Protocol of the Session on June 1, 2017

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Abwasserbehandlung, den kommunalen Klimaschutz, die Förderung von mehr Barrierefreiheit, den Breitbandausbau und alle weiteren nachhaltigen Investitionen wollen wir hiermit unterstützen. Einerseits kann damit ein teilweise vorhandener Investitionsstau weiter abgebaut werden, andererseits setzen wir für die Kommunen neue Impulse. Das Beste ist aber, dass dafür kein Nachtragshaushalt erforderlich ist, denn die Kompetenzen haben wir als Koalition hier im Landtag. Da brauchen wir auch keine CDU, die sich beispielsweise im Ausschuss gegen die Kommunen stellt und stattdessen eine Verschiebung der Investitionen auf den Sankt Nimmerleinstag plant.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ja, ja, ja!)

Aber da hat man auch wieder einmal gesehen, wer sich wirklich für die Kommunen einsetzt und wer sich nur taktisch in Szene setzen will, um dann, wenn es ernst wird, mit der Bedenkenkeule um die Ecke zu kommen, um den Kommunen die 100 Millionen Euro zu verweigern.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Halte doch mal eine freie Rede und lies nicht vor!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, erklären Sie doch bitte den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern draußen im Land, warum Sie nicht bereit sind, dieses Gesetz zu unterstützen und den Gemeinden die erforderlichen Mittel zu geben bzw. sie nicht vorzuenthalten. Ein bisschen mehr Mut hätte ich mir an dieser Stelle schon von Ihnen gewünscht – und deutlich mehr als das, was wir heute gesehen haben. Zum Glück haben die rot-rot-grüne Landesregierung und die Koalition diesen Mut aufgebracht, Ihnen in der Opposition scheint er gänzlich zu fehlen.

Wir tun dies alles, weil uns als Koalition die Kommunen wichtig sind. Wir reden nicht nur darüber, sondern setzen das auch tatsächlich um. Deswegen haben wir uns gegenwärtig versprochen – und das halten wir heute –, dass wir die Spielräume, die wir uns erarbeiten, nutzen, um Investitionen zu tätigen, ohne weitere Schulden zu machen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir von Investitionen sprechen, dann sprechen wir nicht über Investitionen in Beton oder Straße, sondern, wie schon erwähnt, in Klimaschutz oder auch in unsere Kinder, beispielsweise über die qualitative Besserstellung in der Kita-Ausstattung. Das heißt, wir reden nicht nur darüber, sondern wir handeln und wir setzen hier die richtigen Schwerpunkte. Wir schaffen all das mit einem ausgegliche

(Abg. Höhn)

nen Haushalt und – soweit darf ich mich sicherlich schon mal aus dem Fenster lehnen – wir werden auch zukünftig in dieser Landesregierung über ausgeglichene Haushalte sprechen. Das hat auch nichts mit Glück zu tun, denn das Glück der niedrigen Zinsen und der hohen Steuereinnahmen haben auch andere Länder und hier kann man sich an der einen oder anderen Stelle durchaus fragen, was die damit machen. Ich glaube, wir handeln ausgesprochen verantwortungsvoll,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wir helfen den Kommunen dort, wo wir können. Das heißt, das, was die Menschen sich erarbeitet haben, muss auch durch vernünftige Politik flankiert werden, und das leisten wir hier heute. Genau das machen wir und damit sind die 100 Millionen Euro Investitionen ein Gemeinschaftsergebnis der Menschen, die das erarbeitet haben, und der guten Finanzpolitik dieser rot-rot-grünen Koalition. Wir tun das auch, weil wir wissen, dass die Kommunalpolitik für die Bürgerinnen und Bürger das Gesicht der Politik ist. Die Kommunalpolitik ist die Schnittstelle, an der die Menschen Politik wahrnehmen. Deswegen stehen wir alle, Land und Kommunen, in der Verantwortung, diese Schnittstelle organisatorisch und finanziell vernünftig auszustatten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt darf ich zwei Dinge rügen: Ein Gutachten des Juristischen Dienstes als „dubios“ zu bezeichnen, verdient eine Rüge und keinen Vogel. Dafür bekommt der Abgeordnete – ein Gutachten des Juristischen Dienstes als „dubios“ zu bezeichnen, verdient eine Rüge, die bekommen Sie jetzt.

(Beifall CDU, AfD)

Und dafür, dass der Abgeordnete Mohring Ihnen einen Vogel gezeigt hat, bekommt er auch eine Rüge.

(Zwischenruf Abg. Müller, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich habe ein solches nicht gese- hen und nicht bekommen!)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ich habe mich gemeldet!)

Ach, das war die Meldung! Dann nehme ich diese Rüge zurück.

(Unruhe DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, das war die Meldung. Jetzt hat Abgeordneter Kuschel das Wort, der freut sich schon.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es stellt sich in der Debatte gerade die Frage: Was will denn die CDU? Was will denn Herr Andreas Bühl beispielsweise? Der Zeitpunkt Ihres jetzigen Agierens deutet darauf hin, dass Sie Ihre inhaltliche Schwäche dadurch zu kaschieren versuchen, indem Sie hier wieder verfassungsrechtliche Formalitäten in die Debatte werfen.

Ihr vorrangiges Ziel ist es zunächst, die Beschlussfassung zum Gesetz zu verhindern, also zeitlich zu schieben. Aber Sie müssten mal erklären, mit welcher Motivation Sie das machen. Sie werden andererseits nicht müde, Rot-Rot-Grün aufzufordern, einen Beitrag für die Verbesserung der Finanzlage der Thüringer Kommunen zu leisten, und verweisen in dem Zusammenhang auch immer auf den Jahresabschluss, die Überschüsse, die Steuermehreinnahmen, die Minderausgaben, zum Beispiel bei der Flüchtlingsunterbringung und Integration. Also die Frage, was Sie wollen, müssen Sie beantworten, wenn Sie sich nicht den Vorwurf gefallen lassen wollen, dass es Ausdruck völliger Hilflosigkeit ist. Das unterstelle ich Ihnen erst mal nicht, also Sie werden schon irgendwie ein Konzept haben, aber das müssen Sie noch mal erläutern.

Das Zweite ist der Zeitpunkt. In der Abschlussberatung des federführenden Ausschusses thematisieren Sie Ihre verfassungsrechtlichen Probleme wieder kurz vor dem Ende der Beratungen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Der Haus- halts- und Finanzausschuss ist auf die Idee gekommen!)

Und ich gehe mal davon aus, Sie haben ausreichend Sachkompetenz in Ihren Reihen, dass Sie die Bedenken, die Sie jetzt geltend machen, schon zu einem früheren Zeitpunkt erkannt haben. Aber Sie haben offenbar wieder bis zum Schluss gewartet,

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ganz dün- nes Eis!)

um jetzt hier wieder ein Verfahren hinauszuzögern. Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis will ich auf ein paar Passagen der gutachtlichen Stellungnahme des Juristischen Dienstes eingehen. Ich nehme diese gutachtlichen Stellungnahmen des Juristischen Dienstes immer sehr ernst und setze mich damit auseinander – also insofern auch danke dafür!

Herr Kuschel, erlauben Sie vielleicht vorher noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Geibert, bevor Sie die Passagen zitieren?

(Abg. Müller)

Herr Geibert, bitte.

Vielen Dank. Herr Abgeordneter Kuschel, können Sie sich daran erinnern, dass Sie selbst im Haushalts- und Finanzausschuss den entsprechenden Antrag auf Einholung eines Gutachtens abgelehnt haben?

Ich habe mich nicht zum Gutachten geäußert, sondern ich habe mich dazu geäußert, dass, wenn Sie Bedenken haben, Sie doch bitte die Bedenken nicht in der abschließenden Beratung äußern, sondern Sie können das doch schon zum Beispiel nach Überweisung des Gesetzentwurfs an den jeweiligen Ausschuss geltend machen, sodass das auch zum Beispiel Gegenstand der Anhörung sein könnte.

(Unruhe CDU)

Das haben Sie alles nicht gemacht. Es war ja nicht mal Gegenstand der Anhörung. Dort hätte es doch hingehört. Keiner der Anzuhörenden hat irgendwie auch nur diesen Aspekt als Randthema bezeichnet.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das ist doch der Vorwurf, nicht, ob jetzt zum Schluss noch ein Gutachten oder eine gutachtliche Stellungnahme angefertigt werden soll. Es geht um den Zeitpunkt, wann Sie Ihre Bedenken geltend machen. Wir haben das früher in der Opposition immer so gemacht, wenn wir Bedenken erkannt haben, haben wir sie sofort in das Verfahren eingebracht – sofort – und nicht bis zum Schluss gewartet, um dann noch irgendetwas hinauszuzögern.

(Unruhe CDU)

Meine Damen und Herren, das Gutachten ist deshalb also auch geeignet, weil es in sich selbst auch Hinweise gibt, dass die von der CDU geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken ins Leere laufen. Das geht aus dem Gutachten hervor. Ich möchte mich insbesondere also mit dem Monopol der Landesregierung beschäftigen, ein solches Gesetz vorzulegen. In der gutachtlichen Stellungnahme ist auf Seite 5 formuliert – ich zitiere –: Folglich läge ein Verstoß gegen Sinn und Zweck des Einbringungsmonopols der Landesregierung nicht vor, wenn der entsprechende Entwurf eines Haushaltsgesetzes oder eines gleichgelagerten Gesetzes – wie hier – aus der Mitte des Landtags mit Zustimmung der Landesregierung erfolgen würde oder wenn die Landesregierung zumindest im weiteren Gesetzge

bungsverfahren ihre Zustimmung erteilt. – Jetzt frage ich mal: Was wollen Sie denn eigentlich? Das ist ja eine Schutznorm gegenüber der Landesregierung, dass wir als Landtag sozusagen nicht die Kompetenz im Rahmen der Gewaltenteilung missbrauchen, um die Landesregierung in eine Situation zu bringen, dass sie im Haushaltsvollzug überhaupt nicht agieren kann. Das ist eine Schutznorm für die Landesregierung. Diese Landesregierung hat aber gar kein Schutzbedürfnis angemeldet, sie hat nicht gesagt: Lieber Landtag, ihr macht jetzt was, was in unsere Kompetenz fällt. Also wer ist denn hier irgendwie in seinen Rechten verletzt? Das ist hier eine eindeutige Formulierung in dem Gutachten – herzlichen Dank an die Gutachter.

(Zwischenruf Abg. Geibert, CDU: Lies mal die Zeile davor!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ähnlich geht es hinsichtlich der Dinge, was die Unbestimmtheit anbetrifft. Da werden also solche durchschlagenden Argumente oder Formulierungen verwendet – Herr Präsident, wieder mit Ihrer Genehmigung –, hinsichtlich der Unbestimmtheit gäbe es Bedenken – also Bedenken –, es könnte ein Verstoß vorliegen. Also das ist doch eine derartige Abminderung, sozusagen gefühlt könnte etwas sein. Das ist doch aber nicht ausreichend, meine Damen und Herren von der CDU, weil Juristen ein gewisses Gefühl haben, es könnte sein, wenn – das reicht doch nun wirklich nicht aus, um hier Bedenken zu formulieren.

(Beifall DIE LINKE)

Auch die Formulierung „erscheint die Wahrung des Grundsatzes der Haushaltseinheit zweifelhaft“ – also ich muss mal sagen, wenn das ein Student in seiner Klausur schreibt, da bin ich überzeugt, dann wird der Professor ein wenig sehr nervös und sagt: Was wollen Sie denn jetzt? Zu welchem Ergebnis sind Sie denn jetzt eigentlich gekommen? Weil in der Formulierung eine Position formuliert und sofort wieder relativiert wird. Also insofern gehe ich eher davon aus – und auch das geht aus dem Gutachten hervor –, dass im Rahmen eines solchen Gutachtens durch den Wissenschaftlichen Dienst, auch was die zeitliche Dimension betrifft, eine so komplexe Frage im Rahmen dieses Gutachtens nicht geprüft werden kann. Das steht da so drin.

Also das heißt, meine Damen und Herren von der CDU, Sie müssen sich schon etwas anderes einfallen lassen, wenn Sie hier verfassungsrechtliche Bedenken begründen wollen. Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes macht auf Probleme aufmerksam, formuliert Zweifel, sagt aber zugleich: Das Verfassungsorgan Landesregierung ist offenbar in seinen Rechten gar nicht verletzt, zumindest hat die Landesregierung keine Rechtsverletzung geltend gemacht, und damit ist hier de facto der Weg frei, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen.

Und natürlich kann jedes Gesetz rechtlich angegriffen werden, aber nur von dem, der in seinen Rechten verletzt ist. Wer soll denn jetzt verletzt sein? Die Landesregierung offenbar nicht. Die Kommunen? Ich habe Zweifel, ob die Kommunen gegen das Gesetz klagen werden, weil sie davon profitieren. Bliebe die CDU! Ob die CDU wieder eine Normenkontrollklage oder irgendetwas einlegt, das müssen Sie mit sich verantworten.