Protocol of the Session on January 25, 2017

Meine Damen und Herren, wie Praktiker in der Lehrerbildung berichten – vielleicht sollten Sie mal mit den Kolleginnen und Kollegen reden –, sind zwölf Monate viel zu kurz, um die für die Ausbildung von Lehramtsanwärtern für Grundschulen notwendigen methodischen und didaktischen Fähigkeiten und Inhalte zu vermitteln, die sich nicht von denen anderer Schularten unterscheiden. Gegen einen auf zwölf Monate verkürzten Vorbereitungsdienst spricht auch, dass es effektiv keine zwölf Monate sind, sondern es durch Feiertage, Urlaube, Prüfungszeiträume zu einer erheblichen Verkürzung kommt. Manche Referendare haben sogar berichtet, dass sie eigentlich nur ein halbes Jahr an der Schule waren. Wenn Sie mit den betroffenen Lehramtsanwärtern reden, dann klagen diese – und wir lesen es heute auch in der OTZ – über hohe Prüfungsbelastungen, sie klagen über wenig Zeit für die pädagogische und didaktische Entwicklung und Erprobung, die gerade in dieser Ausbildungsphase so wichtig ist. Da hilft auch kein Komplexes Schulpraktikum in der ersten Phase der Lehrerbildung, dort werden ganz andere Schwerpunkte gesetzt. Eine mangelnde fachliche Vertiefung ist ein Riesenproblem, was zurückgemeldet wird, und auch der Abfall der Ergebnisse bei den Prüfungen – vielleicht sagt Frau Staatssekretärin mal was dazu, sie kennt ja die Zahlen, gerade vielleicht auch im Bereich der Mathematik – zeugt jetzt schon davon, dass es zu Problemen kommt. Ich weiß nicht, wie lange wir da noch evaluieren wollen und machen wollen, bis wir diesen Missstand korrigieren. Nordrhein-Westfalen hat es korrigiert; Berlin ist, glaube ich, jetzt dran, das zu korrigieren. Nur in Thüringen schieben wir es wieder auf die lange Bank, in dem Fall muss ich wirklich sagen, wahrscheinlich nicht, weil es das Bildungsministerium nicht will, sondern weil sich Rot-Rot-Grün aus irgendwelchen Gründen nicht einig ist. Vielleicht hängt auch das Wissenschaftsministerium noch ein bisschen mit drin, denn da ist mit der Hochschule in Erfurt vielleicht noch was zu klären. Ich weiß nicht, wer hier bremst; auf jeden Fall bremsen Sie hier zulasten der Betroffenen.

Meine Damen und Herren, es zeigt sich: Die jetzigen gesetzlichen Regelungen drängen auf Befassung und sie drängen vor allem auf Lösung durch den Thüringer Gesetzgeber.

Meine Damen und Herren, von einigen Seiten hört man regelmäßig den Hinweis, mit der Einführung des eben schon genannten Komplexen Schulpraktikums wird ein Teil des Referendariats in die erste

Phase der Lehrerausbildung vorgezogen. Ich warne allerdings davor, das Praxissemester oder, wie es hier in Erfurt heißt, das Komplexe Schulpraktikum mit dem Vorbereitungsdienst gleichzusetzen. Die intensive qualitative Betreuung im Referendariat kann und wird durch die Universitäten nicht geleistet, weil auch das Personal an den Universitäten hierfür gar nicht zur Verfügung steht. Die paar Lehrer, die da noch an die Unis abgeordnet sind, das ist jedes Mal ein Kampf der Professoren, dass sie diese Kollegen überhaupt bekommen, weil wir ja wissen, dass auch in der Schule kaum noch Lehrer da sind, die den Unterricht abdecken.

Die Universität Erfurt informiert auf ihrer Homepage darüber, dass sich im Komplexen Schulpraktikum die Studierenden ihr professionelles „Selbst“ durch die aktive Unterrichtsplanung und -durchführung, durch das Erleben und Gestalten der Komplexität des Schulalltags verbunden mit der Reflexion über Praxis, Wissenschaft und eigenes Handeln entwickeln sollen. Das anwendungsorientierte Komplexe Schulpraktikum basiert auf dreieinhalb Monaten Schulpraxis, Begleitkursen und Gruppensupervision mit dem Mentor – kann man ebenfalls auf der Universitätsseite nachlesen. Und dass sich das Komplexe Schulpraktikum nicht mit einem halben Jahr Vorbereitungsdienst aufrechnen lässt, sieht man daran, dass bei einem Komplexen Schulpraktikum während des Studiums Hospitationen an vier Tagen stattfinden, 20 Stunden Unterricht in 15 Wochen gehalten werden. Das ist ungefähr eine Unterrichtsstunde pro Woche, während beim Vorbereitungsdienst nach dem bedarfsdeckenden Unterricht nach drei Monaten in der Woche nicht eine Unterrichtsstunde unterrichtet wird, sondern elf Wochenstunden. Wer von Ihnen hier im Hohen Haus Lehrer ist oder Kinder/Enkel hat, die das vielleicht studieren, die wissen genau, wie sich der Lehrer im Grunde in der Praxis formt, im Unterricht-Geben. Da kann man nicht sagen, das KSP, das Komplexe Schulpraktikum, würde alles aufrechnen.

Meine Damen und Herren, in einer ersten Befassung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport mit einem Selbstbefassungsantrag der CDU wurde deutlich, dass diese Problematik auch seitens des Thüringer Ministeriums gesehen wird. Es wurde damals eine Interimslösung angekündigt. Die sah vor, dass die Lehramtsanwärter ihren Vorbereitungsdienst auf Antrag um sechs Monate verlängern können, bis eine endgültige Regelung gefunden wurde. Das war eine gute Lösung. Da haben wir damals auch im Ausschuss gesagt, die können wir mittragen. Allerdings kommt es jetzt dazu, dass diese versprochenen Anträge vom Bildungsministerium abgelehnt werden. Später wurde seitens der Landesregierung angekündigt, die ganze Sache solle einmal evaluiert werden. Heute kann man in der Zeitung nachlesen, dass die Evaluation noch nicht einmal begonnen hat, dass sie irgendwann

einmal einsetzen soll und irgendwann einmal zu einem Ergebnis kommen soll, einem Ergebnis, das wir eigentlich alle kennen und das wir nachlesen können, zum Beispiel bei den Nordrhein-Westfalen oder bei den Berlinern. Diese Experimente auf Kosten der Betroffenen sollten wir und dürfen wir nicht länger hinnehmen. Sie alle kennen die dramatischen Rückmeldungen aus der Praxis. Ich habe Ihnen auch gerade noch ein paar Beispiele genannt. Wer wirklich auf Evaluationen beharrt, der sollte eben die Vergleichsuntersuchungen auch zur Kenntnis nehmen und dann die entsprechenden Schlussfolgerungen ziehen. Die Evaluation des reformierten Vorbereitungsdiensts in Nordrhein-Westfalen, der für alle Lehrämter einheitlich einen 18monatigen Vorbereitungsdienst vorsieht, kommt nach diesem Gutachten zu dem Ergebnis, dass es keinesfalls empfehlenswert ist, die Ausbildungszeit noch weiter zu verkürzen. Die reden von 18 Monaten. Eine Ausnahme stellt lediglich Sachsen-Anhalt dar. Dort ist der Vorbereitungsdienst derzeit auf 16 Monate festgelegt. Durch den vor mir liegenden Gesetzentwurf wird nun der Vorbereitungsdienst für alle Lehrämter auf grundsätzlich 24 Monate festgelegt, so wie es bis 2008/2009 auch noch gang und gäbe in Thüringen war. Werden während der ersten Phase der Lehrerausbildung absolvierte Praktika oder schulpraktische Übungen nachgewiesen, die vom Umfang und vom Inhalt her eine Anrechnung ermöglichen, wird der Vorbereitungsdienst um bis zu sechs Monate verkürzt, sodass im Ergebnis in der Regel ein 18-monatiger Vorbereitungsdienst für alle Lehrämter steht, damit wir eben auch bundesweit vergleichbar sind. Die Trennung von Universität als Ort der wissenschaftlichen Ausbildung halten wir für unverzichtbar. Dies darf nicht weiter verweichlicht werden. Das Studienseminar als Ort der praktischen Qualifizierung, als Kompetenzzentrum von Pädagogik, Psychologie, Fachdidaktik und Methodik ist ebenfalls unverzichtbar. Ich würde mir doch wünschen, dass wir diesen Handlungsbedarf endlich erkennen und jetzt auch korrigieren.

Es gibt ja verschiedene Rückmeldungen, auch an unsere Fraktion, von verschiedenen Trägern der Lehrerbildung hier in Thüringen. Wir als Fraktion kommen zu dem Ergebnis – vielleicht auch in Richtung Wissenschaftsministerium –, eine Lex Universität Erfurt in der Lehrerbildung ist wenig zielführend für die Qualität der Thüringer Grundschulausbildung, zumal auch verschiedene Professoren an der Hochschule hier in Erfurt eine differenzierte Meinung vertreten. Da schreibt die Universität Jena, ich darf zitieren, denn wir haben unseren Gesetzentwurf vorher durchaus mal abgefragt, was da die Meinung ist, und hier schreibt uns der Lehrerbildungsausschuss der Friedrich-Schiller-Universität: Der grundsätzliche Vorstoß der CDU-Fraktion wird begrüßt. Allerdings sollte aus der Formulierung hervorgehen, dass für alle Lehramtsstudierenden in allen Schularten 18 Monate Vorbereitungsdienst vor

gesehen sind – das haben wir berücksichtigt – und dass es in jedem Lehramtsstudium eine Praxisphase mit der Dauer eines Semesters gibt. – Also, Frau Rothe-Beinlich, grundsätzliche Zustimmung von denen, die was von der Sache verstehen. Was schreibt der Bundesarbeitskreis der Seminar- und Fachleiter? Sie alle haben das Schreiben erhalten, ich möchte es aber noch mal zitieren, Frau Präsidentin: In den meisten Ländern der Bundesrepublik Deutschland ist eine 18-monatige Dauer des Vorbereitungsdienstes auf die Zweite Staatsprüfung Mindeststandard. Auch wir sehen in einer Verkürzung eine Benachteiligung zukünftiger in Thüringen ausgebildeter Grundschullehrerinnen und -lehrer. Ein Wechsel bzw. eine Bewerbung in ein anderes Bundesland, aus welchen Gründen auch immer, könnte eine Benachteiligung dieser Personengruppe – unserer Thüringer also – nach sich ziehen. Mit der grundsätzlichen Festlegung der Dauer des Vorbereitungsdienstes für alle Lehrämter auf 18 Monate wird ein Standard gesetzt, welcher unabhängig von zukünftigen eventuellen Änderungen in der universitären Ausbildungsphase angehender Lehrerinnen und Lehrer gilt.

Änderungen des Thüringer Lehrerbildungsgesetzes sollen möglich werden – habe ich gesagt. Abschließend möchte ich noch mal den Appell hier in das Rund richten: Lassen Sie uns an dieser Stelle nicht Parteipolitik betreiben. Das haben die Referendare nicht verdient, denn sie sind hier wirklich auf einer Schiene unterwegs, wo sie einmalig in Deutschland unterwegs sind, wo wir letztendlich auch benachteiligen und vor allem die Qualität der Ausbildung auf der Strecke bleibt. Und wir wollen doch alle gute, ordentlich, solide ausgebildete Grundschullehrer haben. Hören Sie auf das, was Frau Ministerin regelmäßig gesagt hat, was die Staatssekretärin erklärt – ich hoffe, sie bleibt auch bei ihrer Meinung, die ich heute in der OTZ lesen kann, und ist nicht noch mal zurückgerufen worden –, und dann lassen Sie uns das angehen. Wir sollten im Ausschuss darüber reden, nach einer gemeinsamen Lösung für diese spezielle Klientel suchen. Es ist einfach nur wichtig. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion der SPD hat Abgeordnete Rosin das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, grundsätzlich kann man im Hinblick auf mögliche Änderungen des Lehrerbildungsgesetzes über alles sprechen. Allerdings sollte man es sich dabei nicht so leicht machen wie die CDU mit ihrem nun vorgelegten Gesetzentwurf. Die Dinge sind nun ein

(Abg. Tischner)

mal komplexer angelegt und deswegen muss man sie auch differenzierter betrachten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich daher zunächst einmal erläutern, warum es in der letzten Legislaturperiode zur Verkürzung des Vorbereitungsdienstes für das Lehramt Grundschulen durch eine entsprechende Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes gekommen ist – eine Novellierung, die wir seinerzeit im Übrigen gemeinsam mit Ihnen vorgenommen haben, liebe CDU. Auch daran sei kurz erinnert. Hintergrund der im September 2013 vorgenommenen Änderungen des Lehrerbildungsgesetzes waren ländergemeinsame Strukturvorgaben der KMK. In ihrem Quedlinburger Beschluss vom Juni 2005 hatte die KMK nämlich als Bedingung für die gegenseitige Anerkennung gestufter Lehramtsabschlüsse festgelegt, dass diese auf einem einheitlichen Studienvolumen von 300 Leistungspunkten basieren müssen. 2010 folgte ein weiterer KMK-Beschluss, wonach die Länder ihre Landesgesetzgebung bis zum Wintersemester 2013 und 2014 anzupassen hatten. Diesen KMK-Vorgaben sind wir in der letzten Legislaturperiode gemeinsam mit der CDU gefolgt. Da ein Studienvolumen von 300 Leistungspunkten einer Verlängerung der Studiendauer von vorher neun auf dann zehn Semester für das in Erfurt angebotene Lehramtsstudium Grundschule gleichkam, haben sich die Universität Erfurt und das Bildungsministerium damals dafür entschieden, aus der quantitativen Veränderung auch gleich eine qualitative Verbesserung zu machen und das zusätzliche halbe Studienjahr als Praxissemester anzulegen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das ist sie aber nicht!)

Gleichzeitig wurde die nachuniversitäre Referendariatszeit um sechs Monate gekürzt, um so die Gesamtausbildungsdauer der Nachwuchspädagogen im Grundschulbereich auch weiterhin im Lot zu halten. Uns ist damit eine Umsetzung der KMK-Vorgaben zum Studienvolumen gelungen, ohne dass dadurch die gesamte Ausbildungsdauer verlängert worden ist und ohne dass dies in der Gesamtschau zulasten der Praxisanteile der Pädagogenausbildung gegangen ist. Diese Fakten sollte man bei einer Bewertung der damaligen Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes nicht unterschlagen. Berücksichtigt werden muss zudem, dass die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes von bestimmten Ausgleichsmaßnahmen begleitet worden ist. So besteht die Zweite Staatsprüfung inzwischen nur noch aus einem mündlichen und einem schriftlichen Prüfungsteil. Die zeitaufwendige Anfertigung einer Hausarbeit ist für die Lehramtsanwärter entfallen. Darüber hinaus ist die Anzahl der Ausbildungsfächer beim Lehramt für Grundschule von früher vier auf jetzt drei Fächer reduziert worden. Es ist also nicht einfach, wie oftmals fälschlicherweise behaup

tet wird, der Vorbereitungsdienst gekürzt worden – nein, das Land hat gleichzeitig Maßnahmen ergriffen, um die Belastung während des Referendariats spürbar zu reduzieren. Das sollte Ihnen eigentlich bekannt sein. Ebenso muss man im Hinterkopf haben, dass die Veränderungen des Lehramtsstudiums an der Universität Erfurt bei adäquater Verkürzung des Vorbereitungsdienstes erst zum Wintersemester 2015/2016 in Kraft getreten sind.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Ja, jetzt haben wir den Salat!)

Das heißt, wir reden hier über substanzielle Veränderungen der ersten und zweiten Phase der Grundschullehrerausbildung, die erst seit etwa einem Jahr in der Praxis wirken können. Dennoch will die CDU diese Regelungen bereits jetzt wieder über Bord werfen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Na ja, weil die Praxis es zeigt!)

Aber man kann leider nicht in der Grundschullehrerausbildung, lieber Kollege Tischner, Thüringen mit Nordrhein-Westfalen vergleichen. Das muss ich Ihnen mit auf den Weg geben.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Dann schauen Sie mal nach Berlin und nach Sach- sen-Anhalt!)

Äpfel mit Birnen zu vergleichen, funktioniert in dieser Weise nicht. Mein Eindruck ist, dass sich die Union aus genau diesem Grund in der Begründung ihres Gesetzentwurfs auch immer nur im Ungefähren bewegt. Dort ist zu lesen: „Es ist zu befürchten [...]“. Sie haben es in Ihren Ausführungen eben auch genannt. Es liege nahe, heißt es an anderer Stelle. Es gibt jede Menge Konjunktive mit den Formulierungen „sei“, „habe“, „wolle“, „müsse“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU operiert also nur auf der Basis einer möglicherweise sich einstellenden qualitativen Verschlechterung der Pädagogenausbildung im Bereich der Grundschule.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: So ein Quatsch!)

Sie gibt leider einer subjektiv empfundenen, in der Zukunft eventuell Gestalt annehmenden Wirklichkeit hier einfach den Bezug, bevor sie harte Fakten hinzuzieht. Das finde ich schon bemerkenswert. Natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, sind auch mir die Befürchtungen der Studienseminare hinlänglich bekannt, aber das sind im Moment erst einmal nur Mutmaßungen – weiter nichts. Die Landesregierung, die die Stellungnahme der Studienseminare ebenfalls kennt, hat daher zu Recht beschlossen, die konkreten Auswirkungen der in der letzten Legislaturperiode beschlossenen Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes erst einmal abzuwarten und zu evaluieren, bevor man jetzt

mit einem Schnellschuss ein neues Gesetz formuliert. So sieht für mich verantwortungsvolle Bildungspolitik aus. Ein Schnellschuss à la CDU würde dagegen dem gerade erst angelaufenen neuen Lehramtsstudiengang Grundschule an der Universität Erfurt beträchtlich schaden, die Gesamtausbildungszeit der Pädagogen spürbar verlängern, ohne dass dafür momentan eine konkrete Notwendigkeit bestünde, und schließlich auch noch die Ausbildungskapazitäten der Studienseminare in der Folge, würde man eine Veränderung jetzt vornehmen, im Grundschulbereich faktisch um ein Drittel kappen. Für solche wenig durchdachten Novellierungsvorhaben steht meine Fraktion nicht zur Verfügung. Wir werden daher diesen Antrag und die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss ablehnen. Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das ist aber arrogant! Das könnt ihr mit der AfD ma- chen, aber nicht mit uns!)

Für die Fraktion der AfD hat Abgeordnete Muhsal das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Abgeordnete, das Thema, was wir hier jetzt diskutieren, ist eigentlich hinreichend bekannt, wurde auch schon diskutiert. Angesichts der Diskussionsbeiträge wird eigentlich auch deutlich, was das Problem ist. Das eine Problem ist das Verhalten von RotRot-Grün, dass Sie einfach nicht in die Pötte kommen; das andere Problem ist, dass die CDU die Situation, wie sie jetzt ist, überhaupt erst verursacht hat.

In der Sache geht es darum, dass der Vorbereitungsdienst für angehende Grundschullehrer durch die gesetzlich vorgesehene Anrechnungsmöglichkeit für Praktika de facto auf zwölf Monate verkürzt ist. Um mal das Vorgehen der Landesregierung zu schildern: Im November 2015 hat Frau Staatssekretärin Ohler in einer Antwort auf eine Mündliche Anfrage zu Protokoll gegeben oder gesagt, dass die Landesregierung die Gesetzeslage nächstes Jahr, also in dem jetzt schon vergangenen Jahr 2016, ändern würde, um diesem Missstand abzuhelfen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das darf sie doch nicht! Das würde sie gern!)

Im September letzten Jahres hieß es dann schon, es könne sich noch ins nächste Jahr hineinziehen. Dann hat die Landesregierung sich entschieden, auch diese vollkommen überflüssige Evaluation auf den Weg zu geben, die dann erst Ende 2017 abge

schlossen sein wird. Das heißt, vor 2018 können wir hier, glaube ich, mit überhaupt gar nichts rechnen, schon gar nicht damit, dass einem Missstand abgeholfen wird.

Zu dieser Evaluation – zu NRW wurde hier schon etwas gesagt –: Ich glaube auch, dass die Tatsache, dass man überhaupt darüber nachdenkt, zu evaluieren, vollkommen an der Lebenswirklichkeit von Lehrern vorbeigeht, denn eigentlich ist jedem Lehrer klar, dass man ein zweijähriges Referendariat braucht. Insofern ist es nicht verkehrt, dass die CDU die Angelegenheit hier auf die Tagesordnung bringt, nicht nur, weil die Landesregierung offenbar mehr mit dem Bildungsplan oder mit „Schule-ohneRassismus“-Projekten, also Ideologieprojekten beschäftigt ist, sondern auch, weil die Landesregierung offenbar noch andere Pläne hat, die auch die Lehrerausbildung betreffen, die Frau Rothe-Beinlich hier gerade schon angesprochen hat, die mich auch entsetzen, wenn ich höre, dass quasi jetzt auch die Gedanken dahin gehen, einen Einheitslehrer zu schaffen. Nicht, dass es mich überraschen würde, aber das ist leider dann eine falsche Prioritätensetzung.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, es geht nicht um einen Einheitslehrer, da haben Sie nicht zu- gehört! Es geht um eine schulbezogene Aus- bildung!)

Dann bin ich etwas verwundert, dass seitens des bildungspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion der ganze Gesetzentwurf als Einladung begriffen wird, über die ganze Sache zu diskutieren. Ich würde nicht sagen, das ist eine Einladung, sondern ich würde sagen, das ist ein Ablenkungsmanöver, was die CDU startet, um davon abzulenken, dass es ihre Regierung war, unter der die Änderung eingetreten ist.

Bevor 2008 das heutige Lehrerbildungsgesetz verabschiedet wurde, betrug die Vorbereitungsphase für den Schuldienst auch für angehende Grundschullehrer 24 Monate. Erst mit dem Lehrerbildungsgesetz von 2008 wurde der Vorbereitungsdienst für das Grundschullehramt auf 18 Monate gekürzt. Für alle anderen Lehramtsstudiengänge dauert er Gott sei Dank nach wie vor 24 Monate. Die Anrechnungsmöglichkeit für Praktika, die besteht, ist ja eine Regelung, die man ohnehin mal hinterfragen sollte. Nur aufgrund dieser Anrechnungsmöglichkeit hat man diese Verkürzung auf zwölf Monate. Diese zwölf Monate stehen aber, wenn man beispielsweise die Feiertage oder die Ferienzeiten einrechnet, gar nicht voll zur Verfügung. Ohnehin – das habe ich auch schon gesagt –, selbst wenn diese zwölf Monate voll zur Verfügung stünden, wäre das nicht ausreichend in

(Abg. Rosin)

fachlicher Hinsicht, um ein vernünftiges, vollumfängliches Referendariat absolvieren zu können.

Vielleicht noch mal ein wenig aus der Praxis der Studenten, dort wird dieses Praktikum nämlich als das wahrgenommen, was es meines Erachtens tatsächlich ist, nämlich eine angenehme Möglichkeit, Geld zu sparen. Die Praktikanten werden quasi wie Lehrer voll eingesetzt, werden aber dafür nicht entsprechend bezahlt.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das ist doch Blödsinn! Keine Ahnung!)

Abschließend möchte ich noch eine Überlegung anfügen, auch an die CDU gerichtet: Die heutigen bildungspolitischen Missstände sind nicht zuletzt eine Folge des Umbaus unserer Universitäten infolge des Bologna-Prozesses. Mit der Umsetzung der entsprechenden Norm wurde ein bewährtes und ein weltweit bewundertes Bildungs- und Ausbildungssystem ohne Not auf den Kopf gestellt. Ich denke, auch hier im Thüringer Landtag kann man das mal erwähnen. Es wurde das Bewährte ohne Not einer Mode der angeblichen Flexibilisierung und Beschleunigung geopfert. Die Regelung, die wir heute diskutieren, ist davon leider ein Ausfluss. Der Gedanke, dass Bewährtes in der Bildungspolitik weiterhin Gültigkeit haben sollte, ist ein Gedanke, der uns als AfD hier in Thüringen besonders wichtig ist und den wir gern in die Debatte einbringen wollen. Danke.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordneter Wolf das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Lieber Kollege Tischner, mit Blick auf die Uhr könnte man fast meinen, Sie wollen mit Ihrer Gesetzesinitiative heute den Sandmann geben, nämlich den Menschen draußen Sand in die Augen streuen. Sie sprechen hier davon, dass Experimente auf Kosten der Betroffenen vollzogen werden. Da bin ich doch etwas sprachlos. Alle haben die Möglichkeit, die Protokolle aus der letzten Legislatur und den Beratungen zur Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes 2013 durchzulesen. Wenn Sie das mal getan hätten, dann wüssten Sie, dass es Ihre Fraktion war, die alle Anregungen in der Anhörung niedergeschmettert hat, die Änderungsanträge niedergestimmt hat. Und jetzt kommen Sie wie Kai aus der Kiste und wollen, dass – was Sie selber noch vor wenigen Jahren als gültig und gut befunden haben und was jetzt, wo es greift und auch tatsächlich mal angesehen werden soll, wie die Wirkung ist, nämlich über eine Evaluation – diese Regelung so