Protocol of the Session on December 9, 2016

Im Ergebnis all dieser Maßnahmen haben von den 23 Landkreisen und kreisfreien Städten elf mehr Geld aus dem Finanzausgleich bekommen und demzufolge zwölf etwas weniger. Aber das ist nun mal in einem Ausgleichssystem eine Folge, und zwar haben diejenigen mehr Geld bekommen, die auch überdurchschnittliche Soziallasten zu tragen haben, nämlich die sechs kreisfreien Städte und die typischen Landkreise mit hoher struktureller Arbeitslosigkeit wie Kyffhäuserkreis, Altenburg, Unstrut-Hainich-Kreis. Die Landkreise mit einer unterdurchschnittlichen Soziallast wie Sonneberg, Hildburghausen, Wartburgkreis, Greiz haben weniger aus dem Bereich der Schlüsselzuweisungen bekommen. Alle haben aber beispielsweise mehr beim Mehrbelastungsausgleich bekommen. Von den 843 kreisangehörigen Gemeinden haben durch diese Umverteilung aus dem Finanzausgleich 480 Gemeinden mehr Geld erhalten und 363 Gemeinden weniger. Auch das ist eine Folge von Umverteilung. Aber es haben gerade die Gemeinden mehr erhalten, die eine überdurchschnittliche Anzahl von Kindern haben. Die, die – im Durchschnitt gemessen – weniger Kinder haben, haben etwas weniger bekommen. Was ist daran ungerecht? Wir sagen, das hat etwas mit Gerechtigkeit zu tun, und das ist eine Aufgabe des Finanzausgleichs, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Hinzu kommt – jetzt komme ich zu den Ursachen –, dass wir trotz dieser Hilfspakete und der Umverteilung ein strukturelles Problem haben, wo kein Hilfsprogramm hilft, auch Ihres nicht. Sie machen nicht einmal einen innovativen neuen Ansatz, sondern Sie wollen wieder nach dem Prinzip der Schlüsselzuweisungen verteilen. Auf der gemeindlichen Ebene würde Ihr Hilfspaket im Durchschnitt 20 Euro pro Einwohner bedeuten. Von den 843 Gemeinden haben 571 weniger als 1.000 Einwohner. Das heißt, da kommen weniger als 20.000 Euro von Ihrem Hilfsprogramm an, das Land kostet das aber 100 Millionen. Sie meinen doch nicht, dass mit 20.000 Euro in einer Gemeinde irgendein Problem strukturell dauerhaft – manche sagen: nachhaltig – gelöst wird. Nein, das ist reiner Populismus, was Sie machen, und Geld verbrennen. Wenn wir – das macht Rot-Rot-Grün tatsächlich – zusätzliches Geld in die Hand nehmen, dann, um leistungsfähige Strukturen zu schaffen, die dauerhaft von Bestand sind. Das machen wir mit dem Vorschaltgesetz jetzt in der Freiwilligkeitsphase. 155 Millionen Euro stehen zur Verfügung. Wir haben den Eindruck, auf der gemeindlichen Ebene bewegt sich viel, die Gemeinden werden diese Chance nutzen. Das ist viel nachhaltiger, weil das Geld in eine Struktur hineinfließt, bei der wir wirklich davon ausgehen können, dass damit sinnvolle, nachhaltige Projekte realisiert werden.

Ähnlich ist es bei den Landkreisen. Auch dort wollen Sie nachjustieren. Die Landkreise bekommen aber 2016/2017 ein Hilfsprogramm von jeweils 25 Millionen Euro. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass aus dem alten Hilfsprogramm, mit dem wir die Schulinvestitionspauschale verdreifacht haben, Landkreise jetzt immer noch Ausgabenreste vor sich herschieben, weil sie gar nicht in der Lage sind, diese Gelder im Bereich der Schulinvestitionen zeitnah umzusetzen. Jetzt wollen Sie dort noch mal Geld hineingeben – das nehmen die alles, das ist klar, Geld kann man immer gebrauchen. Das weiß auch jeder aus seiner privaten Situation heraus: Geld ist nie genug da, man kann immer mehr Geld gebrauchen. Aber wir müssen einen Abwägungsprozess durchführen, deswegen sind wir überzeugt: Zum jetzigen Zeitpunkt ist diese Forderung nicht zielführend. Wir sind zurzeit in einer Debatte zur Neuausrichtung des Finanzausgleichs mit dem neuen Doppelhaushalt 2018/2019. Das ist die große Herausforderung. Die Eckwerte müssen im April 2017 stehen. Da können Sie sich als CDU einbringen – wir sind gern bereit, Ihre Vorschläge mit aufzugreifen und mit Ihnen in den Dialog zu treten. Zurzeit – das wird der Innenminister dann sicherlich ausführen – wird auch der angemessene Finanzbedarf im Zusammenhang mit der Neuausrichtung des Finanzausgleichs ermittelt. Auch da bleibt abzuwarten, welches Ergebnis wir dort zu verzeichnen haben.

Abschließend noch der Hinweis: Die NovemberSteuerschätzung belegt, dass die Steuereinnahmen auch auf der kommunalen Ebene noch mal zusätzlich steigen zu den ursprünglichen Prognosen. Es findet keine Verrechnung mit dem Finanzausgleich statt. Diese Steuermehreinnahmen können die Gemeinden behalten, weil sie natürlich auch Kostensteigerungen im Tarifbereich und bei der allgemeinen Kostenentwicklung zu verzeichnen haben. Ich werde auch nicht müde, noch mal darauf hinzuweisen: In der jetzigen Struktur sind die Gemeinden offensichtlich nicht in der Lage, ihre Einnahmepotenziale auszuschöpfen. An zwei Beispielen werde ich nicht müde, das zu belegen. Das eine ist die Grundsteuer B. Nach wie vor sind die Gemeinden in ihrer kleinen Struktur gerade bei den Verwaltungsgemeinschaften nicht in der Lage, einen ständigen Dialog mit der Grundsteuerstelle des zuständigen Finanzamts zu führen, damit bauliche Veränderungen, die die Steuerbemessung für die Grundsteuer B verändern, zeitnah zur Wirkung kommen. Da geht den Gemeinden Geld verloren. Aber wie soll eine Verwaltungsgemeinschaft wie die von Herrn Fiedler – 22 Gemeinden sind es?

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Die funktio- nieren sehr gut! Immer noch!)

Ihre Kämmerei hat zweieinhalb Beschäftigte, die diese Aufgabe für eine so hohe Anzahl von Gemeinden nicht leisten können, und Sie als Bürger

meister können es auch nicht. Das ist gar kein Vorwurf. Deswegen müssen wir uns mit der Struktur beschäftigen, denn das funktioniert nicht.

(Unruhe CDU)

Den Steuerpflichtigen freut es natürlich, wenn er weniger Grundsteuer B bezahlen muss. Aber das ist doch nicht gerecht!

(Unruhe CDU)

Und das Zweite ist die Gewerbesteuer.

(Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Das stimmt doch nicht!)

Die Aussagen können beim Landesamt für Statistik nachvollzogen werden: 710 Gemeinden von den 849, also 843 kreisangehörige plus sechs kreisfreie, haben bei der Gewerbesteuer einen Hebesatz von unter 400. Aber unter 400 tun sie ihren Einzelunternehmern gar keinen Gefallen, nicht mal eine steuerliche Entlastung tritt dort ein, denn bis zum Hebesatz von 400,5 kann der Einzelunternehmer seine Gewerbesteuer vollständig mit der Einkommensteuer verrechnen. Das heißt, die Gemeinden tun nicht mal etwas für ihre Steuerpflichtigen vor Ort, indem sie sie entlasten. Nein, die bezahlen dann eben mehr veranlagte Einkommensteuer. Der Belastungshebesatz liegt erst bei 685, bei Kapitalgesellschaften bei 859. Dort bleibt Geld liegen. Da spreche ich gar nicht von solchen Problemen wie der Zerlegung von Gewerbesteuer bei mehreren Betriebsstätten. Die gemeindlichen Kämmereien sind ermächtigt, mit dem Finanzamt Kontrollen und Betriebsprüfungen zur Gewerbesteuer durchzuführen. Das machen sie aber nicht, weil sie kein Personal dafür haben, weil sie so klein sind, so kleingliedrig. Und deshalb brauchen wir andere Strukturen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wenn ich den Herrn Kuschel höre, könnte die Finanz- ministerin Millionen einsparen!)

Ich habe mal überschlägig ermittelt: 120 Millionen Euro lassen die Gemeinden derzeit in diesen Bereichen liegen, stattdessen wollen sie mehr Geld vom Land. Das kann dauerhaft nicht hingenommen werden. Das geht nicht. Das Verfassungsgericht – das Sie immer zitieren – hat 2005 entschieden, dass wir als Land dafür Sorge tragen müssen, dass die Gemeinden ihre Einnahmepotenziale auch ausschöpfen – insbesondere dort, wo es den Steuerpflichtigen überhaupt nicht belastet, wie ich es bei der Gewerbesteuer beschrieben habe. Bezahlen sie weniger Einkommensteuer, sind in erster Linie Bund und Land betroffen, die jeweils 42,5 Prozent davon bekommen, die Kommunen bekommen ja nur 15 Prozent. Da ist es besser, die Gewerbesteuer mitzunehmen, denn die bleibt zu 100 Prozent – klar, die Gewerbesteuerumlage muss abgeführt werden. Also, wir haben viel zu tun.

Ein weiteres Hilfsprogramm zum gegenwärtigen Zeitpunkt halten wir für nicht sachgerecht, sondern wir werden das im Zusammenhang mit dem neuen Finanzausgleich und dem neuen Doppelhaushalt in Kraft setzen. Wir haben jetzt zwei sogenannte Hilfsprogramme für die Landkreise und kreisfreien Städte, jeweils 25 Millionen Euro, und für die Gemeinden 155 Millionen Euro in der Phase der Freiwilligkeit der Gebietsreform. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Kießling, Fraktion der AfD, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Abgeordnete, liebe Zuschauer auf der Tribüne, liebe Gäste! Im Gegensatz zur Regierungskoalition ist sich die AfD-Fraktion mehr als bewusst, dass in den Kommunen sozusagen die Luft brennt.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ich denke, es ist alles in Ordnung! Sie wollen doch keine Gebietsreform!)

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Kuschel, las- sen Sie ihn mal ausreden!)

Immer mehr Kommunen schaffen es nicht mehr, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, bzw. er wird erst im letzten Quartal eines Jahres vorgestellt und eingebracht. 2014 waren bereits 170 von 849 selbstständigen Städten und Gemeinden nicht in der Lage, entsprechende Fristen einzuhalten, um einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Per 31.12.2015 beträgt bei den kreisfreien Städten, den Landkreisen, den gemeinschaftsfreien Gemeinden, den erfüllenden Gemeinden und den Verwaltungsgemeinschaften der Schuldenstand 1,984 Milliarden Euro. Pro Kopf sind das im Schnitt 921 Euro für die Bürger, die noch zu den 16,3 Milliarden Euro Landesschulden dazukommen. Die Stadt Gera ist bei der Pro-Kopf-Verschuldung Spitzenreiter mit 1.370 Euro pro Kopf

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Was guckst du mich denn so an?)

na, du bist ja aus Gera, du bist ja auch davon betroffen, das sind jetzt in einem gewissen Sinne deine privaten Schulden – und dazu kommen noch die 7.592 Euro Landesschulden pro Kopf, die das Land Thüringen hat. Ich zitiere jetzt mal: „Das ist ein richtiger Sprengsatz für die kommunale Selbstverwaltung“, so Rusch, der Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebunds zur Situation 2014. Was war zu lesen in der TA vom 18.11.2014? Ich zitiere: „Eine rot-rot-grüne Landesregierung will einen Teil der künftigen Haushaltsüberschüsse den Städten und

Gemeinden zufließen lassen.“ Und weiter: „‚Kommunen werden zuallererst aus den Haushaltsüberschüssen der nächsten Jahre gefördert werden‘, sagte Linke-Chefin Susanne Hennig-Wellsow gestern am Rande der Koalitionsverhandlungen in Erfurt.“ Nun sind zwei Jahre vergangen und jetzt fragt man sich: Wie ist die Situation heute? Leider nicht besser geworden; statt einer Entlastung der Kommunen haben wir eine Belastung. Dass RotRot-Grün nicht mit Geld umgehen kann, hat nicht zuletzt auch der Erfurter Oberbürgermeister gezeigt, nebenbei Landesvorsitzender der SPD. Er hat eindrucksvoll bewiesen, unsere Landeshauptstadt steht kurz vor der Zwangsverwaltung, Hunderte Millionen Euro an Rücklagen sind aufgebraucht. Erfurt hat nicht etwa ein Einnahmenproblem, nein, es hat ein Ausgabenproblem. Schuldenstand per 31.12.2015: 154,746 Millionen Euro. Dank immer weiterer rot-rot-grüner Fantastereien ist ein Ende des Desasters nicht in Sicht. Um nur ein paar Schlagworte zu nennen: Multifunktionsarena – 40 Millionen Euro; der Ausbau der Nordhäuser Straße, gerade mal 1 Kilometer lang, kostet 17 Millionen Euro – tolle Sache! –; und natürlich die Sozialausgaben im Bereich der Asylproblematik – und bevor jetzt die Kollegin Rothe-Beinlich hier wieder dazwischenruft –, diese Kosten werden natürlich vom Bund übernommen, doch leider werden nicht alle Kosten übernommen. Vielmehr sollten alle diese Kosten vom Bund getragen werden, die die CDU-geführte Bundesregierung mit verursacht hat. Der Erfurter Oberbürgermeister hat im letzten Jahr bei einer Sondersitzung des Stadtrats verlautbart, dass das Land die Mittel des Bundes nicht eins zu eins an die Kommunen durchreicht. Genau hier liegt nämlich auch ein sehr großes Problem für die Kommunen. Ihnen werden immer mehr Aufgaben zugeordnet, aber ihre finanzielle Ausstattung wird nicht eins zu eins angepasst, Herr Kuschel. Im Gegenteil, ihnen werden zusätzlich noch Gelder gestrichen und man überlässt sie sich selbst.

(Beifall AfD)

Aber die Linke hat einen tollen Lösungsvorschlag, das haben wir jetzt vernommen. Sie schlägt sogar vor, die Einnahmeoption der Kommunen zu erhöhen. Doch wie sieht das aus? Das soll heißen, die Kommunen sollen sich die fehlenden Gelder beim Bürger holen, und zwar in Form von höheren Gewerbesteuern – das hat Herr Kuschel gerade ausgeführt –, höherer Grundsteuer, höherer Hundesteuer und nicht zuletzt höherer Beiträge für die Kinderbetreuung. Das soll sozial sein, liebe Linke? Prima, kann man da nur sagen. Die Bürger werden es sich merken.

Der Antrag der CDU ist gut gemeint, geht in die richtige Richtung, aber doktert nur an den Auswirkungen statt an den Ursachen herum. Ziel muss es sein, dass sich das Land nicht mehr wie in einem Tante-Emma-Laden an den Mitteln des Bundes für

(Abg. Kuschel)

die Kommunen bedient; andere Bundesländer leiten die Gelder vom Bund eins zu eins an die Kommunen durch. Die meisten Kommunen leisten eine hervorragende Arbeit und versuchen ihr Möglichstes zu tun. Deswegen auch Dank an die vielen Bürgermeister, an die Gemeinderäte, die ihr Möglichstes für unser Land tun.

(Beifall AfD; Abg. Fiedler, CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Da kann ich sogar mal klopfen!)

Genau. Das Land tritt hier auf wie ein altertümlicher Wegelagerer, der den Kommunen das ohnehin knappe Geld noch mehr wegnimmt, um damit seinen eigenen Haushalt zu konsolidieren. Am Ende stellt sich noch die Finanzministerin hin und sagt: Wir haben gut gewirtschaftet. Was für eine Ironie!

Meine Damen und Herren, diese Vorgehensweise der Landesregierung ist einfach nur noch abstoßend. Ich beantrage, die Drucksache an den Innenund Kommunalausschuss sowie an den Finanzausschuss zu überweisen, federführend natürlich an den Finanzausschuss, um dort im konstruktiven Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden die Höhe und die Abflussmodalitäten der Gelder näher zu klären, denn den Kommunen muss geholfen werden, wie gesagt sogar dringend, und wir sind als AfD-Heimatpartei bereit, hier konstruktiv mitzuarbeiten. Vielen Dank!

(Beifall AfD)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Müller, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucherinnen auf der Tribüne! Die CDU fordert mit ihrem Antrag die Landesregierung dazu auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der es ermöglicht, in den kommenden zwei Jahren 50 Millionen Euro an die finanzschwachen Kommunen auszuschütten. Begründet wird dieses Ansinnen mit einem kontinuierlichen Sinken der Gesamtleistungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich, des Weiteren begründet sie den Bedarf mit steigenden Personal- und Sozialkosten. Die pauschalen Mittelzuweisungen sollen den Kommunen eine gewisse Handlungsfähigkeit zurückgeben, sie sollen frei einsetzbar sein, also ohne Zweckbindung erfolgen, gleichzeitig sollen nur finanzschwache Kommunen in den Genuss dieses warmen Geldregens kommen. Leistungsstarke Kommunen werden voraussichtlich davon nicht profitieren können. Finanziert werden soll das Ganze über gebildete Rücklagen – eben habe ich Kritik gehört an der Stadt Er

furt, die ihre Rücklagen aufgebraucht hat und jetzt mit dem Rücken an der Wand steht; ich möchte eigentlich nicht, dass wir das als Land auch erleben –, möglicherweise mit nicht abgeflossenen Haushaltsmitteln aus dem Asyl- und Flüchtlingsbereich – da kann man immer gut punkten, wenn man so etwas aufwirft –

(Beifall DIE LINKE)

und/oder über die geschätzten Steuermehreinnahmen auf der Grundlage der November-Steuerschätzung dieses Jahres. So weit, sehr geehrte Damen und Herren, die Vorstellungen der CDU knapp zusammengefasst.

Sicherlich sehen wir, Bündnis 90/Die Grünen, auch einen Bedarf und auch einen steigenden Finanzbedarf auf der kommunalen Seite. Allerdings – und da beschreibt die CDU tatsächlich nur die halbe Wahrheit – sind die Leistungen über den KFA unter der jetzigen Landesregierung kontinuierlich gestiegen, von 2014 auf 2015 um 14,2 Millionen Euro, von 2015 auf 2016 um 47,8 Millionen Euro. Und hier, werte Kollegen der CDU, lassen Sie ein bisschen mehr Wahrheit tatsächlich walten.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Nicht berücksichtigt sind zudem – Herr Kollege Kuschel hatte das schon angesprochen – die erfolgten zusätzlichen Steuereinnahmen auf der kommunalen Seite. Hier kam es zu Mehreinnahmen in Höhe von 119 Millionen Euro von 2014 auf 2015 und voraussichtlich weiteren 51 Millionen Euro für den Zeitraum von 2015 auf 2016; das sind auch Mittel, die den Kommunen vollumfänglich zur Verfügung stehen.

Während die Steuereinnahmen der Kommunen im Zeitraum 2010 bis 2014 tatsächlich um insgesamt 30 Prozent stiegen, lagen die Steigerungen aufseiten des Landes lediglich bei 20 Prozent. Also auch hier ist die kommunale Seite tatsächlich besserstehend davongekommen als das Land. Mit weiteren Anstiegen ist aufgrund der konjunkturellen Entwicklung sicherlich auch für die Jahre 2017 und möglicherweise auch noch für 2018 zu rechnen. Bestätigt werden die vorgenannten Zahlen auch durch die Berichte des Landesrechnungshofs. So sind die Einnahmen der Kommunen in den zurückliegenden Jahren seit 2012 stärker gestiegen als die Ausgaben, auch das muss man einfach einmal nennen. Das Finanzierungssaldo lag beispielsweise für 2015 bei rund 208 Millionen Euro. Gestiegen sind 2015 die Ausgaben aufseiten der Kommunen im Bereich der sozialen Leistungen um 83 Millionen Euro, das ist richtig, das betrifft insbesondere Kosten des Asylbereichs und mit rund 27 Millionen Euro den Bereich der Personalausgaben. Gleichzeitig aber haben die Kommunen rund 27 Millionen Euro weniger in Sachleistungen investiert. Betrach

(Abg. Kießling)

tet man zudem – und das ist vielleicht die interessanteste Zahl – den Schuldenstand der Kommunen – auch das ist ja eben aufgeführt worden, dass Gera quasi zwangsverwaltet wird; das wissen wir alle –, dann ist er von immerhin noch 2,346 Milliarden Euro 2010 auf nunmehr 1,803 Milliarden Euro im Jahr 2015 zurückgegangen. Der Landesrechnungshof hat zudem festgestellt – und da möchte ich deutlich widersprechen –, dass das Land Mittel von Dritten komplett durchgereicht und eben nicht einbehalten hat; sie sind an die Kommunen abgeflossen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, somit stellt sich die Ausgangslage grundsätzlich anders dar als in der durch die CDU vorgelegten Form. Der Freistaat Thüringen erfüllt seine Aufgaben gegenüber den Kommunen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir alle wissen, dass uns ab 2020 keine weiteren Mittel wegen teilungsbedingter Lasten mehr zur Verfügung stehen. Das heißt, die Einnahmen werden auch für das Land sukzessive zurückgehen. Die Mittelfristige Finanzplanung stellt dies eindeutig und nachvollziehbar für jeden dar. Um Wohltaten zu finanzieren, plant die CDU nun, auf diese Rücklagen zurückzugreifen. Das ist mehr als nur der Griff in die Portokasse. Rücklagen stehen für unvorhersehbare Ereignisse zur Verfügung. Das ist eine Reserve, und eine Reserve greift man nicht an, um sie mal eben unter das Volk zu bringen, um sie richtig schön medial aufbereitet zu verschenken.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Rücklagen bilden wir auch, um beispielsweise Konjunktureinbrüche ausgleichen zu können. Ja, das ist schön, dass wir seit Jahren stetiges Wirtschaftswachstum haben. Wir leben in der Bundesrepublik und auch im Freistaat Thüringen ein Stückchen weit auf der „Insel der Glückseligen“. Wir brauchen uns nur umzuschauen, wie es im europäischen Ausland aussieht, dann sind unsere Wachstumsschübe nach wie vor erstaunlich. Die Rücklagen stellen auch eine Reserve dar, um im Notfall den Landeshaushalt ausgleichen zu können.

Auf die derzeit nicht benötigten Mittel für geflüchtete Menschen zurückzugreifen, ist angesichts der absolut unklaren und unsicheren internationalen Situation verantwortungslos; mehr kann ich dazu nicht sagen. Es ist verantwortungslos; wir wissen nicht ansatzweise, wie sich die Flüchtlingssituation im bilateralen Verhältnis der EU und der Türkei auswirken wird. Was passiert im nächsten Jahr? Stehen wir möglicherweise vor ähnlichen Herausforderungen wie in der Vergangenheit? Und da möchte ich diese Mittel nicht verfrühstücken.