Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes (Gesetz zur An- passung der Altersentschädi- gung der Abgeordneten) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/3438 ZWEITE BERATUNG
Ich eröffne die Beratung und das Wort erhält zunächst Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste, wir beraten heute zum zweiten Mal das Dreizehnte Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes. Hier geht es um die Anpassung der Altersentschädigung der Abgeordneten. Bereits in der letzten Plenardebatte am 22. Februar, als hier die erste Lesung dieses Gesetzentwurfs der AfD-Fraktion stattfand, bestand zwischen der CDU-Fraktion und den Koalitionsfraktionen ein klarer Konsens darüber, dass das Thüringer Abgeordnetengesetz durchaus novelliert werden soll und auch wird – allerdings nicht in dieser Form, wie es die AfD hier mit ihrem Schaufensterantrag vorgeschlagen hat. Ich will noch einmal erinnern: Bereits vor zwei Jahren ist eine fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe ins Leben gerufen worden, die sich mit der Novellierung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags beschäftigt hat. Die neue Geschäftsordnung ist dann im Dezemberplenum 2016 mit großer Mehrheit angenommen worden und in dieser Arbeitsgruppe
wurde vereinbart, dass eine zweite Arbeitsgruppe – manche sagen dazu auch „Expertenrunde“ – nach der Geschäftsordnungsnovellierung die Reform des Thüringer Abgeordnetengesetzes angehen und dafür Vorschläge erarbeiten soll. Daran haben wir – das habe ich hier auch schon mehrfach ausgeführt – als Bündnis 90/Die Grünen ein sehr starkes Interesse, weil wir uns auch auf Bundesebene schon sehr lange genauso wie in den Landesparlamenten dafür einsetzen, dass sich auch Abgeordnete an den sozialen Sicherungssystemen beteiligen, und zwar in Gänze. Vorstellbar wäre für uns das Modell einer Bürger- und Bürgerinnenversicherung, die nicht nur die Krankenversicherung umfasst – wie es einige sicherlich kennen –, sondern auch die solidarische Rentenversicherung, in die dann auch die Abgeordneten gleichermaßen einzahlen, oder die Schaffung eines entsprechenden Versorgungswerks wie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg. Dazu hatte ich in meiner Rede im Februar schon sehr detaillierte Ausführungen gemacht.
Uns von Bündnis 90/Die Grünen geht es um eine wirkliche und nachhaltige Reform des Abgeordnetengesetzes, die sich in Gänze mit den unterschiedlichen Aspekten des Gesetzes beschäftigt und natürlich auch verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht. Aus unserer Sicht – das muss ich auch noch mal sagen – ist es ganz und gar nicht zielführend, einen Gesetzentwurf wie den vorliegenden der AfD-Fraktion einzubringen, der eine Reform darin sieht, mal eben vier Paragrafen zu streichen – das hatte ich das letzte Mal auch schon ausgeführt –, nämlich die §§ 13, 14 und 15, die den Anspruch und die Höhe von Altersentschädigungen und die Berücksichtigung von Mandatszeiten regeln.
Ich will auch noch einmal auf die Streichung des jetzigen § 17 verweisen, zumal ich die Streichung für besonders problematisch halte, weil hier die AfD sogar die Möglichkeit im Thüringer Abgeordnetengesetz streichen will, dass – ich zitiere – überlebende Ehegattinnen und Ehegatten beim Tod eines Abgeordneten sowie deren Kinder im Todesfall eines ausgeschiedenen Abgeordneten, welcher bis zum Zeitraum des Ablebens noch keinen Antrag auf Versorgungsabfindung stellte, dies beantragen können. Das halten wir für nicht hinnehmbar für die Betroffenen und für die Familien.
Wir als Grüne – und ich denke, die Mehrheit der anwesenden Parlamentarierinnen und Parlamentarier denkt hier genauso – wollen eine umfassende, eine gerechte und eine soziale Reform des Abgeordnetengesetzes. Wir wollen keinen Schnellschuss in Form eines populistischen Schaufensterantrags, wie dem vorliegenden der AfD, dem es an Inhalt und einer tatsächlichen Alternative mangelt, denn Vorschläge machen Sie von der AfD in Ihrem Gesetz mitnichten.
Zeitnah wird sich also die Arbeits- oder Expertengruppe bilden und unter anderem die bereits genannten Vorschläge wie die Bürgerversicherung und das Versorgungswerk ausgiebig diskutieren. Nach dem Willen der Koalitionsfraktionen soll diese Arbeitsgruppe noch im Frühjahr die Arbeit aufnehmen. Wir hoffen, dass sich alle in diesem Haus vertretenen Fraktionen tatsächlich auch einbringen und mitwirken, damit die Reform des Thüringer Abgeordnetengesetzes für die Folgelegislatur auf den Weg gebracht werden kann. Den Gesetzentwurf der AfD jedenfalls lehnen wir ab. Vielen herzlichen Dank.
Danke schön, Frau Rothe-Beinlich. Als Nächster hat Abgeordneter Korschewsky für die Fraktion Die Linke das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch von meiner Seite noch einige wenige Bemerkungen zu dem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion, in der Hoffnung, dass diese abschließende Beratung zu diesem Gesetzentwurf, diesem Schaufenstergesetzentwurf, nicht auch wieder einen solchen exotischen Verlauf nimmt wie in der ersten Lesung.
Mit dem aus meiner Sicht heraus kindischen Sandkastenspielen der AfD-Fraktion haben Sie der Frage einer Reform des Abgeordnetengesetzes – glaube ich – einen Bärendienst erwiesen.
Die Menschen, die dem zugehört haben, haben gesehen, dass man hier wirklich mit Schaufensteranträgen, mit Spielchen, mit Sandkastenspielen versucht, einfach nur Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erheischen. Das ist dieser Frage der Reform des Abgeordnetengesetzes nun wahrlich nicht gerade dienlich, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich sage Ihnen auch eines: Die langjährigen Erfahrungen der Fraktion der Linken zeigen, wenn man tatsächlich sachliche, wirklich sinnvolle und handwerklich gute Inhalte liefert, dann muss man keine Schaufensteranträge stellen, dann wählen einen die Leute auch, wenn man an Inhalten arbeitet und nicht nur mit Schaufensteranträgen.
Ich sage Ihnen ganz klar, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Gesetzentwurf selbst ist eigentlich nicht allzu viel mehr anzumerken. Die Kollegin Rothe-Beinlich hat das deutlich gemacht. Auch die Linke-Fraktion bleibt bei Ihrer Kernposition und bei Ihrer Kernkritik zum Gesetzentwurf: Ja zu einer Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung, aber nicht auf dem Weg der Nachversicherung, wie es die AfD will, sondern auf dem Weg der normalen Pflichtversicherung mit einer normalen Beitragszahlung von Beginn des Mandats an. Alle weiteren Problemdetails wurden von mir schon in der ersten Lesung deutlich angemahnt. Ebenso sei noch mal die Linke-Forderung bekräftigt, wonach die Abgeordnetenversorgung nur ein Teilgesichtspunkt einer umfassenden und sinnvollen bzw. notwendigen Reform des Abgeordnetenrechts ist. Diese Reform wird aber erst als Gesamtpaket tatsächlich stimmig und nicht, indem immer wieder einzelne Anträge herausgepickt werden, um – ich sage es noch mal – hier öffentliche Aufmerksamkeit zu erzeugen. Das erfordert unter anderem auch die Abschaffung der steuerfreien Aufwandspauschalen zugunsten des Modells der Abgeordneten als normale Steuerbürger. Das bedeutet, mandatsbedingte Aufwendungen sollen zukünftig als Werbungskosten auf Nachweis beim Finanzamt geltend gemacht werden. Zu einer Normalisierung des Abgeordnetenstatus gehört auch die Abschaffung der automatischen Diätenerhöhung. Aber wie auch hier in der ersten Lesung ausgeführt – die Linke arbeitet da schon einige Zeit daran, man kann fast sagen Jahrzehnte –, zu dieser Abschaffung der automatischen Diätenerhöhung gehört eben auch eine Veränderung der Landesverfassung, das heißt, hierzu ist eine Zweidrittelmehrheit im Haus notwendig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt sind wir, nachdem wir sehr intensiv zur Frage der Veränderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags diskutiert und diese auch durchgeführt haben, nun endlich auf der Zielgeraden, auch die Frage des Abgeordnetengesetzes neu zu definieren, zu diskutieren und auf den Weg zu bringen. Dabei helfen handwerklich, inhaltlich halbausgegorene EinPunkt-Gesetzentwürfe nach dem Motto „Hauptsache schnell mal ein Plakat geklebt“, auch wenn der Inhalt praktisch von anderen geklaut ist, gar nicht weiter, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die AfD hat sich zum wiederholten Male hier als Plagiator hervorgetan, bei den Aufwandsentschädigungen, Funktionszulagen war es im Bereich des Abgeordnetenrechts im Übrigen schon genauso.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluss noch ein kurzes Streiflicht zum Thema „Überhöhte Altersversorgung“. Wie schon in der ersten Lesung angesprochen, wurde die Altersversorgung, und ich sage das hier auch noch einmal, im Übrigen schon einmal deutlich reformiert. Das ist das Urteil aus dem Jahre 1998. Zu den wiederhol
ten Vorwürfen der AfD-Fraktion bzw. des Abgeordneten Brandner, die Abgeordnetendiäten seien zu hoch, die Altersversorgung zu üppig: Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der „Thüringer Allgemeine“ vom 17. März 2017 ist ein ausführlicher Artikel über die Nebeneinkünfte von Thüringer Abgeordneten erschienen. Zum einen, der Artikel bzw. die darin beschriebenen Fakten zur Wirkung geltender Offenlegungsregelungen bestärkten uns als Fraktion darin, dass wir eigentlich und immer wieder auch herausgehoben nicht eine Offenlegung in Stufen wollen, sondern eine konkrete Offenlegung nach Euro und Cent, weil dieses nämlich noch deutlicher macht, in welcher Frage und in welcher Höhe Abgeordnete Nebeneinkünfte beziehen. Das von der damaligen CDU-Mehrheit favorisierte Stufenmodell führt aus unserer Sicht heraus wegen seiner Ungenauigkeiten zu faktischer Intransparenz und Spekulationen.
In dem Artikel, meine sehr verehrten Damen und Herren, und ich will es noch einmal deutlich sagen, ist auch zu lesen, dass der Abgeordnete Brandner mit Nebeneinkünften von mindestens 42.000 Euro auf Platz drei der Rangliste unter 91 Abgeordneten rangiert.
Ich frage mich an dieser Stelle, da man bei diesem ordentlichen Zubrot natürlich leicht von angeblich zu viel Diäten, Altersversorgung, etc. sprechen kann, sehr geehrter Herr Brandner,
inwieweit bei diesem ordentlichen Zubrot die Abgeordnetenarbeit hier in diesem Hause darunter leidet oder auch nicht leidet. Herzlichen Dank.
Es ist eine traumhafte Dramaturgie heute hier, Herr Präsident. Ein glückliches Händchen bei der Rednerliste. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, Herr Korschewsky, Ihnen stand ja die Panik ins Gesicht geschrieben. Ich habe mal gerechnet, seit 2009 im Landtag, da dürften Sie inzwischen Rentenansprüche von 2.000 Euro haben, oder? Haben Sie das Ihren Wählern draußen schon mal erzählt, dass Sie nach acht Jahren im Landtag hier mit 2.000 Euro nach Hause gehen, was kein Wähler
Wenn Sie von geklauten Ideen reden, Herr Korschewsky, dann müssen Sie sich entscheiden. Entweder sind unsere Ideen Unsinn oder die sind von Ihnen geklaut, oder beides. Sie müssen sich schon entscheiden. Was wir hier haben, kann von Ihnen geklaut sein, das wäre natürlich dann das Problem, dass Sie dagegen sprechen. Aber das kennen wir ja von Ihnen, dass Sie seit der Zeit, in der Sie hier mit Ihren Mehrheiten bestimmen könnten, alles vergessen haben, was Sie in den letzten 25 Jahren erzählt haben. Diese Kehrtwendungen müssen Sie draußen auch mal erklären. Wenn Sie auf die Nebeneinkünfte eingehen – da haben Sie mich ja rausgepickt, das ist Ihr gutes Recht –, haben Sie aber natürlich vergessen, dass die sozialdemokratische Finanzministerin die Königin des Nebenverdiensts hier in diesem Hause ist und nebenbei noch ungefähr das Doppelte oder Dreifache von dem einsteckt, was ich nebenbei verdiene. Sie haben auch vergessen, dass auf Platz zwei meines Erachtens der Herr Müller von den Grünen rangiert,
der ach so sozialen Grünen, der sich auch ordentlich die Taschen nebenbei vollmacht, wenn ich Ihren Ausführungen folgen darf. Und dann kommt der kleine Brandner auf Platz drei. Wenn Sie schon mich rauspicken, dann nennen Sie auch Platz eins und Platz zwei, da sind die Sozialdemokraten und die Grünen richtig prominent vertreten.
Frau Rothe-Beinlich, Sie und Ihr Arbeitskreis – muss ich Ihnen sagen – langweilen mich langsam auch. Wir haben inzwischen – ich habe es mal hier zusammengefasst – eingebracht: Diätenerhöhungen stoppen, automatische Erhöhungen von Diäten stoppen. Ihr Einwand: Wir machen einen Arbeitskreis und besprechen das da. Wir wollten Zusatzentschädigungen für Vorsitzende der Ausschüsse abschaffen. Ihr Einwand: Wir machen einen Arbeitskreis, wir besprechen das da. Wir wollten die Zuschläge für Vizepräsidenten abschaffen. Ihr Einwand: Wir machen einen Arbeitskreis, wir besprechen das da. Wir wollten den Landtag verkleinern. Ihr Einwand: Wir machen einen Arbeitskreis, wir besprechen das da. Und es gab tatsächlich einen Arbeitskreis, Frau Rothe-Beinlich, Sie wissen das – und was ist der Erfolg dieses Arbeitskreises bisher?
Wenn das in dem Tempo weitergeht, wissen wir auch, wo wir dann landen, wenn diese ganzen Reformen, die wir hier anstoßen wollen, umgesetzt werden.
Herr Korschewsky, ein Satz noch zu Ihnen: Aufmerksamkeit erregen, da gebe ich Ihnen recht. Warum sonst stehen und sitzen wir denn hier, wenn wir keine Aufmerksamkeit erregen wollen? Das klappt ja auch heute. Bei der ersten Lesung haben Sie es geschafft, uns in die späten Abendstunden zu verschieben – Sie von den Altparteien –, weil Ihnen das Thema hier peinlich ist, saupeinlich, das zu besprechen.
Wir haben uns mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, das hat leider nicht geklappt, umso schöner, dass wir heute bei Tageslicht in einer Vormittagsstunde und bei einer gut besetzten Tribüne – herzlich willkommen nach da oben – dieses Thema in der gebotenen Sachlichkeit debattieren können, so gehört sich das. Und Geschäftsordnungstricks von Ihnen sind ja heute auch ausgeblieben, von daher kommen wir zum Thema.
Das Dreizehnte Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes, meine Damen und Herren, sieht vor, ungerechtfertigte und überzogene Abgeordnetenrenten abzuschaffen. Stattdessen sollen Abgeordnete wie alle Bürger dieses Landes entweder regulär in die Rentenkasse oder in ein berufsständisches Versorgungswerk einzahlen. Das muss im Kern noch so sein, am Ende wollen wir das auch abschaffen – da bilden wir dann vielleicht mal einen Arbeitskreis, Frau Rothe-Beinlich. Zurzeit geht es aber schnell nur so, dass wir sagen: Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung oder in die berufsständischen Versorgungswerke, beispielsweise für Ärzte, Architekten oder Rechtsanwälte. Es ist nämlich eine unsägliche Ungerechtigkeit, wie mit den Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung umgegangen wird. Angeblich liegen die durchschnittlichen Renten in den neuen Bundesländern bei rund 1.200 Euro. Dieser Betrag ist jedoch eine Illusion, wie Sie alle wissen, denn dafür müsste man nicht nur immer das Durchschnittgehalt aller Versicherten verdienen, sondern außerdem 45 Jahre berufstätig sein, und erst dann darf man ab der Altersgrenze von 67 Jahren – Tendenz steigend – die Rente beziehen. Das ist völlig unrealistisch, meine Damen und Herren, denn für welchen Facharbeiter – und ich rede jetzt über „eingeborene“ Facharbeiter und nicht über „eingewanderte“ Facharbeiter – trifft das bitte zu? Welcher Bauarbeiter, Dachdecker oder Straßenbauer, welche Krankenschwester oder Pflegekraft kann mit 67 Jahren noch ihren Beruf ausüben? Keiner. Dieses Rentensystem und diese Rentenberechnungen
sind blauäugig, streuen den Leuten Sand ins Auge und sind illusorisch. Deswegen sind die wirklichen Beträge, von denen Menschen hier bei uns im Lande draußen jahrzehntelang leben müssen, viel geringer. Im Osten sind es nach einem Arbeitsleben ungefähr 800 Euro bei Frauen und 1.000 Euro für Männer – Herr Korschewsky, das ist die Hälfte dessen, was Sie in neun Jahren hier im Landtag ersessen haben –, nach einem ganzen Arbeitsleben.