Anneliese Neef

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage hat, wie wir gehört haben, dem Senator noch einmal Gelegenheit gegeben, – zwar ohne große Neuigkeiten – positiv zu Fragen der Innenstadtentwicklung, wie wir sie seit Jahren – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Planwerks Innenstadt – immer wieder vorangebracht haben, Stellung zu nehmen. Insofern sind die Einzelfragen Wiederaufnahmen von Besprechungen, die im Ausschuss für Stadtentwicklung geführt und aus vielerlei Gründen nicht zufrieden stellend abgeschlossen werden konnten.
Mit dieser Großen Anfrage ist ein Spektrum zukünftiger Aufgaben angesprochen. Der Einstieg der Fragesteller war zunächst prinzipieller Natur und die Antwort darauf evident. Selbstverständlich ist das Maß von Stadtpolitik in jedem Fall der Mensch – auch wenn es in Reden bezüglich des Innenstadtbereichs manchmal scheint, als ginge es nur abstrakt um unser von der Geschichte deformiertes Erbe, um steinerne Symbole von Macht und Ideologien. Der Senator umschreibt diesen, den Menschen zugewandten Aspekt gerne mit der Formulierung „urbane Identität“, die sich in Bezug Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Stadt herstellen soll. Einer Stadt, die bewundernswert und bewohnbar zugleich sein muss, in der Menschen sich wohl und geborgen fühlen und auf die sie mit Stolz und Verantwortung blicken, und zwar Bewohner und Besucher und – seit Berlin wieder Hauptstadt ist – in gewisser Weise alle Bürger unseres Landes.
Es hat mich etwas verwundert, dass weder in den Fragen noch in der Erwiderung das Hauptstadt-Sein als stadtpolitisches Maß, als Anforderung mitgedacht wurde – schließlich bekommt dadurch alles, was hier gestaltet wird, eine zusätzlich ernst zu nehmende Dimension. Wir müssen uns nämlich mit anderen Metropolen vergleichen lassen. Wir müssen auch avantgardistische Ansprüche realisieren, vor denen sich das hier mitunter entfaltete kleinkarierte und irrationale Denken verbietet. Ich wünsche mir hier mehr Ehrgeiz und hauptstädtisches Selbstbewusstsein auch dieses Parlaments.
Was die angestrebten Ziele der Innenstadtgestaltung und des Innenstadterlebens angeht – Leere und Trennungen überwinden, Fußläufigkeit und Aufenthaltsqualitäten herstellen, die Schönheit und Besonderheit von Bauten und Plätzen bewahren bzw. wiedergewinnen –, ist für mich nach wie vor – das habe ich hier schon wiederholt betont – das Planwerk Innenstadt ein überzeugendes Konzept, an dem festgehalten werden sollte, wenn auch nicht dogmatisch, sondern erkenntnisoffen und lernfähig.
Nun noch einige wenige Anmerkungen zu den Detailfragen. Wir müssen nicht alles wiederholen. Die Palast/Schloss-Problematik ist ein Dauerbrenner in diesem Hause. Die nationale Bedeutung ist hier betont worden, die Expertenkommission arbeitet. Der materielle Ausgangspunkt dieser Diskussion ist nach wie vor derselbe: traurige Reste des Palastes, gar keine Reste des Schlosses. Richtig ist, dieses im Zusammenhang mit dem ganzen historischen Zentrum zu sehen. Das bedeutet für uns nicht automatisch: Schlossgestalt. Für die SPD ist dies immer in erster Linie nicht eine Gestaltfrage, sondern eine Sinnfrage gewesen. Das bedeutet öffentliche Funktionen, keine elitären Ansprüchen entsprechende Kommerzialisierung. Ich erinnere daran, dass wir etwa vor einem Jahr eine Umfrage in diesem Parlament hatten, Schloss oder Palast, was die Gestalt betrifft. Dieses ist nicht für Schloss oder Palast ausgegangen, sondern für etwas, was auch ich für sinnvoll halte, ein modernes Gebäude, das selbstverständlich in einem guten Entwurf der Widerspiegelung der brüchigen Geschichte des Ortes gerecht werden kann. Das ist zu leisten.
Zum Punkt Neue Wache, preußische Generäle: Hier möchte ich sagen, dass der Ausschusswille eindeutig ein anderer war als das, was der Senat mit den Kollwitzerben verhandelt hat. Wir wollten eigentlich Blücher, Yorck und Gneisenau an den alten Standort gestellt haben; das ist die der Neuen Wache gegenüberliegende Straßenseite. Mir ist nach wie vor nicht plausibel, warum dies in Bezug auf alle fünf Figuren entschieden werden soll. Ich sehe beim besten Willen kein Spalier von Generälen, wenn ich vor der Neuen Wache stehe und dies auf der anderen Straßenseite ist. Soviel dazu nur angemerkt; ich denke, das wird auch noch zur Zufriedenheit gelöst werden.
Zu den Mauerresten: In diesem Hause ist schon häufiger festgestellter Konsens, so viel wie möglich davon – viel ist ja nicht mehr da – zu erhalten. Klar ist aber in jedem Fall, es sind alles nur Symbole des Originals, Versatzstücke. Aber es sind wichtige dreidimensionale Anstöße, die historische Wahrheit über dieses schreckliche Bauwerk zu entfalten. Ich meine, dass die bloße Anwesenheit von Relikten nicht reicht, dass wir sie nicht als Alibi für die Erinnerung an die Mauer nehmen dürfen.
Ich sage das deshalb, weil in diesem Hause schon des öfteren klar geworden ist, dass selbst Leute, die sich damit intensiver beschäftigen, ganz unterschiedliche Sichten einnehmen können. Beispielsweise gibt es die einen, die den Mauerverlauf als willkommene Vorlage für eine Radwegplanung erkennen können – wogegen ich nichts habe –, aber es gibt die anderen, die nach wie vor dabei den ehemaligen Todesstreifen im Kopf haben.
Ganz deutlich wird diese differenzierte Erinnerungsweise am Tränenpalast. Mir ist nicht ganz plausibel, warum hier so massiv auf die Gesamterhaltung dieses Ensembles gepocht wird. Ich muss sagen, „Tränenpalast“ ist überhaupt ein Begriff, den ich erst nach der Wende kennen gelernt habe; und im Zusammenhang mit Kulturstandort – da sträubt sich mir ein bisschen etwas. Aber das ist nicht wesentlich. Das eigentliche Trauma dieser Grenze an der Friedrichstraße war nicht der Tränenpalast,
sondern es war die eiserne Wand zwischen den Gleisen 5 und 4, die uns den Blick abschnürte. Das haben wir jeden Tag – früh morgens zur Arbeit gehend und abends in den Zug wieder einsteigend – gesehen. Gott sei Dank ist diese Wand weg, sie soll auch nicht wiederergestellt werden, aber d a s ist der Eindruck der Grenze an diesem Punkt.
Beim Umgang mit den freien Flächen in der Stadt, was auch in der Großen Anfrage angesprochen wurde, ist prinzipiell auch hier schon des öfteren gesagt worden, dass selbstverständlich für Bebauungsvorhaben Abrissflächen und Industriebrachen Vorrang haben, Grünflächen zuallerletzt, am besten gar nicht. Die Qualifizierung des innerstädtischen Grüns ist etwas, was bereits beschlossen wurde bzw. auch in einem größeren Konzept nochmals festgelegt wird. Insofern denke ich, dass auch ein Verweis etwa auf den Liegenschaftsfonds in diesem Zusammenhang unangebracht ist. Das ist behutsam zu behandeln.
Meine Redezeit ist zu Ende. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und höre jetzt auf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Ich habe mich beim Misstrauensvotum gegen den Regierenden Bürgermeister meiner Stimme enthalten.
Es ist nicht Liebe zur CDU oder zur großen Koalition, sondern Sorge um die SPD, die mich dazu bewegte. Ich möchte auch dokumentieren, dass die Bereitschaft für ein politisches Zusammengehen mit der PDS in der SPD – besonders im Ostteil der Stadt – nicht so hundertprozentig ist, wie es scheint. Ich stehe persönlich nicht dafür zur Verfügung, den Weg zu ebnen, dass die Verantwortlichen des Mauerbaus und die Auftraggeber der Stasi beziehungsweise ihre Erben wieder Macht und Einfluss bekommen.
(A) (C)
(B) (D)
Die PDS ist erst ungenügend in dieser Gesellschaft angekommen, und sie hat die Vergangenheit ungenügend bewältigt. Das Einlenken in letzter Minute erscheint sehr vordergründig. Ich muss an das Märchen von den sieben Geißlein denken: Der Wolf hat Kreide gefressen, klopft an die Tür und sagt: Ihr Kinder, lasst mich herein! Eure liebe Mutter ist wieder da. – Wie diese Geschichte ausging, wissen wir. – Danke!
Ich frage den Senat:
1. Wie beurteilt der Senat die im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zitierten Äußerungen von Wissenschaftlern, das Brandenburger Tor würde sich womöglich nach der Restaurierung in einem „kritischeren“ Zustand befinden als zuvor, und sind diese potentiellen Befürchtungen gegebenenfalls auf die bei der Restaurierung angewendete Lasertechnik oder die politisch motivierte Verkürzung der Sanierungszeit zurückzuführen?
2. Hält der Senat eine Verlängerung der Zeitspanne für die Sanierung am Brandenburger Tor für möglich, um eine gründliche Restaurierung sicherzustellen und eine dreidimensionale Computeranimation als Grundlage für ein dauerhaftes Pflegekonzept zu ermöglichen?
Übernimmt der Senat die Verantwortung dafür – wenn es bei einer Zeitreduzierung auf 14 Monate bleiben wird –, dass die sich dort befindenden kulturhistorisch wertvollen Reliefs ohne Sicherheitskopien für die Nachwelt wahrscheinlich nicht bleibend erhalten werden können? Die Unwiederbringlichkeit der Kunstwerke ist in verschiedenen Diskussionen bereits betont worden. Halten Sie es für vertretbar, dass nicht alles, was zu ihrer Bewahrung möglich ist, in einer gründlichen Restaurierung jetzt gemacht wird?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Abermals haben wir Nachhilfeunterricht von der PDS im Umgang mit der Vergangenheit erhalten.
Diese Vorbemerkung sei mir gestattet. Es erinnert mich in Diktion und Inhalt an ein verflossenes Zeitalter. Ich möchte gerne, dass wir auf eine sachliche Ebene zurückkehren.
Es ist schwer, zum Schluss zu diesem im Grunde klarliegenden Punkt zu reden, weil alles, was an Emotionen und an Fakten existiert, hier bereits gesagt worden ist. Die Entscheidung über die Baugenehmigung liegt beim Bezirk. Der Bezirk wird diese erteilen, wenn sich die Anliegerin des Platzes, die Humboldt-Universität, und die Baufirma über den Konflikt eventueller Bauschäden geeinigt haben. Die Abstimmung mit dem Künstler ist übrigens längst erfolgt, hat bereits stattgefunden. Sein Berliner Mittelsmann hat entsprechende Unterlagen. Das Kunstwerk selbst gehört der Stadt bzw. dem Tiefbauamt des Bezirks. Hinsichtlich der Erhaltung der Aura des Bebelplatzes gibt es vertragliche Sicherungen bis hin zu den historischen Pflastersteinen. Das ist auch wichtig. Die öffentliche Wahrnehmung des Kunstwerkes, das Gedenken an die Bücherverbrennung, soll nicht beeinträchtigt werden, ebensowenig der besondere Charakter des Platzes, der gerade nach der Wende einen bestimmten Stellenwert bekommen hat. Ich kann mich erinnern, dass früher dort massenhaft Autos parkten und dass die Universität durch Baulärm etwa bei der Errichtung des Palastes der Republik über Jahre beeinträchtigt war. Das sind Randerscheinungen, die in einer wachsenden Stadt immer wieder auftreten werden. Aber der Charakter dieses Platzes wird oder soll erhalten werden, muss erhalten werden. Er ist nicht nur der Ort dieses wertvollen Denkmals, er ist auch in der letzten Zeit Ort gewesen von Protesten, von Veranstaltungen ähnlich historisch bedeutender Art. Die Gefahr der Entwertung eines lebendigen Andenkens in dem so eindrucksvollen Kunstwerk inmitten städtischen Lebens kann ich nicht nachvollziehen, denn das ist es ja gerade, dass es in den städtischen Alltag eingebaut, integriert ist. Kunst findet doch nicht im alltagsleeren Raum statt. Wenn die Umgebung dieses Ortes, das Straßenbild von parkenden Autos freigemacht wird, entspricht das genau diesem historischen Flair des Raumes, des Platzes und des Umfeldes, was mit dem Forum Fridericianum gegeben ist. Insgesamt sind Tiefgaragen die eleganteste Art, die Innenstadt zu höherem Schauwert zu bringen. Wir sehen jedenfalls keinen Anlass, dass der Senat im Sinne des Antrags auf das Bezirksamt einwirkt. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nicht wiederholen, was eigentlich von allen bekräftigt worden ist: dass wir im 40. Jahr des Mauerbaus in diesem Parlament darauf bestehen und auch weiter darauf bestehen werden, alles, was von diesem Bauwerk, der Mauer, noch erhalten ist, zu erhalten. In diesem Sinn ist auch unser Ergänzungsantrag zu dem der Grünen zu verstehen. Wenn wir ein Konzept vom Senat fordern, dann beinhaltet es einmal, dass über alles noch Vorhandene Aufschluss gegeben, es erfasst, es für uns auch noch einmal nachvollziehbar gemacht wird. Zum zweiten – das bedeutet „Konzept“ –, dass bindend festgelegt wird, wie die Mauerreste im oben genannten Sinn des Erhalts behandelt werden. Darunter verstehen wir selbstverständlich alle noch vorhandenen materiellen Rückstände der Mauer.
Im zusammenwachsenden Berlin und in der anhaltenden Erleichterung darüber, dass die Grenze fiel, war und ist das Anliegen mitunter ambivalent bis widersprüchlich, möglichst viel davon zu erhalten. Der kompakte und aggressive Charakter dieses Bauwerks ist ohnehin nicht mehr nachzuempfinden. Vieles ist Bautätigkeit und der Wiederherstellung der Verkehrswege gewichen. Das ist eine positive Entwicklung für ganz Berlin, und insofern ist es eine schwierige Aufgabe, sich mit dem Erhalt und dem Verlauf der Mauer auseinander zu setzen.
Der Tenor Ihres Antrags ging sehr in die Tourismus-Richtung, also im Sinne einer Touristenattraktion. Gut, sicher fragen Touristen, wo eigentlich die Mauer gestanden hat. Das hört sich etwas
oberflächlich an. An dieser Stelle sei mir eine persönliche Bemerkung gestattet: Diese Tendenz bringt das Andenken und die Empfindungen, die andere Menschen gegenüber diesem Bauwerk haben, ein wenig in die Schieflage. Ich halte es für eine Bagatellisierung, das Ganze als eine „Attraktion“ zu bezeichnen. Ich denke, dass wir Wert darauf legen müssen, dass es nicht nur um etwas geht, das Touristen wahrnehmen können, sondern vor allem auch um die Bewahrung unserer eigenen Erinnerungen daran. Es ist eine Frage des Geschichtsbewusstseins und nicht eine Frage der Radwege, sage ich einmal verkürzt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Alle Argumente, die für die Bewahrung dieses Parks hier vorgetragen wurden, müssen nicht wiederholt werden; wir haben sie im Ausschuss gegenseitig ausgetauscht. Ich glaube, alle waren auch erleichtert, dass in Bezug auf diese Fläche Einigkeit zwischen den Vorstellungen des Bezirks und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung herrschte, die dort dezidiert zugesagt hat, aus der Fläche des Parks keine Bauflächen freizugeben. Ich sehe bisher keinen Anlass, Misstrauen gegen diese Äußerung zu hegen. Ich will aber hier ganz klar sagen: Sollte in irgendeiner Weise ein Gesinnungswandel sichtbar werden, wird meine Fraktion und werde ich im Besonderen einer Bebauung des Monbijouparks in keiner Form zustimmen. Auch weil dies eine Fläche ist, die nicht erst heute Begehrlichkeiten erweckt hat, sondern schon zu DDR-Zeiten von meinen früheren Kolleginnen und Kollegen unter großem Einsatz verteidigt wurde, als nämlich 1973 die SED-Führung beschloss, zu den Weltfestspielen diesen Park zu vereinnahmen. Wir sind also sensibel und lassen kein Abrücken von dieser im Ausschuss festgelegten Position zu. – Danke!
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Antragstellerinnen und Antragsteller! Kein Abgeordneter in diesem Hause – daran gibt es keinen Zweifel – ist für die Präsenz von Ehrungen des Militarismus, des Nationalsozialismus oder Antisemitismus in dieser Stadt.
Anstöße für Ablehnung von Extremismus und Rassenhass seitens der PDS braucht hier niemand.
Ebenso wenig brauchen unsere demokratisch gewählten Kollegen in den Bezirksverordnetenversammlungen Nachhilfe. Die Zeit der kollektiven Resolutionen und der entsprechenden Impulse von oben ist vorbei. Ist Ihnen nicht bewusst, dass moralische Zeigefinger gerade von Ihnen der Sache eher nicht dienen könnten, vor allem im Westteil der Stadt, wo sicherlich Änderungsbedarf in der Benennung von Straßen besteht.
(A) (C)
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Ende vorigen Jahres ist an den Rat der Bürgermeister ein Änderungsvorschlag zu § 5 des Bezirksstraßengesetzes gegangen – die Ausführungsvorschrift „Benennung“, die am 1. Januar 2001 in Kraft trat. Diese Änderungen sehen erweiterte Umbenennungsmöglichkeiten vor und verweisen ausdrücklich auf die nach heutigem Demokratie- und Geschichtsverständnis kritisch zu beurteilenden Namen im Berliner Straßenbild. Benennungen, auch Umbenennungen, sind grundsätzlich Bezirksaufgabe. Nur Übergeordnetes wird vom Senat entschieden.
Die Zuständigkeit liegt also in den BVVen. In diesen Gremien ist – ortsnah und mit der Mentalität der Bewohner vertraut – die geeignete Plattform, notwendige Änderungen voranzubringen. Hier liegt auch die Gelegenheit und die Pflicht für jede und jeden von uns, mitzuwirken. Es ist ein Feld, um Geschichtsbewusstsein für die Gegenwart praktisch werden zu lassen.
Die Straßennamenkarteien sind öffentlich zugänglich. Warum sollten nicht Schüler, Bürgervereine oder Interessenvertreter ermutigt werden, sich der Sache systematisch anzunehmen? Das kann in den BVVen durchaus auf den Weg gebracht werden.
Über offensichtlich krasse historische Fehlgriffe und ihre Relikte in Straßennamen und Ortsbezeichnungen wird sicher auch vor dem Hintergrund wachsender Sensibilität gegen Neofaschismus ein Konsens gefunden werden. Schwieriger schon dürften die Ableitungen von Leitbildern und Ideologien sein, die als geistige Wurzeln und Schlüsselereignisse der heute zutiefst abgelehnten Folgen Faschismus, Antisemitismus diese indirekt gutheißen. Vieles davon ist leider in das Selbstverständliche, in das Alltagsbewusstsein abgedrängt. In welcher Weise wäre es wieder zu problematisieren? Es ist zu bezweifeln, dass es je gelingen kann, historische Lügen, politische Irrtümer oder Personenehrungen von solchen, deren Biographien sich als brüchig erweisen, deren Handlungen uns heute nicht mehr verständlich sind, aus dem Kult- und Würdigungspotential der Straßenbenennungen zu bannen. Konsequent zu Ende gedacht, kommt man hier ins Uferlose. Wo soll man anfangen, wo aufhören? Müsste etwa das Nibelungenviertel in der Nähe des Zentralfriedhofs Friedrichsfelde umbenannt werden? Oder plant die PDS demnächst etwa die Umbenennung der Karl-Marx-Allee, weil es von Marx massive antisemitische Äußerungen gibt? Oder soll es ein Ergebnis des „Preußenjahres“ werden, alles zu tilgen, was an Preußen erinnert? Es deutet sich an, welche Ausmaße dieses hier besprochene Problem annehmen könnte.
Aber neben der symbolischen und kultischen Ebene gibt es noch das praktische Problem, das sehe ich eher als sekundär an. Ich erinnere daran, dass kurz nach der Wende ratzfatz über 80 Umbenennungen im Ostteil der Stadt vorgenommen wurden. Hier gibt es Erfahrungen der Umsetzung, die man nutzen kann oder aus denen man lernen könnte. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem uns die PDS zu später Stunde darüber aufgeklärt hat, wie wir zu unserer Geschichte zu stehen haben, wäre dem eigentlich nichts mehr viel hinzuzufügen,
denn der gemeinsame Nenner beider Anträge ist der Erhalt aller noch wahrnehmbaren Zeichen der Grenze, die diese Stadt jahrzehntelang geteilt und zerschnitten hat, als Zeichen ehemaliger Gewalt gegen jeden, der diese Mauer überwinden wollte. Der hier zur Rede stehende Wachturm ist ein solches Zeichen, ein anschauliches Zeugnis der jüngsten Geschichte, unbedingt zu bewahren für die junge Generation und die Besucher dieser Stadt. Genau dieses fordert unser Änderungsantrag.
Dieser Turm ist an seinem jetzigen Standort zu erhalten, unmittelbar im Straßenbild des Areals, in dem er sich jetzt befindet.
Damit wär Ihre wichtigste Forderung und Anliegen erfüllt. Dieser Turm, so finden wir, steht als Mahnmal gerade dort richtig, in diesem Areal, das die Großbauten des Staates und der Wirtschaft wieder bedeutend und attraktiv werden ließen. Gerade aber hier sollten die Brüche der Geschichte, die Brandmale, der sich historisch wiederholenden Gefährdung der Demokratie, die
(A) (C)
(B) (D)
Erinnerung an gewesenen Terror und die Mahnung vor möglichem zukünftigen für Zeitgenossen und Nachgeborene wahrnehmbar bleiben. Deshalb lautet der Inhalt unseres Änderungsantrags, ich wiederhole: Der Verbleib des authentischen Turmes in seinem authentischen Umfeld.
Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Engerer Gegenstand dieses Antrags - Sie haben es alle schon gemerkt - ist ein Projekt. an dem der Bezirk Hellersdorf seit sechs Jahren herumdoktert: die Belebung eines Gebietes am Rande der Stadt in der Nähe der Dorfkirche Mahlsdorf. Dort soll ein Möbelmarkt entstehen. Um ein Konzept dafür wird schon
länger gerungen. Hier wurde schon mehrfach gesagt - offensichtlich haben wir alle dieselben Zuarbeiten bekommen-: Dies geschah unter Mitwirkung und Zustimmung der BW-Vertreter jener Partei, die dies nun mit dem vorliegenden Antrag stoppen will.
Für Missfallen und Ablehnung oder Korrekturen gegenüber dem Bauvorhaben hätten zunächst in der heimischen BW Mehr
heiten gesuchten werden können und müssen. Die Ungereimtheiten und Unterlassungen, die das Projekt fragwürdig machen
also die Höhe des Gebäudes, die Beeinträchtigung des Grundwassers, ungerechtfertigter Baubeginn usw. -, sind seit länge
rem Gegenstand der Abstimmung der Verwaltungsebenen.
Auch das wurde hier ausführlich referiert. wobei ich anmerken möchte: Diese Einzelheiten, zu denen ich auch noch weiteres beitragen könnte, möchte ich dem großen Gremium hier ersparen, weil es eigentlich bezirkszentrierte BW-Angelegenheiten sind.
Nach dem Unmut, den ähnliche Diskussionen gestern in unserem Ausschuss ausgelöst haben, sollten wir uns überlegen,
wie weit wir in solchen Angelegenheiten hier ins Detail gehen.
Ich will aber dennoch dafür plädieren, dass dieser Antrag im (C) Stadtentwicklungsausschuss und auch im Wirtschaftsausschuss besprochen wird, denn die übergreifenden Hintergründe sind durchaus Dinge, die uns interessieren müssen. Das ist einmal die sparsame Dosierung großflächigen Einzelhandels im Stadtgebiet. zum zweiten die sorgfältige Abwägung von Umwidmungen im Flächennutzungsplan und drittens die wirtschaftlichen Gesichtspunkte hinsichtlich der Belebung der Konkurrenz oder besser gesagt der Umverteilung von Kaufkraft. Dies sind schon Themen, mit denen sich dieses Haus beschäftigen sollte. Deshalb werden wir sie im Ausschuss unter diesen Aspekten noch einmal aufnehmen. - Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag hat eine zweigeteilte Überschrift. Er hebt ab auf einen Schwerpunkt der Stadtentwicklung, den wir unbedingt weiterhin unterstützen, nämlich Innenverdichtung vor Außenzersiedlung. Das betrifft besonders die Innenstadt, wo vorhandene Infrastrukturen und Nachbarschaften zu nutzen sind. Dieses Prinzip, zu dem wir weiter stehen, besagt aber nicht, dass in anderen Bezirken auf größeren Flächen überhaupt nicht mehr gebaut werden sollte. Ein weiterer Grundsatz der Stadtentwicklung lautet nämlich, verschiedene Wohn- und Lebensformen zu entwickeln, und genau in diesen Kontext passt auch hinein, dass wir uns im Ausschuss nicht gegen eine Bebauung der Elisabethaue ausgesprochen haben. Wir sind der Meinung, dass für Wohnbedürfnisse vielfältiger Art, auch für die Ansprüche Besserverdienender, weiterhin Angebote vorgehalten werden sollten. Auch diese Bevölkerungsschicht ist in der Stadt zu halten. Meine Fraktion begrüßt es deshalb, dass das Vorhaben der Bauausstellung auf der hier in Frage stehenden Fläche im Nordostraum Berlins aufgelöst wurde und damit die verbundene Festlegung und Institutionalisierung und die Vernetzung bestimmter Interessenten, die sich hier entfaltet hat. Ich möchte zu den vielen Vorwürfen, die Frau Hämmerling hier gemacht hat, nichts sagen. Das wird sicher an anderer Stelle zu diskutieren sein, und es ist nicht Gegenstand des Antrags, der heute zur Debatte steht.