Rolf Wilhelm

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Last Statements

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gab schon Zeiten, da sind beim Thema Datenschutzbericht die Fetzen geflogen. Wenn ich jetzt höre, dass überall weitgehend Einigkeit herrscht,
so möchte ich doch darauf hinweisen: Auch wenn der diesjährige Datenschutzbericht keinen eigentlichen Datenschutzskandal enthält, sondern viele kleinere Nachlässigkeiten oder Schlampereien, kann man jetzt nicht einfach sagen: „Okay, wir haben die Sache im Griff. Augen zu und durch!“ oder vielleicht sogar auf die Idee verfallen, der Datenschutzbeauftragte sei eigentlich gar nicht mehr so wichtig. Ich möchte gerade das Gegenteil behaupten. Es gab einmal einen Werbeslogan, der sich jetzt trefflich auf den Datenschutzbeauftragten anwenden lässt: Nie war er so wertvoll wie heute.
Ich will an dieser Stelle auf die kleinen Einzelfälle, so ärgerlich sie auch im Einzelnen sein mögen, nicht näher eingehen, denn dies würde eine Gewichtung des einzelnen Falls bedeuten. Aber ich möchte auf drei Dinge hinweisen, die in Zukunft auf uns zukommen könnten.
Die heutige Technik erlaubt es, den Menschen absolut transparent zu machen. Wer heute in seinem Pkw ein Navigationssystem hat, wer unterwegs mit dem Handy telefoniert und mit Kreditkarte zahlt, der ist lückenlos zu überwachen. Das muss nicht sein, aber es kann sein. Hier werden große Probleme datenschutzrechtlicher Art auf uns zukommen.
Das Zweite ist die Gentechnik. Die DNA-Analyse, so nützlich und so wundervoll sie auch für die Strafverfolgung sein mag, birgt doch ganz große Gefahren. Beispielsweise hört man aus den USA, dass es dort schon so ist, dass man von einer Lebensversicherung oder Krankenversicherung nur aufgenommen wird, wenn man vorher eine DNA-Probe abgegeben hat. Das wollen wir hier in Deutschland nicht. Ich möchte anhand des Resultats, das bei mir herauskommen würde, nicht wissen, wann ich welche Krankheit bekommen werde. Ich glaube, auf diesem Gebiet kommt noch einiges auf uns zu.
Das Dritte – aber das erspare ich Ihnen jetzt, das habe ich schon zweimal gesagt – ist die unsägliche Videoüberwachung. Wir werden zukünftig damit rechnen müssen, dass Millionen von Menschen auf ihrem täglichen Weg überwacht und die Aufzeichnungen gespeichert werden. Ich sage es nochmals: Noch nie in der Geschichte der Menschheit sind Waffen erfunden worden, die später nicht auch zum Einsatz gekommen sind. Natürlich wird es auch hier über kurz oder lang so sein.
Ich glaube, dies verdeutlicht, wie wichtig der Datenschutzbeauftragte in Zukunft sein wird und welche gewaltigen Schwierigkeiten auf ihn zukommen werden, auch wenn in den letzten Jahren die einzelnen Verstöße stark zurückgegangen sind. Das ist gut so. Wir sichern dem Landesbeauftragten für den Datenschutz unsere Unterstützung in jegli
cher Hinsicht zu. Ich bedanke mich im Namen meiner Fraktion Die Republikaner bei ihm für die geleistete Arbeit.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich gedacht, es würde schwer sein, als letzter Redner zu einem Thema zu sprechen, bei dem es keine entgegengesetzten Interessen gibt, bei dem wir uns im Prinzip alle einig sind. Aber dann kam von rot-grüner Seite wieder die Multikultishow, und so, denke ich mir, wird es doch ganz interessant werden.
Zunächst einmal möchte ich auf die Aussage des Vorsitzenden des Petitionsausschusses eingehen, dass die Zahl der Petitionen in letzter Zeit rückläufig sei. Er hat Fragen aufgeworfen, woran dies wohl liegen könne. Zwei Punkte haben mich dabei bedenklich gestimmt.
Zum einen wissen möglicherweise viele Bürgerinnen und Bürger gar nicht, dass es das Petitionsrecht als hohes Rechtsgut und den Petitionsausschuss gibt, an den sich die Bürger – direkt an das Parlament – mit ihren Sorgen und Nöten wenden können.
Das Zweite: Möglicherweise sind viele Mitbürger der Meinung, sie könnten über die Medien – Presse, Rundfunk, Fernsehen – mehr erreichen. Dies bedeutet schlicht und einfach, dass die Bürgerinnen und Bürger für den Fall, dass dies zutreffen würde, in die Medien ein größeres Vertrauen hätten als in ihr eigenes Parlament. Das sollte uns nachdenklich stimmen. Denn eine solche Macht haben die Medien nicht. Sie können nur eines tun, nämlich Druck ausüben. Das bedeutet aber, dass jemand diesem Druck nachgeben muss, um etwas zu erreichen. Das kann nicht Sinn der Sache sein.
Ein Weiteres: Überall wird über alles Mögliche aufgeklärt, aber anscheinend nicht darüber, dass es in den Landtagen und im Bundestag einen Petitionsausschuss gibt. Auch diesem Übel sollte man abhelfen.
Wir haben weiterhin gehört, dass 29 % aller Petitionen von rechtskräftig zur Ausreise verpflichteten Ausländern stammen. Wir haben immer von Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien gehört. Das sind ja nicht alles Bürgerkriegsflüchtlinge. Nein, die meisten dieser Petitionen stammen von durch sämtliche Instanzen rechtskräftig abgelehnten Asylbewerbern. Das zieht sich wie ein roter Faden durch. Wenn jedes Mittel ausgeschöpft ist, sind die Betreffenden aus irgendwelchen Gründen nicht reisefähig, oder sie haben in ihren Heimatländern schlimmste Verfolgungen zu erdulden. Jetzt frage ich mich, wenn das tatsächlich der Fall sein sollte: Schlafen unsere Gerichte?
Ferner würde mich interessieren, ob in rot-grün regierten Bundesländern keine Petitionen abgeschobener oder abgelehnter Asylbewerber auf der Tagesordnung stehen. Denn wäre dies der Fall, müssten dort, wo Rot-Grün die Mehrheit hat, sämtliche Petitionen positiv beschieden werden. Aber anscheinend ist das nicht der Fall.
Anscheinend bringen die Betreffenden ihre Petitionen bei uns dann auf die Tagesordnung, wenn eine Ablehnung gesichert ist.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich betrachte es als nahezu zynisch, wenn man hier immer wieder sagt, unsere mittelständische Industrie sei auf so genannte Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien angewiesen. Ich betrachte das deshalb als nahezu zynisch, weil dann der unsägliche Krieg in Jugoslawien für unseren Mittelstand ein wahrer Segen gewesen sein müsste.
Nein, das ist kein saudummes Geschwätz. Herr Kollege, wenn Sie sagen, unsere mittelständischen Unternehmer könnten ohne diese Arbeitskräfte nicht auskommen, dann müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, was diese Unternehmen früher gemacht haben.
Ja.
Selbstverständlich ist mir das bekannt, Herr Kollege. Um diese Leute geht es doch aber gar nicht. Hier wurde lediglich gesagt,
dass dann, wenn diese Arbeitskräfte in ihr Heimatland zurückgehen müssten – nicht hier in Deutschland arbeitende jugoslawische Staatsangehörige, sondern Bürgerkriegsflüchtlinge –, Leute, die von Anfang an genau gewusst haben, dass ihr Bleiberecht hier nur von begrenzter Dauer sein kann, hier Industriebereiche bzw. mittelständische Unternehmen anscheinend dichtmachen müssen. Mir ist kein einziger Fall bekannt, dass deswegen eine Firma Pleite gemacht hätte.
Jetzt noch einmal zu dem dümmlichen Einwurf des Kollegen von der Gewerkschaft. Wissen Sie, wahrscheinlich ist mein Intelligenzquotient höher, als dass ich bei der Gewerkschaft anfangen könnte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Trotz der späten Stunde bin ich der Meinung, dass man es sich hier nicht so einfach machen kann. Ich denke, wir haben uns hier schon weitaus länger über weitaus banalere Themen unterhalten.
Herr Rech, Ihre Rede war in der Tat kurz, prägnant und abenteuerlich.
Sie sagen, das Volk wünsche sich regelrecht, videoüberwacht zu werden, es fühle sich nicht beeinträchtigt. Dazu sage ich Ihnen eines, Herr Rech: Der überwiegende Teil des Volks hat sich auch nach 1933 nicht beeinträchtigt gefühlt.
Ganz offensichtlich sehen Sie die Gefahren, die hier auf uns zukommen, nicht. Deswegen möchte ich die hier nochmals aufzeigen.
Kollege Oelmayer hat eigentlich alles über den Unsinn der Videoüberwachung gesagt. Ich möchte nur noch eines hinzufügen: Wenn Sie beispielsweise – um einmal willkürlich etwas herauszugreifen – die Klett-Passage in Stuttgart nehmen, werden Sie nichts anderes erreichen, als die kleinen und mittleren Ganoven zu verdrängen. Damit werden Sie das Problem der Kriminalität nicht in den Griff bekommen, sondern Sie werden dafür sorgen, dass die Ganoven in die Nebenbezirke ausweichen. Dann müssen Sie natürlich konsequenterweise dort weitermachen. Wenn die Ganoven dann noch weiter hinaus aufs Land gehen, müssen Sie auch dort weitermachen. Das heißt: Irgendwann einmal haben wir den totalen Überwachungsstaat.
Es geht hier aber um etwas ganz anderes – ich habe das im Innenausschuss schon gesagt –: Es ist möglich – und in England schon an der Tagesordnung –,Videobilder über ein Computerprogramm so auszulegen, dass pro Minute 60 Millionen Menschen erkennungsdienstlich behandelt werden, obwohl sie nichts getan haben. Das heißt: Diese erkennungsdienstliche Behandlung gleicht einer DNAAnalyse. Wer dann das Pech hat, vier oder fünf Mal am Tag am gleichen Platz vorbeikommen zu müssen, wer so blöd ist, ein Handy zu benutzen, wer es nicht lassen kann, mit Kreditkarten zu zahlen, und wer von der Technik so begeistert ist, dass er ein satellitengesteuertes Navigationssystem an Bord hat, der kann 24 Stunden lang lückenlos überwacht werden.
Jetzt kommt Kollege Kiesswetter daher und sagt: Dieses Gesetz ist sehr liberal.
Also, Herr Kiesswetter: Es ist noch keine 20 Jahre her, seit Ihre Partei aus Datenschutzgründen am liebsten das Telefonbuch verboten hätte. Ein Herr Hirsch und ein Herr Baum wären doch aufgeplatzt wie Springteufel, wenn sie so etwas gelesen hätten. Jetzt kommen Sie daher und sagen: Dieses Gesetz ist liberal.
Wir lehnen das Gesetz im Gesamten ab. Ich persönlich und auch meine Fraktion glauben zwar dem Herrn Innenminister, wenn er sagt, dieses Computerprogramm komme bei uns nicht zur Anwendung. Nur: Noch niemals in der Geschichte hat es das gegeben, dass eine neu konzipierte Waffe nicht auch zum Einsatz gekommen wäre. Irgendwann einmal wird diese Technik eingesetzt, und dann haben wir „1984“ hier und jetzt, und das ist sehr wohl eine Beeinträchtigung.
Herr Staatssekretär, werden diese Verhaltensempfehlungen an den deutschen Fahrlehrerverband weitergegeben mit der Empfehlung, Fahrschüler diesbezüglich auszubilden?
Herr Minister, ich habe mit einigen eingesetzten Beamten gesprochen. Können Sie bestätigen,
dass nur deshalb ein schweres Rammfahrzeug der Feuerwehr Böblingen benötigt worden ist, weil es schlicht und einfach an geeignetem anderem Material gefehlt hat, beispielsweise an Krähenfüßen oder Nagelketten?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich halte diese Debatte nicht für überflüssig und war überrascht, dass ausgerechnet ein Liberaler, Herr Kiesswetter, diese für überflüssig hält. Herr Kiesswetter, ich bin gespannt, ob Sie am Ende meiner Ausführungen das immer noch für ein liberales Gesetz halten.
Wir sprechen hier über ein neues Gesetz auf dem Weg zum absoluten Überwachungsstaat. Es geht nicht um eine Vi
deoüberwachung. Das sage ich gleich. Das wurde nämlich bislang immer verschwiegen. Videokameras finden Sie heute an jeder Tankstelle, an jedem Bahnhof, an jedem Übergang, an jeder Unterführung, in jedem Lebensmittelgeschäft. Das ist nicht das Thema.
Um was es hier geht, ist die Videoüberwachung nach englischem Vorbild. Jetzt sage ich Ihnen, wie das in England funktioniert. In England sind das keine einfachen Videokameras, sondern rechnergesteuerte Anlagen, die in der Lage sind,
von jedem Gesicht ein Profil zu erstellen, das genauso sicher und beweiskräftig ist wie die DNA-Analyse oder der gute alte Fingerabdruck. Es existiert Software, die in der Lage ist, innerhalb von einer Minute 60 Millionen Menschen zu identifizieren. Um das geht es hier. Das heißt also, Sie müssen in Zukunft nicht mehr erkennungsdienstlich behandelt werden, sondern es genügt, dass Sie in einem unbedarften Augenblick an einer solchen Kamera vorbeigelaufen sind. Dann sind Sie in diesem System drin. Ob Aufzeichnungen nach 48 Stunden gelöscht werden oder nicht, spielt keine Rolle. Herr Kiesswetter, noch vor 20 Jahren wären Ihre Parteikollegen Hirsch und Baum aufgesprungen wie Gummibälle, wenn sie von solchen Überlegungen nur gehört hätten.
Mit diesem Gesetz – ich sage es nochmals – begeben wir uns in den absoluten Überwachungsstaat. Das hat George Orwell in seinem Roman „1984“ vorausgesagt, und genau so ist es gekommen. Er hat sich nur um 25 Jahre verschätzt. Bruder George hat nicht nur irgendeinen lustigen Roman geschrieben, sondern schon gewusst, wovon er spricht. Er war nicht unbeteiligt an dem Ganzen.
Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Wer zusätzlich unterwegs mit dem Handy telefoniert, seine überhöhten Spritkosten mittels einer Kreditkarte abrechnet und dann auch noch ein satellitengesteuertes Navigationssystem im Auto hat, ist rund um die Uhr überwachbar und der absolut gläserne Mensch. Ich sage Ihnen eines: In spätestens zehn Jahren werden diese Geräte in den Pkws serienmäßig mitgeliefert. Da kann man nur fragen: Wem nützt es?
Sie alle hier, die Sie diesem Gesetz zustimmen werden, sprechen immer von Extremismus. Extremismus ist ein schwammiger Begriff. Für eine Maus ist ein Elefant mit Sicherheit extrem groß,
ein Pferd hingegen nur noch relativ groß. Sprechen Sie lieber von Totalitarismus. Das wäre hier angebracht.
Totalitarismus gibt es sicherlich von rechts, aber den gibt es auch von links, und den gibt es auch von der Mitte her. Dahin steuern wir zurzeit. Nennen Sie es Liberalextremismus. Wenn Sie, die Sie sich immer so großartig in selbstgerechter Arroganz demokratische Fraktionen nennen, hier ein solches Gesetz durchbringen, dann bin ich froh, dass ich mit Ihnen nicht in einen Topf geworfen werde.
Sie von CDU, SPD, FDP/DVP und Bündnis 90/Die Grünen sind, wenn Sie ein solches Gesetz verabschieden, nicht die Gralshüter der Demokratie, sondern die Totengräber der Freiheit.
Das reicht, Herr Präsident.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Herr Innenminister hat gesagt, dass keineswegs beabsichtigt sei, die Videoüberwachung flächendeckend einzusetzen. Herr In
nenminister, das glaube ich Ihnen gerne. Aber ich habe gesagt, dass Sie mit der Videoüberwachung technische Voraussetzungen schaffen. Schon allein das wollen wir nicht. Glauben Sie doch nicht ernsthaft, dass Sie mit einer Videoüberwachung das Problem der Kriminalität in den Griff bekommen. Kriminalität gibt es seit Anbeginn der Tage. Sie werden sie durch eine Videoüberwachung nicht abschaffen können.
Glauben Sie denn ernsthaft, dass sich ein Drogenabhängiger deswegen von einer Straftat abhalten lässt? Nein, er wird diese eben woanders begehen. Es geschieht nichts anderes als eine Verdrängung in die Vororte, in ruhigere Gegenden, die dann eben Brennpunkte der Kriminalität werden. Herr Kollege Rech hat vorhin das Beispiel mit der Radarkontrolle gebracht. Mein Gott, nirgendwo wird so gerast wie unmittelbar nach der Radarkontrolle, weil man dann ganz genau weiß, die nächsten 20 bis 25 Kilometer ist man sicher.
Ich sage Ihnen nochmals: Mit dieser Form der Videoüberwachung kommen Sie keinen Schritt weiter. Die gibt es heute schon an jeder Tankstelle, aber noch nie wurde so viel Benzin geklaut wie in letzter Zeit.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich die unverschämte Äußerung des Herrn Kretschmann von den Grünen, dass sich Teile der republikanischen Jugend mit solchen Kampfhunden umgeben würden, aufs Energischste zurückweisen.
Zum Zweiten möchte ich die Gelegenheit nützen, um von hier aus den Eltern und Verwandten des getöteten Buben von Hamburg unser tiefstes Mitgefühl auszudrücken.
Das „peinlich“ fällt auf Sie zurück.
Meine Damen und Herren, die bisherige Debatte hat ganz deutlich gezeigt, dass Sie hier zwar einige Symptome gesehen haben, aber nicht in der Lage sind, die Krankheit zu erkennen. Solange Sie die Krankheit nicht erkennen, können Sie an den Symptomen herumdoktern, solange Sie wollen. Die Krankheit ist leider Gottes ein Spiegelbild dieser Gesellschaft. Sie heißt uferloser und verkommener Hedonismus.
Lachen Sie nur. – In einer Zeit, in der Kinder und Jugendliche – das war jetzt wahrscheinlich politisch schon wieder unkorrekt, also lassen Sie es mich auf „Deutsch“ sagen –, in der Kids und Teens stundenlang und tagelang vor dem PC sitzen und vor lauter Moorhuhn-Jagen und Außerirdische-Abschlachten gar nicht mehr merken, wann es Sommer wird, in einer Zeit, in der für viele die einzige Lebensfreude oder der letzte Kick, wie es heute heißt, nur noch darin besteht, an einem Gummiseil von einer Brücke herunterzuhüpfen, braucht man sich nicht zu wundern, wenn es auch perverse Menschen gibt, die ihren letzten Kick darin sehen, zuzuschauen, wie sich zwei Hunde zerfleischen.
Ich möchte hier einmal ganz deutlich sagen: Die Hunderasse „Kampfhund“ gibt es nicht. Seit Jahrtausenden leben die Menschen mit Hunden zusammen. Der Mensch hat die Hunde nach seinen Bedürfnissen gezüchtet. Man hat Hunde zur Jagd gezüchtet, man hat Hunde gezüchtet, um Schafherden zu bewachen, und man hat Hunde zum Schutz des Menschen gezüchtet. Bis dann vor 150 Jahren ein paar Perverse – es gibt in dieser Hinsicht nur perverse Menschen und keine perversen Tiere – hergegangen sind und spezielle Rassen nur für den Kampf gezüchtet haben, weil sie sich möglicherweise sogar daran aufgeilen, zu sehen, wie zwei Hunde in einem blutigen Gemetzel zugrunde gehen.
Ein so genannter Kampfhund – dazu gehören die Pitbulls – wird nicht als solcher geboren. Das Einzige, was ihn von anderen Hunden unterscheidet, ist seine Muskulatur und seine enorme Beißkraft von beinahe über einer Tonne, die
ein anderer Hund so eben nicht hat. Wenn dieser Hund zum Kampfhund wird, dann hat ihn nicht der liebe Gott zum Kampfhund gemacht, sondern diese Kreatur Mensch, die sich diesen Hund angeschafft hat.
Der letzte Vorfall ist heute Morgen geschehen, als eine Joggerin ebenfalls wieder von so einem Hund angefallen worden ist und der Hundeführer den zarten Rausch von 2,0 Promille hatte – heute Morgen schon.
Dieser Hundehalter in Hamburg sitzt jetzt in U-Haft, weil der Haftrichter Fluchtgefahr annimmt. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf diesen Menschen; denn in allzu geordneten Verhältnissen scheint er ja nicht zu leben,
sonst wäre die Annahme einer Fluchtgefahr wohl nicht begründet. Er sitzt also in U-Haft.
Wenn Sie heute Abend durch die Fußgängerzone gehen und sehen, wer alles so einen Hund hat, dann stellen Sie fest, dass das keine Tierfreunde und keine Hundefreunde sind, sondern diese Menschen missbrauchen den Hund als Kultstatus. Sie missbrauchen den Hund, um in irgendeiner Szene eine Rolle zu spielen.
Wie kann man von so einem Menschen verlangen, dass er Verantwortung für ein anderes Leben übernimmt, wenn er nicht einmal in der Lage ist, sein eigenes Leben in den Griff zu bekommen?
Wir Republikaner sind der Meinung, dass es in der Tat höchste Zeit ist, etwas gegen dieses Unwesen zu tun. Dabei ist nicht das Tier, der Hund, die Ursache der Kampfbereitschaft, sondern immer nur derjenige Mensch, der sich den Hund hält. Wenn Sie heute in Deutschland nur einen Fisch aus dem Wasser ziehen wollen, dann müssen Sie vorher eine Prüfung ablegen und müssen vorher theoretische Stunden nehmen. Aber jeder, ob Hinz oder Kunz, kann sich in Deutschland einen Hund zulegen. Wenn man dann dem alten Erbtantchen, damit sie nicht so allein ist, so einen kleinen, süßen, tapsigen Kerl schenkt, dann ist es durchaus möglich, dass das nach anderthalb Jahren ein eineinhalb Zentner schwerer Rottweiler ist, der mit dem Tantchen eben macht, was er will.
Es ist höchste Zeit, dass man zwar keinen Hundeführerschein einführt,
aber Hundelehrgänge absolvieren muss. Denn es kann nicht angehen, dass jemand ohne weiteres vom Goldfisch auf den Hund umsteigen kann. Das geht schlicht und einfach nicht. Auch muss das Problem endlich bei diesen verantwortungslosen Menschen angegangen werden.
Diejenigen, die Hunde so abrichten und so schlagen, dass sie sich blutig zerfleischen, und die Leute, die dann auch noch Geld darauf setzen, gehören als das behandelt, als das verfolgt und als das bestraft, was sie sind, nämlich Verbrecher. Dieser Tatbestand muss endlich ins Strafgesetzbuch aufgenommen werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Rech, Sie haben mich völlig falsch verstanden. Ich habe mit keinem Wort gesagt, jeder Besitzer, jeder Halter eines Pitbulls oder eines Staffordshire oder wie sie alle heißen sei ein Verbrecher. Das habe ich mit keinem Wort gesagt. Vielmehr habe ich gesagt, dass in meinen Augen jeder, der aus einem solchen Hund einen Kampfhund macht, ein Verbrecher ist. Dazu stehe ich.
Wenn Sie jetzt ein Zuchtverbot für solche Hunde fordern, so sind wir da mit Ihnen einer Meinung. Nur sind wir der Auffassung, dass dies allein nicht reicht. Denn diese perversen Gehirne, die nach wie vor Hundekämpfe, die blutigste Kämpfe veranstalten, werden dies auch weiterhin tun, wenn nicht energisch eingeschritten wird, nicht eine entsprechende Regelung in das Strafgesetzbuch aufgenommen wird und solche Kämpfe nicht konsequent verfolgt werden. Es kann doch nicht angehen, dass überall bei staatlichen Stellen angeblich nichts über solche Kämpfe bekannt ist, während Fernsehteams von Pro Sieben, SAT.1 und RTL schon Filme über solche blutigen Kämpfe gedreht haben. Das kann doch nicht sein.
Wenn Sie diese Kreaturen, die so etwas veranstalten, einsperren, haben Sie das Problem zwar noch nicht komplett im Griff, aber es wird immer kleiner. Wenn Sie dies nicht tun, erreichen Sie mit einem Zuchtverbot gar nichts. Denn dann holen sie sich diese Hunde aus Belgien, Frankreich oder aus Österreich. Österreich traut man in letzter Zeit ja ohnehin das Schlimmste zu. Dann werden diese Hunde eben aus dem Ausland geholt. Wenn es dort dann auch keine solchen Hunde mehr gibt, werden andere Rassen für die angesprochenen Kämpfe missbraucht.
Ich glaube, wir sind uns doch alle darin einig: Jemand, der einen Hund von klein auf aufs Brutalste misshandelt und schlägt und so das Aggressionspotenzial des Hundes erst aufbaut, hat in unserer Gesellschaft nichts mehr verloren und gehört eingesperrt und behandelt wie ein Verbrecher. Nur das habe ich gesagt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin schon überrascht über das, was die anderen Oppositionsparteien zu diesem Antrag gesagt haben. Wer den Antrag richtig durchgelesen hat, wird mir doch Recht geben, dass es sich dabei weniger um einen Berichtsantrag handelt als vielmehr um einen Antrag, der in die Kategorie „bestellte Anträge“ fällt. Das geht nach der alten Frage: Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei? Bei diesem Antrag fällt die Beantwortung der Frage, was zuerst da war, die Fragestellung oder die Beantwortung, nicht so arg schwer.
Ganz offensichtlich hat jemand im Innenministerium eine Lobhudelei auf die Polizei losgelassen, und das finde ich doppelt beschämend.
Zum einen loben Sie nicht die Polizei, sondern sich selber, und Eigenlob stinkt. Zum anderen: Wenn man sich so mit fremden Federn schmückt, dann ist das schlicht und einfach unappetitlich.
Derjenige, der beauftragt worden ist, diese Fragen zu stellen, hat sich auch nicht arg viel Mühe gegeben. Wenn ich unter Ziffer 2 des Antrags lese, die Landesregierung wolle darüber berichten, „wie sich die objektive Sicherheitslage in Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern darstellt“, und gleich im ersten Satz der Begründung steht: „In Baden-Württemberg leben die Menschen am sichersten in Deutschland“,
dann frage ich mich, warum Sie diesen Antrag überhaupt stellen, wenn Sie das schon wissen.
Sie wissen es doch ganz offensichtlich.
Sie schmücken sich also mit fremden Federn und kommen dann auf die Begriffe „Bürgernähe“ und „Bürgervertrauen“. Dazu möchte ich Ihnen Folgendes sagen, zuerst zum Stichwort „Bürgernähe“:
Was tun Sie für die Bürgernähe der Polizei? Ich kann Ihnen sagen, es gibt zig Polizeidienststellen, die von behinderten Bürgern gar nicht erreicht werden können. Wenn sich eine Polizeidienststelle beispielsweise im ersten Stock bzw. im Hochparterre befindet, dann hat jemand, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, keine Chance, hineinzukommen.
Sie sprechen von Bürgernähe. Aber in den letzten Jahren wurden konsequent Notrufsäulen abgebaut mit der Begründung: Sie kosten viel und bringen nichts. Ich war immer gottfroh, wenn eine Notrufsäule nicht gebraucht wurde, denn das war ein Zeichen dafür, dass nichts passiert ist. Aber eine Notrufsäule in einem belasteten Stadtteil trägt in hohem Maße dem Sicherheitsbedürfnis der Bürger Rechnung, allein durch die Tatsache, dass sie da ist.
Bürgernähe – Sicherheitsverständnis. Vorhin wurde der Freiwillige Polizeidienst angesprochen. Die Polizeifreiwilligen sind an ihrer Uniform für den normalen Bürger nicht von einem aktiven Polizeibeamten zu unterscheiden. Die Bürger wissen also nicht, dass ihnen ein unqualifizierter Mann oder eine unqualifizierte Frau in Uniform gegenübersteht. Sie werden mir doch Recht geben, dass sich keiner gern von einem Hobbychirurgen am Blinddarm operieren lässt. Das wäre doch genau das Gleiche.
Ja gut, okay. Aber das war schon mal dran.
Sie bringen die Ausrüstung der Polizei ins Spiel. Davon steht kein Wort in der Stellungnahme. Darin steht nicht, dass die Bewaffnung völlig veraltet ist, dass heute noch Taschenlampen benützt werden, die wahrscheinlich aus der Konkursmasse der Königlich-Württembergischen Staatsbahnen herrühren, dass Sie nicht in der Lage sind, die Beamten zeitgemäß auszurüsten.
Noch ein Wort, Herr Innenminister – und ich wäre dankbar, wenn Sie dazu etwas sagen würden –, zur Videoüberwachung öffentlicher Plätze. Das ist vorhin schon angesprochen worden. Solche Videoüberwachungen sind unseres Erachtens höchst bedenklich, denn es werden nicht nur Plätze überwacht, sondern da steckt etwas dahinter. In England gibt es längst Softwareprogramme, mit denen pro Minute 60 Millionen Menschen anhand ihrer Kopfform und ihres Gesichts identifiziert werden können. Wenn Sie Bürgerinnen oder Bürger fragen: „Sind Sie dafür?“, werden sie natürlich sagen: „Selbstverständlich.“ Wer nichts zu verbergen hat, muss dafür sein. Wenn jemand nämlich das Gegenteil sagen würde, würde er sich dem Verdacht aussetzen, dass er Dreck am Stecken hat.
Aber ich sage Ihnen eines: Wenn es so weit kommt, fühlen sich die Bürger alles andere als wohl. Dann wird nämlich jeder – nicht nur Straftäter – überwacht. Es werden auch Bürger überwacht, die, ohne dass sie Straftäter sind, überhaupt kein Interesse daran haben, irgendwo gesehen zu werden: beispielsweise ein Chef, der sich mit seiner Mitarbeiterin trifft,
oder ein krankgemeldeter Mitarbeiter, der sich mit einem rot-weißen Schal ins Gottlieb-Daimler-Stadion schleicht.
Solche Bürger haben kein Interesse daran, dass man sie sieht.
Wenn mich nicht alles täuscht, sind hierzu in Regensburg und Leipzig – diese Städte liegen ja ebenfalls in CSU- bzw. CDU-regierten Bundesländern – Pilotprojekte in Gang. Mich würde interessieren, wie der Innenminister des Landes Baden-Württemberg dazu steht.
Abschließend möchte ich sagen: Das, was in der Stellungnahme zu dem Antrag über die Polizei steht, ist korrekt. Die Polizei in Baden-Württemberg ist hoch motiviert, aber dies nicht wegen der CDU, sondern eigenartigerweise trotz der CDU.
Eines möchte ich in diesem Zusammenhang auch sagen: Tun Sie nicht so, als ob dies nur in Baden-Württemberg der
Fall sei. Denn Sie beleidigen jeden Polizeibeamten und jede Polizeibeamtin, die in Berlin, Hamburg oder Köln das Gleiche tun.
Danke schön.
Herr Innenminister, würden Sie so freundlich sein und zum Schluss Ihrer Ausführungen doch noch ein paar Worte über die Videoüberwachung verlieren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe nur noch eine kurze Redezeit, aber ich muss unbedingt noch eine Bitte an Herrn Redling richten: Herr Redling, seien Sie so gut und nehmen Sie den Begriff „zweigeteilte Laufbahn“ nie mehr in den Mund.
Ihre Partei war vier Jahre lang Regierungspartei.
Sie haben den Innenminister gestellt, und während dieser vier Jahre ist Ihnen der Begriff „zweigeteilte Laufbahn“ kein einziges Mal über die Lippen gekommen.
Und jetzt kommen Sie daher.
Herr Redling, habe ich gerade richtig verstanden, dass Sie mich einen Lügner genannt haben?
Danke, steht im Protokoll.
Meine Damen und Herren, wir haben heute Morgen von Herrn Oettinger ein paarmal gehört, dass die innere Sicherheit allerhöchste Priorität habe. Der Vertreter der CDU hat es vorhin bestätigt.
Nein, Herr Schmid, Sie waren es nicht. Sie haben Blödsinn geredet, aber das, was davor von Ihrer Fraktion gesagt worden ist, war gut.
Wir Republikaner begrüßen natürlich das Technikstrukturprogramm der Regierung, auch wenn wir sagen müssen: Es ist weder neu noch originell, und es kommt recht spät.
Natürlich kann man mit Geld vieles machen. Man kann auch mit „schwarzen Koffern“ vieles machen. Nur eines kann man nicht: Man kann nicht damit Streife fahren. Das Geld muss auch einmal eingesetzt werden, damit müssen Anschaffungen getätigt werden. Wir haben hierfür in letzter Zeit gute Vorschläge gemacht, wie wir meinen, Beispiel: die Bewaffnung der Polizei. Wir sind der Überzeugung, dass nach über 20 Jahren die momentane Dienstwaffe, die Walther P 5, nicht mehr zeitgemäß ist. Es gibt bessere Waffen.
Weil es auch eine Diskussion über die Munitionierung gegeben hat: Anstatt Millionen und Abermillionen in die Versuche mit neuer 9-mm-Paramunition zu stecken, wäre es gescheiter gewesen, gleich das Kaliber zu ändern, auf Kaliber 45 ACP umzustellen.
Wir haben jetzt ein großes Technikprogramm. Allerdings sind wir der Meinung, dass die CDU-Fraktion immer noch in Denkstrukturen der Sechzigerjahre verhaftet ist.
Ich nenne nur ein Beispiel: Polizeifreiwillige. Wir sind nicht so kompromisslos wie die Grünen, die sagen: Das muss man auf null zurückfahren. Aber ich habe oft den Eindruck, dass Sie gar nicht mehr wissen, vor welchem Hintergrund die Polizeifreiwilligen in den Sechzigerjahren eingesetzt worden sind. Das war vor dem Hintergrund des Kalten Krieges. Man hat gemerkt, dass es, wenn es zu einem Konflikt käme, zu wenig Polizeibeamte gäbe. Das sind wir mittlerweile los. Die Anforderungen an die Polizei sind gestiegen. Die Qualifikation ist besser geworden, und trotzdem gibt es Leute, die von der Uniform her nicht von aktiven Polizeibeamten zu unterscheiden sind. Der Bürger kann nicht unterscheiden, ob er es mit einem Polizeifreiwilligen oder mit einem Polizeibeamten zu tun hat. Kein vernünftiger Mensch – ich habe es im Innenausschuss einmal gesagt – würde heute in ein Flugzeug einsteigen, wenn er wüsste, dass die Lufthansa samstags, sonntags Hobbypiloten beschäftigt.
Noch ein Wort zu den Anträgen der Grünen und der SPD im Innenausschuss.
Ja, diesen Satz noch. – Sie von den Grünen und von der SPD haben offensichtlich nicht kapiert, dass die Polizei kein Dienstleistungsunternehmen ist.
Wenn Sie hier 110 DM für eine Unfallaufnahme verlangen möchten, haben Sie dies nicht kapiert. Wenn Sie verlangen, dass für Veranstaltungen Geld bezahlt werden muss, frage ich Sie, ob Sie überhaupt wissen, was Sie hiermit tun würden. Das Recht, sich friedlich und ohne Waffen unter freiem Himmel zu versammeln, ist ein Grundrecht. Wollen Sie tatsächlich, dass dieses Grundrecht zukünftig nur noch diejenigen, die auch das Geld dafür haben, in Anspruch nehmen können?
Dass sich die Grünen diesem Antrag, den sie beim letzten Mal auch eingebracht haben, dieses Mal nicht anschließen,
ist mir schon klar. Denn dann wären sie spätestens nach dem nächsten Castortransport pleite.