Protocol of the Session on September 28, 2017

So sagen Sie es selbst. Wir wollten aber, dass Sie diese Mittel zusätzlich über die Leistungskraft des Landes hinaus zur Verfügung stellen, denn dass Sie nämlich 1,960 Milliarden Euro und damit eine erhöhte Finanzausgleichsmasse zur Verfügung stellen, liegt an den Regelungen, die Wolfgang Voß erarbeitet hat, und nicht an Ihrer gönnerhaften Politik, sondern das sind Mechanismen, die im Finanzausgleich wirken,

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

egal wer regieren würde. Vor allen Dingen ergibt sich die Leistungskraft des Landes aus der Politik, dass es dem Staat dank der Steuerzahler in diesem Land so gut geht wie nie zuvor. Das ist der Grund, warum auch die Finanzausgleichsmasse höher ist.

(Beifall CDU)

Aber was Sie eben beflissentlich, die Finanzministerin auch und Sie heute in Ihrer Rede, weggelassen haben, das ist ein entscheidender Punkt, nämlich der Umsatzsteueranteil der Länder für die Eingliederungshilfe. Als der Bund sich mit den Ländern darauf verständigt hat, wie kann er den Kommunen weiterhelfen, damit vor Ort die Bewältigung der Flüchtlingskrise gelingt, hat sich der Bund mit den Ländern darauf verständigt, in dem 5-MilliardenEuro-Paket eine Milliarde Umsatzsteueranteil für die Länder ab 2018 zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Von der einen Milliarde, die für die Länder ab 2018 im Rahmen der Umsatzsteuerverteilung zur Verfügung gestellt wird, fallen auf Thüringen 20 Millionen Euro ab. Und diese 20 Millionen Euro leiten Sie nicht weiter.

(Zwischenruf Taubert, Finanzministerin: Doch!)

Das ist genau der Punkt, den wir auch angesprochen haben, wenn es darum geht, Bundesmittel weiterzuleiten und den Trägern der Eingliederungshilfe zur Verfügung zu stellen. Das ist nämlich eben nicht das Land, das sind die Landkreise und die kreisfreien Städte, die sind Träger der Eingliederungshilfe, die bewältigen die Flüchtlingskrise vor Ort und denen stehen die Mittel des Bundes zu,

weil der Bund genau denen die Mittel geben wollte. Wir verlangen, dass Sie diese Bundesmittel an die Kommunen, an die Träger der Eingliederungshilfe, durchreichen.

(Beifall CDU)

Damit würden Sie im Übrigen auch das erfüllen, was der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung am Beginn der Wahlperiode gesagt hat. Er will dafür Sorge tragen, dass künftig alle Bundesmittel, die den Kommunen zur Verfügung gestellt werden, nicht mehr an den klebrigen Händen im Finanzministerium hängen, sondern die Kommunen erreichen. Deswegen kann ich zum Schluss nur sagen: Lieber Ministerpräsident, erfüllen Sie Ihr Wort, das Sie dem Parlament hier gegeben haben. Reichen Sie die Bundesmittel den Kommunen durch, albern Sie nicht rum, sondern erfüllen Sie Ihre Wahlversprechen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Ihr hattet doch dieselben Rechte! Euer Finanz- minister!)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das war es schon?)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das war nichts!)

Vielen Dank. Als Nächster hat Abgeordneter Pidde für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, es ist eine gute Nachricht für die Thüringer Kommunen: Sie erhalten 2018 und 2019 mehr Geld.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Da hat der … den Griff noch mal locker gemacht, oder was?)

Die Geschäftsführer der kommunalen Spitzenverbände, Herr Rusch und Herr Budde, die auf der Besuchertribüne sitzen und die ich hiermit herzlich begrüße, werden mir bestätigen, dass das eine der beiden Grundfragen beim Kommunalen Finanzausgleich ist: Wie viel Geld kommt denn rüber?

Die zweite ist: Wie wird es verteilt? Und da ist es beim Kommunalen Finanzausgleich ein bisschen wie im Steuerrecht – einfach und trotzdem gerecht geht nicht. Wenn wir die 360 Seiten bedruckten Papiers sehen, die das Finanzausgleichsgesetz und die entsprechenden Erläuterungen umfassen, dann kann man die auch nicht auf einem Bierdeckel zusammenfassen. Man muss feststellen, das Finanz

(Abg. Mohring)

ausgleichsgesetz ist im Vergleich zu früher sehr transparent. Aber egal, mit welchem Bürgermeister ich auch spreche und ihm anbiete, in einer halben Stunde habe ich ihm das erklärt und er hat es auch verstanden, sie winken ab und sagen: Sag mir lieber, wie viel ich im nächsten Jahr kriege. Sie sind fixiert auf diese eine Zahl und so bleibt der Kommunale Finanzausgleich für viele ein Buch mit sieben Siegeln.

Meine Damen und Herren, das macht es schwer, Veränderungen an diesem Finanzausgleichsystem zu erklären. Das macht es eben auch schwer, solchen Äußerungen, wie sie gerade der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Herr Mohring, hier getätigt hat,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

der sich einige Punkte herauspickt, wirksam zu begegnen. Und wenn er hier Aufgaben, die zusätzlich in das Ausgleichsystem hineingekommen sind, aufzählt, dann hat er wohl vergessen, dass die Gewässer zweiter Ordnung herausgenommen worden sind und dass das zum Schluss annähernd ein Nullsummenspiel ist. Das lässt er geflissentlich weg.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: So ist er, so ist er! Und hier?)

Außerdem weist die Finanzausstattung der Städte, Gemeinden und Landkreise trotz Finanzausgleich noch eine gewisse Streuung auf. Die Finanzstatistik arbeitet mit Globalbetrachtung. Trotz aller Schwächen der Globalbetrachtung kommen wir nicht umhin, diese zur Einschätzung und Bewertung von Entwicklungen zu nutzen, so auch hier beim Kommunalen Finanzausgleich. Hilfreich ist dabei die jährliche Auswertung der kommunalen Einnahmen und Ausgaben durch das Landesamt für Statistik. Die Zahlen, die das Amt vorlegt, sind – hoffentlich auch von der Opposition – über jeden Zweifel erhaben. Immerhin sind sie die Auflistung der Zahlen, die die Kommunen an das Amt melden.

Meine Damen und Herren, so wurde zu den kommunalen Einnahmen und Ausgaben im Jahr 2014 festgestellt, dass die Zuweisungen und Zuschüsse sowie Erstattungen vom Land im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 22 Millionen Euro gestiegen sind. Die Steuern waren 2014 im Vergleich zum Vorjahr um 12 Millionen Euro gestiegen. Ich nehme extra das Jahr 2014, weil wir damals noch eine CDU-Ministerpräsidentin und einen CDU-Finanzminister hatten, sodass man auch mal deutlich den Vergleich zwischen Alt und Neu hat.

Im Jahr 2014 hatten wir also eine Steigerung der kommunalen Finanzmittel durch Steuereinnahmen und Landeszuweisungen von insgesamt 34 Millionen Euro. Wenn wir mal 2015 nehmen, dann sagt das Landesamt für Statistik im Vergleich zu 2014: Die Zuwendungen und Zuschüsse des Landes gin

gen um 88 Millionen Euro nach oben, die kommunalen Steuereinnahmen um 119 Millionen Euro. Das sind 207 Millionen Euro mehr als im Jahr 2014.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So erklärt sich auch die Tatsache, dass die Thüringer Kommunen im Jahr 2015 erstmals seit 2007 wieder einen Haushaltsüberschuss erreichen konnten. Das ist ein Beleg für die gestiegene Finanzkraft im ersten Regierungsjahr der jetzigen Regierungskoalition.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Mär von den Kürzungen bei den kommunalen Finanzzuweisungen, die die CDU seit Jahren verbreitet, wird damit endgültig als Lüge enttarnt

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ich erhalte einen Ordnungsruf dafür und er?)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

oder – wie man heute neudeutsch sagt – als Fake News.

Auch für das Jahr 2016 hat die rot-rot-grüne Koalition die Voraussetzungen für eine weitere Gesundung der kommunalen Finanzen geschaffen. Ich will mal die Fakten nennen: Gegenüber 2015 stiegen die Zuwendungen und Zuschüsse nochmals um 24 Millionen Euro, die Steuereinnahmen der Kommunen um 95 Millionen Euro. Das heißt, sie hatten im Jahr 2016 insgesamt noch mal 119 Millionen Euro mehr zur Verfügung als 2015. Diese IstZahlen belegen eindrucksvoll, dass die Regierungskoalition ihr im Koalitionsvertrag gegebenes Versprechen zur Stärkung der kommunalen Finanzausstattung einhält. Die Durchreichung von gestiegenen Bundesmitteln, wie zum Beispiel bei der Grundsicherung im Alter, das beschlossene 100Millionen-Euro-Investitionspaket für die Kommunen für die Jahre 2017 und 2018 und auch das heute vorgelegte Gesetz zur Anpassung des kommunalen Finanzausgleichs mit einer Steigerung der Finanzausgleichsmasse für 2018 und 2019 um jeweils 60 Millionen Euro bekräftigen diesen Willen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf einige Details im vorliegenden Gesetzentwurf eingehen. Im Rahmen der Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes 2015 wurde der Revisionszeitraum für die Ermittlung des kommunalen Finanzbedarfs und der Finanzausgleichsmasse auf zwei Jahre festgelegt. Danach war nun im Jahr 2017 für die folgenden Jahre eine neue Bedarfsermittlung vorzunehmen. Das Innenministerium hat für diese Bedarfsermittlung einen umfassenden Prüfbericht angefertigt, in dessen Rahmen die kommunalen Finanzbedarfe auf Basis der Jahresrechnungsstatistik 2015 überprüft und fortgeschrieben wurden.

Ich möchte betonen, dass unsere Landesregierung bei der Ermittlung des kommunalen Finanzbedarfs das Rad nicht neu erfunden, sondern das von Finanzminister Voß entwickelte Verfahren grundsätzlich beibehalten hat.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb kann die fortlaufende Kritik der CDU-Fraktion an der kommunalen Finanzausstattung nicht nachvollzogen werden.

Meine Damen und Herren, die Kostenentwicklungen in verschiedenen Aufgabenbereichen wurden jeweils einzeln betrachtet und berücksichtigt. In einigen Bereichen wurden auf Wunsch der kommunalen Seite für die Bedarfsberechnung sogar andere und modifizierte Kriterien herangezogen. Ich nenne mal als Beispiel die Sozial- und Eingliederungshilfe oder die Gemeinkosten. Auf die Anerkennung von fiktiven Steuereinnahmen hat das Thüringer Innenministerium ganz verzichtet. Und auch die mit der Mai-Steuerschätzung 2017 prognostizierten höheren Steuereinnahmen für die Kommunen in den Folgejahren blieben im Rahmen der Bedarfsberechnung unberücksichtigt.

Meine Damen und Herren, im Ergebnis der Prüfung wurde der ungedeckte Finanzbedarf bei den Kommunen für 2018 mit 1,759 Milliarden Euro berechnet. Die Finanzausgleichsmasse wurde durch den Partnerschaftsgrundsatz 2018 mit 1,961 Milliarden Euro und 2019 mit 1,956 Milliarden Euro deutlich höher festgesetzt. Es ist schon erläutert worden, dass es eine Steigerung um 60 Millionen Euro im Jahr 2018 gegenüber diesem Jahr sein wird. Das Ganze passiert trotz stark gestiegener und weiterhin steigender Steuereinnahmen der Thüringer Kommunen. Die geschilderten Zahlen dieses Finanzausgleichs und auch die rückblickende Finanzstatistik stützen die Berechtigung des von den kommunalen Spitzenverbänden immer sehr pauschal vorgetragenen Klageliedes jedenfalls nicht.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch auf einige im Gesetzentwurf enthaltene Systemumstellungen bzw. -veränderungen eingehen. Minister Maier hat schon die Aufteilung der Finanzausgleichsmasse in die FAG-Masse I und II dargelegt. Damit wird auf einen Kritikpunkt der kommunalen Spitzenverbände an der bisherigen Berechnungssystematik reagiert. Aus Sicht meiner Fraktion ist diese Änderung sehr zu begrüßen.

Für viel Kritik hat die von der Regierung vorgeschlagene Änderung der Hauptansatzstaffel zur Berechnung der gemeindlichen Schlüsselzuweisungen gesorgt. Der Vorschlag kam allerdings nicht aus dem luftleeren Raum oder weil die Koalition die kleineren Kommunen gegen sich aufbringen will, wie das Herr Mohring vorhin dargestellt hat. Im Rahmen einer gutachterlichen Überprüfung des ho

rizontalen Finanzausgleichs durch das SteinbeisForschungszentrum für Regionalwirtschaft, Innovationssysteme und Kommunalfinanzen wurde festgestellt, dass die wahrgenommenen zentralörtlichen Aufgaben in Thüringen beim horizontalen Finanzausgleich bisher zu wenig berücksichtigt und finanziell ausgeglichen werden. Die letzte umfassende Änderung der Hauptansatzstaffel gab es im Jahr 2012 unter Finanzminister Voß. Damals wurden die gemeindlichen und kreislichen Aufgaben definiert und mit eigenen Schlüsselzuweisungssystemen finanziell untersetzt. Allerdings fielen für die kreisfreien Städte die sogenannten Ergänzungsansätze in der Hauptansatzstaffel ersatzlos weg. Insgesamt erfuhr die Hauptansatzstaffel für die gemeindlichen Aufgaben eine erhebliche Änderung. Nun, nach fünf Jahren, mussten die Wirkungsmechanismen dieser Hauptansatzstaffel erneut überprüft werden. Das Ergebnis kann einem gefallen oder nicht. Aufgrund der gewollten Verrechtlichung des Kommunalen Finanzausgleichs in Thüringen kann man ein solch vorliegendes Gutachten allerdings nicht einfach beiseitelegen und negieren. Man würde den Kommunalen Finanzausgleich juristisch angreifbar machen. Allerdings kann man den Übergang gestalten und genau dafür hat sich die SPD-Fraktion innerhalb der Regierungskoalition starkgemacht. Das Innenministerium hat die Abfederung der Systemumstellung finanziell vorgenommen, so wie das auch früher schon bei Systemumstellungen der Fall war: Für die Jahre 2018 und 2019 kommt nun eine Hauptansatzstaffel zum Tragen, die die Veränderung bei der Hauptansatzstaffel zugunsten der Orte mit zentralörtlicher Funktion nur halb vornimmt.

Erst im Jahr 2020 kommt nach dem jetzigen Gesetzentwurf die neue Hauptansatzstaffel in vollem Umfang zum Tragen. Und wenn Herr Mohring sich hier hinstellt und sagt, den kleinen Kommunen wird der Geldhahn zugedreht, damit sie sich mit anderen zusammenschließen müssen, dann weise ich das für meine Fraktion entschieden zurück. Die Koalitionsfraktionen haben sich vorgenommen, den Übergang zur neuen Hauptansatzstaffel noch weiter abzufedern, als es der Gesetzentwurf im gegenwärtigen Zeitpunkt vorsieht. Die Koalitionsfraktionen haben sich auch schon auf Änderungsanträge geeinigt; diese werden wir Ihnen und den kommunalen Spitzenverbänden schon sehr bald vorlegen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn Herr Mohring sagt, Wandern am Rennsteig macht nicht automatisch einen guten Innenminister, dann kann ich Herrn Mohring nur sagen: Ein Blick vom Inselsberg ist allemal gut und erweitert den Horizont.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)