Protocol of the Session on November 11, 2016

Meine sehr verehrten Kollegen, jetzt bitte ich wieder um etwas mehr...

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Beißringe verteilen!)

Herr Kollege Heym, Sie können sich nachher in der Debatte melden.

Wenn ich es jetzt richtig vom Kollegen Heym verstehe, geht es nicht um die Kreisstädte und den Landkreis.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Nein, es geht um den Weg in die Kreisstadt!)

Wenn es nicht darum geht, dann können wir uns ja...

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Drehen Sie mir doch nicht das Wort im Mund herum, Herr Ministerpräsident!)

(Unruhe DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wollte eigentlich nur der demokratischen Opposition ein Angebot machen, dass wir miteinander …

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Das ist doch kein Angebot, was Sie machen!)

Ja, Sie brüllen immer nur, Sie hören nicht bis zu Ende zu. Deswegen möchten Sie ja lieber in Ihrer Verharrungsstrategie bleiben.

Meine Damen und Herren, Nein sagen zur Zukunft unseres Landes ist kein Konzept. Sagen Sie endlich Ja zum Umbau der Verwaltung, damit die Menschen in der Verwaltung ihre Aufgabe für alle Bürger erfüllen können.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich betone es noch einmal: Wir als Abgeordnete, als Regierende, als Beschäftigte im öffentlichen Dienst sind für die Bürger da.

(Beifall Abg. Kuschel, DIE LINKE)

Wenn wir das in Zukunft organisieren wollen, dann müssen wir jetzt den Veränderungsprozess gestalten. Wir stehen vor dem größten Veränderungsprozess unseres Landes seit 25 Jahren. Lassen Sie ihn doch in die Zukunft entwickeln und nicht in die Vergangenheit.

(Ministerpräsident Ramelow)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie ihn doch in Mobilität und in Modernisierung entwickeln und nicht im Beharren der Strukturen, wie sie bis jetzt erreicht sind. In diesem Sinne denke ich, dass die gemischten Gefühle, die die Bürger haben, auch ein Spiegelbild dessen sind, was sie von uns hören, nämlich nur Streit darum, ob denn ein Umbau notwendig ist oder nicht. Ich halte die Richtung des Umbaus für thematisierungswürdig und nicht die Verharrung in Rückwärtsgewandtem. Die Zukunft wird man nie erreichen, wenn man immer nur in den Rückspiegel schaut, wenn man nach vorn fahren will. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich gehe davon aus, dass alle die Aussprache zur Regierungserklärung wünschen. Ich darf darauf hinweisen, dass Beratungen zu Regierungserklärungen grundsätzlich in langer, also doppelter Redezeit verhandelt werden. Ich rufe als Ersten Herrn Abgeordneten Mohring für die CDU-Fraktion auf.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte gern, bevor ich zum ThüringenMonitor spreche, kurz darauf eingehen, was der Herr Ministerpräsident zum Schluss gesagt hat und womit er dankenswerterweise die kurze schmale Rede seines Innenministers in Sachen Gebietsreform gestern um zwei Seiten ergänzt hat.

(Beifall CDU)

Danke dafür. Ich will auch noch sagen: Mir fällt auf, gestern waren Sie nicht da, als der Innenminister zur Gebietsreform geredet hat. Heute sind Sie da und er nicht. Zusammen geht es nicht so richtig bei Ihnen.

(Heiterkeit CDU)

Aber ich will auch gern mal aufgreifen, was Sie ganz zum Schluss gesagt haben, damit es eingeordnet bleibt und nicht irgendwie in Vergessenheit gerät.

(Beifall CDU)

Falls Sie analysieren wollen, dass die Leute Sie bei der Landtagswahl 2014 gewählt haben, weil sie eine Gebietsreform wollen, da will ich gern noch mal sagen: Ihre Koalition aus Rot-Rot-Grün besteht – soweit ich das sehe – nur aus Verlierern. Die Leute wollten Sie nicht haben. Sie haben sich zusammengetan.

(Unruhe DIE LINKE)

Das ist auch möglich. Aber die Leute haben Sie nicht gewählt, weil Sie eine Gebietsreform machen wollen.

(Beifall CDU)

Da müssen Sie sich mal Ihr eigenes Ergebnis anschauen. Sehen Sie sich mal Ihr eigenes Ergebnis im Wahlkreis in Erfurt an. Soweit ich das sehe, hat Marion Walsmann dort gewonnen und nicht Sie. So toll kann das nicht gewesen sein mit der Unterstützung.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sind Sie der Ministerpräsi- dent?)

Aber gern können wir darüber reden. Ich nehme auch Ihr Angebot zu dem an, was ich gestern schon gesagt habe – das können Sie nicht wissen, weil Sie nicht im Hause waren, aber auch verständlich woanders unterwegs gewesen sind –, nämlich dass wir die Hand ausgestreckt haben, über die Frage der richtigen Reihenfolge zu sprechen, was Sie auch früher gesagt haben:

(Beifall CDU)

Aufgabenkritik, Funktionalreform, Verwaltungsreform – und dann noch schauen, was für Gebietsreform übrig bleibt.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie haben die Hand ausge- streckt und den Stinkefinger gezeigt!)

Sie wollen nur immer sagen: Liebe Leute, wenn ihr in der CDU einsteigt, mit uns über neue Gebietszuschnitte zu reden, dann strecke ich euch die Hand aus. Aber ob das alles notwendig ist, ob es nicht andere und bessere Wege gibt, diesen Prozess verweigern Sie – mit den Bürgern, mit der kommunalen Ebene und auch mit uns. Deshalb: richtige Reihenfolge, dann Gespräche sofort, gleich morgen. Aber nicht über die falsche Reihenfolge, das kann nicht funktionieren.

(Beifall CDU)

Zum Thüringen-Monitor: Danke für die Vorlage des Thüringen-Monitors auch 2016. Er zählt – glaube ich – zu den spannendsten Thüringen-Monitoren seit Jahren, seit Anbeginn, seit Bernhard Vogel, über alle Ministerpräsidenten hinweg bis zum heutigen Tag. Er zeigt den Bürgern über die Demokratie, wie die Thüringerinnen und Thüringer im Stresstest bestehen, zur Frage der Demokratie und den Aufgaben, die im diesjährigen Thüringen-Monitor eine Rolle gespielt haben. Deshalb Danke an die Wissenschaftler der Universität Jena, aber Danke auch an die Landesregierung für die Datensammlung und auch für die Interpretation. Die Debatte dazu führen wir hier. Aber es ist wichtig, dass dieser Thüringen-Monitor fortgesetzt wird.

(Beifall CDU)

(Ministerpräsident Ramelow)

Es ist das wissenschaftlich beste Werk, das man aus den deutschen Bundesländern kennt, und es kann sich wahrlich sehen lassen.

Um es vorwegzunehmen: Die Thüringerinnen und Thüringer haben diesen Stresstest im Großen und Ganzen gut gemeistert. Es gibt aber auch Ansagen an die politischen Verantwortungsträger. Ich will in meinem Teil der Rede – Marion Walsmann wird für uns als Fraktion auch noch einmal sprechen – zu drei Themen sprechen: zu den Thüringern, den Flüchtlingen und der Fluchtmigration, zur Stabilität unserer Demokratie und zur Entfremdung zwischen Bürgern und den politischen Verantwortungsträgern.

Heute ist in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zum Thema „Gutmenschen und Dunkeldeutsche“ und zum Thüringen-Monitor ein großer Beitrag erschienen. Ich kann ihn nur empfehlen, weil er mit einer ganz entscheidenden Botschaft startet. Ich will – gestern, Sie haben recht, 10. November – dazu zitieren, Herr Präsident. Der Artikel beginnt mit folgender und – wie ich finde – für mich wichtigen Feststellung: „In der sogenannten Flüchtlingskrise sind oft Pauschalurteile über Ostdeutschland zu vernehmen, die oft von Hysterie, selten von Sachkenntnis geprägt sind. Für Letztere hilft es, sich den Thüringen-Monitor anzuschauen [...].“ Ich will das auch verstärken und gleich zu Beginn sagen: Diese Thüringer, unsere Bürgerinnen und Bürger, entsprechen eben genau nicht diesem billigen Klischee, das oft den Ostdeutschen unterstellt wird, dass sie nichts mit Fremden am Hut haben, dass sie nicht mit Demokratie umgehen können, dass sie alle nur in Dunkeldeutschland leben würden und keine Ahnung hätten, wie man ein offenes Herz tragen will. Diese Thüringer haben sehr wohl einen klugen und weltoffenen Blick auf dieses Land und auf diese Herausforderungen.

(Beifall CDU; Abg. Gentele, fraktionslos)

Deswegen ist tatsächlich dieses Kapitel – Thüringen, Flüchtlinge und Fluchtmigration – im neuen Thüringen-Monitor für 2016 das spannendste, weil es viel verrät über das Selbstverständnis der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land und über die Vorstellung zur Zukunft dieses Landes. Deshalb ist es die erfreuliche Botschaft des Thüringen-Monitors 2016: Die Thüringer nehmen ihre humanitäre Verpflichtung wahr, Menschen in Not zu helfen, und sie stehen diesen Menschen auch eher freundlich und aufgeschlossen gegenüber. Das belegen die Zahlen: 79 Prozent erkennen die universelle humanitäre Norm an, Zuflucht zu gewähren, und 46 Prozent bekunden ihre Bereitschaft, sich für Flüchtlinge und Asylsuchende zu engagieren. 16 Prozent sagen, sie haben das auch schon getan, und 88 Prozent bewerten die Arbeit der freiwilligen Helfer sehr oder eher positiv. 62 Prozent hätten nichts gegen Asylbewerberheime in ihrer Nachbarschaft und

55 Prozent haben sogar eher positive Empfindungen bei der Begegnung mit Asylsuchenden. 27 Prozent sind zumindest neutral. Doch oft die gleichen Menschen lassen eben auch keinen Zweifel daran, dass daraus kein Dauerzustand werden soll, und in einem Punkt ist sich die große Mehrheit auch einig: Wer einwandern will, soll sich bitte schön nicht als Flüchtling ausgeben, sondern soll auch sagen, dass er einwandern will, weil er wirtschaftlich andere Perspektiven sucht.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie gut, dass wir kein Einwande- rungsgesetz haben!)