Protocol of the Session on January 26, 2017

Es kommt noch etwas hinzu – das ist die justizielle Reaktion auf bekannt gewordene Straftäter. Schauen wir uns die Urteile an, die für Straftäter fallen, die diese Straftaten gegen das Eigentum begehen. Viele Polizeibeamte, mit denen ich mich darüber unterhalte, sagen mir: Rainer, das ist einfach ein Witz! Und das Element der Strafabschreckung muss auch mit den justiziellen Mitteln ausgeübt werden.

Die Redezeit ist knapp; ich möchte noch ein Wort zur Frage der Prävention verlieren. Es ist schlicht und ergreifend nur die halbe Wahrheit, wenn wir uns dahinter verstecken und sagen: Hoher Sichtschutz verhindert, das zu sehen, was dahinter in diesem Wohnhaus passiert. Die Formel für polizeiliche Prävention im polizeilichen Streifendienst lautet: Ungewöhnliche Person am ungewöhnlichen Ort zur ungewöhnlichen Zeit. Und diese drei Elemente werden nicht durch Sichtschutz verhindert, sondern durch aufmerksame Streifentätigkeit im Funkwagen, auf der Straße. Nur: Dafür fehlt uns das Personal, weil wir es vollzugsfern einsetzen. Ich werbe dafür, dass wir uns darüber Gedanken machen, wie wir das Personal, das vollzugsfern eingesetzt wird, tatsächlich in den Polizeivollzugsdienst zurückbringen.

Das gilt übrigens nicht nur für die Bereiche der Polizei. Ich vermute, das gilt auch für die Bereiche der Bildung und vielleicht für die Bereiche der Finanzen. Wir haben viele Beamte in Tätigkeiten, für die sie nicht ausgebildet sind, eingesetzt. Wir müssen uns mal erheblich Gedanken darüber machen, wie wir das Thema beenden bzw. lösen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Noch mal der Blick ins Rund nach Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten. Die kann ich nun wirklich nicht erkennen. Die Landesregierung hat auch nicht mehr das Bedürfnis, noch einmal zu reden. Damit schließe ich die Aussprache. Zunächst die obligatorische Frage, ob ich davon ausgehen kann, dass das Berichtsersuchen zu Nummer I des Antrags der Fraktion der AfD erfüllt

ist. Oder gibt es dagegen Widerspruch? Den gibt es nicht. Dann stelle ich fest, dass die Fortsetzung der Beratung zum Sofortbericht im Ausschuss nicht beantragt worden ist.

Dann kommen wir zu den Abstimmungen über die Nummer II des Antrags der Fraktion der AfD in der Drucksache 6/2670. Auch hier habe ich keine Ausschussüberweisung vernommen, deswegen stimmen wir jetzt direkt darüber ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der AfD-Fraktion. Die Gegenstimmen bitte. Gegenstimmen aus den Reihen der Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der CDU. Enthaltungen? Die kann ich nicht erkennen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktion der CDU. Hier habe ich sehr wohl den Wunsch nach einer Ausschussüberweisung durch den Abgeordneten Walk vernommen – ich gehe davon aus, an den Innen- und Kommunalausschuss.

(Zuruf Abg. Walk, CDU: Ja!)

Wer dieser Überweisung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der CDU-Fraktion. Die Gegenstimmen bitte. Die Gegenstimmen kommen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen und der AfDFraktion. Stimmenthaltungen – sehe ich nicht. Damit gibt es keine Ausschussüberweisung.

Wir stimmen direkt über den Alternativantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/2928 ab. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der CDU-Fraktion. Gegenstimmen? Die Gegenstimmen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen und der AfD-Fraktion. Enthaltungen – sehe ich nicht. Damit ist dieser Antrag abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Meine Damen und Herren, vereinbarungsgemäß rufe ich jetzt auf Verlangen der Fraktion der CDU den Tagesordnungspunkt 28 auf

Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Thüringen Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung – Drucksachen 6/1393/2115 – auf Verlangen der Fraktion der CDU Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/2766

Gibt es seitens des Antragstellers den Wunsch nach Begründung des Beratungsverlangens? Das

(Abg. Kräuter)

gibt es nicht. Dann eröffne ich die Beratung und auf der Rednerliste steht als Erstes der Abgeordnete Bühl aus den Reihen der CDU-Fraktion.

Verehrter Präsident, liebe Damen und Herren Abgeordnete, lieber Herr Minister Tiefensee, wir haben nun sozusagen vertretungsweise das Vergnügen. Normalerweise wäre das die Aufgabe von Herrn Prof. Voigt, der heute krankheitsbedingt verhindert ist, aber ich denke, wir werden das auch so ganz gut gemeinsam hinbekommen. 161 Fragen, verteilt auf elf Themenkomplexe, haben wir in unserer Großen Anfrage zur Wirtschaftspolitik gestellt. Zuallererst möchte ich Ihnen, Herr Minister, danken für die Beantwortung dieser Fragen. Es ist ja eine große Aufgabe und viel Arbeit, das zu tun. Ich würde mich freuen, wenn Sie den Dank auch

(Beifall CDU)

an die Mitarbeiter Ihres Hauses weitergeben könnten, die das alles zusammengeschrieben haben. Uns ging es in dieser Anfrage darum, den Status quo der Thüringer Wirtschaft zu erfassen und festzustellen, wie die CDU-geführten Landesregierungen der Vergangenheit das Land an diese rot-rotgrüne Koalition übergeben haben. Wir wollen vor allen Dingen auch feststellen, wie sich die Wirtschaft in den letzten Jahren in Thüringen entwickelt hat. Da bleibt festzustellen, dass Thüringen heute ein Land mit einer der modernsten Infrastrukturen in ganz Deutschland ist und mit seiner exponierten Lage natürlich auch hervorragende Standortfaktoren für die wirtschaftliche Entwicklung hat. In vielen Bereichen hat Thüringen deswegen heute auch schon eine Leuchtturmfunktion, die dank der klugen Wirtschaftspolitik der letzten Jahre auch sehr gut ausgebaut wurde.

Thüringen hat mittlerweile mehr als 90 Unternehmen, die als Markt- oder Technologieführer gelten. Diese Unternehmen sind zum Teil in ihren – vielleicht kleinen – Nischen, ich selbst kenne das aus Ilmenau von meinen Unternehmensbesuchen, wirklich sehr innovativ und führend in dem, was sie machen. Das sieht man auch an der hohen Betriebsdichte, die wir haben. Wir haben die höchste Betriebsdichte an Industrieunternehmen je 100.000 Einwohner in ganz Deutschland.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, rückblickend für den Zeitraum 2009 bis 2014, den wir ja auch mit beleuchtet haben, möchte ich zehn Fakten aufzeigen, die zeigen, dass Thüringen selbst im schwierigen Fahrwasser der Wirtschaftskrise von 2009 gut durch diese Krise gekommen ist. Ja, der erste Fakt, der, denke ich, sehr, sehr bemerkenswert ist, ist, dass es gelungen ist, ein zwanzigprozentiges Wirtschaftswachstum im Zeitraum von fünf Jahren zu erreichen. Der zweite Fakt ist, dass Thüringen auf Platz 1 des Bundesdurchschnitts in dem

Produktivitätswachstum gelandet ist. Das kann man auch in den Zahlen deutlich machen, dass es beim Bruttoinlandsprodukt pro Erwerbstätigen von 43.844 Euro …

Herr Kollege Bühl, einen kleinen Augenblick bitte. Bilaterale Beratungen bitte nicht innerhalb des Plenarsaals stattfinden lassen! Ich bitte insgesamt um mehr Aufmerksamkeit für den Redner.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich glaube, das ist die Thüringer Wirtschaft auch wert, dass man die Aufmerksamkeit noch einmal darauf lenkt, auch wenn es schon spät ist und wir uns sicherlich alle dann den Feierabend wünschen.

Von dem BIP pro Erwerbstätigen gab es also eine Steigerung von 43.844 Euro auf 51.845 Euro. Das ist ein Zuwachs von 18,2 Prozent. Ich glaube, darauf können wir als Thüringer auch sehr stolz sein.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das sind kei- ne bilateralen Gespräche!)

Das wäre nett. Ich denke mal, die AfD kann dann auch noch sprechen und aufzeigen, wie schlecht alles ist und warum es unbedingt eine neue, frische Kraft braucht, die alles viel besser macht.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Nehmen Sie mir nicht alles vorweg!)

Ich bin mir sicher, das wird wieder kommen, wir kennen ja Ihre Wortbausteine.

Punkt 3, dass Thüringen vor allen Dingen verantwortungsbewusste Unternehmen hat, denn es gibt in Thüringen die drittwenigsten Insolvenzen deutschlandweit. Das zeigt, glaube ich, auch, dass die Thüringer Unternehmer gut wirtschaften und vor allen Dingen auch gut die Thüringer Wirtschaft voranbringen. Wir haben viel Entwicklungsbedarf gehabt, das muss man auch selbstkritisch feststellen, was die Löhne betrifft, aber in Thüringen sind die Löhne am stärksten gestiegen. Wir sind Platz 1 im bundesweiten Vergleich des Lohnzuwachses. Auch darauf kann man stolz sein. Das ist eine Entwicklung, die sich hoffentlich auch fortsetzen wird.

(Beifall CDU)

Bei den Unternehmensnachfolgen ist Thüringen auf einem guten Weg. Wir sind auf Platz 2 im Bundesdurchschnitt. Darauf kann man sicherlich auch noch gut aufbauen.

Ein Punkt, der in den letzten Jahren immer wichtiger geworden ist – das ist der sechste Fakt, den ich zur guten Entwicklung nennen will –, ist die Breitbandversorgung im Freistaat. Da hat sich von 2009

(Vizepräsident Höhn)

bis 2014 laut der Großen Anfrage eine Steigerung der Bandbreiten um das 30-Fache gezeigt. Natürlich muss man sagen, dass es eine sehr dynamische Entwicklung ist und man da faktisch jährlich einen deutlichen Zuwachs hat. Aber ich denke, trotzdem kann man stolz sein, dass sich Thüringen auch in diesem Bereich gut entwickelt hat.

Fakt Nummer 7 – das ist natürlich ein Fakt, der mir persönlich sehr wichtig ist – ist, dass Thüringen sich auch als Reiseland gut entwickelt hat. 7,5 Prozent mehr Ankünfte seit 2009, auch wenn man da feststellen muss, dass wir die lange propagierten 10 Millionen Übernachtungen immer noch nicht erreicht haben. Aber ich denke, Thüringen ist mehr denn je ein gutes, lohnenswertes Reiseland. Wenn man das diesjährige Jahr anschaut mit dem Lutherjahr, Reformation, es gibt immer viele Anlässe, nach Thüringen zu kommen. Auch da hat sich eine positive Entwicklung gezeigt mit der ganzen Infrastruktur, die wir auch haben.

(Beifall CDU)

Der achte Fakt ist, dass Thüringen an der Spitze steht bei den Patentanmeldungen der jungen Länder. 43 Patente je 100.000 Einwohner, das ist eine sehr gute Entwicklung. Die ist natürlich maßgeblich unseren guten Universitäten zu verdanken, gerade auch mit Jena oder mit Ilmenau, wo es eine deutlich höhere Zahl an Patentanmeldungen pro Einwohner gibt, als es in weiten Teilen Deutschlands der Fall ist.

Die gute Beschäftigungsquote in Thüringen ist mein neunter Fakt, denn die Beschäftigung hat um 5,6 Prozent zugelegt. Damit ist Thüringen deutscher Vizemeister bei der Entwicklung der Beschäftigungsquote.

Mit dem zehnten Fakt möchte ich die Faktensammlung, weshalb Thüringen sich in den letzten Jahren so gut entwickelt hat, beenden. Thüringen ist Vizemeister bei der Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt geworden. Es ist gelungen, die Langzeitarbeitslosenquoten um 23,3 Prozent zu senken.

(Beifall CDU)

Ich denke, wenn man auf diese Fakten blickt, kann man nur feststellen: Thüringen ist wirtschaftlich gut vorangekommen, man hat eine große Entwicklung vollzogen. Wenn man diese wirtschaftliche Entwicklung anschaut, kann man nur feststellen: Nur wenn es der Wirtschaft gut geht, kann es auch den Menschen im Land gut gehen.

(Beifall CDU)

Deswegen müssen wir alle gemeinsam hier in diesem Haus dafür sorgen, dass es der Wirtschaft auch in Zukunft gut geht.

Dass die rot-rot-grüne Landesregierung gerade in diesem Feld nicht immer zum Wohle der Wirtschaft handelt, das möchte ich an fünf Feldern festmachen, die wir jetzt schon aufzeigen können in den zwei Jahren, die Sie an der Regierung sind.

Ich habe eben gesagt, die Digitalisierung hat sich in den letzten Jahren gut entwickelt. Aber wir drohen durch die rot-rot-grüne Regierung den Anschluss in diesem Bereich zu verlieren, denn – wir haben es gerade bei uns erst im Stadtrat in Ilmenau gehabt – mit Ihrer Verordnung, die Sie hier aufzeigen, 30 Mbit bis 2020 als Entwicklungsziel und das Bundesziel sind 50 Mbit, ist es an der kommunalen Basis, die darüber entscheiden muss. Dies trifft auf kein Verständnis, warum man hier niedrigere Ziele setzt, als man sie auf Bundesebene setzt. Das müssen Sie sich auch vorhalten lassen, dass 30 Mbit einfach nicht genug sind für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung.

(Zwischenruf Tiefensee, Minister für Wirt- schaft, Wissenschaft und Digitale Gesell- schaft: Wir reden jetzt von 50 Mbit!)

Wenn man sieht, was Firmen heutzutage brauchen, dann wird man auf die Gigabit-Gesellschaft zusteuern. Wir müssen sehen, dass sich diese Entwicklung in Richtung Gigabit-Gesellschaft auch vollzieht. Das haben wir auch im Ausschuss schon öfter angesprochen. Das müssen Sie sich auch vorhalten lassen, dass Thüringen bis jetzt erst 6,7 Millionen Euro Fördermittel in den ersten beiden Runden dieses Bundesprogramms für Breitbandausbau generieren konnte. Das mag viele Gründe haben, woran das liegt. Aber es liegt mit Sicherheit auch daran, dass sich die Landesregierung nicht intensiv genug um die Kreise bemüht hat. Ich hoffe, dass man jetzt im letzten Call, der im Februar enden wird, noch mal ordentlich Geld einwirbt. Wenn man auf andere Länder wie Mecklenburg-Vorpommern schaut, die haben eine halbe Milliarde Euro in den ersten Förderrunden eingesammelt. Da dürfen wir nicht hinterherstehen, denn wenn das Geld einmal verteilt ist, wer weiß dann, ob so ein Programm wiederkommt. Da dürfen wir nicht hintenanstehen. Andere Länder – zum Beispiel Bayern – stellen bis 2018 1,5 Milliarden für den Breitbandausbau zur Verfügung. Das ist ein sehr ambitioniertes Programm. Da kann man natürlich sofort sagen, dass wir uns nicht mit Bayern vergleichen können, aber wenn man das runterrechnet auf das Bruttoinlandsprodukt, dann stellt man fest, dass Bayern damit 0,27 Prozent des Bruttoinlandsprodukts investiert, wir in Thüringen mit den 40 Millionen, die Sie bis 2020 zur Verfügung stellen wollen, aber nur 0,07 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

(Zwischenruf Tiefensee, Minister für Wirt- schaft, Wissenschaft und Digitale Gesell- schaft: Bis Ende 2017!)

Trotzdem zeigt sich, dass es wenig ambitioniert ist im Vergleich zu anderen Bundesländern. Ich hoffe, dass es da noch vorangehen wird. Denn das ist ein wirklich wichtiger Punkt für die ganze Entwicklung des Feldes Wirtschaft 4.0. Und das – da sind wir uns, glaube ich, einig, auch im Wirtschaftsausschuss – ist eine der wesentlichen Fragen für die Zukunftsfähigkeit dieses Landes. Denn ohne diese wirtschaftliche Entwicklung in der Digitalisierung wird unser Land in Zukunft abgehängt sein. Wenn man auf die Strategie, auf das Aktionsprogramm Wirtschaft 4.0 schaut, was Sie präsentiert haben, dann zeigt sich uns aus der kritischen Sicht der Opposition, dass es da keine klar erkennbare Strategie gibt, denn vieles läuft so nebenher, zum Teil beim Wirtschaftskompetenzzentrum 4.0, diesem Aktionsprogramm, was Sie angesiedelt haben. Es gibt viele verschiedene Sachen, die gut gemeint, aber zum Teil scheinbar nicht genug verknüpft sind. Ich hoffe, dass es da noch Entwicklungen geben wird.