Protocol of the Session on March 24, 2017

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Größenwahn sondergleichen!)

Zusätzlich zu den 200 Polizeianwärtern brauchen wir Ersatz für die durchschnittlich 60 außerplanmäßigen Abgänge. Ja, jedes Jahr verlassen 60 unserer Polizisten den Freistaat, gehen in den vorzeitigen Ruhestand oder versterben gar vor Erreichen des Pensionsalters. Hochgerechnet auf zehn Jahre haben wir bei unserer Landespolizei einen Aderlass von 600 Polizisten. Anders gesagt, verlieren wir, wenn die derzeitigen Abgänge so anhalten, in zehn Jahren 10 Prozent unserer Polizei. Der Innenminister muss erklären, warum unsere Landespolizei bei einem geringeren Personalstand als in Sachsen jährlich genauso viele Abgänge wie unser Nachbar zu verkraften hat und wie deren Zahl gesenkt werden kann.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das sind dieselben 10 Prozent wie gestern bei den Hunden!)

In der Thüringer Polizei herrscht der Personalnotstand. Rund 780 Polizisten sind eingeschränkt dienstfähig, befinden sich in Elternzeit oder im Mutterschutz. Dazu kommen 473 unbesetzte Dienstposten im Polizeivollzugsdienst, also gerade bei den Polizisten auf der Straße. 39 unbesetzte Dienstposten fehlen im Verwaltungsdienst. Die Mehrarbeitsguthaben als Überstunden, die über ein Zeitguthaben von 60 Stunden hinaus gehen, haben sich dramatisch erhöht. Im Jahre 2013 wurden al

(Abg. Walk)

lein im Landeskriminalamt 701 Überstunden geleistet. 2015 schon 1.620. Besonders die für die Bekämpfung der Staatsschutzdelikte, also der politisch motivierten Kriminalität und des Terrorismus, zuständige Abteilung II arbeitet am Limit. Deren Überstunden machten im Jahre 2015 den Löwenanteil der Überstunden insgesamt aus; 1.019 von 1.620.

Für die Polizei ist der Himmel in Thüringen nicht blau, sondern grau.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So, so!)

Für schlechte Stimmung sorgt auch, dass die Ausstattung mit Personal Computern, Laptops und vor allem mit Druckern in Dienststellen unzureichend ist. Es fehlt schlicht und einfach an Druckern im Büro. Es kann doch nicht sein, dass der Polizist erst mal um das halbe Bürogebäude laufen muss, um eine Strafanzeige auszudrucken. Dafür gibt es keine Rechtfertigung. Sollte es so sein, dass gesundheitliche Gründe gegen den Laserdrucker im Büro sprechen, so sind eben Tintenstrahldrucker anzuschaffen.

(Beifall AfD)

So schwer kann es doch nicht sein, auch wenn man dafür Änderungen, zum Beispiel im Beschaffungswesen, vornehmen muss – und Drucker kosten auch nicht die Welt. Wie wir aus gut informierten Kreisen erfahren haben, fehlen übrigens auch mobile Diensttelefone. Auch da kann man sagen: Kleines Geld, große Wirkung. Für unsere Landespolizei sollte es eigentlich immer genügend Geld geben. Aber diese Landesregierung setzt ihre Prioritäten anders und gibt lieber Geld für ideologische Mätzchen und Absurditäten aus, anstatt für eine gute Ausstattung unserer Polizisten zu sorgen. Dabei sind es gerade die Bürger im Freistaat, die von einer personell und materiell gut ausgestatteten Polizei profitieren.

Mit dem letzten Punkt unseres Antrags geht es uns darum, in Thüringen endlich eine Internet-Wache zu schaffen, die es in fast allen Bundesländern, nämlich in insgesamt 11 von 16, gibt. Die bestehende Möglichkeit, über die Kontaktseiten der Thüringer Polizeibehörden Strafanzeigen online zu stellen, die dann an die zuständige Dienststelle weitergeleitet werden, ist ein guter Anfang, aber zu umständlich. Die Einrichtung von Internet-Wachen ist für alle ein Gewinn, für den Bürger, der die Anzeige ohne lange Wartezeiten auf der Wache stellen kann, für die Polizei, die schnell mit den Ermittlungen beginnen kann. Aufgrund von Erfahrungen aus anderen Bundesländern – namentlich NordrheinWestfalen – ist infolge der Einrichtung einer Internet-Wache mit einem Mehraufkommen von Anzeigen zu rechnen. Schon allein deshalb muss für eine Internet-Wache auch mehr Personal her. Vor allem

muss eine Internet-Wache rund um die Uhr erreichbar sein. Dafür muss natürlich Personal bereitstehen, welches das System betreut. Die Internet-Wache könnte beim Landeskriminalamt oder bei der Landeseinsatzzentrale angesiedelt werden. Das Wichtigste wäre aber, dass sie kommt, und zwar nicht erst 2020, sondern spätestens zum 1. Januar 2018.

(Beifall AfD)

Wenn es so sein sollte, dass das eher passiert, umso besser. Thüringen muss die Avantgarde und nicht die Nachhut sein. Alle, denen die Polizei in unserem Land am Herzen liegt, können unserem Antrag zustimmen. Die Grünen und die SPD haben übrigens in Bayern gerade erst für die Internet-Wache gestimmt. Wir sind also schon auf Ihre Argumentation gespannt, welche Gründe in Thüringen dagegen sprechen können. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Henke. Das wird uns jetzt wahrscheinlich Frau Marx sagen. Bitte, Frau Marx, Sie haben das Wort.

Ja, Herr Henke – Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen –, wenn Sie hier angefangen haben mit einem Brief aus dem letzten Jahr, um da noch mal sozusagen auf einen alten Stand zurückzufallen, den wir schon längst überwunden haben. Dann haben Sie auch wieder mit einer umfangreichen Problembeschreibung weitergemacht. Es hat keiner hier so getan, als ob alles in Ordnung wäre bei der Polizei und nicht vieles besser zu machen ist. Aber dann kommt Ihr kleiner Antrag daher, mit genau drei Punkten – Anwärterzahlen erhöhen, mehr Computer anschaffen und eine Internet-Wache einrichten. Das soll jetzt der blaue Himmel sein, der die Polizei von Thüringen voranbringt? Also Sie überheben sich hier doch ein bisschen.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Das sind fünf Punkte!)

Sie haben zwar Gespräche geführt – das tun wir alle – und haben auch reale Probleme dort erfahren. Die gibt es, die will auch keiner kleinreden, aber zur Lösung bieten Sie wie immer nichts an bzw. nur Sachen, die ohnehin schon in Arbeit sind. Die Anwärterzahlen werden erhöht, Computer werden angeschafft und die Internet-Wache ist ein nettes Spielzeug, aber das ist nicht die fundamentale Problematik, die wir hier in Thüringen zu lösen haben. Wir alle kümmern uns und haben uns auch weiter zu kümmern, um existenzielle Fragen, um die Frage: Wie ist der Dienst so, dass die Kolleginnen und Kollegen ihn gern verrichten, dass sie gesund nach

(Abg. Henke)

Hause kommen? Wie können wir – das ist schon angesprochen worden – das Gesundheitsmanagement verbessern? Der Kollege Walk hat auch andere Punkte aufgezählt, die zu Recht auch noch auf unser aller To-do-Listen stehen sollten. Das ist auch die Frage der Beförderung. Dazu hat uns auch in diesen Tagen wieder eine neue Zuschrift erreicht. Wir nehmen das alles ernst. Wir arbeiten das ab, allerdings seriös und nicht mit irgendwelchen langen Debatten, wo man sich hier als Sachwalter der berechtigten Polizeianliegen aufspielt und dann am Ende, wie gesagt, mit drei kleinen Punkten hier glaubt, den Himmel über Thüringen blauer zu machen. Der Himmel wird dadurch nicht blauer, sondern er bleibt vielleicht AfD-blau, aber er wird nicht heller und er wird nicht schöner für unsere Kolleginnen und Kollegen, die in der Polizei ihre wichtige und unverzichtbare Arbeit für uns alle verrichten. Wir haben jetzt einen großen Schritt vorwärts gemacht mit der Erhöhung der Anwärterzahlen. Wir können damit die Abgänge auffangen. Wir müssen zusehen, dass wir die anderen Probleme auch nach und nach lösen. Wir haben hier als rotrot-grüne Landesregierung sehr viel aufzuholen gehabt. Das ist nicht nur der Sicherheitslage geschuldet, Herr Kollege Walk, denn die Abgangszahlen waren, wie Herr Kollege Dittes vorhin richtig dazwischen gerufen hat, schon 2012 absehbar. Man hat damals allerdings geglaubt, man würde mit weniger Polizei auskommen, weil man dann mit den alten Anwärterzahlen sehenden Auges eine Ausdünnung von Polizei hingenommen hätte. Das schaffen wir nicht. Das können wir nicht machen. Da ist Rot-RotGrün aber ein Garant jetzt erst einmal dafür, dass die Polizeistärke erhalten bleibt. Die weiteren Probleme werden wir nach und nach angehen müssen und dann auch lösen, aber konzentriert auf die Sache und nicht auf irgendwelche Einzelaktionen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Marx. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Bitte schön, Herr Abgeordneter Kießling.

Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Frau Marx, Sie haben gesagt, die kleinen Aktionen nützen nichts, es ist alles in Ordnung. Herr Walk hat auch gemeint, es wäre alles schön, alles toll, alles prima. Dem ist nicht so. Ich will diesen einen kleinen Punkt zu den Druckern aufgreifen. Ich war persönlich selbst schon mehrmals leider Gottes in der Polizeiwache. Was musste ich erleben? Dort gibt es keinen Drucker in der Form, dass der Drucker am Arbeitsplatz steht, weil die Polizei dann durch das

ganze Haus rennen muss, um die Anzeige ausdrucken zu können. Man überlegt ständig, kann ich jetzt den, der die Anzeige erstattet, im Raum allein lassen? Muss ich den nächsten Polizisten holen? Muss ich denjenigen hinausschicken? Es vergehen Minuten kostbarer Arbeitszeit. Der Drucker ist nicht am Arbeitsplatz des Polizisten. Ich habe eine Kleine Anfrage dazu gemacht. Da gab es auch eine Antwort. Da hieß es explizit, es werden keine Drucker am Arbeitsplatz angeschafft. Es wären ausreichend Multifunktionsdrucker vorhanden. Das ist Blödsinn! Hier behindern Sie die Arbeit der Polizei. Die Polizei kann dort nicht vernünftig arbeiten, genau dasselbe Problem existiert mit den Mobiltelefonen. Es gibt ja ein Telefon im Streifenwagen, die Beamten gehen immer zu zweit hinaus. Dummerweise hat einer, wenn sie sich trennen müssen, kein Telefon. Ich weiß es von einem Polizisten, weil ich ständig mit ihnen im Gespräch bin – sie müssen ihr eigenes privates Telefon benutzen, um dienstliche Gespräche zu führen.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Im Zu- ge von Ermittlungsverfahren, oder?)

Das kann nicht die Lösung sein. Diese Probleme sollte man wirklich angehen.

(Beifall AfD)

Also da frage ich mich, wo das Problem sein soll, ein paar Drucker hinzustellen, ein paar Telefone bereitzustellen. Wir haben so viel Geld, aber da haben wir für unsere Polizisten leider kein Geld und Sie wollen auch nichts machen. Das ist eine Schande. Vielen Dank!

(Beifall AfD)

Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen als erfüllt angesehen wird? Es regt sich kein Widerspruch, sodass das Berichtsersuchen als erfüllt angesehen wird. Die Fortsetzung der Beratung des Sofortberichts und des Antrags sind nicht beantragt worden, sodass wir direkt über die Nummer II des Antrags abstimmen.

Eine Wortmeldung, Herr Abgeordneter Henke?

(Zuruf Abg. Henke, AfD)

Nummer II des Antrags oder des Sofortberichts oder beides? Okay. Dann stimmen wir zunächst über die Überweisung der Nummer II Ihres Antrags an den Innen- und Kommunalausschuss ab. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Danke schön. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen und einige aus der CDU-Fraktion. Enthaltungen?

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Alle!)

(Abg. Marx)

Alle? Also, alle sieht anders aus. Aber wir können ja noch mal fragen. Wer ist jetzt dafür? Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion, alle, die da sind. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen und alle von der CDU-Fraktion. Enthaltungen? Keine. Damit mit Mehrheit abgelehnt, sodass wir nun direkt über den Antrag abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind alle Stimmen der AfD-Fraktion. Danke schön. Gegenstimmen? Alle Stimmen der Koalitionsfraktionen und der CDUFraktion. Enthaltungen? Keine. Damit mit Mehrheit abgelehnt.

Vereinbarungsgemäß rufe ich jetzt auf den Tagesordnungspunkt 4 in den Teilen

a) Gesetz zur Änderung des Thüringer Landeswahlgesetzes und des Thüringer Kommunalwahlgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/3274 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Migration, Justiz und Verbraucherschutz - Drucksache 6/3605 ZWEITE BERATUNG

b) Sechstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Landeswahlgesetzes Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU, DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/3505 - Neufassung dazu: Beschlussempfehlung des Innen- und Kommunalausschusses - Drucksache 6/3648 ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich aus dem Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz zur Berichterstattung zu Tagesordnungspunkt 4 a.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf die Beschlussempfehlung aus dem Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz zum Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 6/3274 vortragen. Das ist das Gesetz zur Änderung des Thüringer Landeswahlgesetzes und des Thüringer Kommunalwahlgesetzes. Durch den Beschluss des Landtags in

seiner 73. Plenarsitzung vom 26. Januar 2017 wurde besagter Gesetzentwurf an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz federführend sowie an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen. Der federführende Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat den Gesetzentwurf in seiner 38. Sitzung am 17. Februar 2017 beraten. Der mitberatende Innen- und Kommunalausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 41. Sitzung am 16. März 2017 beraten. Die Beschlussempfehlung lautet: Der Gesetzentwurf wird angenommen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Das Wort hat Frau Abgeordnete Marx aus dem Innen- und Kommunalausschuss zur Berichterstattung zu Tagesordnungspunkt 4 b.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier geht es um das Sechste Gesetz zur Änderung des Thüringer Landeswahlgesetzes und um die Beschlussempfehlung des Innen- und Kommunalausschusses in der Drucksache 6/3648. Durch Beschluss des Landtags in seiner 77. Plenarsitzung vom 24. Februar 2017 wurde der Gesetzentwurf an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen. Der federführende Innen- und Kommunalausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 40. Sitzung am 10. März 2017, in seiner 41. Sitzung am 16. März 2017 und in seiner 42. Sitzung am 22. März 2017 beraten.

In seiner 40. Sitzung am 10. März 2017 hat der Innen- und Kommunalausschuss beschlossen, den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz gemäß § 57 Abs. 4 der Geschäftsordnung um Mitberatung zu ersuchen. Der Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat den Gesetzentwurf in seiner 41. Sitzung am 17. März 2017 und in seiner 42. Sitzung am 22. März 2017 beraten. Die Beschlussempfehlung lautet, den Gesetzentwurf in der Fassung anzunehmen, wie sie Ihnen jetzt verteilt worden ist. Nach der Wortformulierung müsste ich jetzt allen die 20 Seiten vorlesen. Ich frage den Präsidenten, ob ich noch mal alle Gemeinden im Land Thüringen aufzählen soll.

Wenn Sie Lust darauf haben – gern, aber Sie müssen es nicht tun.

Es wäre dann wahrscheinlich weit in den Abendstunden, obwohl wir hier dann mal jede einzelne

(Präsident Carius)