lage, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Wir trauen ihnen mehr Beteiligung auf Landkreisebene zu, und ich bin der festen Überzeugung, dass die Bürgerinnen und Bürger bei der nächsten Wahl sehr genau im Kopf behalten, welche Parteien ihnen mehr Verantwortung zutrauen und wel che nicht.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Gesetze gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern formulieren, Änderungswünsche der Bevölkerung bewerten und aufnehmen, den Menschen Möglichkeiten an die Hand geben, Gesetzentwürfe abzuleh nen und selbst Petitionen einzureichen – all das ist bei uns in Baden-Württemberg möglich, denn wir leben hier die Politik des Gehörtwerdens.
Ein gutes Beispiel, wie die Zusammenarbeit der Landesregie rung mit den Bürgerinnen und Bürgern gelingen kann, ist das Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept des Landes, kurz IEKK. Das IEKK liefert konkrete Strategien und Maßnahmen für die Energie- und Klimapolitik. Alle Landesministerien tra gen mit eigenen Maßnahmen dazu bei, die gesetzten Ziele zu erreichen.
Viele Bürgerinnen und Bürger haben auf dem Beteiligungs portal des Landes dieses Energie- und Klimaschutzkonzept kommentiert und Vorschläge für die Umsetzung gemacht. Ge nau das ist der Zweck des Beteiligungsportals. Jede Bürgerin und jeder Bürger kann dort die aktuellen Gesetzesvorlagen diskutieren und kommentieren. Das zuständige Ministerium prüft dann die eingebrachten Ideen. Gute Impulse werden auf gegriffen und in den Gesetzesvorschlag eingebaut.
So auch beim IEKK: Etwa ein Viertel der Vorschläge aus dem Beteiligungsportal wurden aufgenommen. Zwei konkrete Bei spiele darf ich hier nennen. Der ÖPNV wurde in die Förde
rung für E-Mobilität aufgenommen; im ursprünglichen Ent wurf war das nicht vorgesehen. Gleiches gilt für die Kompen sation von CO2-Emissionen z. B. durch die Renaturierung landwirtschaftlich genutzter Moore – eine gute Idee, die aus der Bevölkerung kam und von der Landesregierung gern auf genommen wurde.
Das Beteiligungsportal zahlt sich also aus. Nicht nur die Nut zerinnen und Nutzer schätzen das Beteiligungsportal, sondern auch die Ministerien. Der Informationsfluss in beide Richtun gen ist eine Bereicherung für alle Beteiligten. Für die Minis terien zeichnet das Beteiligungsportal zudem ein gutes Stim mungsbild. Zwar entsteht natürlich ein gewisser Aufwand, die Kommentierung in die Gesetzentwürfe einzuarbeiten. Aber für alle Beteiligten ist dennoch klar: Die Verwaltung wird nicht überfordert. Der Nutzen ist am Ende wesentlich höher als der Aufwand. Durch das Beteiligungsportal wird so also der Einfluss der Bürgerinnen und Bürger auf das politische Handeln erhöht, und der Prozess der Gesetzgebung wird so transparenter.
Aus meiner Sicht ist es ein wirksames Gegengift gegen die weitverbreitete Ansicht, die da oben würden am Ende eh ma chen, was sie wollen. Wer sich beteiligen kann, fühlt sich ernst genommen. Bürgerbeteiligung ist also das beste Mittel gegen Politikverdrossenheit.
Und damit ist Baden-Württemberg Vorreiter. Vergleichbare Beteiligungsportale gibt es ansonsten nur in Sachsen und Ber lin; diese haben uns nachgezogen. Für Baden-Württemberg ist das Beteiligungsportal ein wichtiges Instrument zur Stär kung der Bürgerbeteiligung.
Onlinebeteiligung reicht aber allein nicht aus. Trotz ihrer vie len Vorteile ist sie nämlich nicht barrierefrei. Es braucht auch ein Mitspracherecht vor Ort in analoger, also in klassischer Form.
Sie kennen auch bereits die Methode des Zufallsbürgers. Hier nehmen zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger an ei nem Beteiligungsverfahren teil. Durch die Zufallsauswahl können mehr Frauen, mehr Jugendliche und auch mehr Men schen mit Migrationshintergrund gewonnen werden, die sonst oftmals unterrepräsentiert sind. Entscheidungen werden also von einer Vielzahl und vor allem Vielfalt von Menschen ge troffen. Wenn wir uns fragen: „Wie wollen wir das Land stär ken?“, dann ist doch genau das die Antwort. Wir wollen, dass sich die Menschen für das Gemeinwesen interessieren, Ver antwortung übernehmen und sich mit all ihren hervorragen den Fähigkeiten einbringen.
Nur so kann eine moderne Demokratie funktionieren und ei ne Gesellschaft am Ende auch zusammenhalten.
Ich bin deshalb froh, dass das Land seit 2011 die Politik des Gehörtwerdens lebt und mit der Bürgerbeteiligung ganz kon kret umsetzt. Ich danke der Staatsrätin für Zivilgesellschaft
und Bürgerbeteiligung für ihren unermüdlichen Einsatz in die ser Sache. Vielen Dank, liebe Gisela Erler! Diesen Weg gilt es jetzt weiterzugehen und zu vertiefen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! In Rottweil wird ein neues Ge fängnis gebaut.
Das ist erst einmal keine außergewöhnliche Nachricht. Neu ist aber der Gestaltungsprozess, in den die Rottweilerinnen und Rottweiler einbezogen wurden, nachdem sie sich 2015 im Anschluss an eine engagierte Auseinandersetzung für eine Justizvollzugsanstalt ausgesprochen hatten.
Das ist vermutlich eine deutschlandweite Premiere; denn auch nach dem Bürgerentscheid, bei der konkreten Planung der JVA, sollten die Bürgerinnen und Bürger mitreden und diese Aufgabe nicht einfach den Behörden überlassen. Das war in dieser Form etwas Neuartiges, das auf den Planungsleitfaden der Landesregierung zur Bürgerbeteiligung zurückzuführen ist. Die intensive Bürgerbeteiligung vor und nach dem Bürger entscheid in Rottweil ist ein gutes Beispiel dafür, wie erfolg reich Gestaltungsprozesse in Baden-Württemberg ablaufen können.
Aber das, was in Rottweil gut klappt, muss nicht zwangsläu fig in jeder anderen Kommune ebenso gut funktionieren. Denn jede Kommune ist individuell, und dementsprechend muss auch das richtige Format der Bürgerbeteiligung gewählt wer den. Das zeigt auch die Stellungnahme der Landesregierung zu unserem Antrag, den wir heute hier behandeln.
Aus der Sicht der Landesregierung gibt es nicht das eine, das perfekte Format. Entscheidend ist vielmehr, dass es mehrere Handlungsoptionen gibt, jeweils an die Situation angepasst. Eine entscheidende Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung ist nämlich, dass man einen frühen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern führt, sprich eine rechtzei tige Einbindung der Öffentlichkeit. Das Beispiel JVA Rottweil zeigt jedenfalls: Durch die Einbindung in die Entscheidungs- und Planungsprozesse ermöglichen wir es den Menschen, die Kriterien für die Behördenentscheidung nachzuvollziehen und anzuerkennen. Die relevanten Kriterien werden gemeinsam diskutiert, ergänzt und fortwährend verbessert, und die Lan desregierung lässt die Kommunen bei einer erfolgreichen Bür gerbeteiligung nicht im Stich und setzt eigene Impulse.
Um Kommunen einen Rahmen für die Durchführung von Öf fentlichkeits- und Bürgerbeteiligung zu geben, hat das Land eine dementsprechende Verwaltungsvorschrift eingeführt.
Diese bildet bewusst die wesentlichen Muster einer Bürger beteiligung ab und bietet somit eine Blaupause für jede Form der Bürgerbeteiligung. Zusätzlich werden aus dem Etat der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung Fort bildungsangebote, Vorträge und Netzwerktreffen finanziert. Die Bildungsangebote sind für das Gelingen einer erfolgrei chen Bürgerbeteiligung sehr wichtig. Denn entscheidend ist u. a. die innere Haltung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden vor Ort. Die Bürgerinnen und Bürger sind Betroffene und Partner. Ihre Anliegen müssen daher ernst ge nommen werden.
Bevor ich zum Ende komme, möchte ich noch einen weiteren Aspekt ansprechen, der mir besonders wichtig ist, nämlich die Einbindung von Jugendlichen, von Migranten, Frauen oder auch von Angehörigen sozial benachteiligter Schichten. Die se Gruppen sind in Bürgerbeteiligungsprozessen häufig unter repräsentiert, oder sie trauen sich nicht, von ihren Mitwir kungsrechten Gebrauch zu machen. Methodisch ist daher das beste Mittel der Einsatz von zufällig ausgewählten Bürgerin nen und Bürgern – der sprichwörtliche Zufallsbürger.
Die Landesregierung hat im Planungsleitfaden verschiedene Methoden vorgestellt, um auch diese Menschen für eine Teil nahme an Beteiligungsprozessen zu gewinnen. Ich wünsche mir, dass wir in Zukunft von diesen Mitteln noch viel häufi ger Gebrauch machen. Denn wir reden oft davon, unsere De mokratie besser zu schützen, Bürgerinnen und Bürger in ih rem Unmut oder ihrer Politikverdrossenheit nicht alleinzulas sen. Wenn die Menschen nicht nur vereinzelt Gelegenheit ha ben, abzustimmen, sondern wenn sie dort, wo es sinnvoll ist, nach ihrer Meinung gefragt werden, dann haben wir mit den genannten Formen der Bürgerbeteiligung wirksame Instru mente zur Hand, um negativen Tendenzen in der Gesellschaft vorzubeugen, und wir sollten diese Instrumente auch nutzen.
Ich möchte mich noch einmal bei unserer Staatsrätin für Zi vilgesellschaft und Bürgerbeteiligung – liebe Gisela Erler – für ihren unermüdlichen Einsatz bedanken.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Einrichtung des Bürger- und Polizeibeauftragten im Jahr 2017 war eine sehr gute Entscheidung. Das belegen allein schon die Zahlen: Im Vergleich zum Vorjahr wurden 50 % mehr Anliegen einge bracht; insgesamt sind es im Jahr 2018 damit knapp 500 ge wesen.
Die Stelle des Bürger- und Polizeibeauftragten ist eine neue Stelle für die Bürgerinnen und Bürger, die gehört werden sol len. Es geht für die Menschen darum, sich Gehör zu verschaf fen und sich dabei auch ernst genommen zu fühlen.
Von Anfang an, seit der Einführung kurz nach der Landtags wahl 2016, ist das Amt dennoch nicht nur auf Gegenliebe ge stoßen. Bis zum heutigen Tag ist es offensichtlich noch im mer so, wie wir heute Vormittag erneut erfahren mussten. Die se Kritik ist aber substanzlos. Deshalb ist Ihre heutige Aussa ge, Herr Kollege Hinderer, der Bürgerbeauftragte sei ein „zahnloser Tiger“, absolut falsch. Die eben genannten Zahlen belegen das Gegenteil. Wir brauchen das niederschwellige An gebot für die Bürgerinnen und Bürger.
Denn der Bürgerbeauftragte erfüllt viele Aufgaben auf ein mal. Er kann Lotse, Moderator und Dolmetscher für Politik und Verwaltung sein;
er ist nicht nur Beauftragter für die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch für die Polizei. Die besondere Zuständigkeit für die Landespolizei besteht dabei in zwei Richtungen: zum ei nen als Beschwerdestelle, um ein persönliches Fehlverhalten einzelner Polizistinnen oder Polizisten mitzuteilen, zum an deren aber auch als Anlaufstelle, an die sich Polizeiangehöri ge wenden können, wenn sie interne Probleme oder Missstän de in einem vertraulichen Rahmen ansprechen möchten.
Beides ermöglicht eine Verbesserung von Abläufen innerhalb der Polizei und stärkt diese sowohl nach innen als auch nach außen.
Die Anliegen der Menschen erreichen den Bürger- und Poli zeibeauftragten auf ganz unterschiedlichen Wegen. Viele mel den sich über das Onlineformular; der Bürgerbeauftragte ist aber auch telefonisch, per E-Mail und an den Sprechtagen auch persönlich erreichbar.
So wandte sich auch eine Bürgerin aus der Region Bodensee an den Bürgerbeauftragten. Sie spazierte regelmäßig auf dem Seefußweg, den sie bereits seit 20 Jahren benutzt hatte; nun konnte sie diesen nicht mehr nutzen – der Weg liege auf ei nem Grundstück der Kommune und sei an einen Motorsport klub verpachtet. Der Verein hatte den Fußweg nun für die Öf fentlichkeit gesperrt und hatte ein Schild mit einem Hinweis auf das Durchgangsverbot und auch eine Kette angebracht. Aus Sicht der Bürgerin fiel die Pachtfläche unter den Begriff der „freien Landschaft“; laut Bundesnaturschutzgesetz ist das Betreten von ungenutzten Wegen in der freien Landschaft al len gestattet.
Der Bürgerbeauftragte teilte die Ansicht der Bürgerin und setzte sich mit der zuständigen Naturschutzbehörde des Land kreises in Verbindung.
Seine Einschätzung wurde bestätigt, und nun kann die Dame wieder am See spazieren gehen.
Weitere Beispiele zeigen aber auch: Nicht immer bekommen die Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Anliegen recht. Trotz dem fühlen sie sich danach meist besser verstanden.
Hören Sie bitte zu; Sie können ja nachher auch noch reden. Stimmt’s, Herr Hinderer? – Danke.
Nicht immer bekommen Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Anliegen recht. Trotzdem fühlen sie sich danach meist besser verstanden, oder sie verstehen die Entscheidungen, denen sie ausgesetzt sind, bedeutend besser.
So schrieb ein Bürger an den Bürgerbeauftragten:
Ich danke Ihnen vielmals für diese Antwort. Sie haben mir damit geholfen, den Verwaltungsakt nicht als ungerecht zu empfinden.
Diese beiden Beispiele zeigen, wie vielfältig und wichtig die Arbeit unseres Bürgerbeauftragten ist. Vor allem aber zeigen sie, dass Bürgerinnen und Bürger durch die Moderation des Bürgerbeauftragten zwar nicht immer recht bekommen, aber die Entscheidung der Verwaltung besser nachvollziehen kön nen. Genau das schafft Akzeptanz.
Die Befürchtungen in Bezug auf das Amt des Bürgerbeauf tragten, es würde eine Doppelstruktur geschaffen, haben sich nicht bewahrheitet. Das Amt ist auch keine Konkurrenz zum Petitionsausschuss. Der Bürgerbeauftragte vermittelt in alle Richtungen, und das macht ihn auch so besonders und wich tig.
Herr Schindler, Sie und Ihr Team haben in den letzten Jahren sehr gute Arbeit geleistet.
Sie haben mit einem Telefon an ihrem Arbeitsplatz begonnen, haben das Amt des Bürgerbeauftragten aufgebaut und es vor allem auch etabliert. Ihre hervorragende Leistung verdient An erkennung und Wertschätzung. Ein herzliches Dankeschön von mir und meiner gesamten Fraktion für Ihr tolles Engage ment.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Was zeichnet unser Bundesland, was zeichnet Baden-Würt temberg aus? Stellt man diese Frage Menschen aus anderen Bundesländern, dann fallen häufig die Worte „fleißig“, „tüch tig“ oder auch „neugierig“.
Baden-Württemberg ist tatsächlich das Land der Tüftler und Denker. Wir haben bei uns im Ländle eine außerordentliche Vielzahl von Hochschulen und Forschungseinrichtungen, da runter auch einige von Weltrang. Diese Mischung macht Ba den-Württemberg zum Innovationsstandort Nummer 1 in Eu ropa und zu einer der führenden Wirtschaftsregionen der Welt.
Der Antrag der Fraktion GRÜNE, den wir heute hier behan deln, zeigt umfassend, wie das Land diese einzigartige Infra struktur für Innovationen fördert und auch bewahrt.
Ich halte es für den richtigen Ansatz, dass die Landesregie rung auf die Verknüpfung der Hochschulen, Forschungsein richtungen und innovativen Wirtschaftsformen setzt. So bleibt unser Bundesland auch weiterhin ein herausragender Innova tionstandort.
Als Innovationsimpuls sehen wir vor allem einen soliden neu en Hochschulfinanzierungsvertrag. Durch eine gesicherte Fi nanzierung können die Hochschulen die Ausbildung der Wis senschaftlerinnen und Wissenschaftler von morgen sicherstel len.
Grüne Innovationspolitik vereint Nachhaltigkeit und Wirt schaftlichkeit. Wir wollen das Klima retten und dabei auch neue Arbeitsplätze schaffen.
War klar, dass sich die AfD gleich beschwert. – Grüne In novationspolitik sieht den Menschen im Mittelpunkt: Innova tion für den Menschen und mit dem Menschen.
Durch eine bürgernahe Ausgestaltung der Innovationspolitik nehmen wir die Menschen mit und beugen Ressentiments ge gen neue Techniken vor, z. B. durch den Einsatz von Realla boren oder auch mittels Citizen Science. Reallabore machen das Leben zum wissenschaftlichen Experimentierfeld und bringen so Wissenschaft und Gesellschaft zusammen. Das Land Baden-Württemberg treibt diese bürgernahe Forschung mit insgesamt 18 Millionen € voran.
Als Sprecherin für universitäre Forschungspolitik sowie Bür gerbeteiligung und direkte Demokratie liegt mir diese Verbin dung besonders am Herzen, Bürgerinnen und Bürger in Inno vationsprozesse einzubinden, sie die Richtung von Innovati onspolitik mitbestimmen zu lassen. Durch die Einbindung der Bevölkerung in Innovationsprozesse werden Bürgerinnen und Bürger nicht nur an den Forschungsprozessen beteiligt, son dern sie bestimmen die Richtung unserer Innovationspolitik auch mit. Es entsteht eine gemeinwohlorientierte Innovation.
Ein Thema, das die Menschen im Land zu Recht beschäftigt, ist der Klimawandel. Über die Hälfte der Wählerinnen und Wähler haben bei der Europawahl angegeben, dass Klima- und Umweltpolitik für ihre Wahl entscheidend waren. Das ist ein politischer Auftrag, den wir sehr wohl ernst nehmen müs sen, liebe AfD. Mein Kollege Bernd Murschel ist ja bei dem letzten Tagesordnungspunkt schon auf das Thema „Innovati on im Umwelt- und Klimaschutzbereich“ eingegangen.
Einen erfolgreichen Klimaschutz erreichen wir nur, wenn po litische Entscheidungen mit Innovationen in der Forschung Hand in Hand gehen.
Wir brauchen sowohl eine sinnvolle CO2-Bepreisung als auch neue, nachhaltige Antriebstechniken für unsere Autos. Wir brauchen sowohl die politische Vorgabe für den Ausbau von erneuerbaren Energien als auch effiziente Speichertechnolo gien für den Ökostrom.
Dies alles zeigt: Nur gemeinsam mit Innovationen können wir den Klimawandel aufhalten. Wir sehen die vielen Förderpro jekte, die in dem heute behandelten Antrag vorgestellt wer den, nur als Anfang. Wir wollen die Rahmenbedingungen für moderne Innovationspolitik weiter ausbauen. Diesen Weg der Verzahnung müssen wir weitergehen. Nur wenn die Innova tionspolitik weiterhin im Zusammenhang mit den ökologi
schen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen ge dacht wird, bleibt sie auch erfolgreich.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich möchte gern noch mit weiteren kurzen Beispielen auf das The ma Innovation eingehen. In Radolfzell am Bodensee – in mei nem Wahlkreis – befindet sich das Max-Planck-Institut für Or nithologie, das nun eigenständig wird. Ursprünglich eine Vo gelwarte, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft ler vor Ort mittlerweile den Schwerpunkt auf die Verhaltens biologie gesetzt. Erst gestern titelte SPIEGEL ONLINE:
In einem spektakulären Forschungsprojekt wollen Wis senschaftler Tierwanderungen weltweit dokumentieren, Erdbeben vorhersagen und die Ausbreitung von Krank heitserregern verfolgen.
Bei der Beobachtung der Wanderbewegungen von Tieren kommen in meinem Wahlkreis auf internationalem Niveau künstliche Intelligenz und satellitengestützte Technik zur An wendung. Früher zählten die Ornithologen in Radolfzell die vorbeiziehenden Vögel und notierten die Zahlen mit Stift auf Papier. Heute arbeitet ein internationales Team am Projekt ICARUS, welches über im Weltall befindliche Satelliten Wan derrouten von Tieren erforscht.
Für mich ist das Max-Planck-Institut in Radolfzell ein Bei spiel dafür, wie dynamisch die Forschung bei uns im Ländle arbeitet.
Forschung darf nicht stillstehen, wenn sie innovativ bleiben will. Auch in Tübingen hat das Max-Planck-Institut Initiative gezeigt und gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg 2016 das Cyber Valley gegründet. In den kommenden Jahren entsteht dort ein internationaler Topstandort im Bereich der künstlichen Intelligenz. Die Landesregierung fördert dieses Projekt mit insgesamt rund 100 Millionen €.
Meine Damen und Herren, Sie sehen: Baden-Württemberg ist im Bereich Wissenschaft und Forschung gut aufgestellt. Das hat unsere Wissenschaftsministerin Theresia Bauer in ihrer Rede, die sie gerade gehalten hat, ebenfalls deutlich gemacht.
Wichtig ist weiter, dass wir die einzelnen Aspekte der Inno vationspolitik aber nicht aus den Augen verlieren. So waren in der Vergangenheit Kunst und Kultur schon häufig Verstär ker für Innovationen. Deshalb ist es mir auch ein Anliegen, diese Impulse weiterhin aufzunehmen – ganz im Gegensatz zur AfD, die lieber Listen von ausländischen Künstlerinnen und Künstlern erstellt. Man fragt sich, wofür sie das macht und was sie eigentlich mit diesen Listen vorhat.
Stattdessen leben unsere Kunst und Kultur hier vor Ort von der Vielfalt und auch von wechselseitigen Impulsen.
Unsere Kunstbetriebe sind international anerkannt. Gerade in Baden-Württemberg befindet sich auf engem Raum eine ein zigartige Dichte von Opern und Theaterhäusern, Museen so wie Kunst- und Filmhochschulen. Dort entstehen wichtige Diskurse, die die Gesellschaft bereichern. Diese Anregung und Innovation durch die Kunst brauchen wir.
Schließlich möchte ich auch den sozialen Aspekt nicht aus den Augen verlieren, lieber Herr Selcuk. Wir nehmen die Sorgen und Ängste der Bevölkerung in Bezug auf die neuen Techno logien sehr wohl ernst und vermitteln auch, wie sich neue Technologien positiv auf unser Zusammenleben auswirken können.
Die kürzlich veröffentlichte Studie „Sicherheit im Wandel“ der Baden-Württemberg Stiftung setzt sich u. a. mit den He rausforderungen der digitalen Revolution auseinander. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die neue Stufe der Di gitalisierung auf absehbare Zeit nicht zu einem Ende der Ar beitsgesellschaft führen wird. Sie wird aber viele Jobs verän dern. Dieser Umbruch wird den Menschen leichterfallen, wenn wir, das Land, diesen Prozess aktiv mitgestalten.
Nur eine Innovationspolitik, die sich am Gemeinwohl orien tiert, kann erfolgreich sein. Dafür setzen wir uns mit allen in novativen Kräften in diesem Land ein.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heu te die vorgezogene Initiative der SPD mit dem Titel „Endsta tion direkte Demokratie“. Also, über den Titel musste ich schon ein wenig schmunzeln.
Liebe Antragstellerinnen und Antragsteller der SPD, Sie ha ben sich in der Wortwahl vergriffen; denn im Augenblick wird Ihr Antrag zum Volksbegehren vor dem Verfassungsgerichts hof auf seine Verfassungsmäßigkeit hin überprüft. Das ist ein ganz normaler Vorgang in einem Rechtsstaat.
Hier das Bild eines Friedhofs, eines Grabes für die direkte De mokratie heraufzubeschwören, ist wirklich an den Haaren her beigezogen; im Gegenteil, schließlich gelten die Gesetze, die wir Grünen gemeinsam mit Ihnen,
also der SPD, zur direkten Demokratie eingebracht haben.
Hören Sie doch zu! Regen Sie sich nicht gleich wieder auf; einfach mal zuhören.
Gemeinsam haben wir damals die Reform in einer interfrak tionellen Arbeitsgruppe erarbeitet.
Seitdem haben wir an dieser Gesetzeslage nichts geändert. Deshalb wirkt es etwas verzweifelt, wenn die SPD jetzt ver sucht, eine rein verfassungsrechtliche Entscheidung zu einem Politikum zu machen.
Lassen Sie uns den Sachverhalt einmal genauer betrachten.
Seit der Absenkung der Quoren für die kommunalen Bürger begehren und Bürgerentscheide ist die direkte Demokratie in den Gemeinden deutlich gestärkt worden. Schon vor der an stehenden Evaluation ist erkennbar: Die Änderungen wirken. Ja, Herr Stoch, wir haben in Baden-Württemberg mehr De mokratie.
2017 wurden in Baden-Württemberg 50 Bürgerbegehren auf kommunaler Ebene beantragt, 2016 waren es sogar 80. Hin gegen waren es in den Jahren vor der Reform jeweils nur um die 20 Anträge jährlich. 2016 sind 19 Bürgerentscheide im Sinne des Begehrens oder bereits vorweg durch einen entspre chenden Gemeinderatsbeschluss entschieden worden,
Zum Vergleich: 2014 waren es nur zwei Bürgerentscheide.
Daran sehen Sie: Die Reform wirkt. Die Zahlen sprechen für sich.
Die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg können sehr wohl mitentscheiden. Gemeinsam haben wir damals auch die Hürden für die direkte Demokratie auf Landesebene ge senkt.
Ich sehe daher nicht, dass sich die direkte Demokratie an ei ner Endstation befinden würde; im Gegenteil: Sie ist im Auf wind,
wie die Zahlen, die ich eben genannt habe, belegen.
Das ist damals mit Ihrer Zustimmung unter einer anderen po litischen Konstellation beschlossen worden, und heute reden Sie Ihre eigenen politischen Projekte schlecht.
Warum tut die SPD das? Das Innenministerium hat das Be gehren rechtlich und sachlich geprüft und ist somit seiner ihm nach der Landesverfassung obliegenden Aufgabe nachgekom men.
Das respektieren wir. Es geht hier um komplizierte Rechtsfra gen. Beim Haushalt handelt es sich um das Königsrecht des Parlaments.
Daher enthalten auch sämtliche Landesverfassungen Ein schränkungen. Juristisch umstritten ist aber, wann das Etat recht des Parlaments berührt ist. Es ist doch gut, dass der Ver fassungsgerichtshof diese Fragen klärt und sich mit der Reich weite des Etatrechts des Parlaments in Baden-Württemberg befasst. Da wünsche ich mir in der Diskussion – vor allem von Ihnen, von der SPD – mehr Sachlichkeit.
Verzweifelt versucht die SPD jetzt aber – –
Sie versuchen jetzt verzweifelt, die Entscheidung – –
Hören Sie doch bitte einmal zu. Das ist nicht in Ordnung. Ich habe Ihnen auch zugehört.
Danke schön. – Richtig ist, die Entscheidung jetzt abzuwarten und den Verfassungsgerichts hof seine Arbeit tun zu lassen. Wenn die Rechtslage geklärt ist, können Sie hier im Parlament gern diskutieren und prü fen, welche Schlüsse der Gesetzgeber daraus zu ziehen hat.
Die SPD will das aber offensichtlich nicht tun. Für mich stellt sich daher die Frage, ob Sie auch ohne den Kommunal- und Europawahlkampf im Nacken
das ausstehende Urteil des Verfassungsgerichtshofs in dieser Form politisiert hätten. Geht es Ihnen um die Rechte der Bür gerinnen und Bürger, oder geht es Ihnen vielmehr darum, ein solches Instrument jetzt für Ihre Parteizwecke zu nutzen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Ihnen geht es um Ihre Kampagne und nicht um die Teilhabe der Bürgerin nen und Bürger.
Diese Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt ist reines Wahl kampfmanöver – mehr nicht.
Das durchschauen die Menschen, die Bürgerinnen und Bür ger in Baden-Württemberg sehr wohl.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Demokratie lebt vom Mitmachen. Die Bürgerinnen und Bürger sind beispielsweise auch jenseits der Landtags- oder Europawahlen dazu aufge rufen, ihre eigenen Ideen einzubringen, umzusetzen und die Gesellschaft mitzugestalten. Das Engagement dafür ist in un serer Gesellschaft in vielfältiger Form vorhanden. Dadurch wird unsere Gesellschaft lebendiger und auch reicher.
Dort, wo solche Projekte Unterstützung brauchen, gibt es das Förderprogramm des Landes Baden-Württemberg „Gut Be raten!“. Es hilft Projekten zivilgesellschaftlichen Engagements auf die Beine, für die es zuvor keine Fördermöglichkeiten gab.
Ein gutes Beispiel hierfür ist das kostenlose Mitfahrprojekt HÖRI-MIT. Die Höri ist eine malerische Halbinsel im Boden see, und – Sie haben es bestimmt schon erahnt – sie liegt in
meinem Wahlkreis. Nicht nur hat sich Hermann Hesse auf der Höri zu seinen Büchern inspirieren lassen, auch in den Wer ken von Otto Dix spiegelt sich die unvergleichliche Schönheit
und auch Romantik der Höri in vielfältiger Weise wider.
Danke für die Zustimmung.
Mit der Schönheit und Abgeschiedenheit sind heute jedoch auch Nahverkehrsfragen verbunden. Denn die Höri zählt zu dem, was wir den ländlichen Raum nennen. Für all diejeni gen, für die der regelmäßig verkehrende Bus nicht ausreicht, die aber nicht auf das Auto zurückgreifen können oder wol len, bietet das großartige Projekt HÖRI-MIT die Möglichkeit, kostenlose Mitfahrgelegenheiten zu bekommen – eine inno vative und nachhaltige Mobilitätsform, die den ÖPNV ergänzt und die Mobilität insbesondere auch von älteren Menschen sowie Jugendlichen im ländlichen Raum erhöht.
Das funktioniert ganz einfach: Man meldet sich an, stellt sich an einen der ausgewiesenen Haltepunkte und wartet dort, bis ein Auto mit dem Aufkleber „HÖRI-MIT“ vorbeikommt und einen mitnimmt. Dass das auch soziale und generationsver bindende Aspekte hat, indem die Menschen miteinander ins Gespräch kommen und sich über ihren Alltag austauschen, versteht sich von selbst. Ich finde es schön, dass Jung und Alt auch über solche innovativen Bürgerprojekte zueinanderfin den können.
HÖRI-MIT ist ein gelungenes Beispiel dafür, welche positi ven Impulse für das Zusammenleben durch das Förderpro gramm „Gut Beraten!“ gesetzt werden können. Das Förder programm unterstützt die Menschen auch außerhalb von eta blierten Strukturen bei der Umsetzung. Damit fördert „Gut Beraten!“ quasi kleine Start-ups für die Zivilgesellschaft. Oft mals können dadurch im Kleinen gute Lösungen gefunden werden, weil diese durch die Nähe der Menschen am Prob lem sehr passgenau sind.