Protocol of the Session on March 23, 2017

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Einfach nur blöd! Einfach nur blöd!)

Sie nennen sich sozial; ein ganzes Arbeitsleben stecken Sie sich nach fünf Jahren in die Tasche.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Einfach nur blöd!)

Herr Korschewsky, bitte mäßigen Sie sich etwas in den Zwischenrufen!

Es wäre auch schön, wenn hier ein bisschen Ruhe auf der Regierungsbank wäre. Also wenn Herr Ramelow …

Die Regierung darf immer reden, aber ich gehe davon aus, dass er Sie nicht weiter stören möchte. Herr Brandner, bitte.

Herr Ramelow, da können Sie auch noch etwas lernen hier. Hören Sie mir zu!

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Mann, ist das arrogant!)

Herr Brandner – jetzt.

Also ich war dabei, dass die Renten draußen für Frauen 800 Euro nach einem Leben voller Arbeit sind und ungefähr 1.000 Euro für Männer. Ganz anders, Herr Ramelow, die Abgeordneten hier im Thüringer Landtag, nach gerade mal sechs Jahren erhält man zwischenzeitlich knapp 1.400 Euro und diese 1.400 Euro erhält man auch nicht erst wie jeder andere mit 65 oder 67 Jahren, sondern man kann nach einigen Jahren im Parlament den Renteneintritt vorziehen bis auf 57 Jahre, also zehn Jahre eher abschlagsfrei in Rente gehen. Jeder da auf den Rängen – ich weiß nicht, ob Sie das können; ich könnte es nicht, aber unsere Referenten können das –, Sie können sich ausrechnen, wenn

Sie zehn Jahre eher in Rente gehen, haben Sie einen Abschlag von ungefähr einem Drittel. Uns Abgeordnete betrifft das nicht. Wir halten uns offenbar für schwer vermittelbar auf dem Arbeitsmarkt – anders ist es nicht zu erklären – nach einigen Jahren im Parlament und sagen: Arbeitsmarkt geht nicht mehr, wir gehen gleich in die Rente – also auch eine Bevorzugung von Abgeordneten, die durch nichts zu rechtfertigen ist.

Meine Damen und Herren, diese knapp 1.400 Euro, die ich gerade erwähnte, sind auch nur der geringste Zahlbetrag, sozusagen der Einsatz. Das System der Abgeordnetenrenten ist mit zahlreichen Steigerungsfaktoren versehen. Sie kriegen einen richtig feuchten Mund, wenn ich das sage – oder? –, was Ihnen da noch alles in den nächsten Jahren so zufliegt! Einerseits werden die zugrunde liegenden Abgeordnetenentschädigungen automatisiert angepasst. Ich hatte das schon gesagt, auch da waren wir dagegen, automatische Diätenerhöhungen wollten wir abschaffen, wir warten auf die Arbeitsgruppe von Frau Rothe-Beinlich. Andererseits steigt der prozentuale Rentenanspruch im Jahrestakt. Nach rund 14 Jahren erhält ein Abgeordneter eine Pension oder eine Rente von 2.500 Euro. Aber da geht noch mehr! Im besten Falle verlässt man das Haus mit sage und schreibe 3.800 Euro Rentenanspruch heute, in Zukunft wird wahrscheinlich die 4.000er-Marke demnächst geknackt werden. Das ist, wenn ich mich richtig informiert habe, ein Betrag, den ein deutscher Rentner aus der Deutschen Rentenversicherung niemals erreichen wird, egal, wie lange er einzahlt, egal, wie viel er verdient. Das haben wir hier nach 23 Jahren schon so gut wie sicher. Damit wollen wir von der AfD Schluss machen.

Meine Damen und Herren, die AfD lehnt eine solche Besserstellung – ich habe das deutlich gemacht – auf Kosten der Allgemeinheit ab. Demokratische Werte und der Anspruch der Abgeordneten, Volksvertreter zu sein, erlauben keine ungerechtfertigte, ja geradezu hemmungslose Selbstbedienung aus der Steuerkasse. Die Abgeordnetenrenten belasten die Allgemeinheit nämlich doppelt. Einerseits werden diese horrenden Renten aus der Steuerkasse gezahlt, andererseits zahlen die Parlamentarier keinen Cent in die Rentenkasse ein. Die Folgen dieser Zweiklassengesellschaft erleben wir seit Jahren. Die Durchschnittsrenten sinken und sinken, Herr Ramelow, und in der Politik gibt es keinerlei Bereitschaft, die gesetzliche Rente wieder auf einen grünen Zweig zu bringen.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Die Rechtsanwälte sind in ihrer Rechtsanwalts- kammer!)

Auf der anderen Seite steigen und steigen die Abgeordnetenrenten, und das kann nicht sein. Das ist sozial ungerecht, das wollen wir beenden.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Herr Brandner hat anscheinend den Unter- schied zwischen Regierung und Parlament immer noch nicht verstanden!)

Aber Sie haben doch auch Rentenansprüche hier ersessen, Herr Ramelow, oder?

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Deswegen gehen Sie ja in den Bundestag, damit Sie auch was kriegen!)

(Heiterkeit DIE LINKE)

Aber im Bundestag waren Sie doch auch, Herr Ramelow.

Ich folge Ihnen. Also wenn Herr Höcke keine Lust mehr auf den Ministerpräsidenten hat, dann mache ich das.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen keine Zwiegespräche, weder von hinten, von vorn noch den Seiten haben. Herr Brandner, Sie haben das Wort.

Schön, dass Sie daran erinnern, Herr Präsident.

Meine Damen und Herren, unser Gesetzentwurf sieht daher vor, dass die Abgeordneten genau wie alle anderen draußen in die Rentenkasse einzahlen und von dort dann zu gegebener Zeit zu den dortigen Bedingungen mit 67 eine Rente beziehen. Dieser Gesetzentwurf ist ein erster Schritt hin zu einer weitergehenden Rentenreform. Er ist sozial gerecht und ein Schritt in die richtige Richtung und ein Schritt vor allem, den wir sofort gehen können, ohne die Rothe-Beinlich’sche Arbeitsgruppe abwarten zu müssen. Die von uns geforderte Anpassung liegt im Rahmen des rechtlich Möglichen und kann sofort vollzogen werden. Mit unserem Gesetzentwurf fließt das Geld dann nicht mehr direkt aus dem Landeshaushalt als faktische Pension in die Tasche der Abgeordneten. Stattdessen geht die Zahlung vom Landeshaushalt in die Rentenkasse und steht dort im Rahmen der Umlagefinanzierung der Allgemeinheit und allen Rentenbeziehern zur Verfügung. Das Geld des Steuerzahlers fließt also dann erst mal in die Rentenkasse und von dort wird es solidarisch umverteilt – so wie es sein soll.

Vor allem die Linke – und jetzt komme ich noch mal zu Ihnen, Herr Korschewsky, und Ihren Genossen – zeigt mal wieder, dass sie von politischer Demenz befallen ist. Die Forderung, dass die Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollen, hat die Linke mit der Regierungsübernahme komischerweise – ich habe es vorhin schon erwähnt – über Bord geworfen, so wie alle ihre Forde

rungen nach sozialer Gerechtigkeit, die sie vergessen hat, seitdem sie ihren Worten Taten folgen lassen könnte, es aber nicht tut.

Herr Ramelow, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag. Tun Sie etwas für die demografische Entwicklung in unserem Land!

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: So et- was von niveaulos!)

Unser Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, legt den Finger tief in die Wunde der Selbstbedienung hier im Haus. Natürlich hat man verhindert, dass darüber öffentlich diskutiert wird – ich habe die erste Lesung angesprochen. Man wollte die erste Lesung in die späten Abendstunden verschieben und hat es auch geschafft. Unbeachtet, heimlich, still und leise wollte man unseren Vorschlag, der die Ungerechtigkeit bekämpfen will, von der Tagesordnung nehmen und vor der Öffentlichkeit verstecken. Es gab dann in der letzten Plenarsitzung einen Kompromissvorschlag des Vizepräsidenten Höhn – für den ich mich noch mal bedanke –, dass unser Gesetzentwurf zu prominenter Stunde debattiert wird, so wie heute. Leider wurde das von den Fraktionsvorsitzenden Hennig-Wellsow und Mohring – also der faktischen Großen Koalition in diesem Hause – abgelehnt. Die hatten widersprochen und damit den parlamentarischen Abend der Handwerker bewusst torpediert. Es ging also auf Rechnung der Linken und der CDU hier im Hause, dass der Präsident des Handwerkertags seine Rede nicht halten konnte und viele hart arbeitende Handwerker enttäuscht waren und frühzeitig abreisten. Ich sage ebenso deutlich, dass Herr Ramelow – ich glaube, er weiß schon, warum er jetzt gegangen ist – draußen, während wir hier debattierten, die Fakten verdrehte und die Urheberschaft anderen aufbürden wollte.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt reicht es aber!)

Herr Ramelow, wo immer Sie gerade sind, vielleicht hören Sie mir noch zu, Ihre Parteigenossin HennigWellsow und Ihr häufiger Gehilfe Mohring haben den Handwerksabend verhindert, weil die Altparteien

Herr Brandner!

nicht an der öffentlichen Debatte um diese ungerechtfertigten Renten interessiert waren.

Herr Brandner, jetzt bitte ich Sie, wieder zum Thema zurückzukommen.

Ich komme nicht nur zum Thema, sondern auch zum Ende. Das zeigt, wie richtig dieser Gesetzentwurf ist. Das zeigt, wie wichtig die AfD als einzige Oppositionsfraktion hier in diesem Hause ist. Und das zeigt, dass die AfD die einzige Partei in diesem Hause ist, die für soziale Gerechtigkeit und Solidarität steht –

(Beifall AfD)

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD)

gestern, heute und morgen, meine Damen und Herren. Gehen Sie noch mal in sich und versuchen Sie, über Ihren Schatten zu springen, um diesem wichtigen Gesetzentwurf doch noch zuzustimmen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Nun habe ich noch eine weitere Wortmeldung von Herrn Abgeordneten Kubitzki. Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die AfD – die Partei der sozialen Gerechtigkeit.

(Zwischenruf Abg. Möller und Abg. Kießling, AfD: Genau!)

(Beifall AfD)

Ein guter Slogan, aber ich muss Ihnen sagen, als Partei der sozialen Gerechtigkeit müssen Sie erst mal bei sich anfangen. Herr Brandner, erst mal persönlich etwas: Sie können politische Ansichten haben, die sich von unseren unterscheiden, das ist Ihr gutes Recht. Aber die Art und Weise, die Überheblichkeit und Arroganz, mit der Sie diese Meinung hier vortragen, das ist diesem Haus nicht würdig und das ist uns nicht würdig. Ich distanziere mich von Ihrem Auftreten, das vor Überheblichkeit, vor Arroganz strotzt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Menschlich, Herr Brandner, sind Sie bei mir ganz, ganz unten.

Nun etwas zu der politischen Dimension Ihres Antrags. Sie greifen einen kleinen Punkt der Abgeordnetenversorgung heraus und bezeichnen das als soziale Gerechtigkeit. Jawohl, wir als Linke haben in der letzten Legislaturperiode hier im Landtag einen Antrag eingebracht, in dem wir die Abgeordnetenversorgung, die Abgeordnetenvergütung auf ganz andere Füße stellen wollten, nämlich auf die Füße, wie sie jeder Steuerzahler in diesem Land zu leisten hat. Wir wollen, dass der Abgeordnete wie jeder Steuerzahler in diesem Land behandelt wird.

(Abg. Brandner)

Das kann ich nicht nur mit einem kleinen Teil machen, da muss ich nämlich das gesamte System auf den Prüfstand stellen und ändern.

Nun noch etwas zu der Problematik Rente, was Sie sagen, Herr Brandner, wie die Rentner draußen so sind. Warum sprechen Sie nicht darüber, Herr Brandner, dass es die Bundesgesetzlichkeit ermöglicht, dass sich ganz andere Bevölkerungsteile noch aus der sozialen Versicherung verabschieden können, sei das die Rente, sei das die Krankenversicherung? Wer hohe Einkommen hat, kann sich in dieser Bundesrepublik aus der Solidargemeinschaft verabschieden. Das sind nicht nur Abgeordnete, die können aber in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben, das sind auch ganz andere hoch verdienende Berufsgruppen. Sie sprechen nicht über die Gehälter der Manager. Sie sprechen nicht über die Abfindungen von Managern. Darüber sprechen Sie nicht. Sie sprechen nicht über die internen Versorgungswerke der Rechtsanwälte zum Beispiel, wo Sie auch gut aufgehoben sind. Darüber sprechen Sie nicht. Sie suchen sich nur in Ihrer Wahlkampfrede einen kleinen Teil aus und da sprechen Sie von sozialer Gerechtigkeit. Wir brauchen – und dafür stehen wir als Linke ein – so eine soziale Gerechtigkeit, dass alle Bürger, die Einkommen erzielen, in die sozialen Sicherungssysteme einzahlen entsprechend der Höhe ihres Einkommens und dass sich niemand in dieser Gesellschaft aus dem sozialen Sicherungssystem verabschieden kann.