Protocol of the Session on February 26, 2015

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

Natürlich will ich noch zu zwei Sätzen, die mir in einem Interview in der „Welt am Sonntag“ vom 08.02. aufgefallen sind, anmerken, die der Ministerpräsident dort offensichtlich auch freigegeben hat, als er gesagt hat: „Nationalismus als solches ist doch nicht schlimm. Jede Nation sollte durchaus ihre Interessen vertreten.“ Das diente als Rechtfertigung für diese neue Koalition in Griechenland zwischen äußerster Linker und äußerster Rechter. Natürlich, wir stimmen dem zweiten Satz „Jede Nation sollte durchaus ihre Interessen vertreten.“ ganz entschieden und uneingeschränkt zu, aber zu dem Satz „Nationalismus als solches ist doch nicht schlimm.“ will ich schon anmerken, erstens, wenn das ein Linker sagt und zweitens in dieser Intonierung und mit Blick auf Europa, da will ich deutlich für uns als Christdemokraten sagen: Nationalismus in Europa ist natürlich schlimm und wir lehnen das ab. Ich will das auch begründen: Nationalismus ist das Gift, das Europa zerstört hat. Er ist nach wie vor eine tödliche Gefahr. Natürlich muss man seine eigenen nationalen Interessen vertreten und die deutlich machen und nicht jede Kompetenz nach Europa abgeben. Aber dass Sie in dem Wortspiel des Nationalismus und zur Rechtfertigung einer linken und einer äußerst rechten Regierung dieses Wortpaar in den Mund nehmen und das als Rechtfertigung herhalten lassen, da will ich schon anmerken, diese Debatte sollten wir an anderer Stelle noch einmal ausdrücklich fortsetzen.

(Beifall CDU)

Denn – das will ich anmerken – die selbstbewusste Interessenvertretung nationaler Interessen ist etwas völlig anderes, das ist in Europa Standard. Die Europäische Union ist das Regelwerk, in dem dies friedlich und auf Basis geteilter Werte und des gemeinsamen Rechts möglich ist. Staat und Nation sind wichtige Bezugsrahmen. Das hat auch der Thüringen-Monitor 2014 festgestellt. So wollen es die Bürger. Deshalb ist es auch wichtig, darüber zu debattieren, wenn die Thüringer nach dem Nutzen in der Europäischen Union fragen. Wir halten das für völlig normal und halten auch für völlig normal, dass sich dann in der Umfrage des Thüringen-Monitors 2014 auch bestimmte Skepsis wiederfindet.

Der Thüringen-Monitor beschreibt das, was in der Regierungserklärung auch angesprochen wurde. Europa-Enthusiasten sind in Thüringen genauso in der Minderheit wie Europa-Skeptiker. Der Aufbau der Identität schlägt sich im Selbstverständnis wieder. Deshalb ist es beachtlich und bemerkenswert, aber für Thüringen natürlich stolz zu lesen: Die Thüringer sehen sich zuerst als Thüringer, zu 53 Prozent in der deutlichen Mehrheit. Sie sehen sich danach als Deutsche zu 25 Prozent, als Ostdeutsche zu 13 Prozent und erst dann mit 8 Prozent als Europäer. Was folgt daraus? Feste Wurzeln in der Heimat und in der Nation und Weltoffenheit sind eben zwei Seiten einer Medaille. Die Offenheit für das sogenannte Fremde setzt Beheimatung im sogenannten Eigenen voraus.

(Beifall Abg. Höcke, AfD)

Daran muss sich Europa auch orientieren. Daran müssen wir uns auch in Thüringen orientieren. Die Thüringer, die sich zuerst als Thüringer sehen, wollen, dass ihre Interessen in Europa auch als Thüringer zuerst vertreten werden. Sie wollen eben auch, dass wir unser Wort auch im föderalen Gebilde der Bundesrepublik Deutschland machen. Deshalb ist es die Aufgabe dieser neuen Landesregierung, bei all den Entscheidungen, die flächendeckend in den nächsten Jahren anstehen, bei all dem, was Sie sich vorgenommen haben im Koalitionsvertrag und in der Regierungserklärung, achten Sie darauf, dass Sie Thüringen nicht isolieren. Achten Sie darauf, dass Thüringer Interessen wahrgenommen werden und achten Sie darauf, dass Thüringen seinen Ruf in der Mitte der Gesellschaft in diesem Land behält und nicht wegrückt nach links, sondern Thüringen ist stark, weil es in der Mitte gut verwurzelt ist, weil es an der Spitze der neuen Bundesländer steht und weil es Teil der Mitte von Europa ist. Darauf müssen Sie achten, das ist Ihre Aufgabe. Isolieren Sie nicht dieses Land bei dem, was Sie in der Zukunft tun wollen.

(Beifall CDU)

Eine Menge gute Botschaften für die Stabilität der Demokratie spricht dieser Thüringen-Monitor aus. Thüringer sagen mit erstmals deutlich über 80 Prozent: Die Demokratie ist die beste aller Staatsformen. Noch nie seit 2000 war der Wert so hoch wie in diesem Thüringen-Monitor 2014 gemessen. Die Zufriedenheit mit der Demokratie, wie sie in Deutschland funktioniert, die Demokratiezufriedenheit in der Bundesrepublik ist nach jahrelangem Pendeln – wir haben oft darüber gesprochen – bei Werten, die zwischen 40 und 50 Prozent lagen, jetzt erstmals bei circa 60 Prozent auch ein neuer Höchstwert. Der Anteil der zufriedenen Demokraten steigt von 2013 auf 2014 von 46 auf 58 Prozent und der Anteil der Demokratieskeptiker und der erklärten Antidemokraten sinkt von 18 auf 13 Prozent. Auch das ist ein gutes Ergebnis. Worüber wir uns

freuen und dies auch anmerken wollen, 52 Prozent der Thüringer sagen, die DDR war ein Unrechtsstaat. Offensichtlich sind sie klüger als manche, die bei der Regierungsbildung lange damit gehadert haben, ob sie diesen Begriff aufnehmen sollen.

(Beifall CDU, AfD)

Die Mehrheit der Thüringer lehnt es ab, zurück zum Sozialismus zu kehren und 78 Prozent – auch ein starker, hoher Wert – sagen, die Vorteile der deutschen Einheit überwiegen.

(Beifall CDU)

Jetzt sagen Sie in Ihren letzten Worten für den nächstjährigen Thüringen-Monitor, Sie wollen messen und hinterfragen, warum die Thüringer so zufrieden sind. Willkommen in Thüringen! Ich will Ihnen das gern sagen. Die Thüringer sind in diesem Land zufrieden wie nie zuvor, weil sie fleißig gearbeitet haben. Die Unternehmer sind zufrieden in diesem Land, weil sie sich engagiert haben. Die Menschen in diesem Land sind insgesamt zufrieden, weil sie gute Rahmenbedingungen vorgefunden haben. Ich will das nicht verhehlen, die Vorgängerlandesregierungen haben gemeinsam in den verschiedenen Koalitionsformen oder auch in Alleinverantwortung diese wichtigen guten Rahmenbedingungen gelegt, damit Thüringer heute, 25 Jahre nach dem Jahr der Deutschen Einheit, sagen können: Wir sind zufrieden in diesem Land. Wir sind zufrieden mit der Demokratie. Wir sind zufrieden, dass wir in Thüringen sein können. Wir sehen unsere Interessen gut vertreten und wir wissen, dass wir in einem guten Land zu Hause sind. Deshalb sind die Thüringer zufrieden. Die Deutsche Einheit hat sich gelohnt. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union hat sich für die Thüringer gelohnt und deshalb sind die Thüringer zufrieden. Messen Sie das ruhig nach, damit auch Sie wissen, wie die Thüringer in diesem Land so denken.

(Beifall CDU)

Ich will auch nicht verhehlen, es gibt auch Risiken im Thüringen-Monitor. Es war in der Regierungserklärung mit dem Begriff der „Schönwetterdemokratie“ angesprochen. Es gibt immer noch eine Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung und der persönlichen Erfüllung wirtschaftlicher Erwartungen – losgelöst ist die Demokratiezufriedenheit davon nicht ganz. Es gibt insgesamt ein verhaltenes und in den letzten Jahren auch leicht zurückgehendes Desinteresse an Politik. Und es gibt eine Indifferenz gegenüber den Diktaturen auf deutschem Boden. 68 Prozent der Befragten, die dem Nationalsozialismus auch gute Seiten attestieren, haben auch ein überwiegend gutes Bild der DDR. Über die Konsequenzen daraus sollten wir reden. Wenn ich es richtig auffasse, macht es auch Sinn, genau darüber auch im nächsten Thüringen-Monitor vertieft zu reden. Das ist mit Sicherheit eine ganz spannen

de Frage. Ich will das gar nicht vorwegleisten, die Antwort zu geben. Da sollten wir auch die Daten abwarten. Sie haben auch ein paar Dinge angesprochen. Vier Dinge will ich auch sagen, bei denen wir bei dieser Fragestellung darauf achten sollten. Erstens: Politik darf nicht falschen Erwartungen Vorschub leisten und wir müssen beantworten, was kann parlamentarische Demokratie leisten, was kann sie nicht. Wir tun so in Sonntagsreden, dass wir etwas leisten können, was wir gar nicht als Parlament oder auch in der Gemeinsamkeit mit Regierung erfüllen können. Tatsächlich, Sie haben das auch angesprochen: Wir sollten den eigenen Betrieb nicht immer schlechtmachen. Aber ich will in diesem Zusammenhang noch mal an die Debatten Anfang dieses Jahres erinnern, als aus einer Parteizentrale einer hier im Landtag vertretenen Partei plötzlich Bestechungsvorwürfe aufgekommen sind und eine Partei beschmutzt wurde mit Vorwürfen, die ungeprüft, offensichtlich auch in den eigenen Reihen ungeprüft, zu einer großen Skandalisierung bis in die nationale Presse geführt haben. Heute, nachdem sich einige erklärt haben, sind wir alle schlauer und wissen, dass manche lieber vor ihrer eigenen Tür kehren sollten, bevor sie zuerst den politischen Gegner mit strafrechtlichen Vorwürfen konfrontieren und damit für die Schlagzeile sorgen, anstatt den politischen Betrieb gemeinsam zu verteidigen. Wer andere mit Dreck bewirft, muss immer damit rechnen, dass etwas an ihm selbst hängen bleibt.

(Beifall CDU, AfD)

Und ich kann nur allen raten und sagen, weil das nicht erst im Januar 2015 begonnen hat, sondern schon während der Amtszeit der letzten Regierung, als Anzeigen und Vorwürfe jeweils zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, die alle eingestellt wurden, geführt haben: Das darf nicht Stil unserer politischen Auseinandersetzung hier in Thüringen werden und sein und bleiben! Ausdrücklich an alle gerichtet, ich sehe niemanden genau an. Aber einige haben ja angefangen. Das gegenseitige Anzeigengezeige, die gegenseitigen strafrechtlichen Vorwürfe – auch gestern war das kurz wieder hier im Raum Thema in diesem Landtag –, das darf nicht schlussendlich das Ziel unserer Politik sein. Hart im Wort hier im Plenum, hart im Wort draußen mit den Bürgern, hart im Wort in der Auseinandersetzung, aber ohne Gewaltandrohung, ohne Sachbeschädigung, ohne dass die Büros von Kollegen zerstört werden, ohne dass wir uns sozusagen gewalttätig vergreifen, aber auch ohne dass wir uns dauernd mit strafrechtlichen Vorwürfen belegen. Es nützt nichts, hier zu sagen, wir müssen ein besseres Bild abgeben, wenn die Kollegen aus diesem Haus nicht aufhören, dauernd mit Schmutz zu werfen. Ordentliche Politik findet im Wort statt und nicht in diesen Vorwürfen, die mit Schmutz behaftet sind.

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Wer hat denn gestern die Aktuelle Stunde bean- tragt?)

(Beifall DIE LINKE)

Die Fastenzeit ist ja eine Einkehrzeit. Vielleicht helfen diese Worte, obwohl die Fastenzeit natürlich die Christen noch mehr im Herzen anrührt als andere, aber man darf die Hoffnung nie aufgeben.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das ist ihr Prinzip!)

Natürlich will ich sagen, einer der Punkte, über die wir sprechen müssen, ist die politisch-historische Bildung. Unser System ist eine kulturelle Leistung. Wir haben unter großen Opfern und vielen Rückschlägen eine Menge geschafft, aber politische Bildung und auch politisch-historische Bildung ist eine Daueraufgabe, die wir sicherstellen müssen in den Schulen, in der Gesellschaft, weit darüber hinaus. Das ist eine ganz wichtige Frage. Wenn wir uns darüber unterhalten werden, warum das Interesse an Politik abnimmt, dann hängt das damit zusammen, dass politische Bildung offensichtlich nicht so gute Arbeit geleistet hat, wie wir sie uns für die Zukunft noch mehr vorstellen könnten. Auch über Instrumente sollten wir in der Zukunft nachdenken. Dazu gehören – ich schließe das nicht aus – immer wieder auch Möglichkeiten im Wege der politischen Teilhabe. Wie kann man die verbessern und noch mehr gewährleisten? Das muss uns mit dem nächsten Thüringen-Monitor beschäftigen.

Im Thüringen-Monitor 2014 hatten ja alle anderen auch einen zweiten Teil, der sich mit dem Extremismus beschäftigt. Und nach dem Thüringen-Monitor 2013 leistet der jetzige einen wesentlichen Beitrag auch zur Klärung der Begriffe und mit der Einführung der Analyse nach sechs Milieus einen wichtigen Beitrag, das näher zu differenzieren. Zu Recht sprechen die Wissenschaftler und Mitautoren jetzt im Thüringen-Monitor und den beigefügten Analysen von als rechtsextrem etikettierten Einstellungssyndromen und sagen: Man muss differenzierter schauen als nur pauschal alle in eine Ecke zu stellen. Wie teilen sich die Milieus auf? Woher kommen die Menschen, die sich bestimmten Erwartungen zugeordnet fühlen? Deswegen ist eine Differenzierung – so haben es die Wissenschaftler auch vorgenommen in zwei Teildimensionen – von besonderer Beachtung in diesem Thüringen-Monitor. Sie sprechen von neonationalistischer Ideologie. Bisher waren die Indikatoren dafür Rassismus, Antisemitismus, Sozialdarwinismus, rechte Diktatur und Verharmlosung des Nationalsozialismus. Und sie sprechen vom Ethnozentrismus, wo bisher Indikatoren für Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus und Chauvinismus beheimatet waren. Die Neuberechnung erfolgt aus alten Datensätzen von 2000 bis 2014. Wir wissen, wenn man sich das anschaut, zwei Werte sind zu diesen neuen Dimensionen von

Beachtung: der Ethnozentrismus, 34 Prozent, der tiefste Wert seit 2013 und 2014, immer noch viel zu hoch, und der Neonationalsozialismus mit 7 Prozent als tiefster Wert seit 2010 bis 2014 gemessen. Die Frage, die sich daraus stellt, die politische Begleitfrage, was diese Teildimensionen jeweils für das politische System und für die politische Kultur bedeuten, damit werden wir uns hier und auch in der Zukunft noch näher befassen müssen. Dass insgesamt die Schlussfolgerung daraus folgt, dass Belehrungen nicht die richtige Antwort sind, dass Perspektiven eröffnet werden müssen, sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch in sozialer Hinsicht als auch in kultureller Hinsicht, darüber wird in diesem Haus und zwischen den Parteien naturgemäß gestritten. Aber Antworten darauf zu geben, Antworten auf die Zukunftsängste mancher Menschen, Antwort zu geben auf die Sorgen, die manche haben, weil sie sich als Wendeverlierer sehen, Antworten zu geben auf Ängste bei Menschen, die sich als Leistungsträger der Gesellschaft trotzdem abgehangen fühlen, Antworten zu geben für Menschen, die sich vom politischen System nicht mehr aufgehoben fühlen, Antworten zu geben für Menschen, die einfach Sorgen haben, wie ihre eigene weitere Entwicklung vonstattengeht – immer noch gibt es viele Thüringer, die Zukunftssorgen im Thüringen-Monitor zum Ausdruck bringen. Diese Antworten muss Politik geben. Deswegen gilt noch mal das, was ich an vielen anderen Stellen gesagt habe. Deswegen reicht es nicht aus, dass die, die auf die Straße gehen, die, die diesen undifferenzierten Sorgen irgendwo Ausdruck verleihen wollen und sich auch vielleicht Verlockungen von Extremisten anschließen, weil sie nicht wissen wohin mit diesem Ausdruck – immerhin der größte Ausdruck seit dem Herbst 1989, dass Menschen in Ostdeutschland auf die Straße gehen –, darauf muss Politik Antworten geben und darf diese Menschen nicht einseitig in eine rechtsextreme Ecke stellen und sagen: Weil ihr alle dort mitlauft, seid ihr alle Extremisten und deswegen reden wir nicht mehr mit euch. Das wäre die falsche Antwort.

(Beifall CDU, AfD)

Deshalb will ich auch noch mal anmerken, ist jeder Dialog mit den Bürgern die richtige Antwort. Sie haben das auch gemacht, aber Ihr Dialog in Suhl hat eine kleine Vorgeschichte. Die liegt eine Woche zuvor, als unsere Freunde in Suhl zum Bürgerdialog eingeladen haben, als unsere Freunde in Suhl die Hand gereicht haben und gesagt haben: Es kann nicht die Lösung sein Sügida – NoSügida. Es muss auch etwas dazwischen geben, ein Raum geschaffen werden, wo man in Ruhe sprechen kann und einladen kann, die Sorgen der Menschen aufzunehmen, die sich als Normalbürger und als Leistungsträger der Gesellschaft, aber vielleicht auch als Verlierer der Gesellschaft verstehen. Das, was Ihre Kollegen aus Ihrer Fraktion im Netz geleistet ha

ben, war Panikmache und Hysterie und der blanke Vorwurf: CDU trifft sich mit Sügida. Damit war der Gesprächsdialog mit den Bürgern abgeschnitten. Ich sage Ihnen ganz deutlich: So einfach können Sie es sich nicht machen. Wenn andere Politiker, die nicht Ihrer Couleur angehören, aber den Mut und die Aufrichtigkeit aufbringen, mit Bürgern zu reden, dann tun sie das, weil sie mit den Menschen reden wollen. Da geht es nicht so einfach, dass Sie diejenigen geißeln und sagen: Die reden mit Rechtsextremisten und deshalb ist das alles verboten. Nein, wir suchen den Dialog mit den Menschen, ob Ihnen das passt oder nicht.

(Beifall CDU, AfD)

Und es war bemerkenswert: Nur sieben Tage später, als der Ministerpräsident, richtigerweise im Übrigen – ich sage das ausdrücklich –, selbst in Suhl gewesen ist und am Ende mit denselben Bürgern gesprochen hat, nur eine Woche später, ist die linke Hysterie im Netz natürlich ausgeblieben. Weil es plötzlich der eigene Mann war, der mit den Bürgern gesprochen hat. Der spricht natürlich naturgemäß immer von vornherein mit den richtigen Bürgern. Nur Christdemokraten sprechen von vornherein mit den falschen Bürgern.

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Falsch!)

Aber so einfach ist es nicht. Ich habe die Netzdebatte beobachtet. Es lohnt sich nachzusehen. An der Stelle vergisst das Netz tatsächlich nicht und vergisst auch die Hysterie mancher linker Abgeordneter, die hier im Hause sitzen, nicht. Und wir haben ja gemeinsam auch nicht vergessen, dass manche dieser hysterischen Abgeordneten mit Videokamera ausgestattet gemeint haben, sie könnten noch einer anderen Profession nachgehen. Dazu haben wir gestern zur Aktuellen Stunde gesprochen.

(Beifall CDU, AfD)

Das bleibt auch noch mal an der Stelle festzuhalten, aber die Antwort bleibt. Die Antwort ist keine Belehrung, sondern die Antwort ist differenziert und die ist schwer. Aber darauf richtig zu reagieren, das ist die große Aufgabe von Politik und die müssen wir beantworten. Natürlich müssen wir auch darüber reden, was das bedeutet, wenn die Mehrheit der Thüringer, 53 Prozent immerhin, sich abwertend gegenüber Langzeitarbeitslosen äußert. Das ist eine ernste Frage an die soziale Integrationskraft unserer Gesellschaft, natürlich. Genauso ist es interessant, wenn sich 47 Prozent muslimfeindlich äußern. Das ist eine ernste Frage an die kulturelle Integrationskraft – eine an die soziale Integrationskraft, die andere an die kulturelle Integrationskraft. Natürlich muss man da differenziert nachfragen, was das bedeutet, wenn die Mehrheit Langzeitarbeitslose ablehnt, Was das für den sozialen Zusam

menhalt in der Gesellschaft bedeutet, aber natürlich auch eine andere Frage stellen: Kann es nicht auch sein, weil sich die Mehrheit der Thüringer in den letzten Jahrzehnten hinter Demokratie entwickelt hat, sich auch zur Zufriedenheit der eigentlichen persönlichen und der wirtschaftlichen Lebensumfelder in dem Land positiv äußert und viele von denen, die sich heute positiv äußern, selbst ihre Erfahrung mit Arbeitslosigkeit gemacht haben? Vielleicht sind unter diesen 53 Prozent auch welche, die sagen, es wäre gerechter, wenn auch die anderen sich aufmachen würden und sich bemühen würden, so, wie ich vielleicht selbst aus meinem eigenen Leben die Erfahrung des Verliererseins gemacht habe, aber meine Chancen ergriffen habe und auch die Möglichkeiten der sozialen Hilfsleistung der Gesellschaft genutzt habe. Vielleicht stecken in diesen 53 Prozent auch Ungerechtigkeitsgefühle von denen, die selbst mal Verlierer waren, aber sich jetzt wieder aufgemacht haben und gesagt haben, es ist besser ich arbeite, als abzuwarten als Langzeitarbeitsloser, was mir noch so geboten wird.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das ist genau das Denken, was dazu führt, Herr Mohring!)

Es ist richtig, wenn immer wieder neue Programme aufgelegt werden, um Langzeitarbeitslosen neue Perspektiven zu geben – permanenter Auftrag der Gesellschaft, permanenter Auftrag jeder Regierung, die in Verantwortung in diesem Land ist. Das bleibt so, das ist ganz klar und selbstverständlich. Aber trotzdem muss diese Frage auch von der anderen Seite in besonderer Weise beleuchtet werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben das in Ihrer Regierungserklärung angedeutet, möglicherweise die Neujustierung des Landesprogramms, das wir gemeinsam in den letzten Jahren auf den Weg gebracht haben. Das will ich schlussendlich sagen: Klares Votum von uns für ein Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit. Klares Votum von uns, wenn es auch noch besser ausgestattet wird. Klares Votum von uns, wenn man das auch noch besser koppeln würde mit den Programmen, die die Bundesregierung in dieser Woche neu auf den Weg gebracht hat. Auch da muss man Doppelförderungen nicht hinterherrennen. Aber ganz klar auch eine klare Absage von uns, wenn Sie dieses Landesprogramm einseitig ausrichten auf den Kampf gegen Rechtsextremismus. Eines sagt der Thüringen-Monitor deutlich: Es gibt in der Mitte der Gesellschaft in Thüringen keinen Extremismus. Aber Fakt ist: Der Extremismus, egal ob von rechts oder von links, ist gleichermaßen schädlich für diese Gesellschaft und für Thüringen. Wir wollen keinen Extremismus in diesem Land, weder von links noch von rechts. Deswegen

weder auf dem linken und erst recht nicht auf dem rechten Auge blind sein. Landesregierung und Landesprogramme müssen gleichermaßen beides leisten. Sich für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz einzusetzen ist eine Aufgabe, die die ganze Breite der Gesellschaft umfasst und nicht nur ein Spektrum in dieser Gesellschaft in den Blick nehmen darf. Vielen Dank.

(Beifall CDU, AfD)

(Unruhe DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Mohring. Es hat nun Herr Abgeordneter Kubitzki für die Fraktion Die Linke das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Mike Mohring, ich freue mich der besonderen Aufmerksamkeit. Das Positive an dem diesjährigen Thüringen-Monitor ist, dass wirklich die steigende Zustimmung für die Unterstützung der Demokratie in diesem Land – über 80 Prozent – und der Demokratiezufriedenheit – 60 Prozent –attestiert wird.

Menschen, die im Monitor als zufriedene Demokraten bezeichnet werden, sind erstmals in der Mehrheit. Das wurde heute schon dargelegt. Es wird aber im Thüringen-Monitor auch aufgezeigt, dass die Zufriedenheit mit der Demokratie mit dem Wohlstand steigt. Das heißt, es gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen den Lebensverhältnissen, in denen ich lebe, und meiner Zufriedenheit. Es wird aber auch deutlich, dass der materielle Wohlstand, den Einzelne haben, nicht unbedingt und automatisch die Bereitschaft erzeugt, an der politischen Willensbildung teilzuhaben.

Es wird im Monitor auch deutlich, wie sich die Rolle der sozialen Teilhabe, auch die Rolle der Verteilung des Wohlstands oder welchen Anteil ich am Wohlstand habe, auf die Entwicklung des Rechtsextremismus auswirkt. Der Rechtsextremismus bleibt in Thüringen in den letzten drei Jahren auf einem zwar gegenüber dem Jahr 2010 niedrigeren Niveau, aber trotzdem konstant bei 10 Prozent der Wahlbeteiligten. Das sind rund 180.000 Bürger.

Besonders besorgniserregend sind die hohen Zustimmungswerte für die nationalsozialistische und faschistische Ideologie vor allem bei jüngeren Menschen in den sogenannten bildungsfernen Schichten. Das spricht dafür, dass sowohl die Verbesserung der Bildungschancen und gleichzeitig die verstärkte Sensibilisierung für die Folgen des NS-Regimes erforderlich sind. Wenn ich mir eine OSZEStudie vor Augen führe, wo dargestellt wird, dass in Deutschland der Zugang zur Bildung maßgeblich von den materiellen Voraussetzungen der Eltern

(Abg. Mohring)