Peter Rzepka
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Grosse! Ich schätze ja Ihre bemühte Redlichkeit. Deshalb war ich heute überrascht über Ihre Chuzpe, die Opposition und vor allem die CDU in der Arbeitsmarktpolitik in der Defensive zu sehen, und das angesichts von über 4 Millionen Arbeitslosen in Deutschland, der höchsten Arbeitslosigkeit im August seit Jahren und der höchsten Berliner Arbeitslosigkeit seit der deutschen Vereinigung. Ich meine, da hätten Sie sich doch etwas überlegen sollen, wie Sie hier das Thema angehen.
Bei Frau Freundl hat mich nicht überrascht, dass wieder der Umverteilungsgedanke auftaucht als Beitrag zur Arbeitsmarktpolitik, denn da klingt ja die alte DDR wieder an,
in der Sie so lange umverteilt haben, bis zum Schluss nichts mehr umzuverteilen war.
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Und Frau Kollegin Klotz, Sie sprechen von Senkung von Steuern und Abgabenbelastungen. Natürlich, genau das ist das Thema: Senkung von Steuern und Abgaben und Abbau von Bürokratie. Allein das schafft Arbeitsplätze. Nur – die Erfolge von Rot-Grün, die Sie angesprochen haben, vermag doch niemand zu erkennen. Die Rentenversicherungsbeiträge sind vorübergehend gesenkt worden, jetzt steigen sie wieder. Die Krankenkassenbeiträge galoppieren, und weitere Erhöhungen stehen an. Und bei der Einkommensteuer werden die Steuersenkungen durch die Ökosteuer, durch zusätzliche Versicherungssteuer und andere Steuererhöhungen überkompensiert. Und deshalb empfinden es ja auch die meisten Bürger in Deutschland so, dass die soziale Gerechtigkeit in den letzten Jahren in Deutschland abgenommen hat und dass es ihnen schlechter geht als vor 4 Jahren. Das ist die Bilanz von 4 Jahren Rot- Grün.
Herr Senator, Ihrem Beitrag – ich habe sehr aufmerksam zugehört – habe ich entnommen, dass die am meisten gebrauchten Wörter „Diskussion“ und „Diskussionsbedarf“ waren. Wir haben Verständnis dafür, dass Sie als Haushaltsexperte Schwierigkeiten haben, sich in die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik einzuarbeiten. Das haben wir von vornherein so gesehen. Nur: Diskussionen sind heute nicht gefragt. Handeln und Taten in Deutschland sind gefragt, auch hier in Berlin. Diesbezüglich vermögen wir weder bei der Bundesregierung noch bei dem Berliner Senat etwas zu erkennen.
Hohe Arbeitslosigkeit, geringe Steuereinnahmen, weniger Kaufkraft sind nicht die Ursachen unserer Wirtschaftsmisere, sondern die Symptome. Auch hat nicht die Weltwirtschaft Schuld, wie Bundeskanzler Schröder immer wieder beteuert. Unser Export läuft doch. Das weisen alle Zahlen aus. Die Ursache ist eine insgesamt mittelstandsfeindliche Politik, die rot-grün in diesen vier Jahren betrieben hat. Das muss sich sofort ändern!
Wir müssen dafür sorgen, dass der Jobmotor im Mittelstand wieder zum Laufen kommt!
Es muss einen Richtungswechsel in Deutschland geben. Denn sozial ist das, was Arbeit schafft. Die Union gibt mit dem StoiberSpäth-Plan die richtigen Antworten, um die Wende auf dem Arbeitsmarkt einzuleiten und herbeizuführen. Wir haben das Startprogramm Deutschland für ein leistungsfähiges und soziales Deutschland entwickelt und vorgelegt.
Ich nenne nur noch einmal einige Punkte:
1. Die Steuern für Normalverdiener und den Mittelstand werden wir senken. Wir werden die nächste Stufe der Steuerreform, die Schröder verschieben will, in Kraft setzen. Das ist bitter nötig im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und die Pleitewelle, die ungeahnte Größenordnungen erreicht hat. Als Entlastung für eine durchschnittliche Familie bedeutet das in 2003 316 $.
2. Die nächste Stufe der Ökosteuer entfällt. Das bedeutet weitere 3 Milliarden $ für alle Bürger. 3. Die 400-$-Jobs ersetzen die alten 630-DM- oder jetzt 325-$-Jobs. Für Arbeitnehmer werden diese Jobs steuer- und abgabenfrei. Es ist lediglich die 20 %ige Pauschalsteuer vom Arbeitgeber abzuführen.
4. Wer arbeitet, soll mehr Geld haben, als wenn er nicht arbeitet. Jobs in sogenannten Niedriglohnbereichen zwischen 401 $ und 800 $ werden durch Zuschüsse bzw. Senkung der Sozialversicherungsabgaben gefördert. Damit alle, die arbeiten können, sich auch wirklich um Arbeit bemühen oder gemeinnützige Arbeit verrichten, werden wir den Ländern sofort weitreichende Experimentiervollmachten zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe geben.
5. Existenzgründer bekommen bessere Möglichkeiten, weil wir das Gesetz gegen die Scheinselbständigkeit abschaffen und den Zugang zu Startkapital verbessern und erleichtern werden.
6. Überflüssige Vorschriften werden abgebaut. Schon innerhalb von drei Monaten sollen erste Ergebnisse vorgelegt werden.
Nicht zuletzt hat die CDU-Fraktion auch hier im Land Berlin einen Vorschlag für die Stärkung des Mittelstandes, der kleinen und mittleren Unternehmen und insbesondere des Handwerks vorgelegt. Wir wollen ein Investitionsprogramm verbinden mit der Abschaffung der Haushaltssperre in Höhe von 200 Millionen $ zur Instandhaltung bei Kindertagesstätten, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen, damit diese Aufträge sofort mittelstandswirksam und im Handwerk zur Schaffung von Arbeitsplätzen führen. Wir haben auch zur Finanzierung Vorschläge unterbreitet, Mittel aus dem Quartiersmanagement umzuqualifizieren und auch zusätzliche Steuereinnahmen zu schaffen.
Ich komme gleich zum Schluss. – Jeder zusätzliche Arbeitsplatz im Handwerk führt zu Lohnsteuer-, Einkommensteuer- und Umsatzsteuereinnahmen.
Das Wichtigste ist und bleibt nicht die bessere Vermittlung, sondern die Schaffung neuer Arbeitsplätze durch die Dynamisierung unserer Wirtschaft. Es sind die kleinen und mittleren Unternehmen und nicht der Staat, auch nicht die Arbeitsverwaltung, die neue Arbeitsplätze schaffen. Wir werden die mittelstandsfeindliche Politik von rot-grün beenden und dem Mittelstand wieder bessere Rahmenbedingungen, Anerkennung und Ermunterung geben. Das hilft den Arbeitslosen! – Danke schön!
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Auf der Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung steht die Wahl eines Bürgermeisters und Senators für die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen. Aus diesem Anlass und vor dem Hintergrund der dramatischen Entwicklung der Arbeitslosenzahlen und weiterer Wirtschaftsindikatoren stellt die CDU-Fraktion heute den Antrag, eine Aktuelle Stunde zum Thema „Rekorde bei Arbeitslosigkeit und Schwarzarbeit, Niedergang bei Gründern und Mittelstand – Bilanz eines Senats mit einem verwaisten Wirtschaftsressort“ durchzuführen. Unseres Erachtens stünde es dem Parlament – auch gegenüber den verunsicherten und besorgten Berlinerinnen und Berlinern – gut an, die Ursachen der desaströsen Berliner Wirtschaftsentwicklung zu analysieren und Forderungen an den neuen Wirtschaftssenator zu formulieren.
Die Arbeitslosenquote ist vom Juni 2002 bis zum Juli 2002 erneut von 16,8 % auf 17 % gestiegen und ist damit die höchste Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung. Hinter diesen nüchternen Prozentzahlen stehen 289 523 Einzelschicksale mit ihren Familien. Am 3. September des laufenden Jahres beginnt das neue Ausbildungsjahr. Über 12 000 Bewerber und Bewerberinnen sind noch nicht vermittelt. Lediglich zirka 2 000 offene Stellen stehen nach gegenwärtigem Erkenntnisstand und auch nach Aussage des Senats in der gestrigen Sitzung des Arbeitsausschusses der großen Nachfrage gegenüber. Mit 2 637 Insolvenzen im Jahr 2001 ist ein weiterer negativer Rekord festzustellen. Die Gewerbeanmeldungen sind mit zirka 2 500 rückläufig. Im krisengeschüttelten Berliner Handwerk sind die Umsätze und die Zahl der Handwerksbetriebe um 12 Prozent gesunken. Auch dies hat negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt im Handwerksbereich.
Auch auf der Einnahmenseite spiegeln sich die dramatischen Entwicklungen in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt. Die Gewerbesteuereinnahmen sind 2001 um circa 14 % zurückgegangen, d. h. eine Summe von 130 Millionen $ ist dem Landeshaushalt verloren gegangen. Nicht zuletzt verlassen große Traditionsunternehmen wie Babcock-Borsig und Spreequell die Stadt.
Die CDU-Fraktion hat ein Sofortprogramm für Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze in Berlin vorgelegt. Lassen Sie mich einige Punkte nennen:
−Aufhebung der Haushaltssperre: Damit der Weg für Investitionen und Beschäftigung gerade im Handwerk, in kleinen und mittleren Unternehmen frei gemacht wird.
−Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, als Standortvorteil: Damit Berlin sein Potential als Metropole und Tourismusmagnet nutzen kann.
−Senkung der Gewerbesteuer unter die Grenze von 400 Punkten: Als Signal für Investoren und Existenzgründer.
−Privatisierung der Messe: Zur Nutzung der Chancen des Messe- und Kongressstandortes Berlin.
−Abschaffung von Gesetzen und Verordnungen im Rahmen eines Bürokratie-TÜVs
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und zeitliche Begrenzung aller neuen Gesetze und Verordnungen, damit nach Ablauf dieser Frist ihre Notwendigkeit erneut überprüft werden kann.
Steuersenkungen und Bürokratieabbau sind dringender als je zuvor, nur Sie scheinen die Dringlichkeit nicht einschätzen zu können. Das ist eben das Problem in dieser Stadt.
Herr Präsident! Ich spreche zu äußerst aktuellen Themen dieser Stadt.
Ich würde Ihnen empfehlen, sich bei den Menschen in dieser Stadt umzuhören, welche Probleme sie für aktuell und in vorderster Linie lösungsbedürftig ansehen.
Schließlich brauchen wir dringend ein Investitionsprogramm für das krisengeschüttelte Berliner Handwerk, um dem unabweisbaren Instandhaltungsbedarf im Hoch- und Tiefbaubereich bei Straßen, Schulen, Kindertagesstätten usw. zu erfüllen. Dies hätte unmittelbare Auswirkungen im mittelständischen Berliner Handwerk und würde ein mehrfaches dieser Kosten bei längerem Zuwarten – auch hier zeigt sich die Dringlichkeit – ersparen.
Wir wissen ja, Herr Pewestorff, dass Sie dieser Diskussion ausweichen wollen, weil Sie sie in der gegenwärtigen Verfassung des Senats und dieser Koalition nicht bestehen können. Vielleicht müssen Sie sich ja auch noch davon erholen, dass Herr Gysi Sie dusselig gequatscht hat, wie heute eine PDS-Parlamentarierin in der Zeitung zitiert wird.
Was in dieser Zeit, im ersten Jahr einer neuen Regierung, nicht auf den Weg gebracht wird, wird auch in der Folgezeit nicht erreicht. Sie werden deshalb das gleiche Schicksal erleiden, wie die rot-grüne Bundesregierung.
Ihre bisherige Bilanz: Statt Aufbruch Abbruch, statt Taten Stillstand, statt klarer haushaltspolitischer Rahmenbedingungen für politisches Handeln Haushaltsperre, statt personeller Kontinuität im Senat Anzeichen zur Selbstauflösung, statt überzeugender personeller Alternativen Notlösungen –,
Ich komme zum Ende, Herr Präsident! – statt Überzeugungskraft in der Bevölkerung Verlust in der Zustimmung bei der Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Rund 336 Milliarden § – das sind ca. 16 % des Bruttoinlandprodukts – wurden 2001 in Deutschland nach Feststellung des Statistischen Bundesamts und des Instituts der Wirtschaft in Köln mit Schwarzarbeit umgesetzt. Auch 2002 wird die Schattenwirtschaft in Deutschland schneller steigen als die Gesamtwirtschaft. Dieses prognostiziert das Tübinger Institut für angewandte Wirtschaftsforschung. Es erwartet ein Plus bei der Schattenwirtschaft in 2002 von 3,5 %. Fast alle Wachstumsprognosen für das Bruttoinlandsprodukt liegen dagegen unter 1 %. Schwarzarbeit wird damit – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – rd. 16,5 % ausmachen. Ein neuer Rekord! 1990 waren es noch 12 %. Die Schattenwirtschaft wächst damit dreimal schneller als die legale Wirtschaft. Jeder siebente Euro wird heute an den Steuer- und Sozialkassen vorbei umgesetzt. Diese erschreckenden Zahlen führen zu der Forderung vieler Wirtschaftsund Arbeitsmarktexperten nach einem einfachen Steuersystem mit niedrigeren Sätzen und weniger Ausnahmen sowie einer Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge. Das Steuer- und Abgabensystem muss dafür sorgen, dass Leistung wirklich lohnt, und dann nimmt auch die Flucht in die Schwarzarbeit ab. Bei dieser notwendigen Modernisierung unseres Steuer- und Abgabensystems hat die rot-grüne Bundesregierung versagt. Das selbstgesetzte Ziel einer Absenkung der Summe der Beitragssätze zur Sozialversicherung und damit der gesetzlichen Lohnnebenkosten bis zum Ende der gegenwärtigen Legislaturperiode auf unter 40 % des Bruttolohns der abhängig Beschäftigten wird nicht zu erreichen sein. Die Lohnnebenkosten werden stattdessen im Jahr 2002 etwa 41,3 % betragen. Mit der riesterschen Rentenreform konnten die Rentenbeiträge nicht wie angekündigt gesenkt werden. Der Verband der deutschen Rentenversicherungsträger rechnet mit steigenden Beitragssätzen. Rot-Grün hat auch keine wirksamen Maßnahmen ergriffen, um einen Anstieg des Defizits bei der gesetzlichen Krankenversicherung und den Krankenversicherungsbeiträgen zu verhindern. Der durchschnittliche Krankenversicherungsbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung wird 2002 bei 14 % liegen, und wir wissen, dass die Berliner AOK in diesem Jahr sogar 14,9 % Krankenkassenbeiträge erhebt. Im 1. Halbjahr 2001 lag der durchschnittliche Krankenversicherungsbeitrag noch bei 13,6 %.
In der Arbeitslosenversicherung liegt das Defizit der Bundesanstalt für Arbeit 2001 bei etwa 3,9 Milliarden, also um 2,7 Milliarden § höher als von Finanzminister Eichel vorgesehen. Nach der Annahme des Sachverständigenrats wird es somit auch nicht zu einer Senkung des Beitragssatzes in der Arbeitslosenversicherung von derzeit 6,5 % kommen. Nach einer Studie des Karl-Bräuer-Instituts des Bundes der Steuerzahler vom Februar
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Herr Senator! Wie beurteilen Sie denn die Situation, dass die Bundesregierung mit dem Scheinselbständigkeitsgesetz versucht, zunehmend Menschen in die Sozialversicherung zu zwingen, während viele Länder, Kommunen, unter anderem auch das Land Berlin, versuchen, durch die Verbeamtung von Angestellten die hohen Sozialversicherungsbeiträge abzuschütteln und die Leute aus der Sozialversicherung herausführen?
Herr Senator! Ich war ja schon für die politische Einigung in der Europäischen Union, als Sie noch gar nicht dafür eintreten konnten oder es nicht wollten.
Ich habe die Europäischen Union als politische Einigung, auch als wirtschaftliches Zusammenrücken verstanden. Verstehe ich Sie richtig, dass Sie in der Europäischen Union gleiche Steuern, Abgaben, Löhne unionsweit durchsetzen wollen? – Dann sind Sie, nach meiner Auffassung, in Marktwirtschaft und Wettbewerb noch lange nicht angekommen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die neuesten Arbeitsmarktdaten sind bereits genannt worden: 4,3 Millionen Arbeitslose in Deutschland, 290 000 Menschen arbeitslos in Berlin. Übrigens ist das in Berlin der höchste Stand seit der Wiedervereinigung. Jährlich verlassen allein aus demographischen Gründen rund 200 000 Menschen den Arbeitsmarkt. Im Oktober 1998 hatten wir 3,89 Millionen Arbeitslose. Wir dürften also unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung im Herbst 2002 höchstens 3,09 Millionen Arbeitslose haben. Stattdessen prognostizieren unabhängige Wirtschaftsforschungsinstitute 4,5 Millionen für den Herbst dieses Jahres. Diese Bundesregierung und die sie tragenden Parteien sind mithin verantwortlich für die Vernichtung von über 1 Million Arbeitsplätzen. Die Zahlen belegen: Trotz des Wirtschaftswachstums der Jahre 1999 und 2000 sind wir in Sachen Arbeitslosigkeit in dieser Legislaturperiode nicht einen Schritt vorangekommen.
Wer allerdings genauer hinsieht und die Zahlen analysiert, kann signifikante Unterschiede bei Arbeitsmarktentwicklung und Wirtschaftswachstum in Deutschland erkennen. In den SPDregierten Ländern liegt die Arbeitslosenquote durchschnittlich bei fast 11 %, in Berlin sogar, wie wir gehört haben, bei 17 %. In den unionsregierten Ländern sind es dagegen nicht einmal 8 %. Die 30 Arbeitsamtsbezirke mit den geringsten Arbeitslosenzahlen liegen allesamt in unionsregierten Ländern. Ähnliche Unterschiede ergeben sich, wenn man die Entwicklung beim Wirtschaftswachstum vergleicht. Statt ein Sofortprogramm für die Belebung des Arbeitsmarktes aufzulegen, werden Arbeitsmarktzahlen frisiert. So sollen Menschen über 58 Jahren beim Arbeitsamt auf die Vermittlung verzichten, damit sie aus der Arbeitslosenstatistik herausgenommen werden können. Die Fälschung von Vermittlungsstatistiken in den Arbeitsämtern wundert vor diesem Hintergrund niemanden mehr. Die Arbeitsverwaltung scheint mit milliardenschweren Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vor allem die eigenen Arbeitsplätze zu sichern, anstatt Arbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln.
Herr Senator Gysi, wir waren enttäuscht von Ihrem Beitrag heute. Sie haben im Wesentlichen die aktuelle Situation beschrieben und die Fortsetzung der bisherigen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen angekündigt. Das hat uns aber doch – die Zahlen belegen es – in die Sackgasse geführt. Wir hätten zumindest einen Beitrag von Ihnen erwartet zu der Diskussion über notwendige Strukturreformen für den Arbeitsmarkt.
Lassen Sie mich kurz zwei Beispiele zur Schaffung von Jobs im besonders kritischen Niedriglohnsektor nennen:
1. Da die Annahme eines schlecht bezahlten Jobs teilweise zum Verlustgeschäft für den Arbeitslosen wird, müssen die Anrechnungsregelungen bei Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe so geändert werden, dass Anreize für Arbeitslose zur Aufnahme einer gering entlohnten Arbeit entstehen.
2. Die alte 630-Mark-Regelung ist in verbesserter Form unter Anhebung der Grenze auf 400 Euro und Abschaffung der pauschalen Sozialversicherungsbeiträge wiedereinzuführen.
Die statt der Sozialversicherungsbeiträge zu erhebende 20-prozentige Pauschalsteuer des Arbeitgebers kann der Sozialversicherung gutgeschrieben werden. Zwischen 401 Euro und 800 Euro sollten Sozialabgaben langsam steigend erhoben werden und eine 20-prozentige Belastung etwa erst bei 800 Euro erreichen. Damit würde auch ein Beitrag zur Vereinfachung der weit überbürokratisierten Regelung bei der geringfügigen Beschäftigung erreicht.
Weitere Überregulierungen des Arbeitsmarktes sind abzubauen: durch Erleichterung befristeter Arbeitsverträge, Lockerung der Beschränkungen für Zeitarbeit und Wahlmöglichkeiten beim Kündigungsschutz.
In Berlin sind seit Sommer vergangenen Jahres in Folge absoluten politischen Stillstands wertvolle Monate nutzlos vertan worden. Offensichtlich sind weder der rot-grüne noch der rot-rote Senat zu einer wirksamen Bestandspflege und zur Anwerbung
von arbeitsplatzschaffenden Investitionen für den Wirtschaftsstandort Berlin in der Lage.
Ja, ich komme zum Schluss. – Vorschläge für eine bessere Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik müssen nicht erst entwickelt werden, sie liegen auf dem Tisch. Handeln Sie danach in der Koalition! 290 000 Arbeitslose in Berlin warten darauf! – Danke schön!