Thüringen und Schleswig-Holstein scheren hier mal wieder aus und unterlaufen den Konsens der deutschen Bundesländer. Diese Haltung, meine Damen und Herren, ist für uns nicht nachvollziehbar.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist vor diesem Hintergrund sehr zu begrüßen, dass das Paket aus der Ministerpräsidentenkonferenz nun kommt, weil auch am Ende eines Asylverfahrens mit aller Konsequenz und aller notwendigen Härte unser Recht in Deutschland umgesetzt werden muss.
(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Aber nur rechtsstaatlich und verfassungs- rechtlich unbedenklich, Herr Herrgott!)
Alles sehr verfassungsstaatlich und alles sehr unbedenklich, Frau Berninger, so ist das, da haben Sie vollkommen recht. Umso bedenklicher ist es aber, dass Thüringen als einziges deutsches Bundesland ausschert und nicht den Schulterschluss mit allen anderen sucht.
Nun hätte man aber erwartet, dass der Thüringer Ministerpräsident diese Meinung, egal wie isoliert oder abwegig diese auch sein mag, dann auch persönlich vertritt. Aber Fehlanzeige, meine Damen und Herren!
Der Ministerpräsident war als Einziger nicht da. Nun kann man lange darüber debattieren, ob die Schlichtung bei der Bahn notwendiger oder wichtiger war als Inhalte der Ministerpräsidentenkonferenz, das will ich inhaltlich aber gar nicht bewerten.
Die erste Aufgabe des Ministerpräsidenten ist es aus unserer Sicht, Thüringen bei der Ministerpräsidentenkonferenz zu vertreten, auch wenn seine Meinung völlig isoliert ist und nicht der der Mehrheit entspricht. Das Ganze dann mit einer lapidaren und inhaltlich fragwürdigen Protokollerklärung abzutun, reicht aus unserer Sicht nicht, meine Damen und Herren.
Vermutlich sah das der Ministerpräsident genauso, sonst hätte er sich wahrscheinlich nicht dazu hinreißen lassen, zu versuchen, sich in seinem Blog noch einmal ausführlich zu rechtfertigen. Da kommt dann eine Aneinanderreihung von fadenscheinigen Argumenten, wie beispielsweise, ich zitiere: „In aller Regel liegen die Beschlussvorlagen für die Treffen erst sehr kurzfristig vor. Abstimmungen in der Landesregierung sind dann nur sehr schwer und eingeschränkt möglich.“
„Konkret war es in der vergangenen Woche nicht möglich, über einen Beschlussentwurf, der mir am Dienstagabend bekannt wurde, im Kabinett (das Dienstagvormittag berät) zu informieren, geschweige diesen mit den zuständigen Fachministerien abzustimmen.“
Nun, die Konferenz war am Donnerstag. Und Sie wollen uns ernsthaft weismachen, meine Damen und Herren, dass die Thüringer Landesregierung nicht in der Lage ist, diesen Beschlussentwurf zumindest innerhalb der Regierungskoalition in zwei Tagen abzustimmen! Wenn das wirklich so ist, ist das ziemlich bedenklich.
Was machen denn Ihre Kollegen, die Kollegen Ministerpräsidenten aus Rheinland-Pfalz, aus Berlin, aus Schleswig-Holstein oder aus Sachsen-Anhalt? Alles Dreier-Koalitionen mit unterschiedlichsten Partnern. Komischerweise haben die es geschafft, sich abzustimmen, um mit einer abgestimmten Meinung auf der Konferenz ihre Position zu vertreten. Thüringen hat gefehlt.
Und dass die Sicht der Dinge von Herrn Ramelow bei den Koalitionspartnern nicht unbedingt auf Gegenliebe gestoßen ist, wurde ja beispielsweise auch von Herrn Adams deutlich kundgetan. Nun warten wir ab, ob das in dieser Legislatur noch mal passiert und ob dann der einmalige Bonus aufgebraucht ist. Wir werden es sehen.
In seinem Blog moniert der Ministerpräsident weiterhin, dass eine Reihe von Themen auf der MPK nicht behandelt wurde, die er gern behandelt gesehen hätte. Auch deshalb habe er sich entschieden, nicht hinzugehen. So fehle unter anderem, und ich zitiere noch einmal aus dem Blog, „eine Regelung für die Tausenden Menschen, die seit Jahren illegal in Deutschland leben, in unsere Gesellschaft integriert sind und endlich legalisiert werden müssen.“ Wir hatten das Thema ja bereits in der ersten Aktuellen Stunde.
Meine Damen und Herren, dieser Ansatz ist schon im Grundsatz falsch. Integration beginnt mit der Anerkennung unserer Werte und Regeln. Das heißt, dass der Prozess der Integration mit einem legalen Aufenthaltsstatus beginnt. Wer sich illegal in unserem Land aufhält, kann sich überhaupt nicht wirklich integrieren. Sich einen deutschen Pass durch einen genügend langen Aufenthalt zu ersitzen, wird es mit uns, meine Damen und Herren, nicht geben. Grundsätzlich gilt: Wer ein Thema behandelt haben will, auch wenn er dann – wie im Fall von Thüringen – sich sagen lassen muss, dass seine Meinung eben nicht die der Mehrheit ist, der muss da sein.
Wer fernbleibt, bleibt isoliert, und das kann und darf nicht unser Thüringer Anspruch sein, meine Damen und Herren. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Herrgott. Als Nächste erhält das Wort Abgeordnete Lehmann für die SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, der Titel und die Begründung dieser Aktuellen Stunde sind missverständlich, weil zumindest der Titel erst einmal den Ein
druck erweckt, die CDU-Fraktion würde hier gern eine Bilanz der letzten zweieinhalb Jahre Flüchtlingspolitik in Thüringen ziehen. Dem wird eine Aktuelle Stunde, bei der man 5 Minuten Redezeit hat, nicht wirklich gerecht.
Dann erwecken Sie den Eindruck, es ginge möglicherweise um das, was auf der MPK beschlossen wurde. Es ist die Frage, wenn man sich nur mit Abschiebung beschäftigt, ob das das gesamte Spektrum von Flüchtlingspolitik abbildet. Ich würde sagen: Nein!
Sondern es ist einfach ein kleiner, notwendiger Teil, und worum es dann zum Schluss wohl doch eher ging, ist die Frage der Abwesenheit des Ministerpräsidenten auf der letzten MPK. Auch das wird der Frage von Flüchtlingspolitik und der Arbeit, die die Landesregierung hier macht, nicht gerecht.
Wenn wir jetzt also ernsthaft eine Bilanz ziehen wollen, was hier in den letzten zweieinhalb Jahren passiert ist, dann müssen wir uns zum einen ansehen, wie sich die Zahlen entwickelt haben. Wir wissen, dass allein im Jahr 2015 30.000 Menschen nach Thüringen gekommen sind – deutlich mehr, als in den vorangegangenen Jahren. Die Landesregierung hat innerhalb kürzester Zeit die Kapazitäten in der Erstaufnahme deutlich erhöht, um die Unterbringung dieser Menschen zu ermöglichen. Sie hat aber darüber hinaus auch die Unterbringung in Kommunen gefördert, sowohl die dezentrale Unterbringung als auch die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Sie hat durch eine Veränderung des Unterbringungsmanagements auf Landesebene schnellere Abläufe in der Registrierung und auch in den Asylverfahren ermöglicht. Wir haben darüber hinaus im aktuellen Doppelhaushalt Integrationsmanager für die Landkreise und kreisfreien Städte geschaffen, die die Begleitung Geflüchteter und auch von Ehrenamtlichen vor Ort ermöglichen. Wir haben über das Landesarbeitsmarktprogramm die Möglichkeit geschaffen, Geflüchtete in Arbeit zu integrieren. Wir haben eine Ehrenamtskoordination bei der Migrationsbeauftragten, die Ehrenamtlichen, die wir in diesem Bereich dringend brauchen, Unterstützung sein soll und Hilfe bieten soll. Wir haben die Sozialbetreuung deutlich verbessert und die Landesregierung ist derzeit dabei, ein Integrationskonzept zu erarbeiten, das dem Ganzen einen Rahmen geben soll. All das ist nur ein Ausschnitt, muss aber Teil einer Bilanz sein, wenn ich mich über die Bilanz der Flüchtlingspolitik hier unterhalten möchte.
Jetzt haben Sie hier noch einen anderen Schwerpunkt gesetzt, den des MPK-Beschlusses. Da geht es insbesondere um die Frage, wie Abschiebungen und Rückführungen ermöglicht werden. Das ist, wie ich gesagt habe, nur ein kleiner Ausschnitt der Flüchtlingspolitik. Für mich ist das ehrlich gesagt der unschönste Teil dieser Arbeit, der mit am schwersten ist, weil ich mir wünschen würde, dass viel mehr Menschen die Möglichkeit bekommen würden, hier bei uns zu bleiben und hier eine Zukunft zu bekommen. Da kann man aber unterschiedlicher Auffassung sein. Das, was der MPKBeschluss umfasst, ist nicht alles so eindeutig, wie Sie das hier dargestellt haben, Herr Herrgott. Der befasst sich unter anderem mit der Ausweitung der Abschiebehaft, mit Möglichkeiten elektronischer Fußfesseln für Gefährder, der Herausgabe von Handys und Laptops, um Identitäten festzustellen, mit der Möglichkeit, unbefristete Wohnpflicht in der Erstaufnahme zu ermöglichen, aber auch zum Beispiel mit der Frage, wie Rückführungsprogramme aufgestockt werden, um eben die freiwillige Ausreise zu stärken.
Die Protokollerklärung, die Thüringen abgegeben hat, macht zum einen deutlich, dass dieser MPKBeschluss durchaus Licht und Schatten hat, und sagt, es gibt einen Teil, den wir durchaus gut finden, nämlich die Frage einer stärkeren IT-Vernetzung untereinander. Sie macht auch deutlich, dass wir sagen, die Auseinandersetzung mit der Stärkung der freiwilligen Rückführung finden wir einen richtigen Weg, auch wenn das der MPK-Beschluss noch nicht in vollem Umfang macht. Was er auch sagt, ist: Wir wollen keine Verschärfung des Asylrechts, wir wollen uns insbesondere noch mal mit der Frage der Sicherheitslage – zum Beispiel in Afghanistan – auseinandersetzen.
Und wir sind in dieser unterschiedlichen Einschätzung nicht so alleine. Das ist nicht nur SchleswigHolstein, das sagt, es hat dort Bedenken, sondern es sind auch Berlin und Brandenburg, die das durchaus kritisch sehen und da eine andere Auffassung vertreten.
Was die Protokollerklärung darüber hinaus macht, dazu ist zu sagen, dass es eine Kritik am Verfahren gibt. Nämlich: Die versucht, das Bundesratsverfahren auszuhebeln und zugunsten einer Beschleunigung
über die MPK den Bundesrat zu umgehen. Das sagt dieser MPK-Beschluss einfach, dass es nicht berechtigt ist, sondern dass es im Sinne einer sachlichen Debatte und einer intensiven Einbringung der
Länder notwendig ist, ein Bundesratsverfahren zu haben. Genau das wollen wir. Und genau hier ist der Skandal viel kleiner oder Ihre Kritik gar nicht so berechtigt, wie Sie sie haben wollen, sondern wir wollen eine sachliche Mitarbeit, aber wir wollen sie im Rahmen eines Bundesratsverfahrens ermöglicht haben und nicht im Rahmen der MPK. Da ist auch eine breitere Einbeziehung der gesamten Koalition möglich. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Lehmann. Als Nächster hat Abgeordneter Henke für die AfD-Fraktion das Wort.
Vielen Dank. Herr Präsident, werte Abgeordnete, werte Gäste, eine Bilanz des Schreckens – so ließe sich die rot-rot-grüne Asylpolitik nach fast der Hälfte der Legislaturperiode zusammenfassen.