stimmt jedoch nicht, da diese Regelung bereits in §§ 23a und 54 Aufenthaltsgesetz enthalten ist. Auch der Vorschlag der AfD, das Abstimmungsverhalten der Kommissionsmitglieder öffentlich zu dokumentieren, soll einzig und allein der Einschüchterung dienen.
Das hat nichts mit Transparenz zu tun, wenn Sie hier Menschen und ihre Schicksale vorführen. Ihnen fehlt wirklich jegliche Empathie. Wie menschenverachtend Sie hier vortragen, mussten wir ja vorhin schon erleben. Aus diesen Gründen lehnen wir mit menschenverachtender Feder geschriebene AfD-Gesetzentwürfe grundsätzlich und diesen aus tiefer Überzeugung ab.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Zunächst mal zu dem Einwand, man möchte jetzt erst mal prüfen, ob das, was Frau Kollegin Herold da berichtet hat, zulässig gewesen ist. Also, meine Damen und Herren, liebe Frau Berninger, liebe Frau Rothe-Beinlich …
Ja, das ist eine Geschäftsordnung, richtig. Und Sie sollten nicht nur die Geschäftsordnung der Härtefallkommission kennen, Sie sollten auch die Artikel unserer Thüringer Landesverfassung kennen. Da gibt es den Artikel 55, der sagt klipp und klar: Kein Abgeordneter darf für Äußerungen hier im Plenum rechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Das hat auch seinen guten Grund, weil man nämlich sonst Dinge verheimlichen kann, die der Abgeordnete hier im Plenum nicht erwähnen kann.
Jetzt können Sie – wenn Sie keinen Juristen zur Hand haben – gern mal im Stuhlkreis ausknobeln, was denn wohl am Ende welches Recht bricht, ob die Verfassung die Geschäftsordnung bricht oder die Geschäftsordnung die Verfassung. Ich könnte Ihnen da einen Tipp geben, aber Sie kommen wahrscheinlich selbst dahinter. Das vielleicht mal zur Einführung.
Ansonsten wollen wir uns mal wieder auf den Kern der Sache konzentrieren. Bei dem Ersuchen der Härtefallkommission geht es darum, Ausländern, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, doch noch eine Aufenthaltserlaubnis aus dringenden humanitären und persönlichen Gründen zu erteilen – also nicht aus rechtlichen Gründen. Genau das nennt sich „Gnade vor Recht“; das ist Gnade vor Recht.
Gegen diese Gnadenakte – auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen – hat auch die AfD-Fraktion hier im Thüringer Landtag nichts einzuwenden. Auch der AfD ist klar, dass es manchmal bei der Rechtsanwendung zu Ergebnissen kommt, die nach der herrschenden Sitte und Moral nicht vertretbar erscheinen. Das gibt es natürlich auch in Fragen des Ausländerrechts.
Was hier in Thüringen, meine Damen und Herren, unter dem Namen der Härtefallkommission stattfindet, das ist wieder was ganz anderes als Gnade vor Recht. Das ist die Spitze eines verborgenen massiven Rechtsbruchs.
Man kann hier im Grunde gar nicht mehr von einem Rechtsvollzug im eigentlichen Sinne sprechen. Im Gegenteil, hier in Thüringen gibt es mittlerweile ein ausgefeiltes System, illegale Zuwanderer im Land zu behalten. Ich weiß, das ist für Sie natürlich eine steile These, aber ich werde sie Ihnen jetzt mal etwas begründen. Dazu muss man sich auch mal anschauen, wie der Rechtsvollzug in Thüringen überhaupt läuft. Wir haben ungefähr 3.200 bis 3.400 ausreisepflichtige Ausländer über die letzten zwei Jahre und der Freistaat scheitert, diese Zahl zu verringern. Er scheitert mit dem Rechtsvollzug. Warum ist das so? Nun natürlich einmal aufgrund der Unfähigkeit der Landesregierung, auf die Realität zu reagieren. Die lautet nun mal, dass Migranten, die hier keinen rechtlichen Anspruch für ein Bleiberecht haben, sich trotzdem gern in Thüringen einrichten möchten, natürlich untertauchen, um der Abschiebung zu entgehen. Das ist der Grund, warum bei circa 3.200 bis 3.400 Ausreisepflichtigen 1.909 Ausreisepflichtige derzeit abgetaucht sind. Das ist ein Armutszeugnis für diese Landesregierung, die reagiert nicht auf die Realität.
Das ist so, weil der Justizminister und leider auch der Innenminister nichts tun, um diesen Missstand zu beheben, um das Recht wieder in Vollzug zu bringen. Weil sie den Fahndungsdruck nicht erhöhen, weil sie die Fahndungsorganisation nicht verbessern, weil sie nicht für genügend Abschiebehaftplätze sorgen, deswegen ist das Untertauchen
möglich. Und selbst in den Fällen, in denen eine Abschiebung möglich wäre, wird in einer viel zu hohen Zahl der Fälle eine Abschiebung durch die Praxis der Härtefallkommission verhindert. So wurden, das müssen Sie sich mal im Verhältnis überlegen, im Jahr 2015 461 Ausreisepflichtige abgeschoben, aber 75 Härtefälle zugesprochen. Das heißt, 75 Leute, die nach dem geltenden Recht eigentlich hätten ausreisen müssen, durften hierbleiben – das im Verhältnis zu 461 Abschiebungen. Im Jahr 2016 ist es im Grunde noch schlimmer. Da waren es bis in den August schon 139 Fälle, die sozusagen mit Gnade vor Recht hier eine Aufenthaltserlaubnis bekommen haben, obwohl es diese hätte gar nicht geben dürfen. Das Ganze steht im Verhältnis zu insgesamt 600 Abschiebungen. Das ist ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, das überhaupt nicht hinnehmbar ist. Dieses Missverhältnis hat mit Gnadenakten nichts mehr zu tun.
Das zeigt, dass der Rechtsstaat hier in Thüringen aus Gründen politischer Ideologie zum Teil außer Kraft gesetzt wird, und zwar von einer rot-rot-grünen Landesregierung mit ihrer Unterstützung aus den Fraktionen.
Wenn man sich das mal genauer anschaut, wo diese Härtefälle dann herkommen, was das für Leute sind, dann wird im Grunde noch eindeutiger, dass es sich hier um einen Missbrauch handelt. Allein 2016 kamen 89 Härtefälle aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens und aus Albanien, also aus sicheren Herkunftsstaaten,
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da gibt es wohl keine Min- derheiten oder was?)
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das Recht auf Asyl bezieht sich aber nicht nur auf Krieg!)
dass sich diese Landesregierung und diese Regierungsfraktionen mit Händen und Füßen gegen die Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten auf genau diese Staaten gewehrt haben, fällt es einem unglaublich schwer, nicht anzunehmen,
dass diese Spruchpraxis der Härtefallkommission und das Einvernehmen des Justizministers kein Missbrauch sein sollen.
Wie kann es sein, meine Damen und Herren, dass über solche Fälle, wie von Frau Kollegin Herold vorgestellt, in denen teilweise sogar Leute ein Aufent
haltsrecht bekommen, die vom Sozialstaat leben und zusätzlich noch durch Schwarzarbeit Geld verdient haben, die dieses Geld nicht zurückzahlen wollen, überhaupt erst einmal entschieden wird? Wenn Sie der Bevölkerung draußen sagen, dass die Härtefallkommission sich solcher Fälle annimmt, und ihr das versuchen zu erklären, dann werden Sie auf ganz viel Unverständnis stoßen. Es hat nichts mit Missbrauch zu tun, diesem Unverständnis hier im Parlament einen Raum zu geben. Genau dafür ist das Parlament nämlich da, Frau Rothe-Beinlich.
Wie kann es überhaupt sein, dass der Härtefallkommission solche Fälle vorgelegt werden? Nun, da liegt der Fehler im System. Dieses System regelt die Rechtsverordnung, die bereits angesprochen worden ist. Die regelt nämlich, dass der Zugang zur Härtefallkommission über Kommissionsmitglieder erfolgt. Das ist keinesfalls eine logische Geschichte, denn das Härtefallkommissionsmitglied nimmt sozusagen einerseits die Stelle des Anwalts des betroffenen Ausländers wahr, entscheidet aber andererseits auch über das Härtefallersuchen. Er ist also Anwalt und Richter in einer Person.
Meine Damen und Herren, das hat aus gutem Grund in unserer Justiz seit ungefähr 400 Jahren so nichts mehr zu suchen. Das ist getrennt, das hat man aus guten Gründen getrennt.
Verstärkt wird dieses Problem noch dadurch, dass das in weiten Teilen der Bevölkerung vorhandene hohe Interesse am Vollzug der Abschiebung in der Härtefallkommission nicht wirksam vertreten ist. Die entsprechenden Mehrheitsverhältnisse werden nämlich dadurch be- und verhindert, dass sich ein erheblicher Teil der Kommissionsmitglieder unter anderem aus den Kirchen und anderen Bereichen der Sozialwirtschaft rekrutiert. Diesen ist gemein, dass sie sich gesellschaftlich als Anwälte der Migranten positionieren, dass sie mit ihren Sozialverbänden in der Asylkrise schwer verdient haben, dass sie zwar politisch nicht durch Wahlen legitimiert sind, aber trotzdem politische Mitbestimmung verlangen und dass dieser Anspruch hier in Thüringen auch erfüllt wird. Aber es geht eben auch noch weiter: In Thüringen dürfen Kirchen und Sozialverbände sogar über die Härtefallkommission Recht mit außer Vollzug setzen und dafür sorgen, dass von der sozialen Fürsorge abhängige Migranten, mit denen Kirchen und Sozialverbände eine Menge Geld verdienen, nicht abgeschoben werden.
Erhellend ist in dem Zusammenhang die Auskunft der Landesregierung an den Kollegen Herrgott von der CDU. Der hatte nämlich nachgefragt, bei wie vielen Fällen der Härtefallkommission der Umstand
eine Rolle gespielt hat, ob der Lebensunterhalt des betroffenen Ausländers gesichert ist. Und die Antwort, meine Damen und Herren, bestand aus drei Worten, nämlich: in keinem Fall. In keinem Fall von Hunderten Fällen!
Bestenfalls kann man den Kommissionsmitgliedern von Kirchen und anderen Sozialverbänden daher massive Interessenkonflikte und damit Befangenheit aus politisch-ideologischen bzw. wirtschaftlichen Gründen attestieren; Günstlingswirtschaft täte es allerdings auch. Dass die Kommission andererseits die ideologisch-wirtschaftlichen Interessen der hinter den Kommissionsmitgliedern stehenden Institutionen so skrupellos zulasten der Gesellschaft umsetzt, liegt an einer dritten Ursache. Über die Härtefallersuchen der Kommission werden kaum Informationen veröffentlicht, die Information wird sogar unterbunden – wir sehen das ja auch heute an den Reaktionen. Diese Nichtinformationspolitik hat natürlich einen angenehmen Nebeneffekt für die Multikultiideologen in der Landesregierung und in den Kirchen und Sozialverbänden: Der Missbrauch des Gnadenrechts wird in der Bevölkerung nicht wahrgenommen und eine Kritik der Öffentlichkeit an der ausufernden Praxis der Härtefallkommission ist daher ebenso wenig möglich wie eine rechtliche Überprüfung dieser Vorgehensweise. So wird der Härtefall eben zum Regelfall – und das muss sich ändern.
Wie man das ändert, zeigt unser Gesetzentwurf. Zum einen muss die Härtefallkommission natürlich auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Das geht selbstverständlich, da eine gesetzliche Grundlage über dem Verordnungsrecht der Landesregierung steht. So wird das auch in anderen Bundesländern gemacht. Natürlich muss auch dafür gesorgt werden, dass endlich wieder eine demokratische Legitimation innerhalb der Härtefallkommission vorhanden ist, und das erreichen wir eben durch die Vertreter der im Landtag vertretenen Fraktionen. Das ist ein Vorschlag, man kann auch gern etwas anderes machen. Aber wer dort jedenfalls das Übergewicht haben muss oder auf jeden Fall eine Stimme haben muss, sind die Vertreter des Wählerwillens.
Weiterhin beugen wir der Befangenheit der Kommissionsmitglieder dadurch vor, dass wir vorsehen, dass die Anträge nach unserem Gesetzentwurf nicht mehr beim Kommissionsmitglied selbst eingereicht werden, der sich dann mit dem Menschen vorbefasst, sondern bei der Geschäftsstelle. Dadurch wird so eine emotionale Vorbefassung eben verhindert. Das ist selbstverständlich möglich, das Aufenthaltsgesetz sieht also keine Ausschlussklausel vor, für welche Art von Briefkästen sich die Landesregierung hier zu entscheiden hat, wo dieser
Antrag einzureichen ist. Also das wäre großer Unsinn, den Sie da angegeben haben, Frau Berninger. Das ist sicherlich wichtig.
Was auch wichtig ist, sind die Ausschlussgründe, da haben wir auch ein bisschen nachjustiert. Wir haben also gesagt, dass wir – klar – keine hundertprozentige Rechtstreue von Antragstellern verlangen, aber was wir schon verlangen, ist natürlich, dass er nicht so viel auf dem Kerbholz hat, dass – wenn es einen Deutschen betreffen würde, einen normalen europäischen Staatsbürger hier in Deutschland betreffen würde – derjenige dann bestimmte Dinge nicht mehr machen könnte. Zum Beispiel haben wir uns da exemplarisch am Waffenrecht orientiert. Also derjenige Bürger, der unwiderleglich als unzuverlässig gilt, ist derjenige, der also 60 Tagessätze auf dem Kerbholz hat.