Das Register des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte wies darauf hin, dass bei Weitem nicht alle Produkte aufgeführt wurden oder werden, die tatsächlich fehlen. Als Ursachen wurden genannt, dass sowohl die Globalisierung des Arzneimittelmarkts mit zunehmend internationalen Konzernverflechtungen ein Grund dafür ist, andererseits aber auch wachsende Marktkonzentration, die Produktion vor allem generischer Wirkstoffe in Niedriglohnländern, die dorthin verlagert wurde, aber auch lange Lieferwege und hohes Ausfallrisiko, ein hoher Kostendruck auf Generikahersteller in Deutschland durch den Gesetzgeber und die Krankenkassen – Stichwort „Rabattverträge“. Der Zwang zur Kostenoptimierung in den Unternehmen wurde ebenfalls aufgezählt, wie preisbedingte Arzneimittelexporte aus Deutschland durch Preisgefälle innerhalb der EU, die das Problem zusätzlich verschärfen.
Die Lösungsvorschläge der Anzuhörenden waren unter anderem, dass Krankenhäuser in den Versorgungsanspruch für Medikamente nach § 52 Arzneimittelgesetz aufzunehmen seien, außerdem die Verpflichtung von Herstellern, bestimmte wichtige Wirkstoffe innerhalb Europas zu produzieren, zum Beispiel Importzölle auf bestimmte Wirkstoffe zu erheben als eine Möglichkeit der Steuerung, außerdem ein verbindliches Frühwarnsystem der pharmazeutischen Unternehmen für Krankenhäuser und den hausärztlichen Bereich. Darauf wurde aber hingewiesen, dass dies die Ursachen für Engpässe nicht zwingend aufheben würde. Versorgungsengpässen durch Eigenherstellung in Krankenhäusern zu begegnen, wurde ebenfalls intensiv diskutiert. Das stellt aber keine Alternative dar, weil fehlende technische und personelle Voraussetzungen für die Herstellung im größeren Umfang fehlen würden. Außerdem wurde betont, dass das Problem nicht
In der 35. Sitzung des Sozialausschusses am 21. September 2017 fand die finale Beratung von Nummer II des Antrags statt. Der Ausschuss beschloss mit sechs zu fünf Stimmen, die Ablehnung der Nummer II des Antrags zu empfehlen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich frage: Wünschen die Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen das Wort zur Begründung ihres Alternativantrags? Das kann ich nicht erkennen. Dann eröffne ich die Beratung. Das Wort hat Abgeordneter Kubitzki, Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat mit ihrem Antrag auf ein wichtiges Problem, das schon seit längerer Zeit existiert, hingewiesen. Der Ausschuss, wie das heute schon in der Berichterstattung genannt wurde, hat sich intensiv mit dieser Thematik beschäftigt. Die Anhörung, die der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit durchgeführt hat, hat aber auch deutlich gemacht, dass aufgrund der Bemühungen, die durch die Apotheken, Krankenhausapotheken und das medizinische Personal, insbesondere die Ärzte, unternommen werden, durch diese bestehenden Probleme keine Patienten in ihrer Behandlung in Gefahr sind. Das ist erst mal auch in dieser Anhörung deutlich geworden. Es wurde natürlich auch deutlich, dass diese Lieferengpässe zu einem Mehraufwand in Krankenhäusern und bei der Behandlung führen.
Aber die Anhörung war auch, meine Damen und Herren – und das sage ich hier bewusst als Linker –, eine Lehrstunde der Politischen Ökonomie des Kapitalismus, denn in dieser Anhörung wurde deutlich, dass die Erhaltung von Gesundheit, die Behandlung von Krankheiten zur Ware degradiert wird, dass es hier vorrangig nur um Kostensenkung geht bzw. auch vonseiten der Pharmaindustrie um eine Gewinnmaximierung. Letzten Endes wurde deutlich, dass dieses Streben nach Gewinnmaximierung auch die Hauptursache für Lieferengpässe ist. So wurde auch deutlich, dass die Lieferengpässe nicht ein Problem sind, was erst jetzt auftritt, sondern Lieferengpässe bei Medikamenten und Arzneimitteln traten schon Anfang der 2000er-Jahre auf, nämlich dort, als die Globalisierung ihren Lauf nahm.
Ich möchte an dieser Stelle sagen – auch wenn wir Linken die Rabattverträge ablehnen –: Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Rabattverträge, also können die Rabattverträge zu dieser damaligen Zeit
gar nicht die Ursache für diese Lieferengpässe gewesen sein. Aber deutlich wurde, dass zu Beginn der 2000er-Jahre im Rahmen der Globalisierung eine verstärkte und wachsende Marktkonzentration der Pharmaindustrie und zunehmende Konzernverflechtungen stattgefunden haben. Eines der entscheidenden Ursachen ist – das muss man sich mal überlegen –, dass Grundstoffe für Arzneimittel, besonders auch für Antibiotika und für Krebsmittel, überhaupt nicht mehr in Europa produziert wurden. Diese Produktionskapazitäten wurden nach Asien in Niedriglohnländer ausgegliedert. Das sind auch Länder mit fehlenden Umweltstandards. Das sorgt natürlich dafür, dass die Gewinnmarge der Pharmaindustrie wieder steigt. Das bedeutet, wenn solche Mittel von Asien eingeführt werden müssen, lange Lieferwege. Dann passiert es aufgrund der niedrigen Produktionsstandards und dergleichen mehr, dass so eine Fabrik, eine der wenigen Produktionsstätten, die es für diese Grundstoffe an Arzneimittel noch gibt, ausfällt. Dann fehlt Produktionskapazität und die Konzerne sind nicht mehr in der Lage, das auszugleichen, weil sie hier in Europa keine Kapazitäten mehr haben. Wenn die Konzerne oder die Vertreter der Pharmaindustrie davon gesprochen haben, dass der hohe Kostendruck daran schuld ist, so wurde dort auch eindeutig gesagt, dass, weil nicht genug Gewinne erzielt werden können, es dann auch passieren kann, dass aus sogenannten Rentabilitätsgründen Arzneimittelzulassungen zurückgegeben werden.
Eine weitere Ursache ist – und das hat wieder etwas mit Gewinn zu tun –, dass Arzneimittelexporte erheblichen Einfluss auf die Liefersituation hier in unserem Land haben. Die Pharmaunternehmen haben deutlich gemacht, sie liefern zuerst dorthin, wo sie die größte Marge für ihre Produkte erzielen können.
Eins war auch deutlich auf eine Nachfrage von mir – die sagen: Sie können politische Rahmenbedingungen schaffen, wie Sie wollen, dieser Prozess der Globalisierung und der Auslagerung ist abgeschlossen; Sie glauben doch nicht, dass wir Produktionskapazitäten wieder zurück nach Europa holen. Das heißt, wir haben es hier nicht nur mit einem Problem in unserem Land zu tun, sondern wir haben es hier mit einem europaweiten Problem zu tun. Da erwarte ich auch, dass dazu von der EU Schritte unternommen werden. Es wurde natürlich begründet, der Kostendruck, der auf die Pharmaindustrie ausgeübt wird, ist schuld, die Rabattverträge sind schuld. Aber, wie gesagt, ich habe auch gesagt, Lieferengpässe gab es schon, als es überhaupt noch keine Rabattverträge gab.
Wenn ich auch sage, als Linke sind wir gegen Rabattverträge, so müssen sie im ersten Schritt zumindest dahin gehend qualifiziert werden, dass für bestimmte Arzneimittel die Krankenkassen nicht nur mit einem Hersteller Verträge abschließen, son
dern mit mehreren Herstellern, wenn es bei einem Hersteller Probleme gibt, dass der andere einspringen kann, und dass vielleicht sogar Mindestmengen festgelegt werden. Aber ich bin davon überzeugt – und das ist richtig –, dass es Preisbindung auf dem Arzneimittelmarkt hier in der Bundesrepublik gibt, weil eine Freigabe der Preise – das muss ich eindeutig sagen – die Gewinne der Industrie erhöht und auf der anderen Seite die sozialen Sicherungssysteme belastet. Da sage ich, es ist eine Problematik, wenn Gesundheit zur Ware wird. Dagegen sind wir und bin ich.
Was den CDU-Antrag betrifft: Er stellt Forderungen, was in der Ausschussdiskussion und in der Beratung des Ausschusses deutlich wurde, die die Landesregierung schon aufgegriffen hat und die realisiert werden. Eins wurde auch deutlich: Wir als kleines Thüringen können dieses Problem – was ein globales und europaweites Problem ist – nicht lösen, sondern das bedarf Änderungen in der Bundespolitik und auch in der Europapolitik, also europarechtliche Veränderungen der Rahmenbedingungen.
Die CDU fordert, dass die Hersteller verpflichtet werden, Lieferengpässe zu melden. Das ist bereits erfolgt. Sie sind dazu verpflichtet worden. Es wird aufgefordert, dass eine umfassende Strategie entwickelt wird, die Lieferfähigkeit der Pharmaindustrie zu verbessern. Das bedeutet, dass die Pharmaindustrie mit gesetzlichen Mitteln – aber das geht nur auf Bundesebene – gezwungen wird, bestimmte Produkte dann nur in Deutschland herzustellen und dergleichen mehr. Ich glaube nicht, dass es dafür in der Bundesrepublik unter den gegenwärtigen politischen Verhältnissen eine Mehrheit geben wird. Es wird aufgefordert, Informationen über Lieferengpässe an die Apotheken und Krankenhäuser weiterzugeben. In der Diskussion wurde deutlich, dass auch das realisiert wird. Deshalb haben wir einen Alternativantrag erarbeitet, der Ihnen vorliegt, wo wir erst mal auch im Ergebnis der Anhörung auf die Ursachen der Lieferengpässe eingehen, wo wir die gesetzlichen Grundlagen noch mal darstellen und feststellen, die dafür zuständig sind. Das sind nun mal eindeutig Bundesgesetze, wo wir aber auch begrüßen, dass sich die Landesregierung an dem sogenannten Jour fixe – also einem dem Fachgremium zu Lieferengpässen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – beteiligt. Das begrüßen wir erst mal, da sind Vertreter des Landes dabei. Wir begrüßen, dass dieses Jour-fixeGremium auch die Versorgungslage und die Versorgungssituation mit Arzneimitteln beobachtet und bewertet und dass dadurch auch Informationen an die Krankenhäuser und an die Apotheken stattfinden.
Wir bitten die Landesregierung, dass sie sich weiter an diesen Gremienberatungen beteiligt und dass sie die relevanten Informationen und Empfehlungen
an die Akteure hier in Thüringen weitergibt. Wir bitten die Landesregierung ebenfalls, im IV. Quartal 2018 einen Bericht über die Entwicklung zum Thema der Lieferengpässe dem Thüringer Landtag vorzulegen, damit wir beraten können, wie sich diese Bundesinitiativen auswirken.
Gestatten Sie mir zum Abschluss eine Bemerkung, weil es hier um Kosten geht. Was ich nach wie vor – und ich habe das schon mehrmals hier gesagt – überhaupt nicht begreifen kann, ist, dass auch der Staat an Medikamenten verdient und damit Geld aus den sozialen Sicherungssystemen herauszieht. Auf Medikamente, meine Damen und Herren, werden 19 Prozent Mehrwertsteuer erhoben,
auf Katzenfutter 7 Prozent. Das heißt, der Staat kassiert hier Geld ab für lebensnotwendige Medikamente. Da sage ich: Wenn wir diese Mehrwertsteuer reduzieren, dann könnten wir meinetwegen auch zur Kostendeckung der Produktion sagen, die anderen 7 Prozent könnten freigegeben werden für die Preise, damit wir keine Preiserhöhungen haben. Aber Fakt ist eins: Mit Medikamenten und Arzneimitteln wird sehr viel Geld verdient und das geht zulasten der Patienten. Dieses System muss endlich durchbrochen werden. Danke.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucher auf der Tribüne, liebe Zuschauer im Internet, die hier zu behandelnde Angelegenheit geht alle von uns an, denn krank war jeder schon mal, Medikamente hat wahrscheinlich auch jeder schon mal genommen. Hoffentlich war noch nie jemand so krank, dass die in Rede stehenden Mangelmedikamente benötigt wurden. In Deutschland trifft man bei der Gesundheitsversorgung im Gesundheitssystem auf eine hochkomplexe gesundheitspolitische Landschaft. Der Antrag greift das Problem auf, das nicht erst bei der fehlenden Verfügbarkeit von Antibiotika vorhanden war und auch noch nicht erst da bemerkt wurde.
Aber vorab eine kurze Bemerkung zu den aus dem Sozialismus stammenden Vorschlägen des Herrn Kollegen Kubitzki: Als der Sozialismus auch in Thüringen noch das Sagen über das Gesundheitssystem hatte, war es auch so, dass noch lange nicht alle damals bekannten und wirksamen und nützlichen Medikamente für jedermann verfügbar waren.
Damals gab es – das haben die Apotheker oft berichtet – eine sogenannte Bonzenliste. Da standen Medikamente drauf, die nur für gesellschaftliche Hochleistungsträger und Mitglieder des Partei- und Staatsapparats bei besonderem Bedarf zur Verfügung standen. Die mussten nämlich mit Devisen bezahlt werden. Das war eine der vielen Realitäten des so hervorragenden und nicht gewinnorientierten Gesundheitssystems in der besten DDR aller Zeiten.
Die vielschichtige Verflechtung im Gesundheitswesen in Deutschland bei Krankenkassen, Arzneimittelherstellern und Gesetzgebungsinstanzen wird das Problem der Lieferengpässe nicht lösen. Das Problem tritt ja auch, wie wir hier schon gehört haben, bei Narkosemitteln, Krebsmedikamenten, Herz-Kreislauf-Mitteln auf. Die Ursachen sind vielfältig: die Verlagerung der Produktionsstätten ins Ausland, die Verringerung der Lagerkapazitäten, die exklusive Belieferung von Kassen durch Rabattverträge. Die Lieferengpässe haben aber auch ganz banale Gründe: Rohstoffmangel oder Produktionsausfälle. 80 Prozent aller unserer Antibiotika stammen aus Ländern außerhalb der EU.
Die Frage ist nun, wie man dieses Problem lösen könnte. Der Antrag stellt zwar an vielen Stellen die richtigen Fragen, aber wie wir hier gerade gehört haben, wenn es um Lösungsvorschläge von Thüringen aus, von unserem kleinen und – wie wir auch von den Linken gehört haben – in dieser Frage recht hilflosen Thüringen, nach Berlin geht, wird der Antrag abgelehnt. Offensichtlich soll das Problem, so wie vieles hier, durch Aufschieberitis und endlose Runden in Ausschusssitzungen und runden Tischen gelöst werden.
Gewinnmaximierung und Kostenreduktion sind natürlich ein Ärgernis. Aber man muss auch einfach anerkennen, dass unser deutsches Gesundheitssystem an der Stelle in einem Spannungsfeld lebt, nämlich in Teilen von Sozialismus auf der Seite der Leistungsnachfrage seitens der Patienten und Krankenkassen, denn die haben eine Chipkarte und können mit dieser Chipkarte praktisch mit den Versprechungen der Krankenkassen jede Leistung abfragen. Aufseiten der Leistungserbringer, aufseiten der Praxen, der Krankenhäuser, der Apotheken und auch der Pharmahersteller haben wir einfach Kapitalismus. Es geht darum, diesen Spagat langfristig irgendwie im Sinne der Patienten so zu lösen, dass den Patienten alles das zur Verfügung steht, was sie dringend brauchen.
Die Frage ist jetzt, ob wir dazu mehr Staat oder mehr Markt brauchen. Sicherstellungszuschläge für eine inländische Produktion wären ein möglicher Ausweg aus der Misere. Eine Verpflichtung an die
Pharmahersteller, staatlicherweise oder vonseiten der Krankenkassen den Pharmaherstellern zu sagen, ihr müsst unbedingt in der Bundesrepublik oder in der EU produzieren, ist auch ein möglicher Weg. Ich habe aber schwere Zweifel, ob sich diese Art von verordnetem Staatssozialismus am Pharmamarkt langfristig durchsetzen lässt.
Die Rabattverträge führen zu einer sinkenden Anzahl von Herstellern seitens der Pharmaindustrie, weil damit viele Produkte für die Pharmaindustrie nicht mehr lukrativ werden. Wie gesagt, die haben natürlich auf ihrer Seite der Veranstaltung Kapitalismus, denn die müssen kapitalistische Einkaufspreise zahlen, die Angestellten wollen entsprechend entlohnt werden, die Produktionsanlagen kosten Geld. Dieser ganze Antrag bleibt in der Frage der Rabattverträge bedauerlicherweise ziemlich unscharf.
Das Nächste ist die Rolle der Krankenkassen. Wir fragen uns, ob es sinnvoll ist, den Krankenkassen den Sicherstellungsauftrag für die Medikamentenversorgung zu übertragen. Dann läge es in der Hand der Selbstverwaltung, die ja in Deutschland im Gesundheitswesen eine sehr, sehr große Rolle spielt, das Problem zu lösen. Gesetzliche Regelungen wären dann obsolet und die dafür Berufenen, nämlich Krankenhäuser, Ärzte, Krankenkassen, Pharmahersteller, müssten sich dieser Angelegenheit annehmen und wir kämen vielleicht ohne Staatsintervenismus aus.
Es ist der gesetzliche Auftrag der Selbstverwaltung und der Krankenkassen, die Gesundheitsversorgung ihrer Versicherten auf jeden Fall abzusichern. Sie haben die Aufgabe zu erfüllen und sie haben die Fachkenntnis dazu. Die Krankenkassen und die Beteiligten an der Arzneimittelversorgung müssen die entsprechenden Instrumente und Wege finden. Wenn dafür Verantwortlichkeiten neu benannt werden müssen, dann muss das gesetzlich geschehen. Aber alle Erfahrung zeigt, dass die staatliche Intervention in das Gesundheitssystem regelmäßig scheitert oder langfristig dazu führt, dass Kosten steigen. Wir plädieren dafür, stattdessen nur klare Vorgaben zu machen. Wir fordern einen Sicherstellungsauftrag für die Arzneimittelversorgung. Dafür muss künftig stärker als bisher die Verfügbarkeit gesichert werden, die Produktion sollte nach Möglichkeit im Inland oder in der EU erfolgen und Lieferengpässe sollten auch geahndet werden können.
Mit Absichtserklärungen wie diesem Antrag hier wird es nicht getan sein. Wir brauchen ein ganz klares Bekenntnis zur Garantie der medikamentösen Versorgung der Versicherten. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuhörer auf den Rängen, das ist eigentlich heute ein Lehrstück parlamentarischer Demokratie. Die Opposition hat ein Problem erkannt, hat dieses Problem thematisiert, hat dazu einen Antrag geschrieben. Das Parlament hat sich damit in den Ausschusssitzungen und in einer Anhörung befasst und die Regierungskoalition versucht, eine Lösung zu finden und diese Lösung hier vorzulegen. So sollte es eigentlich funktionieren. Ich glaube auch, dass dieser Umgang mit der Thematik der Ernsthaftigkeit durchaus angemessen ist. Deswegen an dieser Stelle ausdrücklich mein Dank an die CDUFraktion, dass sie dieses wichtige Problem thematisiert.
Aber ich glaube, an dieser Stelle sollte man schon noch einmal nachschauen, was uns die Anhörung alles gezeigt hat. Das ist durchaus ein bisschen differenzierter zu sehen, denn wenn man sich die unterschiedlichen Äußerungen anschaut, gibt es doch Fragen, die sich aufwerfen. Ich möchte da von einem der Befragten die Stellungnahme mal etwas genauer unter die Lupe nehmen. Ein Pharmagroßhändler, also jemand, der im großen Stil Medikamente an Krankenhäuser, Apotheken usw. vertreibt, hat uns dankenswerterweise die Top 20 der mit einem Engpass versehenen Medikamente zur Verfügung gestellt, also eine Liste mit 20 Medikamenten. Schaut man sich diese Liste genauer an, wird man sehen, dass da eigentlich nur zwölf Medikamente draufstehen. Denn ein Medikament ist in zwei unterschiedlichen Darreichungsformen aufgeführt, ein anderes – der Wirkstoff Metamizol – ist gleich in acht Darreichungsformen aufgeführt, das heißt, von acht unterschiedlichen Anbietern ist jeweils die 500-mg-Tablette zu irgendeinem Zeitpunkt nicht lieferbar gewesen. Das bedeutet also, wenn von 20 nicht lieferbaren Medikamenten acht auf einen einzelnen Wirkstoff entfallen, kann man davon ausgehen, dass das etwas Exemplarisches ist. Es ist also etwas, da gibt es irgendeinen Grund, warum gerade dieser Wirkstoff so schlecht verfügbar ist, und dann möchte man die Anführungen, die da gemacht worden sind, einfach mal so Stück für Stück abgleichen mit diesen Nichtverfügbarkeiten.
Dann könnte man ja glauben, dass dieser Wirkstoff Metamizol relativ neu ist, dass der noch geschützt ist, dass dafür nicht genügend Produktionskapazitäten existieren. Wenn man das überprüft, findet man, er ist 95 Jahre alt, hat die Firma Hoechst 1922 in Deutschland auf den Markt gebracht. Es kann also nicht daran liegen, dass wir hier ein Problem mit Produktionsabläufen, mit der Unerfahren
heit, mit den Produktionen usw. haben. Also dieses Medikament ist ein sehr lange verfügbares Medikament.
Die zweite Möglichkeit wäre, dass man das vielleicht kaum benutzt, dass es sich also nicht lohnt, große Produktionskapazitäten aufzubauen, große Vorräte anzulegen, dass es sich also einfach nicht lohnt, hier für alle Eventualitäten immer gerüstet zu sein. Da muss man mal kurz in die Verwendung dieses Wirkstoffs schauen und da findet man, dass allein in Deutschland jedes Jahr 90 Millionen Einzeltagesdosen für dieses Medikament verordnet werden. 90 Millionen mal 3 Gramm – also das ist durchaus eine ordentliche Zahl. Das kann man auch anteilig anführen. Allein die Tablette Novaminsulfon von Ratiopharm, das ist also eine dieser vielen Tabletten, hat im System der gesetzlichen Krankenversicherung den Rang 3 der Verordnung. Das ist das am dritthäufigsten verordnete Medikament. Dazu kommen noch die anderen auf diesem Wirkstoff basierenden Tabletten. Die Kollegin, die vor mir geredet hat, hat gesagt, es lohnt sich vielleicht für viele Anbieter nicht, das herzustellen. Dieses Medikament gibt es von zwölf Anbietern. Ich denke, das ist ausreichend. Allein ein Anbieter nimmt Platz drei der Verordnungen ein. Das ist schon mal ganz ordentlich, finde ich. Das ist auch nicht erst seit heute so, das ist schon seit zehn Jahren so. Dieses Medikament ist ein sehr häufig verordnetes Medikament.
Eine andere Meinung, warum es hier zu Engpässen und Knappheiten kommen kann, war die, dass es in anderen Regionen teurer ist, dass dieses Medikament lieber woandershin exportiert wird und nicht in Deutschland verkauft wird. Auch dieses Argument zieht nicht, weil das Medikament in den allermeisten unserer Nachbarländer gar nicht zugelassen ist. Es gibt für Methimazol keine Zulassung in Schweden, Dänemark, Norwegen. In Frankreich, in Großbritannien, Irland, den USA und in Indien ist es sogar verboten, das ist ja der zweitgrößte Markt. Das heißt, auch hier kann es nicht sein, dass die Unternehmer sagen, wir produzieren das Medikament zwar, aber wir verkaufen es lieber woandershin, denn wir sind der größte Markt für dieses Medikament. Wir sind diejenigen, die am meisten abnehmen, die es am meisten verordnen, wo unsere Patienten es am meisten schlucken. Das bedeutet allerdings, dass ich mir schon die Frage stelle: Wieso gibt es da Engpässe? Wieso schaffen wir als hochtechnologisierte Gesellschaft es nicht, wenn wir jedes neue Smartphone aus China zum Erscheinungstag für alle zur Verfügung stellen können, ein Medikament, das sehr alt ist, das in der überwiegenden Zahl bei uns verkauft wird, das es bei vielen Anbietern gibt, tatsächlich jederzeit vorzuhalten?
Ich möchte die Antwort nachliefern. Ich habe gesagt, es ist Rang 3 der verordneten Medikamente. Es nimmt aber vom Umsatz her nur 0,13 Prozent ein. Eines der häufigsten verordneten Medikamente nimmt im Rahmen des Umsatzes für die Pharmafirmen nur 0,13 Prozent ein. Es ist einfach zu billig. Das heißt, ich habe 85 Millionen Einzeldosen, die aber nur 215 Millionen Euro kosten. Das heißt, ich zahle für eine Tagesdosis 2,50 Euro oder auf die Tablette runtergerechnet ungefähr 40 Cent. Dieser Zustand ist der Grund, warum wir hier eine Knappheit erleben. Es ist eine künstliche Verknappung eines Medikaments, um die Preise zu manipulieren.