Protocol of the Session on August 31, 2017

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt reicht es aber lang- sam!)

Das müssen Sie mir schon zugestehen, das ist Meinungsfreiheit, Herr Hey, das müssen Sie aushalten, gerade hier an dem Pult, da wollen Sie es mir bestimmt nicht verbieten, das zu sagen.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Jetzt bleiben Sie mal sachlich!)

Ja – das ist sachlich! Das ist sachlich, das kann ich Ihnen auch belegen. Da können wir gerne noch einmal in den Diskurs eintreten, da reicht aber die Zeit hier leider nicht.

Herr Abgeordneter Möller, ich bitte Sie, sich in diesem Sachverhalt zu bremsen.

Es ist jedenfalls ein Fakt, dass ein Hakenkreuz ganz unterschiedliche Rechtsfolgen hat, wenn es jemand postet wie zum Beispiel der Redakteur von „PI-NEWS“ oder wenn es eine Abgeordnete der Linkspartei postet. Ganz ehrlich, das verstehe ich nicht unter dem Recht. Recht ist gleich anzuwenden, auf alle Sachverhalte gleich anzuwenden. Da kann es nicht sein, dass der eine dafür zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt wird und die andere, die muss überhaupt gar keine Probleme befürchten, nicht mal eine Immunitätsaufhebung. Da kommt nicht mal der Staatsanwalt auf die Idee, eine Immunitätsaufhebung zu beantragen. Ganz ehrlich, da sollten Sie mal alle dafür sorgen, dass entsprechende Gleichheit oder Gleichbehandlung wieder erzielt wird, nicht auf den Gebieten, wo Sie sich immer tummeln und um die Gleichbehandlung starkmachen.

Herr Abgeordneter Möller, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Schade eigentlich.

(Beifall AfD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das kann ich nicht erkennen. Dann stimmen wir über den Gesetzentwurf in Drucksache 6/4063 in dritter Beratung direkt ab. Herr Abgeordneter Möller?

Ich beantrage die namentliche Abstimmung.

Wir stimmen über den Gesetzentwurf in Drucksache 6/4063 in namentlicher Abstimmung ab. Ich bitte die Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln. Ich eröffne die Abstimmung.

Hatten alle die Gelegenheit, ihre Stimmkarte abzugeben? Ich schließe die Abstimmung und bitte um Auszählung.

Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekanntgeben. Anwesende Abgeordnete 88, es wurden 74 Stimmen abgegeben. Mit Ja stimmten 6, mit Nein 68. Damit wurde die gemäß § 41 Abs. 4 der Geschäftsordnung notwendige Zweidrittelmehrheit des Landtags nicht erreicht. Damit ist der Gesetzentwurf der Fraktion der AfD in Drucksache 6/4063 abgelehnt (Namentliche Abstimmung siehe Anla- ge).

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, erteile ich dem Abgeordneten Möller noch einen Ordnungsruf wegen der Bezeichnung der Abgeordneten König-Preuss als linksradikal. Ähnliche Ordnungsrufe wurden für Abgeordnete erteilt, die andere Mitglieder des Hohen Hauses als rechtsradikal bezeichnet haben. Ich habe das noch mal prüfen lassen, deswegen erteile ich jetzt im Nachgang diesen Ordnungsruf.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Entwicklung sektorenübergreifender Versorgungsstrukturen Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/4271 ERSTE und ZWEITE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Befristung des Thüringer Gesetzes zur Entwicklung sektorenübergreifender Versorgungsstrukturen vom 9. April 2013 um ein Jahr verlängert.

Gemäß § 90a SGB V, welcher durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung neu eingefügt worden ist, kann nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen für den Bereich eines Landes ein gemeinsames Gremium aus Vertretern des

Landes, der Kassenärztlichen Vereinigung, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen, der Landeskrankenhausgesellschaft sowie weiteren Beteiligten gebildet werden. Mit dem Thüringer Gesetz zur Entwicklung sektorenübergreifender Versorgungsstrukturen vom 9. April 2013 hat Thüringen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und ein gemeinsames Landesgremium in Thüringen errichtet. Ständige Mitglieder sind neben den eben genannten noch die Landesärztekammer, der Thüringische Landkreistag sowie der Verband der Leitenden Krankenhausärzte.

Das Gesetz ist bis zum 31. Dezember 2017 befristet. Wie Sie sich vielleicht erinnern können, war schon bei Beschluss des Gesetzes im Bund sehr viel Kritik aufgetaucht, beispielsweise dass dieses Gremium nur empfehlenden Charakter hat. Es gab auch Kritiken an der Zusammensetzung des Gremiums. Insofern hat sich Thüringen entschlossen, auf Bundesebene eine landesübergreifende Arbeitsgemeinschaft zu initiieren, die sich mit der Weiterentwicklung dieses gemeinsamen Landesgremiums – des Landesgremiums § 90a SGB V – beschäftigen soll.

Wir möchten als Land Thüringen dieses Gremium weiterentwickeln, weil die sektorenübergreifende Versorgung natürlich eines der wichtigsten Probleme in den nächsten Jahren sein wird. Wir haben auch deswegen eine Umfrage unter den ständigen Mitgliedern des Gremiums hier in Thüringen hinsichtlich der Weiterentwicklung des Gremiums durchgeführt. Da hat sich ein sehr differenziertes Meinungsbild ergeben, vor allem aber ein Meinungsbild, das zeigt, dass auch hier der Bedarf besteht, das Gremium weiterzuentwickeln. Es ging vor allem um Fragen der Finanzierung, um die thematische Ausrichtung, aber auch um die zukünftige Arbeitsfähigkeit des Gremiums.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass noch ein großer Erörterungsbedarf besteht. Um eine hohe Akzeptanz notwendiger Änderungen für eine Gesetzesanpassung zu erreichen, wollen wir die Befristung des Gesetzes um ein Jahr verlängern, auch in der Hoffnung, dass wir auf Bundesebene zu gemeinsamen Veränderungen kommen werden. Im Rahmen der Ressortabstimmung zwischen den Kabinettsberatungen zu dem Gesetzentwurf gab es zur Verlängerung der Befristung keine Bedenken oder Anmerkungen. Sämtliche der im Rahmen der Anhörung beteiligten Institutionen begrüßten die Verlängerung der Befristung um ein Jahr, um in Ruhe die Gesetzesänderungen beraten zu können. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die erste Beratung zum Gesetzentwurf. Als erster Redner hat Abgeordneter Zippel, Fraktion der CDU, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will unüblicherweise mal eines voranschicken, und zwar das Abstimmungsverhalten unserer Fraktion. Es wird so sein, dass wir dem Gesetzentwurf zustimmen werden. Aber wir wollten diesen Gesetzentwurf heute nicht durchgehen lassen, ohne zumindest einige kritische Nachfragen zu stellen. Das sei uns einfach an der Stelle gegönnt.

Sie haben zu Recht gesagt, dass das Thema „sektorenübergreifende Versorgung“ ein wichtiges Element ist. Dem ist nichts hinzuzufügen. Wenn ich mir die Bundestagswahlprogramme aller Parteien anschaue, dann ist die Stärkung der sektorenübergreifenden Versorgung eine wesentliche parteiübergreifende Aussage. Wir können uns also darauf einstellen, dass dort in den nächsten Jahren viel passieren wird. Auch habe ich Ihre Worte zur Kenntnis genommen, dass auch die Landesregierung die sektorenübergreifende Versorgung als wichtig erachtet.

Nun kommen meine kritischen Nachfragen. Wenn ich mir die Arbeit des Gemeinsamen Landesgremiums – oder des 90-a-Gremiums, wie wir es auch immer nennen wollen – ansehe, dann kommen mir doch einige Zweifel, ob die Worte, die Sie da so sagen, auch in der Praxis ihren Niederschlag gefunden haben. Wie die ganze Entstehung des Gremiums und die Intention sind, ist Ihnen wohl bekannt. Aber die Intention, dass darüber gesprochen werden soll, wie zum Beispiel die Fragen der Versorgungslücken sowie Versorgungsüberangebote gelöst werden können, wie vorhandene Defizite und Ressourcen aufgedeckt werden können, wie die medizinische Versorgungssituation insgesamt verbessert werden kann, ist nicht bekannt und es ist auch – sage ich mal – von dem Gremium nicht nach außen kommuniziert worden, ob dazu eine Diskussion stattgefunden hat.

Deswegen fordere ich Sie auf, Frau Ministerin, mal genau zu berichten, was überhaupt seit Regierungsantritt von Rot-Rot-Grün im Gemeinsamen Landesgremium erreicht worden ist. Was waren die Debatten? Sie sind nun seit 33 Monaten im Amt, und was man vom Gemeinsamen Landesgremium hört, ist, nichts. Ich weiß, sektorenübergreifende Versorgung ist ein wichtiges Thema, aber wenn es Ihnen so wichtig wäre, dann hätte ich von der Landesregierung erwartet, dass sie dieses Gremium intensiver nutzt.

Wenn Sie dieses Gremium in den letzten Jahren nicht genutzt haben – und das muss ich einfach voraussetzen, weil ich jetzt auch keinen inhaltlichen Bericht von Ihnen gehört habe, den hätte ich aber heute gern gehört, denn wenn wir das um ein Jahr verlängern, wäre es schon mal interessant gewesen zu hören, was überhaupt alles passiert ist –, dann würde mich aber auch interessieren, was Sie im nächsten Jahr vorhaben, was in diesem Gremium passieren kann oder vielmehr passieren soll.

Wichtig: Wir sollten darüber reden, was die Zukunft dieses Gremiums ist. Es kann eine wichtige Rolle spielen, aber die Landesregierung muss dieses Gremium richtig anleiten, und das sehe ich aktuell nicht. Deswegen würde ich auch das von Ihnen gern noch mal hören wollen, welche Diskussionen Sie führen wollen. Sie haben angedeutet, es sollen Abstimmungen über die zukünftige Rolle des Gremiums stattfinden. Was genau Ihnen da vorschwebt, wäre noch mal interessant hier zu hören.

Um es noch mal zusammenzufassen: Die Fraktion der CDU wird dem zustimmen. Wir sind der Überzeugung, dass das Gremium eine wichtige Rolle spielen kann. Aber, Frau Ministerin, ich denke, Sie sind hier heute zumindest etwas rechenschaftspflichtig, was seit Ihrem Amtsantritt dort passiert ist. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Herold, Fraktion der AfD, das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Besucher auf der Tribüne und Zuschauer im Internet! Der vorliegende Gesetzentwurf der Thüringer Landesregierung beschäftigt sich nicht etwa mit der Lösung des Problems, nämlich dem partiellen Ärztemangel bzw. der Ungleichverteilung der vorhandenen Ärzte in der Thüringer Landschaft. Er beschäftigt sich mit einem vorgelagerten Problem, zu dem seit dem 9. April 2013 in Form dieses Gemeinsamen Gremiums ein schwacher Lösungsversuch existiert.

Dieses Gemeinsame Gremium hat seit April 2013, also noch unter der Vorgängerregierung, sattsam Zeit und Muße gehabt, ohne Zeitdruck über die Lösungsmöglichkeiten der anstehenden Probleme zu beraten. Dieses „ohne Zeitdruck“ soll jetzt erfreulicherweise um ein ganzes Jahr verlängert werden. Dabei frage ich mich, was dieses hervorragend besetzte Gremium in den zurückliegenden vier Jahren überhaupt getan hat. Ich hätte erwartet, dass im Sofortbericht der Ministerin dazu Stellung genommen wird. Bedauerlicherweise war aber die kompe

tente Staatssekretärin nicht zugegen, die uns darauf hätte vielleicht Antworten geben können.

(Beifall AfD)

Es wird jetzt, soweit ich das den Worten der Frau Ministerin entnehmen konnte, ein weiterer Runder Tisch einberufen bzw. dieses seit vier Jahren erfolglos tagende Gremium um eine länderübergreifende Komponente erweitert. Das finde ich bemerkenswert. Das heißt, noch längere Anreisezeiten, noch längere Sitzungszeiten und die Fragen der Arbeitsfähigkeit des Gremiums sind damit noch lange nicht beantwortet. Auch das unterschiedliche Meinungsbild hätte mich interessiert, die Finanzierung, die thematische Ausrichtung und die generelle Arbeitsfähigkeit des Gremiums. Das kam aus dem Gremium selbst, das lässt tief blicken.

Wir erleben also hier eine weitere Form von länderübergreifender Prokrastination. Wir werden das Ganze mit Fragen begleiten und sind gespannt, wie das Problem des Ärztemangels auf dem Thüringer Land im Laufe dieser oder weiterer Legislaturen überhaupt erst einmal angegangen wird und vielleicht irgendwann einmal einer Lösung zugeführt. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Die Linke hat sich Abgeordneter Kubitzki zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Herold, die Landesregierung hat hier einen Gesetzentwurf eingebracht und die Einbringung eines Gesetzentwurfs verlangt keinen Sofortbericht. Das läuft hier ein bisschen anders. Dazu muss man einen Antrag stellen. Das ist einfach fachlich von der Geschäftsordnung her so.

(Beifall DIE LINKE)

Das Gesetz, was 2013 im Landtag verabschiedet wurde, ist auf der Grundlage des damaligen Krankenoder GKV-Strukturgesetzes verabschiedet worden. Dieses Bundesgesetz, was dieses Gremium empfiehlt – die Länder können solche Gremien bilden – ist eigentlich ein Papiertiger, weil schon vonseiten des Bundesgesetzgebers vorgegeben wurde, dass dieses sektorenübergreifende Gremium einen empfehlenden Charakter hat. Das heißt, es ist kein beschließendes Gremium, sondern es ist ein Beratungsgremium, das Empfehlungen aussprechen kann. Dabei ist es eigentlich so, dass aber für Planungsfragen im Bereich Gesundheit die jeweiligen Planungsausschüsse die entscheidenden Gremien sind, die Festlegungen treffen, zum Beispiel der Krankenhausplanungsaus

schuss oder der Zulassungsausschuss, der über die Niederlassung von Ärzten berät. Das sind die beschließenden Gremien. Dieses Gemeinsame Gremium wurde vom Bundesgesetzgeber im Prinzip als eine Alibi-Funktion geschaffen. So haben wir das damals auch als Oppositionspartei hier dargestellt. Deshalb finde ich die Verlängerung des Thüringer Gesetzes gut, weil es jetzt an der Zeit ist, mit den Akteuren, die in diesem Gremium sind, Veränderungen herbeizuführen. Das ist unser Vorhaben. Einer unserer großen Kritikpunkte in der letzten Legislatur war, dass im Gesetz festgelegt ist, dass das Gremium nach den Planungsausschüssen tagt und von diesen darüber in Kenntnis gesetzt wird, was diese geplant haben. Dann soll dieses Gremium seine Meinung sagen. Da wäre die Motivation zur Mitarbeit in diesem Gremium auch bei mir sehr gering, wenn ich Entscheidungen von Planungsausschüssen mitgeteilt bekommen würde und nur noch sagen könnte, das habt ihr gut gemacht, ich kann es sowieso nicht mehr ändern.

Für eine aus unserer Sicht wichtige Änderung haben wir jetzt ein Jahr Zeit: Bei der Evaluierung und Veränderung dieses Gesetzes muss geregelt werden, dass dieses Gemeinsame Gremium zumindest empfehlenden Charakter für die Planungsausschüsse bekommen muss. Der Bundesgesetzgeber hat uns empfehlenden Charakter vorgegeben. Wir können also nicht sagen, dieses Gemeinsame Gremium empfiehlt und beschließt für die Planungsausschüsse. Aber aus unserer Sicht muss das Gesetz so verändert werden, dass dieses Gemeinsame Gremium vor den Planungsausschüssen tagt und empfehlenden Charakter erhält.

Herr Abgeordneter Kubitzki, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Zippel?

Vielen Dank, auch wenn Sie leicht verwundert wirken, aber es möge mir gegönnt sein. Nur eine kurze Nachfrage. Bitte?