Protocol of the Session on November 2, 2017

(Beifall CDU)

Auf diese kleine Münze würde ich uns alle offen gestanden nicht reduzieren wollen. Ich möchte nicht dieses kleine Ping-Pong-Spiel – können wir gerne machen, dann wird das ein Zitationswettbewerb, wer irgendwann mal Erster gewesen ist. Aber ich würde gern in der Sache diskutieren und deswegen freue ich mich, dass Sie das an den Ausschuss überweisen. Ich freue mich, dass wir das dann hoffentlich auch dort im Ausschuss anhören. Und wenn es uns dann gemeinsam gelingt, vielleicht sogar an den wesentlichen Merkmalen der Gesetze zu arbeiten, dann kann man sich auch die Frage stellen, was dann gut ist für die Thüringer Hochschullandschaft.

Ich glaube, es gehört nicht viel Mut dazu, wenn Sie sich hierherstellen und sagen: Hey, ihr habt auch einiges von uns übernommen. Dann gehört auch nicht viel Mut für Sie dazu, zu sagen: Okay, wenn das so ist, warum sollen wir dann nicht den Vorschlag der CDU-Fraktion gemeinsam mit ihrem Gesetz mit allen Experten anhören? Wenn Sie das wollen – weil es dürfte für Sie ja kein Problem sein, weil offensichtlich ist Ihr Gesetz so innovativ, da müssen Sie sich keine Sorgen machen, da ist ja so breit beteiligt worden, dann sollten Sie sich doch keine Sorgen machen. Und wenn das so ist, dann haben Sie doch bitte schön auch den Mut, diese gemeinsame Anhörung zu führen. Dann hören wir uns alle Experten sowohl aus Thüringen, aber auch darüber hinaus an und lassen das Ganze mal begutachten, vom Wissenschaftsrat angefangen, vom Centrum für Hochschulentwicklung, vom HoF – also nicht diesem Hoff, sondern vom Institut in Wittenberg –. Hören wir uns das alles mal an und lassen es bewerten. Und wenn die am Ende zu dem Schluss kommen, dass vielleicht unser Gesetzesvorschlag besser in die Wissenschaftslandschaft passt als Ihrer, dann habe ich Sie jetzt so verstanden, dann brechen Sie sich auch keinen Zacken aus der Krone und sagen: Hey, das ist doch ein gutes Wissenschaftsgesetz. Und dann stimmen Sie vielleicht unserem Gesetzesvorschlag zu.

Und das ist doch das, was wir gemeinsam wollen: Wir wollen, dass sich der Hochschulstandort Thüringen gut weiterentwickelt. Wir glauben, dass wir das mit unserem Gesetzesvorschlag gemacht haben. Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss, auf die Anhörung und dann auf das gemeinsame Plenum, was danach folgen wird. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Danke schön. Als Nächster hat zunächst Abgeordneter Schaft um das Wort gebeten, Herr Tiefensee,

(Abg. Prof. Dr. Voigt)

wenn das okay ist. Dann, Herr Abgeordneter Schaft, haben Sie das Wort.

Herr Voigt, ich will nur noch mal kurz auf eins, zwei Sachen eingehen. Zum Ersten liegt mir sehr viel an der inhaltlichen Debatte, dass wir die dann auch im Ausschuss führen, da bin ich ja bei Ihnen und freue mich, wenn wir die dann tatsächlich auch angehen können.

Ich will nur noch mal zwei Punkte zur Klarstellung nennen: Was wir mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung und dann auch in der Beratung im Ausschuss nicht machen, ist, die Hochschulstrategie 2020 grundsätzlich infrage zu stellen. Ich habe gerade noch mal reingesehen:

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

2014 natürlich veröffentlicht, 2016 haben wir den Hochschuldialogprozess geführt. Da muss man aber auch einfach zur Kenntnis nehmen, dass dort statusgruppenübergreifend und eben nicht nur – wie es manchmal vorgeworfen wird – vonseiten der Studierenden oder der Gewerkschaften, sondern auch ganz konkret von Lehrenden und auch von Professoren gesagt wurde: Wir haben ein Defizit in der Hochschulgovernance in der Frage, wie Hochschule demokratisch oder nichtdemokratisch ausgestaltet ist, und müssen da rangehen. Das ist quasi das, was der Hochschuldialog macht, die Hochschulstrategie 2020 on top noch mal ein Stück weit zu verbessern, die Leerstellen der Strategie, die auch möglicherweise natürlich bei so einem umfänglichen Paket immer noch vorhanden sein können, aufzunehmen. Das ist das, was wir machen, warum wir eben sagen, dass der jetzt vorliegende Gesetzentwurf, der zwar die Überschrift „Strategie 2020“ – wie Sie meinen – in Teilen aufgreift, aber eben nicht genug ist, weil sich in diesen anderthalb Jahren Dialogprozess noch ein paar Baustellen gezeigt haben, die mit dem, was Sie jetzt vorgelegt haben, allein eben nicht abgegolten sind.

Und der zweite Punkt, zu dem Katz-und-MausSpiel: Da gehört – ob man das jetzt nun will oder nicht – ein bisschen Ehrlichkeit schon noch dazu. Ich habe mir gerade noch mal den Antrag in der Drucksache 6/3329 angeschaut, wo Sie die Eckpunkte dessen vorgelegt haben, was die Landesregierung bitte in der Novellierung des Thüringer Hochschulgesetzes vorlegen soll. Da nenne ich jetzt mal drei Punkte, die dort auch drinstehen, wo ich auch durchaus offen gewesen wäre, darüber auch hier in dem Änderungsantrag oder im Änderungsgesetz zu diskutieren: Das ist die Doktorandenvertretung, das ist die Einbindung der Hochschulen in den Prozess der digitalen Bildung – perspektivisch mit einem digitalen Campus Thüringen – und das ist die Aufnahme von IT-Dienstleis

tungszentren und deren Aufgaben und Funktionen. Das haben Sie zwar in dem Eckpunktepapier im Januar genannt, aber dann frage ich doch jetzt noch mal: Wo ist das denn hier drin? Und das ist der Punkt, wo wir sagen: Da vermissen wir die Innovation, wenn wir durchaus die inhaltliche Debatte wollen. Das, was hier jetzt vorliegt, ist zum Teil abgeschrieben. Aber die Punkte, auf die Sie dann immer wieder Bezug nehmen, wenn Sie sagen, das haben wir alles schon gefordert, das, was Sie tatsächlich mehr gefordert haben, das fehlt. Vielleicht kommt es dann tatsächlich noch in der inhaltlichen Anhörung im Ausschuss in der Beratung. Ich würde mich freuen, wenn wir da dann genau beispielsweise über solche Punkte diskutieren. In dem, was jetzt vorliegt, findet sich das, von dem Sie sagen, das ist im Jahr 2015 schon gesagt worden, im Jahr 2016 schon gesagt worden oder eben in dem Antrag 2017, nicht wieder. Das gehört auch zur Ehrlichkeit dazu.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Jetzt sehe ich keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten, sodass ich Herrn Minister Tiefensee für die Landesregierung das Wort erteile.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, liebe Zuschauer auf der Tribüne, wir haben ein Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Hochschulgesetzes vor uns. Herr Prof. Voigt, Sie legen dieses Gesetz namens Ihrer Fraktion im Oktober 2017 vor. Eben haben Sie noch wortreich beschrieben, welchen langen Vorlauf Ihrer Meinung nach unser Gesetzentwurf hat. Jetzt kommt spät, sehr spät dieses Werk auf den Tisch. Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Wenn ich Sie an Ihren Worten messe, an Ihren starken Worten bei der Einbringung unseres Gesetzentwurfs, und wenn ich anschaue, was jetzt hier zu lesen ist, endlich zu lesen ist, schwarz auf weiß mit Paragrafen und nicht mit blumenreichen und zum Teil schwergewichtigen Worten, dann muss ich sagen: Es ist zum Teil erschreckend. Ich will das an einzelnen Punkten deutlich machen.

Es beginnt zunächst beim Verfahren. Ich frage mich, Herr Prof. Voigt und liebe CDU-Fraktion: Auf welchem Dialog, auf welcher Grundlage der Rückkopplung mit allen Statusgruppen, mit der breiten interessierten Öffentlichkeit – es handelt sich um Hochschulen, die in der Öffentlichkeit stehen – gründet denn diese Meinung, gründet denn Ihre Meinung, es würde die Mehrheitsmeinung derjenigen abbilden, die mit Hochschule befasst sind? Im

(Präsident Carius)

Gegensatz zu Ihnen, der Sie mit ausgewählten Gruppen gesprochen haben – und glauben Sie mir, ich bin so gut vernetzt, dass ich weiß, mit wem Sie gesprochen haben, ich weiß auch, wer Ihnen zu weiten Teilen die Feder geführt hat –, im Gegensatz dazu haben wir einen Hochschuldialog – und zwar sehr planmäßig – aufgesetzt, der alle einbezogen hat, der über die sieben Orte hinaus den Livestream und die Internetschaltungen ermöglicht hat, sodass ich und zumindest mein Haus und diejenigen, die dabei waren und die es nachzeichnen, sehr genau wissen, was die unterschiedlichen Meinungen sind. Wir schauen nicht nur auf eine Statusgruppe, die Ihnen die Feder führt, sondern wir schauen auf alle. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist – ich habe jetzt die Zeilen nicht gezählt und Frau Henfling hat gesagt, es sind 85 Prozent –, ich denke, es sind circa 90 Prozent Ihres Gesetzes, die aus unserer Feder stammen.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Alles das, was an Änderungen drin ist, ist – sagen wir mal – zu 85 Prozent der Entwurf, den wir vorgelegt haben. Deshalb müssen wir uns mit den 15 Prozent beschäftigen. Jetzt haben Sie sich hier hingestellt und gesagt: Mit der CDU-Fraktion ist die Frage der Governance, also die Frage der Zusammensetzung des Senats in Universitäten und Hochschulen, nicht zu machen. Wir wollen, dass es so bleibt.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Das habe ich nicht gesagt!)

Und jetzt, Herr Prof. Voigt, kommen wir zu einer Sache, die schwerwiegend ist, nämlich dass Sie einen Gesetzentwurf vorlegen, der unserer Meinung nach verfassungsrechtlich nicht haltbar ist. Dass Ihnen so etwas passiert, das wundert mich sehr. Es geht um Folgendes: Die Wahl und Abwahl des Präsidenten soll nach § 31 des CDU-Entwurfs durch den neu eingeführten erweiterten Senat erfolgen, in dem die Hochschullehrer über die Mehrheit von einem Sitz verfügen. Sie haben vorhin auch breit ausgeführt: Mehrheit heißt, ein Sitz. Nein!

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Das habe ich nicht ausgeführt, aber Sie können ruhig weiter das vortragen, was Ihr Referent Ihnen aufgeschrieben hat!)

Nein, nein, was Ihnen Ihr Referent aufgeschrieben hat oder wer auch immer ins Gesetz hinein.

Der Punkt ist: Die einfache Hochschullehrermehrheit entspricht nicht dem verfassungsgerichtlichen Erfordernis. In dem Moment, wo Sie einen Hochschullehrer auf die andere Seite der Statusgruppe ziehen, ist die Mehrheit weg. Aus diesem Grund gibt es bei uns eine doppelte Mehrheit und die ist verfassungsgemäß. Ich wundere mich – Sie haben

sich immer wieder hier hingestellt und gesagt, das, was die machen, ist nicht nach Verfassung –, dass Sie hier einen Entwurf vorlegen, der vielleicht auch juristisch geprüft ist – hoffentlich –, der in diesem Punkt auf alle Fälle nicht verfassungsgemäß ist.

Auch bei der Wahl und Abwahl des Kanzlers sind die Vorgaben nicht umgesetzt. Ein bloßes Benehmen des Senats für die Wahl des Kanzlers sichert nicht den erforderlichen maßgeblichen Einfluss der Hochschullehrer. Hinzu kommt, dass die ebenfalls vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich geforderte Möglichkeit für Hochschullehrer, sich selbstbestimmt von Mitgliedern der Hochschulleitung trennen zu können, gänzlich fehlt. Ich zitiere das deshalb, weil ich mich juristisch habe beraten lassen. Ich bin kein Jurist – Gott sei Dank – und brauchte diese Stütze.

Wir halten also erst mal fest: verfassungsrechtlich nicht in Ordnung.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Das sagen Sie!)

Zum Zweiten, meine Meinung, die auf dieser juristischen Expertise fußt.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Be- nennen Sie mal Ihre Quelle!)

Gehen wir jetzt mal weiter. Jetzt ist die Frage: Sie sagen, wir haben die Kooperation eingeführt: Warum übernehmen Sie nicht die Kooperation, um Fachhochschulen ein größeres Gewicht bei der Promotion zu verleihen? Das heißt, die Fachhochschulen werden durch Ihren Gesetzentwurf nicht bessergestellt.

Dann: Wie ist es mit den Bedingungen für die Studierenden, die Beschäftigten? Es gibt keine Studienkommissionen in Ihrem Entwurf. Warum nehmen Sie dieses Instrument nicht wahr, um den Studierenden und den Beschäftigten mehr Einfluss auf die Lehrer zu geben? Familienpolitische Elemente fehlen, Frauenförderung fehlt, Diversität ist ansatzweise drin. Und wenn es jetzt um die Menschen geht, die Forschungssemester, Praxissemester brauchen, sprechen Sie sich gegen die Flexibilisierung aus, die in unserem Entwurf zu finden ist, weil Sie sie nicht übernehmen.

Und schließlich die Frage der Bauherreneigenschaft. Auch hier kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, wenn wir in einem ersten Schritt einer Universität die Möglichkeit geben, die Bauherreneigenschaft zu übernehmen und damit stärker autonom zu arbeiten: Derjenige, der in den Gebäuden arbeitet, der in diesen Gebäuden auf die Betriebskosten zu achten hat, wird auf alle Fälle besser bauen, als wenn er damit nicht so direkt befasst ist.

Wir sind jetzt noch nicht in der endgültigen Debatte, sondern am Anfang der Debatte. Deshalb sind das nur ein paar Stichpunkte. Ich begrüße es sehr, dass

(Minister Tiefensee)

wir im Ausschuss dann ausführlich darüber diskutieren werden, aber ich befürchte, dass zwischen den Koalitionsfraktionen und der CDU an einigen zentralen Punkten diametral unterschiedliche Auffassungen sind. Das ist gut so, das muss man diskutieren. Dumm ist eben nur, dass die Koalitionsfraktionen über die Mehrheit verfügen, die Demokratie, die Autonomie der Hochschulen allein deshalb stärken können, weil sie auch ihre Vorhaben am Ende durchsetzen können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Tiefensee. Jetzt haben wir doch noch eine weitere Wortmeldung. Herr Prof. Dr. Voigt, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Minister, herzlichen Dank, ich weiß ja, dass Ihnen das Spaß macht. Mir macht es auch Spaß, insofern sehe ich das ganz sportlich.

Ich habe mir trotzdem mal die Freiheit genommen, aus Ihrem Sprechzettel zur Novellierung des Thüringer Hochschulgesetzes, den Sie uns ja freiwillig zur Verfügung gestellt haben, und der Abfrage, welche Landesgesetze unter anderem verfassungskonform sind, zu zitieren. Da haben Sie aufgeschrieben, dass die Hochschulgesetzte in Bayern, Brandenburg, Hessen, Sachsen und Hamburg verfassungskonform sind. Ich habe mir deren Hochschulgesetze angesehen. Das, was Sie hier zum Erweiterten Senat gesagt haben, ist durchaus vergleichbar mit mindestens zwei dieser Hochschulgesetze. Das heißt, die sind verfassungskonform. Ich weiß jetzt nicht, welcher Jurist Sie da beraten hat, aber ich kann Ihnen nur eines sagen: Es war zumindest nicht der, der Ihnen das hier aufgeschrieben hat, weil es müssen zwei unterschiedliche Personen gewesen sein oder eine schizophrene Person, also eine von beiden.

(Zwischenruf Tiefensee, Minister für Wirt- schaft, Wissenschaft und Digitale Gesell- schaft: Oder wir werden klüger!)

Deswegen kann ich Ihnen nur sagen: Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss. Aber ich will Ihnen nur mitgeben: Es bringt nichts, auf einem hohen Ross durch Thüringen zu reiten.

(Zwischenruf Tiefensee, Minister für Wirt- schaft, Wissenschaft und Digitale Gesell- schaft: So wie Sie das machen!)

Und wenn Sie an den Thüringer Hochschulen gut informiert sind, freue ich mich. Offensichtlich scheinen Sie über Hochschulen besser informiert zu sein

als in Ihrer eigenen Partei, sonst wären Sie nicht überrascht gewesen, dass der Kollege Maier jetzt der Spitzenkandidat für die SPD wird.

(Beifall CDU)