Dass dieser Vorschlag – wie übrigens wohl bei jeder jemals vorher in Deutschland durchgeführten Gebietsreform – kritisch diskutiert wird, versteht sich von selbst. Dass ihm von manchen zur Last gelegt wird, aufgrund der Größe der Landkreise „das Ende der kommunalen Selbstverwaltung“ einzuläuten, liegt hingegen fernab.
Das zeigt bereits auch ein Blick in andere Bundesländer. So haben die zehn Landkreise in Sachsen derzeit zwischen 197.000 und 347.000 Einwohner, wobei neun dieser zehn Landkreise über mehr als 230.000 Einwohner verfügen. Ich erinnere: Der einwohnerstärkste neue Landkreis in Thüringen hätte im Jahr 2035 etwa 235.000 Einwohner; alle anderen Landkreise hätten weniger als 230.000 Einwohner.
An Mecklenburg-Vorpommern zeigt sich besonders eindringlich, wie weit ein Landkreis mit einer Fläche – wie bei uns – von knapp 2.700 Quadratkilometern davon entfernt ist, die kommunale Selbstverwaltung zu beeinträchtigen; hier liegt die durchschnittliche Größe der Landkreise bei mehr als 3.800 Quadratkilometern und dennoch trifft man in MecklenburgVorpommern auf ein engagiertes Ehrenamt und eine lebendige kommunale Selbstverwaltung.
Vor diesem Hintergrund wird auch die geplante Neustrukturierung der Thüringer Landkreise weder das kommunale Ehrenamt und die bürgerschaftliche Teilhabe noch die kommunale Selbstverwaltung als solche aushöhlen.
Soweit die Kreistagsmitglieder zukünftig wegen der größeren Landkreise einen erhöhten Arbeitsaufwand zu bewältigen haben, kann darauf zum Beispiel durch höhere Aufwandsentschädigungen reagiert werden. Dies wird derzeit bereits in meinem Haus geprüft und ich möchte dies als Signal auch an unsere ehrenamtlichen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger verstanden wissen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch auf die kreisfreien Städte eingehen. Mein Vorschlag sieht entsprechend den Vorgaben des Vorschaltgesetzes vor, die bisher kreisfreien Städte Eisenach, Gera, Suhl und Weimar einzukreisen. In Eisenach und vielleicht auch in Suhl hat man bereits erkannt, dass ein Zusammengehen mit benachbarten Landkreisen auch Chancen bietet. In Gera und Weimar hingegen werden unter verschiedenen Gesichts
punkten negative Auswirkungen befürchtet und man lehnt die Einkreisung bisher ab. Häufig beziehen sich diese Befürchtungen darauf, dass die Kreisaufgaben künftig nicht mehr von den betroffenen Städten, sondern vom jeweiligen Landkreis wahrgenommen würden. Diese Befürchtungen möchte ich gern aufgreifen und darauf hinweisen, dass es in Thüringen neben den kreisfreien Städten schon seit Langem Große kreisangehörige Städte gibt, die nicht nur Gemeindeaufgaben, sondern auch bestimmte Kreisaufgaben wahrnehmen. Prof. Bogumil hat in seinem Gutachten empfohlen zu prüfen, ob der Umfang der Kreisaufgaben, die von den Großen kreisangehörigen Städten wahrgenommen werden, erweitert werden kann. Insofern möchte ich noch einmal betonen, dass die Landesregierung befürwortet, gemeinsam mit den betroffenen Städten über den künftigen Aufgabenzuschnitt ins Gespräch zu kommen und hier gemeinsam sinnvolle Lösungen zu finden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung beabsichtigt, im II. Quartal 2017 einen Gesetzentwurf für die Neugliederung der Landkreise und kreisfreien Städte vorzulegen. Dieser wird zum einen die Leitlinien des Vorschaltgesetzes aufnehmen, das primär auf Größenvorgaben unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung und zentralörtlichen Funktionen abstellt. Zum anderen wird der Gesetzentwurf aber auf der Prüfung und Abwägung einer Vielzahl weiterer Indikatoren beruhen, denen im Einzelfall ein unterschiedliches Gewicht zukommt. Zu nennen sind hier beispielsweise die räumliche Lage und Entfernung, landschaftliche und geografische Gegebenheiten, infrastrukturelle Verflechtungsbeziehungen wie Verkehrswege, Pendlerbeziehungen, Einkaufsmöglichkeiten, Dienstleistungseinrichtungen, traditionelle, historische und landsmannschaftliche Verbindungen, die bisherige interkommunale Zusammenarbeit, Strukturen und Einrichtungen der kommunalen Daseinsvorsorge, die Finanzsituation sowie die ökonomische und demografische Entwicklungsfähigkeit. Der Gesetzentwurf wird die Vor- und Nachteile der verschiedenen Neugliederungen berücksichtigen und zu einer angemessenen Gesamtstruktur zusammenführen. In dem Gesetzentwurf werden – wie auch bei der letzten Gebietsreform – auch die künftigen Kreissitze der neuen Landkreise enthalten sein sowie Vorschläge zu den künftigen Kreisnamen unterbreitet werden. Die endgültige Festlegung der künftigen Kreisnamen soll den neuen Kreistagen der Landkreise überlassen werden. Dies hat sich auch bereits bei der letzten Kreisgebietsreform im Jahr 1994 bewährt.
Darüber hinaus wird der Gesetzentwurf unter anderem die Rechtsnachfolge der aufgelösten Landkreise regeln. In diesem Zusammenhang empfehle ich, dass die Landkreise bereits vorab Verträge schließen, um den Übergang zur neuen Struktur gemein
sam zu gestalten und sich über wichtige Fragen zu verständigen. Die Neugliederung der Landkreise und kreisfreien Städte soll im Gesetzentwurf entweder für den 1. Januar 2018 oder den 1. Juli 2018 vorgesehen werden. Eine Entscheidung hierzu wird im weiteren Verlauf des Verfahrens getroffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der von mir am 11. Oktober 2016 vorgestellte Neugliederungsvorschlag bildet den Ausgangspunkt der Diskussion um die konkreten Gebietszuschnitte. Die Landesregierung wird bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs die Äußerungen der betroffenen Gebietskörperschaften und der Bürgerinnen und Bürger aufnehmen und sich mit den vorgetragenen Argumenten auseinandersetzen. Naheliegende Alternativen werden in die Betrachtung einbezogen. Insofern ermutige ich alle, vor allem die Betroffenen, sich in eine sachliche Diskussion einzubringen. Darüber hinaus wird nach Einbringung des Gesetzentwurfs ein umfassendes Anhörungsverfahren durchgeführt. Die betroffenen Landkreise, kreisfreien Städte, kreisangehörigen Städte und Gemeinden sowie deren Einwohner werden hier ausreichend Zeit und Gelegenheit haben, sich zum Entwurf des Neugliederungsgesetzes zu äußern. Alle Stellungnahmen werden selbstverständlich auch dem Gesetzgeber vorliegen, sodass Sie sich auf dieser Grundlage eine abschließende Entscheidung zu den neuen Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte bilden können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, nach diesen Überlegungen zum angekündigten Entwurf des Kreisneugliederungsgesetzes möchte ich Sie abschließend bitten, die Bemühungen um eine Gebietsreform in Thüringen zu unterstützen und verantwortungsvoll die vor uns liegenden Aufgaben anzugehen und konstruktiv mit den vorliegenden Vorschlägen umzugehen.
denn wir müssen in den Umbau der Strukturen investieren. Allein im Bereich der Gemeindeneugliederung setzen wir 155 Millionen Euro ein. Aber dieses Geld ist nach unserer Auffassung gut angelegt, denn es macht den Freistaat fit für die Zukunft. Ich sage es ganz klar – ich kann auch auf die Feststellung des Ministerpräsidenten verweisen –: Diese
Diese Landesregierung ist entschlossen, das viel zu lange liegen gebliebene Thema des Umbaus der Verwaltung endlich anzugehen. Wir wollen einen Wettbewerb der Ideen anstoßen und jeder ist zur Beteiligung eingeladen,
Unser Motiv ist nicht parteipolitisch bestimmt und nicht von lokalen Interessen geleitet. Wir machen Thüringen fit für die Zukunft, damit der Freistaat auch in Zukunft im Vergleich der Bundesländer ganz vorn mitspielen kann. Die Landesregierung handelt übrigens auch nicht übereilt.
Die übrigen ostdeutschen Länder haben bereits Gebietsreformen durchgeführt oder setzen diese im Moment um, wie das Land Brandenburg. Der Freistaat Thüringen hat lange gezögert und es ist höchste Zeit, die notwendigen Schritte umzusetzen. Es ist Zeit, unseren Freistaat zukunftssicher zu machen. Das ist eine Aufgabe für eine Regierung, eine regierungstragende parlamentarische Mehrheit und – Herr Mohring, hören Sie zu! – auch für eine Opposition, sofern sie sich dem bürgerlichen Gemeinsinn und der Zukunftsfähigkeit unseres Landes verpflichtet fühlt. Vielen Dank.
Ich frage: Wer wünscht die Aussprache zur Regierungserklärung? Die Fraktion der CDU, die Koalitionsfraktionen, die AfD. Dann möchte ich noch den Hinweis geben, dass gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 die Beratungen zu Regierungserklärungen grundsätzlich in langer, also doppelter Redezeit verhandelt werden.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben die Regierungserklärung des Ministers für Inneres und Kommunales gehört. Er hat sich wirklich fast 20 Minuten Zeit genommen. Glückwunsch!
Sie haben auch länger geredet als zur letzten Anhörung zum Vorschaltgesetz hier im Haus, gegenüber den Bürgermeistern.
Sie steigern sich also in dem Versuch, dem Land irgendwie zu erklären, was Sie da machen. Aber eines bleibt gleich: Wenn Sie zur Gebietsreform in diesem Landtag reden, ist einer nicht da, nämlich der Ministerpräsident!
Das hilft doch nichts! Wir haben doch nicht die Regierungserklärung auf die Tagesordnung gesetzt, das machen Sie doch! Sie könnten ja Ihre Regierungsarbeit einfach ein Stück koordinieren, würde ja auch was helfen.
(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Bun- des- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Ach hören Sie doch auf!)
Es nützt ja nichts, wenn der Ministerpräsident samstags auf dem Linken-Parteitag erzählt: Nichts ist fest, was der Poppenhäger vorgelegt hat. – Wenn der Poppenhäger dann in den Landtag kommt und versucht zu erklären, was er macht, sind alle da, außer dem Regierungschef. Ich würde darüber nachdenken, welchen Rückhalt Sie eigentlich in der Regierung haben.