Protocol of the Session on March 25, 2015

Was wir mit unserem Antrag wollen, ist, dass die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen erfahren, dass die Partei DIE LINKE genau das will.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Was will?)

Und nur insofern haben Sie, Herr Hoff, mit diesem Brief den Menschen einen Dienst erwiesen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren, die Sache hat nur einen ganz entscheidenden Haken: Sie haben für diesen parteipolitischen Vorstoß mit perspektivisch revolutionärer Tiefe, wie es Ihre Art ist, die Autorität Ihres Amts und damit der Thüringer Landesregierung beansprucht.

(Unruhe und Heiterkeit DIE LINKE)

Sie haben, Herr Hoff, einen Privatbrief geschrieben. Sie haben auch keinen Parteibrief geschrieben. Sie haben als Thüringer Minister auf einen offensichtlich auch noch selbst gebastelten Doppelkopfbogen geschrieben.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Dop- pelkopf – schönes Spiel!)

Es geht hier nicht um ein Spiel, Herr Harzer, sondern hier geht es um politische Realitäten. Ich kann dazu nur sagen: Wir unterstützen auch diese Landesregierung, wo sie die Interessen Thüringens vertritt und dabei im Rahmen ihrer Kompetenzen bleibt, aber wir verwahren uns dagegen, dass Sie als Minister in unserer Thüringer Staatskanzlei von dort aus eine linke Parteipolitik betreiben.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Das war jetzt aber nichts!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Emde. Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordneten Höcke.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Ich melde mich bei der Staatskanzlei zum Dop- pelkopfspielen an!)

Jetzt würde ich mal um etwas Aufmerksamkeit bitten. Sie können sich ja gerne melden, um hier vorn zu reden. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Höcke.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist wie bei der SED, da gab es auch vorher schon Beifall!)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Da kennen Sie sich ja aus!)

Meine Redezeit läuft schon, muss ich mit Erschrecken feststellen, obwohl Sie noch immer quatschen, Herr Dittes.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste auf der Empore! Erst vor wenigen Tagen wurde in der Öffentlichkeit über die Bilanz, über die ersten 100 Tage der neuen Regierung in Thüringen diskutiert und der Tenor in der Presse war gar kein vernichtender. Man gab zu bedenken, eigentlich verliefe doch alles ganz ruhig,

(Beifall DIE LINKE)

der Ministerpräsident Ramelow verhielte sich staatsmännisch und wäre auch nicht mehr so vom Jähzorn befallen wie in früheren Tagen und Jahren und auch der Minister Hoff würde mit Engagement sein Amt ausüben.

(Beifall DIE LINKE)

Nun gut, es gab den Winterabschiebestopp als kleine ideologische Duftmarke, aber Schwamm drüber – im Großen und Ganzen Ruhe, so jedenfalls der erste Eindruck. Aber unter der Oberfläche ereignet sich doch Sonderbares und dort ereignen sich Dinge, die uns zu denken geben müssen. Aber was uns bevorsteht, lieber Herr Prof. Hoff, haben Sie ja dankenswerterweise in Ihrem lesenswerten Büchlein „die linke: partei neuen typs?“ öffentlich gemacht. Aus dieser Schrift, liebe Abgeordnetenkollegen, geht nämlich ganz klar hervor, dass die Linke den alten sozialistischen Traum weiterträumt. Ihr erklärtes Ziel ist und bleibt es, unser aktuelles Wirtschafts- und Gesellschaftssystem grundsätzlich zu verändern.

(Beifall AfD)

Aber es gibt keinen Frontalangriff mehr, nein, man hat aus der Geschichte gelernt – nicht wahr? Nein, man verfolgt heute eine sogenannte Zickzackstrategie. Was aber im Hintergrund abgeht, das haben wir durch dieses Schreiben erfahren, das jetzt an die Öffentlichkeit gelangt ist, in dem Sie, Herr Minister Hoff, und Ihr brandenburgischer Kollege, Genosse Markov, Ende Februar Ihre Partei- und Bundesfraktionsspitze angesprochen haben. In diesem Brief geht es um parteipolitische Strategien und um Abstimmungsverhalten von Linkspolitikern, und das Ganze ausgestattet mit einem offiziellen Briefkopf der Staatskanzlei. Dies erweckt tatsächlich den Eindruck, es handele sich hier um landespolitische Belange, die Sie thematisieren. Auch Ihr Regierungssprecher Fischer, Herr Ministerpräsident Ramelow, erklärte, dass es in jenem Brief um Positionen ginge, die im Thüringer Interesse lägen. Wirklich? –

(Abg. Emde)

muss man sich da fragen. Ich zitiere mal aus diesem Schreiben: „Es gehört zu den solidarischen Verpflichtungen innerhalb der europäischen linken Regierungen, die von ihren Mitgliedsparteien gestützt oder geführt werden, solidarisch zu begleiten.“ Man muss sich das wirklich auf der Zunge zergehen lassen, liebe Abgeordnetenkollegen.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Ha- ben Sie was gegen Solidarität?)

Demnach liegt nämlich eine europaweite antimarktwirtschaftlich ausgerichtete Revolte von links im Interesse des Freistaats Thüringen. Die Thüringer Landesregierung sieht sich als Speerspitze im europaweiten Kampf der Linken gegen sparsames Haushalten und gegen Strukturreformen in Griechenland.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es ging um eine Be- schlussvorlage der Bundesregierung!)

Liebe Abgeordnetenkollegen, ich erkenne hier keine thüringischen Interessen, ich erkenne hier nur linkes Parteiinteresse.

(Beifall CDU, AfD)

Nun mag dieser Vorgang vielleicht ein Fauxpas gewesen sein, aber vielleicht haben wir es hier auch mit einer verräterischen freudschen Fehlleistung zu tun, die uns einen Blick auf das Selbstverständnis der Regierungsbank eröffnet. Dieses Selbstverständnis besteht darin, dass augenscheinlich die Interessen der Linkspartei und die Interessen des Landes Thüringen identisch seien. Ich sage, das Gegenteil ist der Fall, Herr Ministerpräsident Ramelow.

(Beifall CDU, AfD)

Nun mag die Thüringer Landesregierung nach außen das Bild einer ganz netten und umgänglichen Truppe harmloser Biederfrauen und Biedermänner abgeben, aber ich bin mir sicher, dass die Bürgerinnen und Bürger im Lande Thüringen sich nicht dauerhaft hinters Licht führen lassen werden. Ich verspreche Ihnen, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, wir als AfD-Fraktion im Thüringer Landtag werden weiterhin sehr sensibel auf Ihre Arbeit schauen, wir werden Ihnen ganz genau auf die Finger schauen und auch die Arbeit, die hinter den Kulissen betrieben wird, im Interesse unseres Freistaats Thüringen immer im Blick behalten. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Danke, Herr Abgeordneter Höcke. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir momentan nicht vor. Herr Minister Prof. Hoff, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich hoffe, dass mir hier kein Fauxpas passiert,

(Beifall DIE LINKE)

wenn ich jetzt den Hinweis darauf gebe, dass es vermutlich ein ganz besonderer Ausdruck von linker Dialektik ist, wenn man mit dem Hinweis auf das Hineinschlagen einer Bresche in die Hegemonie bei der Linksfraktion im Bundestag, die, glaube ich, bisher so gut wie keinem Antrag der Bundesregierung zugestimmt hat, dafür wirbt, dass einem Antrag der Bundesregierung zugestimmt wird, nämlich der Griechenlandhilfe.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Insofern gibt es hier offensichtlich, das ist ja auch in Ordnung, eine Differenz zwischen der Mehrheit der Fraktion der CDU im Landtag Thüringen und denjenigen CDU-Abgeordneten aus Thüringen, nämlich zwei, die im Bundestag gegen diese Griechenlandhilfe gestimmt haben. Eins habe ich aus den Hinweisen der CDU-Fraktion – das macht gar nichts – auf jeden Fall gelernt, Frau Tasch, dem werde ich künftig auch stärker Rechnung tragen, nämlich, dass ich auch die CDU-Abgeordneten stärker in mein Bemühen um Zustimmung zu Anträgen der Bundesregierung, die sinnvoll sind, einbeziehen werde und versuche, mich auch dort mit Schreiben hinzuwenden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun ist thematisiert worden, dass Briefe geschrieben werden und es lautet „Parteipolitik ‚Die Linke‘ auf dem Kopfbogen der Thüringer Staatskanzlei – Amtsverständnis der Thüringer Landesregierung?“. Ich würde gern, man schaut sich diesen Brief an, mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Abgeordnetenbrief 07/2013 des Hessischen Ministeriums der Finanzen vom Mai 2013 zitieren: „Rot-grüne Steuerpolitik: Wie der Bürger zur Kasse gebeten [werden] soll“. Dort führt Dr. Thomas Schäfer, Staatsminister im Hessischen Ministerium der Finanzen, aus: „Sehr geehrte Herren Fraktionsvorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,“ – ich zitiere – „die Katze ist aus dem Sack – die Bundestagswahlprogramme von SPD und GRÜNEN offenbaren die wahre Geisteshaltung dieser selbst ernannten sozial Gerechten.“ Dieser Geist dreht so weit auf links, dass offensichtlich selbst Parteimitglieder aus den eigenen Reihen das kalte Grausen bekommen. Dann wird weiter ausgeführt, dass in den beiden Bundestagswahlprogrammen verklausuliert autoritäre Botschaften enthalten seien, zum Beispiel dass man künftig Verkehr und Transport auf die Bahn und das Fahrrad verlagern soll. Also

(Abg. Höcke)

pure Ideologie und Bevormundung findet Herr Schäfer und teilt dann auf Kopfbogen des Hessischen Finanzministeriums mit: „Ich bin überzeugt, damit können Sie als Abgeordnete den Wählerinnen und Wählern am besten klarmachen, was Ihnen mit Rot-Grün droht.“ Dieser Brief ist offensichtlich Wahlkampfhilfe auf Kopfbogen des Hessischen Staatsministeriums der Finanzen.

(Unruhe CDU)

Jetzt schauen wir uns mal an, worum es hier geht. Hier geht es darum, dass der Kollege Markov und ich als Europaminister bei der Linksfraktion im Deutschen Bundestag dafür geworben haben, anders als das bisher der Fall gewesen ist, diesem Antrag der Bundesregierung auf Griechenlandhilfe zuzustimmen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich denke, dass jeder, der nicht vollständig voreingenommen, wie es die beiden Vorredner gezeigt haben, sich diese Briefe anschaut, einen deutlichen Unterschied erkennen wird. Nun stellen Sie sich mal vor, mein Kollege Markov und ich hätten einen gleichlautenden Brief an die Kanzlerin und zugleich Parteivorsitzende der Union und an den Kollegen Kauder in seiner Funktion als Fraktionsvorsitzender gesandt – mal davon abgesehen, dass wir die nicht geduzt hätten. Ich sage Ihnen, auf Ihrer Seite wäre gar nichts passiert, denn das ist alltägliche Praxis. Staatsorgane und politische Parteien tauschen ihre Ansichten über bestehende politische Probleme aus und wirken so am politischen Willensbildungsprozess mit. So verlangt es im Übrigen auch das Grundgesetz. Deshalb entspricht es auch der parlamentarischen Praxis in den Ländern und im Bund, dass sich Minister schriftlich an einzelne Abgeordnete, Fraktionen oder auch an Parteien wenden, um zum Beispiel für politische Ansichten zu werben. Die sogenannten Liebe-Freunde-Briefe von unterschiedlichen Parteien, die im Bund auch durch entsprechende Bundesministerinnen und Bundesminister an die lieben Freunde aus Fraktion und Partei versandt werden, sind insofern eine Praxis, die bisher auch bei der Union keine Kritik gefunden hatte. Ich finde diese parlamentarische Praxis übrigens richtig und kann deshalb die Aufregung hier im Landtag nicht verstehen. Denn ich glaube, dass Sie nicht Herrn Schäuble in Zukunft ebenfalls untersagen wollen, sich an seine Kollegen in der Bundestagsfraktion zu wenden.