Protocol of the Session on February 26, 2015

(Beifall DIE LINKE, SPD; Abg. Primas, CDU)

Das ist wichtig für uns, dass die Arbeitsplätze dort erhalten bleiben. Aber die unendliche Geschichte von Kali+Salz ist schon so, dass man manchmal in Parallelwelten lebt. Also ich fühle mich da immer mal zurückgesetzt und ich weiß nicht ganz genau, wo und welchen Stand wir gerade haben. Und in den vielen Jahren seit 1993 kommen immer wieder Geschichten von Kali+Salz, wo ich sage: Das darf es doch eigentlich nicht geben. Das kann doch nicht wahr sein, das kann es doch nicht sein. Und das kann auch nicht die Politik von Thüringen sein, einen Weltkonzern so zu stützen und diesem immer wieder die Fördermittel in den Rachen zu werfen.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts in Meiningen war für die SPD-Fraktion natürlich keine Überraschung. Die Argumentation des Umweltministeriums unter Jürgen Reinholz ließ natürlich nur eine Niederlage für den Freistaat zu. Und diese Niederlage zielt ja auch auf den Generalvertrag – er ist

hier von meinen Vorrednern schon oft zitiert und angesprochen worden. Mit diesem Generalvertrag von 1999, Januar 1999, war vorgesehen, die Altlasten in Thüringen zu sanieren. Herr Primas hat auch darauf hingewiesen, dass wir immer wieder gedrückt wurden mit der Zeit, weil ja so ganz viel investiert werden musste und weil ja so viele andere Probleme anstanden außerhalb von Kali+Salz und Rositz und dass das jetzt ganz schnell sein muss. Wir haben immer darauf hingewiesen, dass die Lasten von Kali+Salz damals nicht abschätzbar waren. Wir haben auch darauf hingewiesen, dass die Lasten von Rositz nicht abschätzbar waren, und bei beiden hat es sich bewahrheitet. Deshalb hat die SPD-Fraktion damals monatelang den Vertrag angehalten und hat gesagt: „So geht es nicht!“ Zum Schluss ist es dann zu einer Nachverhandlungsklausel gekommen, die in einer Nacht-und-NebelAktion sozusagen reingehandelt wurde, die uns aber auch nicht wirklich so glücklich gemacht hat, wie wir das alle gehofft haben und die meiner Meinung nach auch von der Alleinregierung der CDU sträflich nicht umgesetzt wurde. Denn seit 2009 müsste man wirklich mal darüber reden, wie die Vertragslage aussieht und was da wirklich im Moment schon ausgegeben war und was nicht. Im Jahr 2014 ist mir das ein bisschen spät, muss ich sagen.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das ist noch nicht ausgegeben!)

Es ist noch nicht ausgegeben! Wir wissen ganz genau, welche Kosten Kali+Salz auf uns zukommen sieht, würde ich mal vorsichtig sagen. Es geht doch auch jetzt hier nicht allein um diesen Generalvertrag, wo ich sage, da haben wir schlecht verhandelt und wir haben uns da schlecht aufgestellt und es war keine gute Sache für Thüringen. Es war ein Flop für Thüringen. Aber das Wichtigste und das Schlimmste an der ganzen Sache, woran wir jetzt nagen, ist der Freistellungsvertrag für Kali+Salz vom 21.10.1999. Dort hat es eine Freistellung für Kali+Salz in vollem Umfang gegeben und das ist die Gelddruckmaschine für Kali+Salz, die wir damals einfach so haben geschehen lassen auf Druck von Bernhard Vogel. Es gab absolut auch kritische Stimmen in der Verwaltung des Landes Thüringen, natürlich, die sind auch nachzulesen in Kabinettsprotokollen von 1998. Da wurde sehr kritisch damit umgegangen, dass Kali+Salz grundsätzlich freigestellt werden soll. Ich bin auch wirklich davon überzeugt, dass dieser Freistellungsvertrag weit über das nach Umweltrahmengesetz Gebotene und Erlaubte hinausgeht.

(Beifall DIE LINKE)

Ich glaube, da ist Gesetz in Thüringen gebrochen worden und genau darauf müssen wir jetzt achten, dass das aufgearbeitet wird. Ich hatte schon darauf hingewiesen, die Fachbehörden haben wirklich ge

(Abg. Kießling)

sagt, das geht so nicht, was das Umweltministerium da vorbereitet. Aber Herr Staatssekretär Illert hat dann von Herrn Vogel den Parteiauftrag bekommen, alles positiv für Kali+Salz durchzuziehen, und deshalb gibt es einen Freistellungsvertrag ohne Wenn und Aber, ohne Rückfallklausel für Thüringen, ohne dass nachgefragt wurde, ob das wirklich Altlasten sind. Darauf ist Herr Kummer schon eingegangen. Auch auf die Tatsache, dass in MerkersSüd und in Springen heute noch Kalisalz gefördert wird, wird ganz selten eingegangen.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Abgeordnete Becker, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Primas?

Ja, natürlich.

Bitte schön, Herr Primas.

Sehr geehrte Kollegin Becker, können Sie mir sagen, in welchem Protokoll das steht, was Sie jetzt zitiert haben?

Das Kabinettsprotokoll von 1998 habe ich, kann ich Ihnen zukommen lassen.

Das haben Sie?

Ja. Das kann ich Ihnen gern zukommen lassen.

Das hätten wir auch gern gehabt, Herr Kummer, als wir in der vorigen Legislaturperiode über so was gesprochen haben.

Herr Primas, möchten Sie noch eine Frage stellen? Das ist nicht der Fall. Frau Becker, Sie haben das Wort.

Also 1998 ging es auch darum, dass wir sehr strittig zum Generalvertrag waren. Herr Primas, Sie wissen ganz genau, dass ich von meiner Fraktion dann

hingeschubst wurde, dem Generalvertrag zuzustimmen, dass mein Mitarbeiter, Herr Dr. Christian Koth, und ich immer gegen diesen Generalvertrag waren und nur aus politischer …

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU)

Na ja, musste ich ja. Als SPD-Fraktion muss man dann, wenn man in einer Koalition ist, auch manchmal zwei Sachen zustimmen – ich habe zwei Sachen in dieser Legislaturperiode zugestimmt, wo ich sage, es war falsch.

(Unruhe CDU)

Das war einmal bei diesem Generalvertrag und es war bei Leibis.

(Beifall DIE LINKE)

Zweimal habe ich im Rahmen der Disziplin der SPD-Fraktion mitgestimmt, aber inhaltlich habe ich beides abgelehnt. Dazu kann man doch stehen, auch ein paar Jahre danach.

Aber ich war gerade, als Herr Primas mit seiner Frage kam, bei der Tatsache, dass in den Gruben Merkers Süd und Springen heute noch Kalisalz abgebaut wird. Eigentlich gab es in den Papieren 1993 ganz klare Festlegungen, dass die Gruben stillgelegt werden sollen und Kali+Salz hat diese Gruben auch daraufhin mit übernommen, in den Papieren steht, dass sie stillgelegt werden. Heute wird dort Kalisalz gefördert auf der einen Seite und auf der anderen Seite wird aber Sanierung betrieben. Da – Frau Ministerin hat es in ihrem Bericht auch schon angesprochen – muss man wirklich kritisch hinterfragen: Wo ist die Grenze? Was ist da möglich? Ist es wirklich so, dass wir da nur unsere Altlasten sanieren oder sanieren und finanzieren wir auch neue Altlasten?

Zum Laugeneintritt in Springen: Dieser wurde erst ein richtiges Thema, nachdem das Werk Merkers 1993 geschlossen wurde. Bis dahin wurde in Merkers die Lauge gepumpt, also eine Pumpstation im Werk Merkers. Erst dadurch, dass durch Kali+Salz das Werk geschlossen wurde, gab es einen größeren Laugenzufluss zum Grubenfeld Springen. Jetzt ist das aber eine Altlast der DDR. Also da muss man schon mal nachfragen, ob das wirklich eine Altlast der DDR ist oder ob das nicht durch das Gebaren von Kali+Salz eine weitgehende Aufarbeitung, also entstehende Altlast durch den Abbau ist.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Neue Koali- tion … da wird alles neu betrachtet!)

Ja, natürlich. Davon gehe ich sowieso aus, Herr Fiedler. Diese Landesregierung wird das schon schaffen, wenigstens ein Stückchen weiterzukommen bei Kali+Salz, davon bin ich fest überzeugt.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben auch den guten Willen, endlich Licht in das Dunkel zu bringen. Wir sind auch der Meinung, dass ein Unternehmen, das in seinen eigenen Unterlagen bekannt gibt, dass durch die Förderung in Springen und Merkers ein Jahreszuschuss, Mehrgewinn von 20 Millionen im Jahre 2005 erzielt wurde. Allein durch diese beiden Gruben, die eigentlich stillgelegt sind, erzielte das Unternehmen einen Mehrgewinn von 20 Millionen! Das steht in den eigenen Unterlagen. Da kann man doch wohl davon ausgehen, dass die ihre Altlasten, die sie selber herstellen, jetzt auch selber bezahlen können. Dafür muss doch der Freistaat Thüringen nach so vielen Jahren nicht mehr bluten und Steuergelder des Landes ausgeben, nur weil ein Weltkonzern gute Machenschaften und gute Beziehungen bis jetzt in diese Thüringer Landesregierung hatte.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Verleug- nung!)

Das ist keine Verleugnung, das ist wohl Tatsache, dass Kali+Salz in diese Landesregierung immer gute Beziehungen hatte. Das ist keine Verleugnung, das ist Tatsache.

Ich bitte auch Frau Ministerin darum – weil sie hier gewillt ist, das haben wir auch schon durch ihren Vortrag hier gehört –, das jetzt aufzuarbeiten und aufzupassen, dass nicht dieselben die Zuarbeiten machen, die 1999 extra ins Ministerium gekommen sind. Denn die sind nicht kritisch mit der Freistellung umgegangen, sondern sie sind extra installiert worden im Büro bei Herrn Staatssekretär Illert, um willfährig das auszuführen, was von den Umweltämtern und was teilweise auch vom Bergamt kritisch gesehen wurde. Also müssen wir da ganz vorsichtig sein, wenn wir jetzt eine neue Strategie erarbeiten und aufsetzen wollen, wer uns berät und wer uns die Vorlagen macht in diesem Ministerium. Herr Primas, da brauchen Sie sich nicht den Kopf zu halten. Das ist so.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das tut mir schon weh!)

Ich weiß, dass das wehtut, wenn man nach so vielen Jahren die Macht verliert und auch mal darüber nachdenken muss, dass in dem Ministerium vielleicht jetzt ein anderer Wind ist, dann tut das schon weh, das ist in Ordnung. Aber ich glaube, wir können mit einer neuen Strategie und mit einer ehrlichen Aufarbeitung, die ich bei dieser neuen Landesregierung sehe, und der Arbeitsgruppe, der ich auch viel Erfolg wünsche, vorankommen und uns endlich aus diesem Dschungel und Clan von Kali+Salz befreien und unsere eigene Politik machen und ihnen nachweisen, dass sie es nicht verdient haben, unsere Steuergelder einfach hinterhergeworfen zu bekommen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Antrag, den wir heute vorliegen haben, bezieht sich ja nur auf die Seite des Bundes. Dass wir mit dem Bund neu verhandeln, das ist d‘accord bei allen Fraktionen, das wird aber schwierig genug. Das ist nur die eine Seite. Wir müssen auch die Seite und die Fragen zu Kali+Salz und zu der Freistellung von 1999 stellen. Da haben wir allerhand zu tun. Aber ich bin optimistisch, dass wir das geregelt bekommen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Becker. Nun hat das Wort Herr Abgeordneter Kobelt, Bündnis 90/ Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete! Mir wurde gerade von den erfahrenen Parlamentariern gesagt, ich soll so kurz nach sieben Schluss machen, das wäre optimal. Das hat Frau Becker jetzt schon für mich getan,

(Beifall im Hause)

aber es ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Herr Kießling auch schon gesagt hat, er dankt den Grünen-Vorrednern. Das war aber – zu Ihrer Aufklärung – der Herr Kummer. Wir arbeiten zwar daran, aber ganz so weit ist es noch nicht.

(Heiterkeit SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aber jetzt zum Thema: Ein Projekt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein zielgerichtetes, einmaliges Vorhaben, das einen definierten Anfang und ein definiertes Ende hat. Die Sanierung der Bergbaualtlasten im Werra-Kali-Revier erfüllt diese Voraussetzung für ein Projekt leider schon lange nicht mehr. Möglicherweise wurde dem Parlament hier zweieinhalb Jahrzehnte lang etwas vorgemacht, denn bei der Sanierung der Ökoaltlasten im Kalirevier laufen die Kosten komplett aus dem Ruder. Es bleibt also eine nicht absehbare Belastung, die unmöglich von 2 Millionen Thüringern und Thüringerinnen allein getragen werden kann. Hier hat bei der Verhandlung des streng geheimen Kalifusionsvertrags die damalige Thüringer Landesregierung leider komplett versagt. Trotz dieser schweren Hypothek müssen wir als Parlament und die Landesregierung wieder das Steuer übernehmen. Deshalb fordern wir, die bisherigen Arbeiten unter Tage zu analysieren, künftige Maßnahmen finanziell zu bewerten und mit dem Bund sauber zu verhandeln. Dass das Geduld und Ausdauer erfordert, davon dürfen wir ausgehen, denn die zu erwartenden jähr

(Abg. Becker)

lichen Kosten von mittlerweile bis zu 30 Millionen Euro jedes Jahr wären eine schwere Hypothek für Thüringen. Ein Land, das durch Fehler in der Vergangenheit von gestrigen Altlasten erstickt wird, das ist nicht unsere Perspektive für Thüringen – und von Rositz und der Werraversalzung haben wir da noch gar nicht gesprochen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)