Hella Dunger-Löper

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Normalerweise zählt es nicht zu meinen Eigenarten, meinen Vorrednern Zensuren zu erteilen.
Aber Sie haben mich herausgefordert. Ich dachte, wir seien in der Beratung des Nachtragshaushalts. Aber vielleicht habe ich mich in der Tagesordnung geirrt. In erster Linie kamen von Ihnen persönliche Diffamierungen von Senatsmitgliedern und Staatssekretären
bis hin zum ehemaligen Bürgermeister Schütz. Das ist nicht das Diskussionsniveau, das wir brauchen.
Aber Ihre Glaubwürdigkeit, Herr Kaczmarek, haben Sie besonders dadurch unterstrichen, dass Sie sich als Vorkämpfer der Frauenbewegung hervorgetan haben. Das hatten wir bisher noch nicht gemerkt.
Sie haben uns noch einmal Ihre lächerliche Forderung nach der Vorlage eines Haushaltsentwurfs für das Jahr 2002 noch vor den Wahlen vorgehalten. Ich erinnere mich an 1999. Da hatten wir die Wahlen früher, nämlich am 10. Oktober – Sie haben diesmal ja eine frühere Wahl verhindert –, und damals hatte die alte Koalition keinen Haushaltsplanentwurf vorgelegt. Ich kann das nur dahin gehend interpretieren – wenn Sie Ihre Forderung aufrechterhalten –, dass Sie meinen, dass diese Koalition nach den Wahlen fortgeführt wird, und dass Sie selbst schon die Hoffnung aufgegeben haben, nach den Wahlen in irgendeiner Form mitzuwirken. Das ist auch gut so.
Was Sie sonst noch vorgetragen haben, kann man sicher in den Bereich Geschichtsklitterung verweisen. Die Erfolge der großen Koalition wollen auch wir nicht in Frage stellen. Aber
gerade die Erfolge, die Sie aufgezählt haben – beispielsweise die Bezirksgebietsreform und die Verkleinerung des Parlaments und des Senats – stieß anfänglich auf Ihren erbitterten Widerstand. Die SPD war es, die das durchgesetzt hat.
Zu Ihrem Stichwort Realityshow kann ich nur sagen: Die Art, wie Sie die Vorgeschichte des Nachtagshaushalts angesprochen haben, zeigt, dass Sie offensichtlich noch nicht in der Realität angekommen sind. Was Sie geliefert haben, waren Ablenkungsversuche bezüglich der Verantwortung der CDU für die Haushaltskrise des Landes, wie wir sie derzeit haben.
Nebenbei bemerkt: Wir haben keine Angst vor den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses. Dem sehen wir beruhigt entgegen. Wir haben nichts zu verbergen. Insofern warten wir ab, was dabei herauskommt. Dann sprechen wir uns hier wieder.
Kommen wir zu den sachlichen Dingen: Wir beraten – ich hatte es eingangs erwähnt – den Nachtragshaushalt in II. Lesung. Ein solcher fällt nicht vom Himmel.
Nein, ich möchte fortfahren! – Ich komme zur Vorgeschichte des Nachtragshaushalts: Ab Januar diesen Jahres gab es erste Anzeichen für die Probleme der Bankgesellschaft. Zuerst stand dabei die Affäre um die nicht verbuchte Barspende in Höhe von 40 000 DM an Klaus Landowsky im Vordergrund, der in unheiliger Personalunion Chef der landeseigenen Hypothekenbank und Fraktionsvorsitzender der CDU war. – Leider folgt er unseren Aufführungen immer seltener. Wenn er mal zuhören würde, wäre das vielleicht gut für seinen Realitätssinn.
Wie gesagt, am Anfang des Jahres wurden die anfänglichen Andeutungen immer klarer. Es wurde klar, dass es hier nicht allein um die Übergabe einer Parteispende in den Räumen der Bank ging, die nicht ordnungsgemäß verbucht wurde, sondern dass auch das faule Kreditgeschäft der Landowsky-Berlin-Hyp mit der Aubis, dem Unternehmer, der die Spende gegeben hat – eine Rolle spielte. Bereits Mitte Februar verhängte der damalige Finanzsenator eine Haushaltssperre, die auch durch die Vorgänge bei der Bankgesellschaft begründet wurde.
Nach und nach wurde das Ausmaß der Bankenkrise deutlich. Die Andeutungen über faule Kredite verfestigten sich zusehends, die Zahlung der Dividende der Bank an das Land geriet für das Jahr 2001 zunehmend in Gefahr, was allerdings der ehemalige CDU-Finanzsenator noch lange ins Jahr hinein bestritt. Es ging dabei immerhin um 135 Millionen DM. Wie wir jetzt wissen, stellt der Ausfall der Dividende im Verhältnis zum jetzt bekannten Ausmaß der Krise nur einen sehr bescheidenen Teil des Problems, sozusagen einen Griff in die Portokasse, dar.
Die Schreckensmeldungen übertrafen sich von Tag zu Tag. Die CDU und der ehemalige Regierende Bürgermeister aber schwiegen. Scheibchenweise demontierten sich Landowsky und die CDU durch permanente Realitätsverweigerung. Gleichzeitig wurde durch etliche sich im Haushalt deutlicher zeigende Risiken klar, dass das Parlament einen Nachtragshaushalt beschließen musste, und wir haben uns dem nicht mehr in den Weg gestellt.
Am 18. Mai 2001 – ein Datum, das mir noch sehr präsent ist – war der ehemalige Finanzsenator Kurth Gast einer SPD-Fraktionsklausur zum Thema Nachtragshaushalt.
Er verkündete uns dort noch lauthals, dass die Bankenkrise sich ohne große Belastungen für den Berliner Haushalt regeln ließe. Zwei Tage später platzte die Bombe durch den Bericht des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen. Die Schließung der Bankgesellschaft drohte. Nur durch eine Eigenkapitalerhöhung
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war die Bankgesellschaft Berlin noch zu retten. Der Senat verpflichtete sich dazu – und das war auch richtig, Alternativen gab es schon allein wegen der 16 000 Beschäftigten nicht, und auch, um das Ansehen des Wirtschaftsstandortes Berlin nicht weiter zu schädigen. Schieflage, Desaster, Super-GAU waren die am häufigsten gebrauchten Worte, mit denen die Presse, die Öffentlichkeit und auch dieses Haus hier versuchten, den passenden Ausdruck für das Ausmaß der Bankenkrise zu finden.
Das durch den Landowsky-Skandal und die Bankenkrise verursachte Haushaltsloch beträgt 6 Milliarden DM. Man muss es sich immer mal wieder vor Augen führen: 6 Milliarden DM, eine Größenordnung, die immerhin unvorstellbare 15 % des gesamten Landeshaushaltes ausmacht. Noch immer verharmloste die CDU die Lage, in der sich das Land Berlin befand. Ich will es noch einmal deutlich machen, was 6 Milliarden DM bedeuten: 6 Milliarden DM Verschuldung bedeuten einen Anstieg der täglichen Zinslasten, die mit 11 Millionen DM schon groß genug sind, um fast 1 Million DM pro Tag. Es übertrifft die Größenordnung der gesamten geplanten Vermögensaktivierung dieses Jahres. Der Zukunftsfonds, dem Sie so hinterhertrauern, hätte mit diesem Geld zwanzigmal aufgefüllt werden können – zwanzigmal der Zukunftsfonds, das ist eine Größenordnung, die man sich auf der Zuge zergehen lassen muss.
Es ist auch schlimm, dass die Konsolidierungserfolge der letzten Jahre, die unstreitig vorhanden waren und die eine wesentliche Legitimation für die große Koalition in Berlin dargestellt hatten, durch diese Krise und die Handlungsunfähigkeit der CDU darin zunichte gemacht wurden. Es wurde deutlich, dass mit dieser CDU kein Staat zu machen ist.
Der Entwurf des ursprünglichen Nachtragshaushalts, den Herr Kurth noch eingebracht hat, sollte lediglich die inzwischen auf immerhin eine dreistellige Millionensumme aufgetürmten Risiken absichern. Mit dem Bankenskandal bekam der Nachtragshaushalt eine völlig neue Dimension. Die Abgabe einer Patronatserklärung des Landes war notwendig und musste durch den Haushaltsgesetzgeber abgesichert werden. Die Netto-Kreditaufnahme beträgt nunmehr statt der angestrebten 3,6 Milliarden DM 9,6 Milliarden DM und ist damit auf einem Stand, wie es vor dem Beginn des Konsolidierungskurses durch die ehemalige SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing Mitte der 90er Jahre üblich war.
Diese neue oder auch alte Dimension der Verschuldung erfordert ein ernsthaftes Umdenken.
Einen letzten Versuch, die angeschlagene große Koalition zu retten, torpedierte die alte CDU-Riege mit der Vorlage einer dünnen – Herr Kaczmarek, jetzt können Sie ruhig einmal zuhören –, schnell zusammengeschusterten Liste mit mehr oder weniger stichhaltigen Sparvorschlägen – zum Teil handelte es sich bereits um Beschlüsse dieses Hauses –, die in mehreren Versionen zuerst der Presse und dann dem Koalitionspartner vorgelegt wurden. Ein ernsthafter Sparwille oder gar die Fähigkeit, Strukturentscheidungen für die Zukunft unserer Stadt zu treffen, waren hier wirklich nicht erkennbar.
Die alte CDU-Mehrheit im Senat hat den Entwurf für den Nachtragshaushalt noch am 12. Juni verabschiedet, ein Entwurf, der nicht mehr dem politischen Willen der Koalition entsprach. Es war unabdingbar, dass der neu gewählte Senat unter dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit in nur 10 Tagen eine Nachschiebeliste vorlegte, die drei Dinge dokumentiert: den unbedingten Sparwillen, Klarheit und Wahrheit in der Haushaltspolitik und den Vorrang für die Bildungspolitik bei der Konsolidierung der Stadt.
Einige Haushaltsrisiken waren bereits im alten Entwurf berücksichtigt; dazu zählen die Vorbereitungskosten für den Flughafenausbau, die Einstellung der Kosten für das von der Bundesregierung verbesserte BAföG, die Einnahmeausfälle aus der Banken
krise, die Kosten für die Sanierung der Museumsinsel und die Auflösung der pauschalen Minderausgaben. Anderes leistete dieser Entwurf noch nicht und musste deshalb nachgebessert werden. So haben wir in der Nachschiebeliste den Lehrerbereich von pauschalen Minderausgaben ausgenommen und damit sichergestellt, dass damit auch der Schwerpunkt Bildung und Schule untermauert wird. Wir haben die Neuwahlen finanziell abgesichert, wir haben die ursprünglich vorgesehene Erhöhung der Kassenkreditermächtigungen rückgängig gemacht – nicht 14 %, sondern nur 12 % – und damit noch einmal deutlich gemacht, dass wir weiterhin konsolidieren und nicht einfach alles nach oben verschieben.
Die Senatsverwaltungen haben alle noch einmal demonstriert, dass sie zur Konsolidierung des Haushalts bereit sind, indem weitere 90 Millionen DM eingespart werden. Dieser Anteil wurde zur Absenkung der unrealistischen Einnahmeerwartung bei der Aktivierung von Landesvermögen eingesetzt und auch weiterhin an dieser Stelle verdeutlicht, dass der neue Senat mit realistischen Ansätzen und nicht mit Wunschzahlen arbeitet.
Es war jedoch auch notwendig, falsche Akzente, falsche Kürzungen, wie sie in der anfänglich vorgesehenen Kürzung um 1 Million DM bei der Förderung der freien Gruppen in der Kulturarbeit vorgesehen waren, zurückzunehmen.
Im Bereich Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik haben wir nun ein weiteres Programm Arbeit statt Sozialhilfe mit einem Volumen von fast 6,5 Millionen DM etatisiert, das mittelfristig Menschen in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt und sich damit sowohl finanziell als auch sozial selbst rechnet. Das ist es, was wir unter intelligenter Sozialpolitik verstehen, und ein Weg, den wir auch in Zukunft gehen müssen.
Dass Bildung bei uns absoluten Vorrang hat, dass wir in die Köpfe investieren wollen, das sagen wir nicht nur, sondern das zeigen auch die Beschlüsse in diesem Haushalt: Keine Abstriche bei der Zuweisung von Vertretungsstellen für dauerhaft erkrankte Lehrer, sondern obendrein 60 neue Stellen für die Integration behinderter Kinder in der Sekundarstufe I und der Einstieg in die Frequenzabsenkung der Klassen mit einem Ausländeranteil von über 40 %.
Überdies weist der neue Nachtragshaushalt auch noch 1 Million DM aus, die engagierte Bürgerinnen und Bürger, die Bürgerengagement in Eigenregie in die Stadt hineintragen und auf diese Art und Weise die lebenswerte Stadt mitgestalten, bekommen können, um Schulen, Kitas, Grünflächen zu renovieren.
Auch die Bezirke sind entlastet worden. Die ursprünglich vorgesehenen 15 Millionen DM wurden auf 11 Millionen DM abgesenkt. Damit sind die Bezirke sehr wohl beteiligt, aber doch mit einem Betrag, der zumutbar ist.
Jetzt komme ich zu dem Thema „Zukunftsfonds“. Es ist immer wieder herangezogen worden. Man muss dazu noch einmal ein paar Worte sagen, die auch die Realität ein bisschen berücksichtigen. – Der Zukunftsfonds war eine Idee der SPD,
und es ist uns schmerzhaft gewesen, an dieser Stelle heranzugehen. Wir haben hier schon im ursprünglichen Entwurf der CDUSenatoren eine Absenkung von 200 Millionen DM gehabt. Aber inzwischen sind es 230 Millionen DM, und wir müssen uns fragen: Ist das zumutbar? – Wir müssen aber auch resümieren: Was ist eigentlich mit dem Zukunftsfonds passiert, an den wir sehr große Erwartungen hatten? – Und da sieht es nicht so gut aus. Die Wirtschaftsverwaltung, die dafür zuständig war, dieses
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voranzubringen, hier tatsächlich Konzepte auf den Tisch zu legen, wie aus dem Zukunftsfonds die Blüten wachsen, die eigentlich angedacht waren, hat ihre Arbeit sehr schleppend gemacht; wir haben das Kapital, das hier lag, – bis auf einen Bruchteil, der in die Technologiestiftung gegangen ist – lange Zeit ungenutzt herumliegen lassen, während das Land an anderer Stelle neue Schulden machen musste. Deswegen haben wir uns schweren Herzens entschieden, an dieses Geld heranzugehen, und wir werden sehen, wie wir intelligente Lösungen finden können, zum Beispiel durch eine Umstrukturierung auch im Bereich der Wirtschaftsförderung und ein Miteinbeziehen der Wissenschaft an dieser Stelle, um das hier voranzubringen und die „Stadt des Wissens“ auf dieser Ebene nicht nur zum Leitbild, sondern zur Realität werden zu lassen.
Lassen Sie mich einen kurzen Exkurs machen zu dem, was heute hier zum Thema der Aktuellen Stunde gesagt wurde! Die heute zu verabschiedenden Hochschulverträge zeigen, dass diese Regierung entscheiden und handeln kann und auch in extrem schwierigen Zeiten bereit ist, den Universitäten Planungssicherheit zu geben. Es ist nicht so, dass die Universitäten nicht besser ausgestattet werden. Sie bekommen Planungssicherheit, und sie bekommen 159 Millionen DM mehr. Das ist der Beitrag, der zeigt: „Stadt des Wissens“ ist für uns auch im universitären Bereich ein ganz zentraler Punkt. – Aber es ist auch damit verbunden, dass man sagt: Auch hier müssen Strukturen geändert werden, und deswegen die Vorgabe, in der Universitätsmedizin Absenkungen vorzunehmen. – Ich bin mir sicher, dass auch die Universitätspräsidenten dieses Angebot des Landes Berlin nicht ausschlagen werden.
Nun ist der durch die Nachschiebeliste und die Haushaltsberatung im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses veränderte Nachtragshaushalt zwar ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, aber selbstverständlich noch nicht gleichbedeutend mit dem angekündigten großen Kassensturz. Aber dieser Haushalt zeigt bereits, wohin die Reise in Zukunft gehen soll, nämlich hin zu einer sozial gerechten, aber ehrgeizigen Politik der Haushaltssanierung, die unsere Kinder nicht unter Schuldenbergen ersticken lässt, sondern ihnen das Rüstzeug mit auf den Weg gibt, eine florierende, interessante und lebenswerte Metropole zu schaffen. Der Nachtragshaushalt und die Nachschiebeliste sind ein pragmatischer Ansatz, der die intelligenten strukturellen Veränderungen, die wir in Zukunft vornehmen müssen, schon andeutet und auf Grundlage seriöser Haushaltskonsolidierung rot-grüne Akzente setzt.
Gleichwohl bleiben einige Risiken nach wie vor vorhanden. Das wollen wir auch nicht leugnen; das sagen wir auch an dieser Stelle. Die ursprünglich vorgesehenen 5,6 Milliarden DM, die der alte Senat durch Verkäufe von Landesvermögen erzielen wollte, mussten ohnehin auf Grund der Bankenkrise durch Erhöhung der Netto-Kreditaufnahme um 2 Milliarden DM abgesenkt werden. Von den verbleibenden 3,5 Milliarden DM waren bei Antritt der Regierung Wowereit noch nicht einmal 100 Millionen DM, sondern 71 Millionen DM kassenwirksam realisiert. – Ich möchte, dass Sie sich das noch einmal auf der Zunge zergehen lassen: 3,5 Milliarden DM müssen erlöst werden, 71 Millionen DM waren es bei Antritt der Regierung Wowereit. – Das zeigt, welche Anstrengungen hier noch auf uns zukommen. – Herr Kaczmarek, ich muss noch einmal auf Ihre Äußerung zurückkommen. Sie haben gesagt, die SPD, der Parteitag der SPD, war der Verhinderer von Vermögensaktivierungen; deswegen konnte die GEHAG nicht verkauft werden und alles andere auch nicht, und die Vorstandsposten wurden immer an die SPD-Mitglieder verteilt. Wenn ich mich recht erinnere, war es Herr Klemann, der bei der GEHAG einen Vorstandsposten bekommen hat, und war es Herr Ernst – beide CDU übrigens –, der bei der Holding der Wasserbetriebe einen Vorstandsposten bekommen hat.
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Ich möchte mich für die Arbeit im Hauptausschuss – leider sind hier kaum Kollegen anwesend – auch bei den Kolleginnen und Kollegen dieses Ausschusses für die Beratungen bedanken. Und nicht zuletzt möchte ich mich bedanken beim Vorsitzenden des Hauptausschusses, Herrn Dr. Seitz, für die Sitzungsleitung, die zügig war, trotzdem unterhaltsam und immer wieder mit Überraschungen aufgewartet hat.
In diesem Sinne möchte ich Sie dazu auffordern, dem Nachtragshaushalt Ihre Zustimmung zu geben!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Super-GAU des Berliner Haushalts“ hat erst der „Berliner Kurier“ getitelt, und jetzt hat es auch noch einmal die PDS aufgegriffen. Ich weiß nicht, ob das ein besonders günstiges Bild ist, aber es drückt sicherlich aus, wie drastisch die Situation des Berliner Haushalts zurzeit ist. Krisen haben wir ja in Berlin schon eine Menge gehabt. Aber diese hat eine besondere Qualität insofern, als es eine Krise ist, die uns nicht von außen aufgedrückt worden ist, sondern die teilweise auch hausgemacht ist. Und deswegen müssen wir an dieser Stelle auch ran, etwas tun, etwas ändern, und zwar sehr schnell.
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Die Krise des Berliner Haushalts ist etwas, was wesentlich aus der Krise der Berliner Bankgesellschaft resultiert. Und es hilft an dieser Stelle nicht, immer darüber zu reden, hier müsse man jetzt nun mal alles auseinander nehmen. Bitte haben Sie an dieser Stelle etwas Geduld, es hängen 16 000 Arbeitsplätze dran, und da kann man nicht mit kurzatmigen Lösungen herangehen und sagen, wenn wir drei Viertel der Strecke gegangen sind, um es zusammenzuführen, jetzt klopfen wir es mal wieder auseinander. Das ist keine verantwortungsvolle Politik.
Aber natürlich muss bei der Bankgesellschaft etwas geändert werden, denn die Bankgesellschaft nicht in Gänze hat diese Krise produziert, sondern die Immobiliengeschäfte der Berliner Bankgesellschaft sind diejenigen, die unseren Haushalt im Endeffekt belasten. Und das Ausmaß dieser Belastungen ist so groß, dass wir tatsächlich nicht den Weg gehen konnten, den wir vor drei Wochen noch einschlagen wollten, im Rahmen der Haushaltswirtschaft etwas zu verändern, sondern dass wir einen Nachtragshaushalt fordern, dass wir meinen, dass der Gesetzgeber tatsächlich hier heran muss und mit dem Senat zusammen alles auf eine neue Grundlage stellen muss. Tatsächlich, vor drei Wochen haben wir diesem noch nicht Folge geleistet, was Sie vorgeschlagen haben. Wir hatten damals aber auch eine Situation, die aus heutiger Sicht geradezu noch als rosig zu bezeichnen ist. Wir hatten nämlich eine Situation, dass wir gesagt haben, senatsseitig 500 Millionen, nach unserer Einschätzung 1,1 Milliarden DM sind aufzulösen, um den Haushalt durchführen zu können. Heute haben wir das Sechsfache: bis zu 6 Milliarden DM.
Das klingt abstrakt, aber es ist wirklich eine Summe, die erschlagend wirkt. Es sind 15 % des Geamthaushalts, und hier ist es tatsächlich nicht mehr möglich, im Rahmen der Haushaltswirtschaft zu verfahren, sondern wir müssen einen Nachtragshaushalt einbringen und beschließen. Und deshalb haben wir diesen Antrag auch eingebracht.
Der Schaden, der durch die Krise der Bankgesellschaft entstanden ist, ist für das Land wahrhaft immens. Und die Auswirkungen werden es auch sein. Alle Bürger werden darunter leiden. Das muss man einmal so sehen. Ich denke, es ist keine Panikmache, wenn wir uns vor Augen führen, dass, wenn wir es so weiterlaufen lassen, wir im Frühherbst bereits zahlungsunfähig sind und dann möglicherweise die Gehälter der öffentlich Bediensteten nicht mehr zahlen können. Das ist wirklich eine dramatische Situation, und das ist ein Szenario, vor dem ich die heutige Debatte in Teilen nicht ganz nachvollziehen kann. Da hat wieder jeder seine Rolle übernommen: Da haben wir einmal die Rolle des Oberlehrers, der immer schon alles wusste. – Ich gebe zu, wir wussten es vor drei Wochen noch nicht, aber wir nehmen alles hier auch zur Kenntnis und reagieren dann darauf. Wir wittern tatsächlich nicht überall gleich die Bananenrepublik,
sondern orientieren uns an den von Ihrer Fraktion eingebrachten „mittelenglischen Sitten“, die wir erst einmal voraussetzen. Wenn dem dann nicht so ist, dann sind wir auch bereit, entsprechend einen Untersuchungsausschuss und Konsequenzen zu ziehen. Aber ich will es auch noch einmal aufgreifen: Wenn Sie schon immer alles gewusst haben, wie wir gehört haben, dann würden wir natürlich auch ganz gern hören, was Sie denn für einen Weg gehen wollen, Herr Müller-Schoenau, zur Lösung. Und bitte kommen Sie an dieser Stelle nicht mit der platten Lösung: Der Bund wird es schon richten.
Das legt ja fast den Verdacht nahe, Sie hätten sich mit dem künftigen Bundestagsabgeordneten Klaus-Rüdiger L. schon abgesprochen, um in dieser Richtung vorwärts zu gehen. Aber das, denke ich doch, werden sie nicht haben.
Wir haben eine andere Rolle heute gehört von Herrn Kaczmarek. Die hat mich auch ein bisschen enttäuscht, ich will das deutlich machen. Er hat heute Morgen gesagt, es ginge nach wie vor um 1,1 Milliarden DM. Herr Kaczmarek, das glauben Sie ja ernsthaft selbst nicht. Ich sehe Sie im Augenblick nicht – doch, da hinten –, im Hauptausschuss kenne ich Sie als wirklich seriösen Politiker, und die Zahlenspielchen hier sind sicherlich nicht angemessen. Ich will es noch mal deutlich machen an dieser Stelle: Wir kommen zurück zum Fraktionsvorsitzenden der CDU. Er ist derjenige, der hier zwar heute politisch nicht agieren kann, denn dann müsste er die Ergebnisse seines früheren Alter Ego, seiner Aktivität als Banker, wohl heftig kritisieren, und das ist ein Rollenspiel, das man auf Dauer nicht durchhalten kann. Deswegen wird er diese Debatte hier auch vermeiden.
Aber wir kommen mit den Spielchen an dieser Stelle nicht weiter.
Ich bin bereits bei meiner Schlussbemerkung: Die Krise lässt sich weder beschönigen noch aussitzen. Wir müssen an dieser Stelle gemeinsam vorangehen und einen entsprechenden Nachtragshalt vorlegen. Da ist der Senat und, Herr Kurth, besonders Sie gefordert, Sie können die Spannung aus der Situation herausnehmen.
Ich hoffe wir können den Antrag auf einen Nachtragshaushalt einstimmig beschließen und danach auch gemeinsam zu einer konstruktiven Lösung kommen. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben schon bei der Begründung für die Aktuelle Stunde von Herrn Seitz gehört: es geht um eine sehr dramatische Situation, es geht um die Probleme des Berliner Haushalts. Wir fragen uns: Welche Auswirkungen hat die Haushaltssperre für den Berliner Haushalt und vor allem für das Land Berlin? Gibt es eine soziale Schieflage, die daher resultiert?
Was bedeutet eine Haushaltssperre? – Eine Haushaltssperre bedeutet, dass das Land Berlin und seine Untergliederungen nur noch Ausgaben leisten können, die entweder vertraglich oder gesetzlich festgelegt sind oder aber unabdingbar sind, um überhaupt den Betrieb der Institutionen aufrechtzuerhalten. Eine solche Haushaltssperre ist nichts Ungewöhnliches, und wir haben sie in den letzten Jahren schon mehrfach gehabt. Aber wir
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haben sie noch nie zwei Monate nach Beginn des Haushaltsjahres gehabt, denn eine solche Haushaltssperre wird normalerweise eingesetzt, um am Jahresende noch Haushaltsreste abzuschöpfen und dafür zu sorgen, dass diese Gelder nicht unsinnig verwandt werden.
Diesmal haben wir bereits nach zwei Monaten eine Situation, in der sich der Finanzsenator gezwungen sah, eine solche Haushaltssperre zu verhängen. Warum? – Wenn wir uns an die Haushaltsberatungen zurückerinnern, dann ist sicherlich klar, dass der Haushalt des Jahres 2001 durchaus von Risiken befangen ist. Ich erinnere nur an die nicht aufgelösten pauschalen Minderausgaben von ungefähr 800 Millionen DM, die bis heute nur zu einem geringen Teil aufgelöst worden sind. Aber dies allein – und das war uns anfänglich bereits bekannt – ist sicherlich nicht der Grund, warum nach so kurzer Zeit eine Haushaltssperre verhängt worden ist. Sondern wir haben einen ganz klaren zeitlichen Zusammenhang mit den Schwierigkeiten, die aus der Krise der Bankgesellschaft für den Haushalt von Berlin resultieren. Wir haben bereits im Januar darüber geredet, inwiefern der Haushalt ganz direkte Einflüsse aus der Situation der Bankgesellschaft aufnimmt. Wir haben einmal die Frage der Dividenden mit 135 Millionen DM. Aber das ist im Grunde genommen nur ein kleiner Teil dessen, was wir als Risiko erkennen. Deswegen hat Herr Kurth sich gezwungen gesehen, eine Haushaltssperre zu verhängen. Die Bankgesellschaft, warum es zu dieser Situation gekommen ist, warum bestimmte Verantwortlichkeiten – bisher jedenfalls – noch ungeklärt sind, das alles wird uns im nächsten Tagesordnungspunkt noch einmal beschäftigen. Aber es ist auch eine Frage, die in ihren Auswirkungen auf den Haushalt hier im Mittelpunkt stehen muss.
Herr Kurth hat die Haushaltssperre verhängt, und ich denke, er hat dabei sehr verantwortlich gehandelt. Denn es ist notwendig, ein Signal zu setzen, um die Dramatik der Situation zu unterstreichen und um zu erreichen, dass im Lande Berlin nur noch die Ausgaben getätigt werden, die notwendig sind. Eine Haushaltssperre – ich habe das schon ausgeführt – wirkt eher nach dem Prinzip des Rasenmähers in der Richtung, dass eben alles blokkiert wird. Wir haben jetzt eine Haushaltssperre, bei der der Senat eine Reihe von Ausnahmen zugelassen hat. Das müssen wir mit in die Diskussion und in die Würdigung einbeziehen.
Der Senat hat sich darauf verständigt, die politischen Schwerpunkte der Koalition nicht abzuschneiden, sondern an einigen wichtigen Punkten, die ich hier nennen will, Ausnahmen zuzulassen. Die Bildungspolitik ist ein wichtiger Punkt. Das Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm wird fortgesetzt. Wir haben schon gehört, die Programme, die in Richtung Rechtsradikalismus orientiert sind, werden fortgesetzt, und wir werden weiterhin der Bildungspolitik einen Vorrang eingeräumt sehen. Ähnliches gilt für die soziale Stadtentwicklung mit dem Quartiersmanagement, aber auch für kofinanzierte Programme im Bereich der Arbeitsmarkt- und Weiterbildungspolitik, die in hohem Maße wichtige Impulse setzen. Integrationsprogramme sollten nicht vergessen werden. Und – was ich besonders wichtig finde – es sind Maßnahmen ausgenommen, die der Verwaltungsreform dienen. Das sollten wir an dieser Stelle betonen: Es ist eine Haushaltssperre, aber damit werden strukturelle Änderungen, die hinterher zu tatsächlichen Einsparungen führen, nicht blockiert.
Wenn wir uns die Frage stellen, ob es durch Haushaltssperre eine soziale Schieflage gibt, dann beantworte ich das von unserer Seite aus mit einem Nein. Aber das ist ein vorsichtiges Nein. Wir bewegen uns auf sehr dünnem Eis. Wenn tatsächlich die Risiken eintreten, die im Augenblick absehbar sind, dann haben wir sehr viel zu tun, um nicht in das Eis einzubrechen – um im Bild zu bleiben. Deswegen haben wir gestern im Hauptausschuss einen Ersetzungsantrag eingebracht und beschlossen, der sagt: Wir wollen dann, wenn klar ist, welche Risiken tatsächlich auf das Land Berlin zukommen, nämlich etwa Mitte Mai, vom Senat einen Bericht haben, mit welchen Maßnahmen die zu erwartenden Mindereinnahmen und gegebenenfalls weiteren Risiken des laufenden Haushalts aufgefangen werden können.
Die Drucksache 14/1077 beinhaltet diese Beschlussempfehlung des Hauptausschusses, und dafür bitten wir Sie um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stehen hier vor einer wahrhaft komplexen Gemengelage. Das führt häufig dazu, verschiedene Fragestellungen und auch Perspektiven zu vermischen. Wir haben das zum Teil in den Redebeiträgen gehört. Es wird sicherlich auch von mancher Seite bewusst herbeigeführt.
Herr Kurth hat heute bereits auf den Stellenwert der Berliner Bankgesellschaft für die Region hingewiesen. Deshalb ist es sicher nicht verwunderlich, dass wir in der letzten Zeit bei den Nachrichten über Schwierigkeiten und Turbulenzen in diesem Hause nervös geworden sind, Herr Müller hat bereits darauf hingewiesen. Aber mit Aufgeregtheit und Vorverurteilungen kommt man selten an das Ziel, und deshalb möchte ich mich daran auch nicht beteiligen. Ich sehe hier an vorderster Stelle weder eine Personal- und schon gar keine Koalitionsfrage.
Ich will noch einmal den Zusammenhang zwischen der Berliner Bankgesellschaft und dem Berliner Haushalt beleuchten, denn ich denke, es ist wichtig für die Menschen draußen auf der Straße, dass sie verstehen, weshalb wir uns im Berliner Parlament mit einer Bank beschäftigen, die die Rechtsform einer Aktiengesellschaft hat und deren Aktionäre sich eigentlich um ihr Shareholder Value kümmern sollten. Aber genau das ist es, wir sind die Aktionäre bzw. das Land Berlin. Genau deshalb besteht unser Interesse. Es geht nicht darum, dass wieder ein Politiker einem anderen ein Auge aushacken will, sondern darum, die Interessen des Landes Berlin zu wahren. Das Land Berlin ist Anteilseigner dieser Bankgesellschaft, und zwar Mehrheitsanteilseigner. Das bedeutet etwas für unseren Haushalt und seine Einnahmen.
Daraus ergeben sich drei ganz wesentliche Interessenlagen für das Land: Je mehr das Unternehmen floriert, dessen Anteile das Land hält, desto höher wird seine Bewertung und damit auch der Wert des Aktienpaketes, von denen es gegebenenfalls Teile veräußern kann – das steht bei uns für das nächste Jahr zur Debatte. Zum Zweiten: Je mehr das Unternehmen, an dem die Beteiligung besteht, floriert, desto höhere Dividenden kann es auszahlen. Auch dies ist etwas, was dem Landeshaushalt zufließt. Drittens: Je mehr das Unternehmen floriert, desto mehr Steuern wird es normalerweise zahlen und damit auch weiterhin die Einnahmen des Landes erhöhen. Das Interesse des Landes, unabhängig davon, welche wirtschaftliche Bedeutung einer solchen Bank zukommt, an dieser Bank muss ein ganz außerordentliches sein. Das rechtfertigt auch die Beschäftigung in diesem Haus damit.
Diese drei Punkte bezeichnen direkte Einnahmequellen für den Haushalt. Ich muss hoffentlich niemand in diesem Haus darauf aufmerksam machen, wie nötig wir jede Einnahmequelle haben, ich verweise in diesem Zusammenhang auf das neueste DIW-Gutachten. Um es noch einmal zu unterstreichen: Was man nicht einnimmt, das kann man auch nicht ausgeben, weder für Schulen, noch für Kultur, noch für soziale Einrichtungen. Deswegen müssen wir uns mit diesem Vorgang beschäftigen. Aus dieser Interessenslage heraus ergeben sich Fragen, die wirklich rückhaltlos aufgeklärt werden müssen. Dazu haben die Berichte in den Medien – es handelt sich übrigens um eine bundesweite Aufmerksamkeit und nicht nur etwa eine regionale – bereits einige Punkte aufgeworfen, die wirklich zu klären sind. Zur Frage
des Wertes des Aktienpaketes, das das Land noch besitzt, hat die „FAZ“ am 12. Januar 2001 geschrieben – ich darf mit Genehmigung des Präsidenten zitieren:
Die hohen Wertberichtigungen im Kreditgeschäft machen der Bankgesellschaft Berlin schon seit vielen Jahren zu schaffen. Der blinde Expansionseifer der inzwischen ruhiggestellten Berliner Bank in Kombination mit der schwachen wirtschaftlichen Lage in der Kernregion Berlin-Brandenburg bescherten 1994 bis 1999 eine Nettokreditvorsorge von mehr als 7,4 Milliarden DM. Die operativen Erträge reichten bei weitem nicht aus, um diese Belastung zu verkraften.
Das heißt im Klartext: Der Anteil des Landes Berlin an der Bankgesellschaft ist in diesen Jahren um knapp 4 Milliarden DM im Wert gesunken. Wenn man den Nachrichten von heute glauben darf, dann sind es sogar über 5 Milliarden DM. Dazu schreibt das „Handelsblatt“ am 14. Januar 2001:
Die Börse belohnt so viele negative Schlagzeilen nicht. Am Freitag fiel der Aktienkurs der Bank auf 13,5 Euro.... Da wird es immer zweifelhafter, ob der Großaktionär Berlin 2001 richtig Kasse machen kann beim geplanten Verkauf der 6,5 Prozent Aktien. Was die Verantwortlichen im Lande nicht gerade fröhlich stimmen dürfte.
Das ist noch sehr positiv ausgedrückt. Der Verlust von mehreren Milliarden DM ist sicher keine Kleinigkeit, gerade angesichts der Löcher im Haushalt des Landes. Das sind Größenordnungen, das muss man sich immer einmal vor Augen führen, von zwei Wohnungsbaugesellschaften, wenn nicht mehr. Das entspricht beispielsweise auch der Summe, die wir für Vermögensaktivierungen im Jahr 2001 vorgesehen haben, um überhaupt noch zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen. Wenn wir dieser Entwicklung nicht auf den Grund gehen, dann werden wir keinem Bürger und schon gar keiner Bürgerin, die sind für ihre Sparsamkeit bekannt, in diesem Lande Verständnis für Einsparungen und dem Abbau öffentlicher Angebote abringen können. Deswegen beschäftigen wir uns mit diesem Thema. Davon können wir auch nicht ablassen.
Ich komme nun noch zu Punkt 2, der Frage nach der Höhe der Dividenden, die das Land aus seiner Beteiligung erhält; im Haushaltsansatz sind es übrigens 135 Millionen DM, die veranschlagt sind. Auch hier geht es um jährliche Einnahmen für den Berliner Haushalt. Die Situation der Berliner Bankgesellschaft, entgegen den Ausführungen des Finanzsenators, lässt durchaus befürchten, dass diese Einnahmen nicht erzielt werden oder aber nur durch den Verkauf weiterer Beteiligungen der Bankgesellschaft. Der Verweis auf den „Spiegel“-Artikel „Der Milliardenbluff“ sei hier nur nebenbei gemacht. Auch das mindert den Wert und die künftigen Entwicklungsmöglichkeiten der Bankgesellschaft. Auch hier gibt es Haushaltsrisiken, die wir überhaupt noch nicht übersehen können.
Das gilt auch für die dritte Einnahmequelle, die Abführung von Steuern aus den Geschäften der Bank. Auf Verluste sind keine Steuern zu zahlen in diesem Land. Also wieder dasselbe Resultat: Einnahmeausfälle für den Landeshaushalt.
All dies ist aufzuklären. Vorverurteilungen, ich habe das bereits gesagt, helfen nicht. Es muss im Detail festgestellt werden, welche Vorgänge sich in der Bankgesellschaft abgespielt haben, die zu den jetzt öffentlich gewordenen Turbulenzen geführt haben, wer dafür verantwortlich ist, wo Kontrolle nicht stattgefunden oder versagt hat und, abschließend natürlich auch, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind.
Die heutige Debatte hat viele Fragen im Detail aufgeworfen, aber sicherlich erst wenige Fragen geklärt. Hier muss zügig ein geeigneter Weg gefunden werden – die rechtlichen Probleme sind uns bekannt –, um rückhaltlos aufzuklären, was passiert ist, welche Positionierung die Bankgesellschaft in Zukunft einnehmen wird und wie weiterer Schaden für das Land Berlin abzuwenden ist. Ich denke, Sie alle sollten sich darüber im Klaren sein: Wenn uns das nicht gelingt, nehmen wir alle Schaden, nicht nur an unserer Glaubwürdigkeit.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Brauer! Ich will hier keine Polemik verbreiten, deswegen werde ich es kurz machen. Das Ganze ist eine unendliche Geschichte. Sie geht zurück auf ein Angebot der Kulturverwaltung, im Gegenzug zu der Renovierung für die Berlinische Galerie dieses Grundstück zur Verfügung zu stellen. Zwischendrin hat es dann verschiedene Rettungsversuche gegeben, obwohl das Ganze schon beschlossen war. Einer ist jetzt auch wieder im Ausschuss für Wissenschaft in die Form dieses Antrags gebracht worden. Aber wir haben gestern im Hauptausschuss noch einmal ausdrücklich die Verwaltung gefragt, die dieses Grundstück angeboten hat und die eigentlich auch Bedarfsträger für studentisches Wohnen ist, ob sie die Aufrechterhaltung dieses Standorts für studentisches Wohnen für notwendig hält. Der Staatssekretär Lange hat dieses ausdrücklich verneint, und insofern ist es an dieser Stelle sicherlich nicht notwendig, dass wir noch einmal einen Vorgang, wie er in diesem § 2 des ursprünglichen Antrags vorgesehen war, durchlaufen, um im Endeffekt doch zu dem gleichen Ergebnis zu kommen. Deswegen werden wir der Hauptausschussempfehlung zustimmen. interjection: [Beifall bei der SPD]
Meine Frage richtet sich an den Kultursenator Stölzl. Herr Stölzl, ich frage Sie: Welchen zeitlichen Ablauf erwarten Sie für den Umzug des Landesarchivs, und welche bisher nicht geplanten Kosten entstehen für das Land Berlin aus den in den Medien berichteten Verzögerungen?
Herr Stölzl, wie erklären Sie sich dann den Bericht im „Tagesspiegel“, der hier erhebliche Zusatzkosten prognostiziert?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Klotz! Ich möchte als Erstes sagen, dass die SPD-Fraktion die Frauenpolitik bei unserer Senatorin gut aufgehoben weiß.
Das zu Ihrem Kommentar an dieser Stelle.
Sie haben sich alle auf die Hauptausschusssitzung vom 15. November bezogen und Ihr Erstaunen darüber kundgetan, dass dort ohne Debatte über die Beschlussempfehlung des Arbeitsausschusses abgestimmt wurde. Es war nicht einmal nachts um 1 Uhr, sondern noch vor 22 Uhr, aber das ist sicherlich auch für den Hauptausschuss eine ungewöhnliche Situation. Es repräsentiert insgesamt nicht die Diskussion, die es um diese Frage und diese Anträge gegeben hat. Sie ist in unserer Partei und darüber hinaus breit geführt worden. Das hat auch einen Grund. Das Landesgleichstellungsgesetz wurde von uns Frauen und unseren Vorgängerinnen in diesem Hause in zähem Ringen erkämpft. Die Umsetzung bzw. die Einhaltung dieses Gesetzes wird genau beobachtet. Das ist auch der Hintergrund der jetzigen Debatte.
Es geht, um es noch einmal klar zu sagen, um die Freistellung und die Vertretungsregelung der Frauenvertreterin. Im geltenden Gesetz erfolgt die Freistellung – ich zitiere – „im erforderlichen Umfang“ für die gewählte Frauenvertreterin und ggf. auch für ihre Vertreterin oder ihre Vertreterinnen. Was „im erforderlichen Umfang“ ist, ist in den einzelnen Dienststellen festzulegen.
Und Sie haben die Befürchtung gehabt, dass durch die Fusion von Verwaltungen – einerseits auf Senatsebene, andererseits durch die Bezirksgebietsreform – größere Verwaltungseinheiten entstehen bzw. ab Januar 2001 entstehen werden und damit das Gesetz nicht mehr im umfänglichen Maße erfüllt werden kann.
Die Antragsteller haben hier nun vorgeschlagen, in Analogie zum Personalvertretungsgesetz den Umfang der Freistellung der Frauenvertreterinnen festzuschreiben, und zwar in Analogie zur Zahl der Mitarbeiter. Die SPD-Fraktion in ihrer Mehrheit hat die bestehende Regelung als eine bessere Lösung angesehen, die den einzelnen Verwaltungen – und hier natürlich auch den Bezirken, wenn sie es für nötig halten – die Ausgestaltung freistellt. Insofern werden wir der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses folgen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Rabbach! Ich muss – leider – doch noch mal auf die kleinlichen Fragen der Finanzierung dessen, was wir hier heute machen, zurückkommen.
Wir ändern heute das Haushaltsgesetz, ein Haushaltsgesetz, das wir vor knapp drei Monaten nach langen Beratungen verabschiedet haben und dessen Leitgedanke war: Wir wollen gestalten – das Olympia-Stadion war auch schon dabei –, aber wir wollen auch konsolidieren, um im Jahre 2009 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt in Berlin zu erreichen. Insofern ist die Änderung des Haushaltsgesetzes nach nur drei Monaten sicherlich ein wesentlicher Schritt, den man gut begründen muss. Aber wir waren uns an dieser Stelle alle darüber einig: Es ist eine Änderung des Haushaltsgesetzes, die keine Ausweitung des Volumens darstellt, sondern eine Umverteilung innerhalb der Investitionsmittel der kommenden Jahre. Das heißt, der Beschluss zur Finanzierung der Sanierung des Olympia-Stadions heißt auch Verzicht auf andere Investitionsmaßnahmen. – Ich komme später noch einmal darauf zurück.
Das, was wir heute treffen, ist eindeutig eine politische Entscheidung. Es ist eine Schwerpunktsetzung zu Gunsten des Olympia-Stadions. Das Olympia-Stadion hat unstrittig für Berlin eine herausgehobene Bedeutung. Es ist eine Sportstätte, die nicht nur für den Fußball, sondern auch für viele andere sportliche Ereignisse in dieser Stadt von großer Bedeutung ist. Das sind auch überregionale Sportereignisse wie Pokalendspiele aber auch möglicherweise die Fußballweltmeisterschaft. Sie machen Berlin zu einem Sportstandort und gleichzeitig Deutschland zu einem Standort für Sport. Das Ganze setzt uns unter einen Zeitdruck. Deswegen haben wir die verkürzten Beratungen an dieser Stelle in Kauf genommen. Aber es ist eine Entscheidung – das will ich an dieser Stelle noch einmal betonen –, die die Attraktivität der Stadt Berlin erhöhen wird, die Besucher anlocken und damit auch die Wirtschaft der Stadt voranbringen soll.
Wenn wir den heute hier vorliegenden Vertrag betrachten, wie er mit seiner Zusammensetzung vorhanden ist, können wir ihn sicherlich nur gerecht beurteilen, wenn wir uns auch die Vorgeschichte mit ansehen. Die Verhandlungen begannen nicht im Dezember 1999, sondern zogen sich bereits durch die vergangene Legislaturperiode unter der Federführung des damaligen Fachsenators Klemann. Ursprünglich – und das wurde von vielen
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mitgetragen – war eine Sanierung aus privaten Mitteln und nur mit geringen öffentlichen Zuschüssen geplant. Die Pläne aber – Sie haben vorhin gefragt: Wo sind denn die Vermarktungsmöglichkeiten? – stießen im Rahmen des Olympiageländes an erhebliche Schwierigkeiten. Insbesondere scheiterten sie an emissionsschutzrechtlichen Problemen.
Der Senat hat sich 1998 im Wettbewerb für den Entwurf des Architekturbüros Gerkan, Marg und Partner entschieden. Die öffentliche Diskussion darüber ist breit geführt worden. Ich denke, inzwischen ist deutlich geworden, dass dieser Entwurf die Identität des ursprünglichen Olympia-Stadions am stärksten mit berücksichtigt. Auf dieser Basis erfolgte dann eine Ausschreibung zu einer Public-Private-Partnership. In dem Ausschreibungsverfahren wurde dargelegt, dass eine private Finanzierung angestrebt wurde und demzufolge ein Betreibermodell gewählt werden sollte.
Wenn wir uns angucken, was wir heute als Vertragsmodell ausgehandelt haben, ist das zwar auf den ersten Blick ein wenig unübersichtlich im Ergebnis, aber durchaus eine Verbesserung gegenüber dem Stand von Dezember 1999. Vorteile sind auf jeden Fall ein Festpreis von 473 Millionen DM. Und wir haben im Grunde eine Beteiligung des Landes Berlin von 283 Millionen DM, die durch 100 Millionen DM vom Bund und 90 Millionen DM durch eine Kreditaufnahme durch Walter Bau ergänzt werden. Berlin hat hier ab dem 14. Jahr – gegebenenfalls auch durch die Verlängerung der Verträge etwas später – Erlöse erst in Höhe von 35 % und dann darüber hinaus zu erwarten. Damit ist dieser neue Vertrag gegenüber allen vorher diskutierten Modellen eine wesentlich bessere Beteiligung des Landes am Erlös, der aus diesem Stadion fließen soll.
Ich denke, dass auch durch die Einbeziehung der Errichter und der Nutzer als Betreiber eine gute Lösung gefunden worden ist, die das Land Berlin begünstigt. Auch hat das Vertragswerk in erheblichem Maße Risiken, die entstehen können, ausgeschlossen oder abgesichert, so dass wir hier mit einem positiven Vertragswerk beginnen können. Der Hauptausschuss hat noch einige Verbesserungen eingebaut, die die Position des Landes Berlin stärken. Damit können wir dem Ganzen zustimmen.
Ich ziehe hier noch einmal aus unserer Sicht das Resümee dieser Vertragsverhandlungen: Es ist unter den gegebenen Bedingungen ein Optimum erreicht worden, das durch die Senatsverwaltung, von Herrn Strieder und seinem Staatssekretär Bielka, vorgelegt worden ist. Man sollte dies an dieser Stelle auch einmal positiv bewerten und herausstellen.
Aber, meine Damen und Herren – und jetzt komme ich noch einmal zu dem haushälterischen Aspekt vom Anfang zurück –, ich denke, wir haben hier keinen Grund zum Jubeln. Die Ausgabe, die hier für das Land Berlin in den nächsten Jahren ins Haus steht, ist eine schwere Belastung für den Haushalt; denn wenn wir das eine wollen – das muss ganz klar sein –, müssen wir auch auf das andere verzichten. Insofern – das will ich nicht verhehlen – bin ich sehr enttäuscht über das, was in der Senatssitzung am letzten Dienstag abgelaufen ist. Es war klar, dass hier
Verzicht zu leisten ist, dass der Senat und die einzelnen Senatoren auch zu dem stehen müssen, was sie vorher beschlossen haben. Ich hoffe, dass dieses nachgebessert wird.
kein „Olympia“-Stadtschloss, kein „Olympia“-Flughafen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde mal wieder zu den Sachthemen zurückkehren. Der Ausgangspunkt unserer Haushaltsberatung war der, dass wir gesagt haben: Wir wollen konsolidieren, und wir wollen gestalten. Beides haben wir erreicht. Wir haben auf der einen Seite den finanzpolitischen Rahmen eingehalten, den wir uns gesetzt haben und der zum Ziel hat, dass wir im Jahr 2009 einen ausgeglichenen Haushalt ohne strukturelles Defizit erreichen. Wir haben andererseits Schwerpunkte gesetzt: Schul- und Jugendpolitik, Kultur und Wissenschaft. Aber ich denke, wir haben keinen Grund, uns an dieser Stelle zurückzulehnen und in Selbstgefälligkeit zu verfallen.
Denn wir müssen uns über eines klar sein: Wir haben hier bei den Haushaltsberatungen und den entsprechenden Etatveränderungen mit drei Aspekten gearbeitet.
Wir haben die letzten Polster abgeschmolzen, wir haben Investitionen verschoben, und wir haben – allerdings aus meiner Sicht nicht in ausreichendem Maße – strukturelle Veränderungen begonnen oder zumindest in den Auflagenbeschlüssen angeregt.
Was heißt das für den Haushalt 2001, in den wir jetzt unmittelbar einsteigen werden? – Wir wollen auch hier den Konsolidierungskurs fortsetzen, und das heißt, weiterhin Ausgaben verringern und die Netto-Neuverschuldung absenken. Damit können wir überhaupt wieder Handlungsspielraum erlangen, aber wir können es nur noch, wenn wir wirklich in strukturelle Veränderungen eintreten.
An dieser Stelle will ich ein Beispiel über die Art und Weise heranziehen, wie in den letzten Jahren häufig verfahren worden ist. Ich bin die Vorsitzende des Unterausschusses Theater, und daher liegt ein Beispiel aus diesem Bereich relativ nahe. Der Unterausschuss – und diesmal auf Bestreben der CDU auch öffentlich vor allen Medien tagend – hatte u. a. die Intendanten der Opernhäuser eingeladen, um von ihnen zu erfahren, weshalb sie unausgeglichene Wirtschaftspläne aufgestellt hatten und wie dies nachzubessern sei. Deutlich wurde dabei, dass es seit Jahren erhebliche strukturelle Probleme gibt. Die Häuser müssen zum Teil erhebliche Personalüberhänge finanzieren, die vorhandenen Tarifbindungen verhindern einen flexiblen Einsatz des Personals, an allen Häusern werden parallel zueinander Kapazitäten, wie zum Beispiel Werkstätten, vorgehalten, die nicht ausgelastet werden können. Es fehlt ein gemeinsames Marketingkonzept für die Kulturangebote usw. Der Unterausschuss, inzwischen der Hauptausschuss und auch Sie heute haben daraufhin einen Beschluss gefasst, der die Senatsverwaltung und damit Sie, Herrn Stölzl, verpflichtet, einen Bericht über die Einleitung struktureller Maßnahmen vorzulegen, wobei die Einrichtung eines Stellenpools und eines Abfindungsfonds, die Zusammenlegung von Verwaltungsbereichen und Werkstätten, andere Kooperationsmöglichkeiten und Ausgliederungen sowie Änderungen der Rechtsform und tarifrechtliche Regelungen zu überprüfen sind.
In den letzten Tagen ist mir ein kiloschweres Gutachten einer renommierten Unternehmensberatung in die Hände gefallen zum Thema: Strategische und operative Neuausrichtung der Opernhäuser in Berlin. Dieses Gutachten sagt:
Der Bereich Kultur gehört zu den strategischen Stärken der Metropole Berlin. Das Angebot Berlins auf diesem Gebiet bildet derzeit das vermutlich stärkste Element im Wettlauf mit internationalen Metropolen.
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Das ist auch das, was wir als Ausgangsposition haben wollen. Und dann kommt dieses Gutachten zu der Diagnose, dass die Opernhäuser unterdurchschnittliche Kostendeckungen haben, eine deutlich zu niedrige Auslastung, jeweils im Vergleich zu anderen Städten, dass erhebliche Einsparpotentiale innerhalb der Kostenstrukturen vorhanden sind, dass mangelnde Abstimmung der Programme vorhanden ist usw. Es werden hier auch Modelle der Umorganisation aufgezeigt, z. B. das Zusammenfassen von Stäben, Programmplanung, Public Relation, Marketing und Kartenverkauf, Revision und Vertragswesen, Materialwirtschaft, Fundus, zentrale Bühnentechnik und ähnliches.
Nun wird jemand, der sich in der Szene nicht ganz so wie die Leute aus dem Kulturbereich auskennt, sagen: Mensch, hier ist eine Unternehmensberatung, die hat aber schnell gearbeitet. – Da muss ich Sie leider enttäuschen: Das Gutachten ist von 1994. Seit der Zeit liegen die Vorschläge auf dem Tisch. Herr Lehmann-Brauns hat zwar gesagt, es sei darüber ständig diskutiert worden, aber passiert ist nichts. Herr Stölzl, hier ist konkrete Arbeit angesagt. Ich fürchte, Optimismus und gute Stimmung allein reichen hier nicht. Insofern folge ich nicht dem, was der „Tagesspiegel“ heute zu Ihrem Amtsantritt gesagt hat. Hier muss der steinige Weg der Umstrukturierung angegangen werden, und Sie werden an vielen Fronten zu kämpfen haben.
Wir werden Sie dabei begleiten und Sie fordern, damit Sie hier wirklich tätig werden, notfalls auch, wenn uns dann der Vorwurf des Provinzialismus gelegentlich treffen wird. Denn nicht eloquenter Feuilletonismus, wie wir ihn in den letzten Wochen in den Zeitungen überall lesen konnten, ist hier angesagt, sondern bewertet wird, was am Ende herauskommt: effizient arbeitende Häuser, die damit die Freiheit wiedererlangen, ihren künstlerischen Auftrag erfüllen zu können. Aber dies war nur ein Beispiel, das ich herangezogen habe; Sie sind hier nicht allein gefordert, Herr Stölzl.
Strukturreformen muss es in allen Senatsverwaltungen geben.
Leistungsverträge sind schon angesprochen worden. Wir haben dieses zu initiieren und haben es zum Teil auch schon getan, sowohl im Bereich Sozialwesen wie auch im Bereich der Jugend. Wir haben aber noch einen Bereich – und da spreche ich den Innensenator an –, wo wir Aufgaben zu erledigen haben: Das Überhangmanagement in diesem Lande ist außerordentlich mangelhaft.
Nur wenn es uns gelingt, für die folgenden Jahre den Strukturwandel voranzubringen, haben wir eine Chance, die Konsolidierung, so wie wir sie uns vorstellen und wie Herr Kurth sie mit seinem Haushalt, den er hier vorgelegt hat, angegangen ist, wirklich zu erreichen. Wir haben heute eine erste Etappe erreicht und abgeschlossen, aber die Hauptarbeit liegt noch vor uns.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung mit Gerhard Schröder an der Spitze und Hans Eichel – er hat als ehemaliger Landespolitiker die Länder besonders im Auge – hat die lange überfällige Steuerreform tatkräftig angefangen.
Es ist eine Steuerreform, die Steuern senken und Wachstum stärken soll und die Arbeitslosigkeit bekämpft. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf den Landeshaushalt. Insofern sind Überlegungen, die eine Gegenfinanzierung für die Länder im Rahmen der Steuerreform berücksichtigen, sinnvoll.
Wir können das hier im Detail diskutieren, aber ich glaube, dass das nicht der richtige Ort ist – weder im Plenum noch hier im Haus. Frau Paus hat bereits angesprochen, dass die Diskussion 200 Meter weiter läuft, und dorthin gehört sie auch. Natürlich ist es wichtig, dass auch wir uns über die Konsequenzen im Klaren sind. Insofern werden wir der Überweisung in den Hauptausschuss zustimmen, aber wir erwarten von dieser Steuerreform, dass sie für Berlin eine Bedeutung darin hat, dass sie Mindereinnahmen haben aber genauso auch Minderausgaben provozieren wird und im Endeffekt den Landeshaushalt durch die Verminderung der Arbeitslosigkeit entlasten wird. Mit dieser Erwartung werden wir in die Diskussion gehen, aber eigentlich wird sie 200 Meter entfernt geführt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum heutigen formellen Einstieg in die Beratungen zum Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2000 möchte ich darlegen, mit welcher Position die SPD-Fraktion in diese Beratungen geht und welche Erwartungen wir an den zu verabschiedenden Haushalt haben.
Für uns stehen zwei Kriterien für diesen Haushalt im Vordergrund: Erstens wollen wir die Fortsetzung der Konsolidierungspolitik.
Sie kommen schon noch dran! –
Zweitens wollen wir nicht nur sparen, sondern auch gestalten, und zwar im Sinne unserer politischen Schwerpunkte.
Das klingt relativ theoretisch, noch weit weg vom Hier und Heute, nichtsdestoweniger ist es die Notwendigkeit einer nachhaltigen Politik.
Aber auch zeitlich näher liegende Ereignisse – sie sind heute schon erwähnt worden – fordern die Fortsetzung der Konsolidierungspolitik. Im Jahr 2002 kommt das Maßstäbegesetz, das den
Länderfinanzausgleich neu regeln wird. Sie alle wissen genau, welche Diskussionen – man kann es auch deutlicher formulieren: welche Drohungen – aus den Ländern im Süden Deutschlands auf Berlin zukommen. Es wird bis in jedes Detail durchleuchtet werden, welche Ausstattungsvorsprünge Berlin sich leistet – so hat man es bereits formuliert – und in welchem Maße andere Bundesländer zur Mitfinanzierung von sog. Berliner Sondertatbeständen herangezogen werden.
Aber nicht nur dies, sondern ein weiterer Anlass für eine strenge Konsolidierungspolitik sind die von allen Seiten befürworteten Planungen zu einem zweiten Anlauf für ein gemeinsames Bundesland Berlin-Brandenburg. Die Vorbereitungen der Fusion müssen ja auch unmittelbar einsetzen, um innerhalb des nächsten Jahrzehnts zu einem Vollzug zu kommen. So wird auch Brandenburg nicht bereit sein, Konsolidierungslasten von Berlin zu übernehmen, und vor allem seine Einwohner, die über diese Fusion mit entscheiden, werden es nicht sein.
Ich will an dieser Stelle noch einmal unterstreichen: Für die Sozialdemokratische Partei war in den Koalitionsverhandlungen nach der Wahl im Oktober vergangenen Jahres die Fortsetzung des Konsolidierungsprozesses für den Berliner Haushalt ein Essential sine qua non. An dieser Position halten wir fest.
Wir werden nicht von einer stringenten Konsolidierungsposition abweichen. Das Zahlenwerk, das den Rahmen für die Konsolidierung des Berliner Haushalts bis zum Jahr 2009 bildet, ist als Anlage elementarer Bestandteil der Koalitionsvereinbarung und wird leitend für die kommenden Jahre sein. Dem fühlen wir uns verpflichtet.
Der vom Senat vorgelegte Haushaltsplanentwurf für das Haushaltsjahr 2000 folgt diesen Vorgaben mit einem Gesamtvolumen von 41,2 Milliarden DM. Er liegt damit um 0,9 % unter dem Rahmen des Vorjahres und führt insofern den Konsolidierungsprozess quantitativ nachvollziehbar fort. Ihre Hinweise, dass die Konsolidierung hinausgeschoben worden sei, die Netto-Neuverschuldung nicht mehr in dem Maße wie in den Vorjahren abgebaut werde und die Teilsumme Personal ansteige, beschreiben die Situation, ohne sie allerdings inhaltlich in einen Zusammenhang zu stellen.
Wie ich eingangs schon erwähnt habe, interessiert uns aber nicht nur, dass das Zahlenwerk dieses Haushaltsplanes abstrakt ausgeglichen wird, sondern für uns ist wesentlich, dass das, was hinter den Zahlen steht, auch realisiert werden kann. Deshalb haben wir so vehement darauf bestanden, dass in einer ersten Nachschiebeliste die pauschalen Minderausgaben und die Effizienzrendite weitgehend
titelscharf aufgelöst werden. Es ist ja auch gelungen, die pauschalen Minderausgaben total und die Effizienzrendite zu mehr als 50 % aufzulösen. Denn nur auf dieser Grundlage kann auch in den Haushaltsberatungen seriös abgeschätzt werden, ob die Einnahmen und Ausgaben, die der Haushaltsplanentwurf enthält, wirklich umgesetzt werden können. Das wird eine der Kernaufgaben der nächsten Wochen sein.
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Wir werden die Risiken, die in dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf enthalten sind, benennen und Wert darauf legen, dass diese Risiken durch entsprechende Vorsorge auch abgefedert werden. Ich möchte hier beispielhaft zwei Punkte ansprechen, die uns mit Sorge erfüllen. Es gibt da aber durchaus noch mehr.
Der Titel, der die Kostenerstattung für die Kitas in freier Trägerschaft enthält, ist absehbar noch nicht hinreichend ausgestattet. Es wird notwendig sein, hier Vorsorge zu treffen, da 40 Millionen DM im Rahmen der Haushaltsbewirtschaftung nicht ohne Probleme zu erbringen sein werden.
Ein weiteres Beispiel dieser Größenordnung, die Auflösung der pauschalen Minderausgaben im Einzelplan 13, Wirtschaft und Betriebe, durch eine Minderung des Titels für die Erstattung der Straßenreinigung an die BSR um immerhin 48 Millionen DM überzeugt uns auf den ersten Blick noch nicht ganz.
Ich komme damit zum zweiten Kriterium für die Haushaltsplanaufstellung, das für uns leitend ist. Wir haben unstrittig wieder einen Sparhaushalt, aber wir haben trotzdem den Anspruch zu gestalten und nicht nur zu sparen. Wir sind angetreten, politische Schwerpunkte in unserer Arbeit umzusetzen. Sie sind in der Koalitionsvereinbarung festgelegt und auch in der Regierungserklärung vor diesem Hause in der letzten Plenarsitzung vorgetragen worden: die Schaffung von Arbeitsplätzen, soziale Stadtentwicklung, Jugend und Schule, Bildung, Wissenschaft, Kultur. Diese politischen Schwerpunkte sind leitend für unsere Beurteilung des Haushaltsplanentwurfs und auch dafür, an welchen Stellen wir abweichende Vorstellungen in die Beratungen einbringen werden.
Über das hinaus, was Herr Wowereit bereits gestern im Hauptausschuss gesagt hat, möchte ich hier einige Punkte nennen. Frau Senatorin Thoben wird es mir nachsehen, dass ich gerade mit ihrem Haushalt beginne, es ist unstrittig einer der schwierigsten Bereiche. Und durch die 1. Lesung im Unterausschuss Theater sind hier die Probleme besonders deutlich geworden.
Zahlreiche kulturelle Einrichtungen im Land Berlin, die wesentlich auf Grund eines Zuschusses aus dem Landeshaushalt arbeiten, haben Wirtschaftspläne geliefert, die schon von vornherein ein Defizit ausweisen. Hier ist ein dringender Handlungsbedarf gegeben, denn die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die schon in der Planung prognostizierten Defizite meist noch deutlich übererfüllt worden sind und im Endeffekt dann doch aus dem Berliner Haushalt ausgeglichen werden müssen. Wir wollen eine reiche und breite Kulturlandschaft in Berlin. Und um diese zu sichern, bedarf es schon jetzt weitgehender struktureller Maßnahmen, die auch in diesem Haushalt ihren Niederschlag finden müssen.
An dieser Stelle bietet es sich an, noch eine kurze Anmerkung zu kulturellen Großprojekten in Berlin und deren Finanzierung zu machen. – Das Projekt „Topographie des Terrors“ droht, sich zu einem Musterbeispiel für eine Fehlplanung zu entwickeln.
Eine Steigerung der Baukosten von ursprünglich 45 auf jetzt 75 und möglicherweise noch mehr Millionen DM kann so nicht hingenommen werden.
Bei allem Verständnis für künstlerische und architektonische Freiheit und für den Wunsch, diese zu verwirklichen, müssen sowohl die Interessen des späteren Nutzers berücksichtigt wie auch die finanziellen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Die Aufgabe, hier eine Lösung herbeizuführen, wird vom neuen Senator für Stadtentwicklung und Bauen offenbar sehr aktiv angegangen.
Wir begrüßen dies ausdrücklich und erwarten, dass damit eine Lösung gefunden wird, bei der die Vorgaben des Haushalts – ich sehe, dass er gut zuhört – nicht in unzumutbarer Weise überschritten werden.
Doch nun zu einem anderen Punkt: Auch positive Dinge sind in diesem Haushalt zu benennen. Die Koalition hat sich darauf verständigt, dass die Ressorts Jugend und Schule ein besonderes Augenmerk finden sollen. Erstes Resultat dieser Schwerpunktsetzung ist das Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm von immerhin 100 Millionen DM pro Jahr, getragen zu zwei Dritteln aus dem Landeshaushalt und zu einem Drittel von den Bezirken. Das ist in der Summe fast eine halbe Milliarde DM innerhalb dieser Legislaturperiode, das ist mehr als nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt zurückkommen, der schon mehrfach aufgegriffen worden ist und den wir bisher im Haushalt nicht befriedigend unterlegt finden. Eine der Leistungen der vergangenen Legislaturperiode war das Verwaltungsreformgesetz einschließlich der Bezirksfusion. Kernziel der Verwaltungsreform ist es, eine größere Bürgernähe zu erreichen. Mit der Fusion der Bezirke, die ja jetzt vollzogen wird, zu größeren vergleichbaren Einheiten und damit einer gewissen Zentralisierung der Bezirksverwaltungen war insofern die Einrichtung von Bürgerämtern in den einzelnen Stadtteilen zwingend verbunden – und ist auch so im Gesetz verankert. Damit soll sichergestellt werden, dass die Bürgerinnen und Bürger die Verwaltungen leichter erreichen und dort vor Ort auch alle für sie relevanten Dienste – Führerschein, Antrag auf einen Ausweis, Antrag auf Wohnungsgeld oder Sozialhilfe – angeboten bekommen. Dazu bedarf es – und darüber sind wir uns inzwischen alle einig – einer Anschubfinanzierung für die Bezirke in einer Größenord
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nung von insgesamt ca. 24 Millionen DM, die im Einzelplan 05 – Inneres – zu etatisieren sind –, allerdings wohl über mehrere Jahre verteilt, da die Bezirke in ihren Planungen noch unterschiedlich weit sind. Mittel dafür sind bisher noch nicht im Haushalt eingestellt – ein Versäumnis, das während der Beratung auszuräumen ist, um wirklich dafür zu sorgen, dass eine schnelle Einrichtung von Bürgerämtern ermöglicht wird.
So weit einige Beispiele zum Haushaltsplanentwurf, die noch einiger Nacharbeit bedürfen. Festzuhalten bleibt allerdings aus der Sicht der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei hier im Hause, dass bei aller Kritik im Detail der Haushaltsplanentwurf, wie er vom Senat vorgelegt wurde, in seinen großen Zügen unseren Erwartungen entspricht. Was im Einzelnen noch der Nachbesserung harrt, werden wir in den vorliegenden Beratungen aufgreifen und sicherstellen, dass das Zahlenwerk, das von diesem Haus im April verabschiedet wird, eine wirklich realisierbare Grundlage für die Arbeit im Jahr 2000 ist.
Herr Müller-Schoenau hat gestern im Hauptausschuss die Hoffnung geäußert, dass seine Änderungsanträge Unterstützung finden würden, „egal von welcher Fraktion“. Zwar bin ich neu in diesem Parlament und natürlich auch im Hauptausschuss, doch habe ich in der kurzen Zeit bisher schon den Eindruck gewonnen, dass gerade in diesem Gremium sehr sachlich gearbeitet wird und jeder ernsthafte Antrag seriös und vorurteilslos von allen Seiten geprüft wird.
Insofern werden Anträge, egal von welcher Fraktion, die eine realisierbare, strukturelle Einsparung erbringen, sicherlich auch die allseitige Zustimmung finden.
Die Anträge allerdings, die Sie in der gestrigen Beratung vorgetragen haben – Sie mögen mir diese flapsige Bemerkung verzeihen –, waren noch nicht ganz von dieser Qualität oder – wie es ein Kollege formulierte – hätten besser in eine BVV gepasst.
Trotzdem möchte ich Sie einladen, mit uns konstruktiv diese Haushaltsberatungen mit dem Ziel anzugehen, für das Land Berlin einen Haushalt zu beschließen, der eine ausreichende Grundlage für die erfolgreiche Arbeit dieses Senats für das Jahr 2000 bildet. – Vor uns liegt noch ein gutes Stück Arbeit. Wir alle sind aufgefordert, daran konstruktiv mitzuwirken. Ich wünsche uns eine gedeihliche Beratung.