Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Meißner, ich habe eigentlich gedacht, wir wären, was das Thema „Inklusion“ angeht, schon ein Stück weiter. Tut mir leid.
Inklusion ist das Leben und nicht nur das Ehrenamt oder die Schule oder irgendwas, sondern Inklusion ist eigentlich alles. Ja, Sie haben recht, wir müssen, was das Abbauen von Barrieren angeht, noch ganz viel leisten. Wir brauchen nur irgendwann mal mit Vertretern von Behindertenverbänden durch Städte zu fahren, wir müssen uns um den öffentlichen Personennahverkehr kümmern, wir können uns Schulen angucken, wir können uns viele Dinge angucken. Es muss noch unheimlich viel gemacht werden. Da bin ich mir mit Ihnen völlig einig.
Das ist eine Aufgabe, der wir uns werden widmen müssen, aber das ist nicht nur ein Aspekt der ehrenamtlichen Beteiligung von Menschen mit Behinderungen. Wir wissen alle, ehrenamtliches Engagement ist aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Es ist schon gesagt worden, dass der konstante Aufwärtstrend hier in Thüringen offenkundig ist und seit 1999 der Anteil der freiwilligen engagierten Personen in Thüringen um 10 Prozent gestiegen ist. Das heißt, wir sind im Moment rund 850.000 Ehrenamtliche in Thüringen und damit haben wir einen Spitzenplatz innerhalb der neuen Bundesländer. Für das Ehrenamt entscheidet sich – das will ich noch einmal sagen – aber jeder freiwillig. Jeder entscheidet, was er wo ehrenamtlich machen will. Das gilt sowohl für die Menschen mit als auch für die Menschen ohne Behinderungen.
Insofern ist mir jetzt das eine oder andere, was Sie an besonderen Aktionen machen wollen, nicht ganz klar. Ich will aber an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Es stimmt nicht, dass Menschen mit Behinderungen nur in bestimmten Bereichen tätig sind. Nein, gerade im kulturellen Bereich sind sie tätig, im sozialen Bereich, das ist angesprochen worden, im sportlichen Bereich sind sehr viele Menschen mit Behinderungen aktiv, und das ist auch gut so. Ich freue mich jedes Mal darüber. Insofern kann man jetzt darüber streiten, ob es mehr sein könnten oder mehr sein sollten. Auf jeden Fall sind sie dabei und das ist ein wichtiger Aspekt. Deswegen an dieser Stelle, weil es bis jetzt noch nicht gefallen ist, ein herzliches Dankeschön an alle, die sich hier in Thüringen und auch darüber hinaus ehrenamtlich engagieren, denn ohne dieses Ehrenamt würde im Prinzip nichts mehr funktionieren.
Wir brauchen Ihren Antrag nicht, deswegen werden wir ihn ablehnen. Die Unterstellung, dass wir über dieses Thema nicht diskutieren wollen, fand ich nicht spaßig, sondern wir haben eigentlich aufgelistet, warum wir diesen Antrag zu diesem Thema nicht brauchen. Ich will Ihnen das auch noch mal sagen. Unser Ziel hier in diesem Hause muss es sein, ehrenamtliche Strukturen insgesamt zu stärken, und da haben wir noch eine ganze Menge zu tun,
das brauchen nämlich alle vor Ort. Das ist in den Bereichen der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe, das ist bei der Betreuung älterer Menschen, das ist in Sport- und Freizeitvereinen, das ist bei örtlichen Feuerwehren, das ist beim Umweltschutz, das ist eigentlich überall. Das wissen Sie natürlich, weil Sie genauso ehrenamtlich engagiert sind wie die Kollegen in den anderen Fraktionen. Deswegen war es für uns verwunderlich, dass sich Ihr Antrag speziell auf das ehrenamtliche Engagement von Menschen mit Behinderungen beschränkt, die es ohnehin schon tun. Die Unterscheidung von ehrenamtlicher Arbeit mit und von Menschen ohne Behinderung halten wir für tatsächlich nicht zielführend, denn – das ich will an dieser Stelle deutlich sagen – wenn der Antrag Inklusion durch Ehrenamtsarbeit einfordert – was Sie in der Begründung auch gesagt haben –, aber ihre Vorschläge in der praktischen Umsetzung, die Sie aufgelistet haben, etwas ganz anderes wollen, nämlich aus meiner und aus unserer Sicht ganz klar Exklusion befördern, dann können wir dem nicht zustimmen. Das ist die Begründung, weshalb wir diesen Antrag ablehnen.
Sie das Einsetzen von Inklusionsbeauftragten in den Einrichtungen. Auch das ist wieder für uns ein Separieren von Aufgaben. Nein, andersherum wäre der richtige Weg. Es ist wichtiger, die Freiwilligenagenturen für das Thema „Inklusion“ insgesamt noch weiter zu sensibilisieren, weil sie auch schon sensibilisiert sind, sie haben selbst darauf hingewiesen. Deswegen lehnen wir die Schaffung von Parallelstrukturen wie einen zusätzlichen Inklusionsbeauftragten ab.
Die Thüringer Ehrenamtsstiftung, Sie haben es angesprochen, hat es sich zur Aufgabe gemacht, inklusiv zu arbeiten, das auch im Rahmen der Fortführung des Maßnahmenplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Deswegen, das sage ich noch mal abschließend, braucht es diesen Antrag im Moment nicht. Wir, was die Koalitionsfraktionen angeht, wollen das Ehrenamt insgesamt unterstützen. Wir wollen uns nicht auf bestimmte Bereiche konzentrieren, denn die ehrenamtlich aktiven Thüringerinnen und Thüringer insgesamt sind das Fundament unserer Zivilgesellschaft und diese müssen wir als Politik in Gänze stärken. Da haben wir noch viel zu tun, das sollten wir gemeinsam machen. Wir müssen auch in der Behindertenpolitik weiter Barrieren abbauen. Aber eine Vereinzelung dieses Themas, zu beschränken hier im Bereich Ehrenamt, halten wir nicht für notwendig. Deswegen wird auch meine Fraktion diesen Antrag ablehnen. Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauer auf der Tribüne und im Internet! Von Menschen mit Behinderungen, die trotz widriger Umstände versuchen, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen, kann man an dieser Stelle viel lernen. Unsere Aufgabe als Gesellschaft ist es, Menschen mit Handicaps, mit Behinderungen das Leben so erträglich und so alltäglich wie möglich zu gestalten. Dafür brauchen diese Menschen an vielen Stellen im Alltag Hilfen. Unsere Gesellschaft hat viele Institutionen und Einrichtungen hervorgebracht, die diese Hilfen bereitstellen. Wir können uns an dieser Stelle gelegentlich auch selbst einmal loben. Wir haben die passenden Schulen, die passenden Kindertagesstätten, wir haben hervorragend geschultes, nach wissenschaftlichen Standards ausgebildetes Personal, wir haben Arbeitsmöglichkeiten und wir haben Wohnmöglichkeiten geschaffen für Menschen mit speziellem Be
darf. Für diejenigen, die ihr Leben dann selbst gut gestalten können oder die auf besondere Pflege und weitere Sorge angewiesen sind, stehen die Türen in unserer Gesellschaft zumeist offen.
Immer mehr Betriebe und Einrichtungen bemühen sich, Menschen mit Behinderungen am normalen gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. Das ist sehr zu begrüßen und verdient breite gesellschaftliche Anerkennung und Unterstützung.
Vor allem für die Menschen, die am Arbeitsmarkt nicht verankert sind, ist gerade das Ehrenamt eine Möglichkeit, sich aktiv in die Gesellschaft einzubringen, Kontakte zu pflegen, Freundschaften zu knüpfen und ein ganz normales Sozialleben zu entfalten. Daher halten wir den Antrag der CDU grundsätzlich für sinnvoll. Nicht folgen können wir der Forderung nach einem weiteren Inklusionsbeauftragten, weil wir von der AfD bekanntermaßen das Beauftragtenwesen für evaluierungsbedürftig halten.
Wir möchten an dieser Stelle verhindern, dass eine weitere Blase der Sozialindustrie entsteht, halten es aber für denkbar und machbar, die Betroffenen selbst zu Wort kommen zu lassen, um Ihnen sinnvolle Hilfen zur Selbstbestimmung und Eigeninitiative zukommen zu lassen. Daher erkennen wir Diskussionsbedarf im Ausschuss und würden einer Ausschussüberweisung auf jeden Fall zustimmen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Frau Meißner, ich habe Ihren Antrag auch nicht so ganz verstanden. Natürlich haben wir noch viel zu tun mit Blick auf Menschen mit Behinderungen in Bezug auf Inklusion hier im Land Thüringen, aber den Antrag jetzt nur auf den Fokus Ehrenamt zu stellen, finde ich nicht richtig.
Der Bericht der Ministerin hat auch klargemacht, was Thüringen für Menschen mit Behinderungen tut, auch gerade, was Menschen mit Behinderun
Ich möchte trotzdem hier noch meine Rede fortführen. Es wurde schon viel gesagt von meinen Kolleginnen. Aber ich möchte auch sagen, der Antrag gibt natürlich Anlass, Erreichtes anzuerkennen, Defizite aufzuzeigen und Perspektiven zu besprechen.
Seit dem 26.03.2009 ist die UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen geltendes Recht für Deutschland. Sie sichert den Menschen mit Behinderungen die universellen Menschenrechte zu, die Ihnen zustehen. Sie verlangt von allen Staaten, die unterzeichnet haben, die Entwicklung zu einer inklusiven Gesellschaft, in der gerade die Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit aller Menschen nicht nur geschützt und respektiert, sondern geschätzt und gefördert wird.
So erst einmal die Theorie. Aber wie sieht es in der Praxis aus? Inklusion ist in aller Munde. Aber Inklusion ist noch lange nicht in allen Köpfen und noch längst nicht in den Handlungsstrategien oder in routiniertem Handeln umgesetzt. Menschen mit Behinderungen werden oft in ihrem Alltags- und Berufsleben noch regelmäßig diskriminiert und benachteiligt. Das deutsche Bildungssystem ist bislang noch immer vorrangig von der Selektion behinderter Menschen in gesonderten Einrichtungen und nicht von der Idee der gemeinsamen Bildungsangebote für Menschen mit und ohne Behinderungen geprägt. Auch im Bereich der Kindertagesstätten fehlt es in vielen Orten an einer inklusiven Betreuung und Erziehung. Der Zugang zu öffentlichen Gebäuden, zu Bahnhöfen, Ämtern ist immer noch von Hindernissen geprägt. Auch der Arbeitsmarkt bietet derzeit leider zu wenig differenzierte Angebote, um am Arbeitsleben teilzunehmen. Hier will ich vor allen Dingen das Budget für Arbeit nennen, was hier einiges voranbringen könnte. Auch im Bereich des ehrenamtlichen Engagements – worum es hier heute eigentlich mit diesem Antrag geht – gibt es noch einiges zu tun. Das streite ich auch nicht ab. Aber so, wie Sie es beschrieben haben, kann ich da nicht mitgehen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat in diesem Jahr die Botschaft, dass sich immer mehr Thüringerinnen und Thüringer ehrenamtlich engagieren und deshalb Ehrenamt natürlich eine Zukunft hat.
Petra Seidel ist Ortsteilbürgermeisterin von Legefeld, das ist ein Ortsteil von Weimar. In der neuen Broschüre des Paritätischen Wohlfahrtsverbands ist ein Porträt von ihr und sie sagte: „Man darf nicht immer nur an sich selbst denken, egal wie es einem geht. Man muss auch für andere da sein. Mir macht das richtig Spaß.“ Unermüdlich ist Petra Seidel sowohl im sozialen wie auch im kommunalpolitischen Bereich unterwegs, und das, obwohl sie zu 90 Pro
zent schwerbehindert ist. Aber sie braucht diesen Einsatz, ohne ihre vielfältigen ehrenamtlichen Aufgaben könnte sie sich ihr Leben nicht vorstellen.
In allen Lebensbereichen der Gesellschaft müssen wir aber schrittweise und zügig barrierefrei werden. Barrierefreiheit heißt aber nicht nur Stufenlosigkeit, sondern die Nutzbarkeit für alle Menschen mit und ohne Behinderungen, unabhängig von der Art und Ausprägung ihrer Beeinträchtigungen.
Jedoch will ich Ihnen sagen, dass ich überwiegend Menschen mit Behinderungen erlebe, die sich in ihrem Umfeld und für ihre Themen in sehr großem Umfang ehrenamtlich engagieren, sei es die sehbehinderte Kegeltrainerin oder einfach jemand vom VdK, der sich um Seniorinnen und Senioren kümmert und einsetzt. Dafür braucht es aus meiner Sicht grundsätzlich mehr Anerkennung. Wenn jemand mit einer Behinderung in einer Freiwilligenagentur vorstellig wird und sich engagieren will, sollten die dort tätigen Menschen auch in der Lage sein, diesen Menschen adäquat zu beraten. Hier könnte zum Beispiel das Konzept der Leichten Sprache oder eine Beratung zu Möglichkeiten der persönlichen Assistenz ein guter Anfang sein. Hier hat die Lebenshilfe in anderen Bundesländern schon sehr gute Vorlagen abgeliefert. Eine extra Integrationsbeauftragte halten wir aber auch für den falschen Weg.
Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich noch kurz auf den Maßnahmenplan zur Verwirklichung der UN-Behindertenrechtskonvention eingehen, dessen einzelne Maßnahmen gerade evaluiert werden. Hier sehe ich ganz klar eine Möglichkeit, gezielter auf das ehrenamtliche Engagement von Menschen mit Behinderungen einzugehen. Der Maßnahmenplan muss vor allem auch in die Breite tragen.
Abschließend bleibt noch zu sagen: Der Handlungsbedarf in Thüringen ist nach wie vor enorm. Wir haben noch eine Menge Hausaufgaben zu erledigen. Sondereinrichtungen bestimmen leider immer noch nahezu alle Lebensbereiche der Menschen mit Behinderungen. Das zersplitterte Hilfeleistungssystem ist selbst für Fachleute kaum zu überblicken und Inklusion muss auch im Bereich des ehrenamtlichen Engagements Querschnittsaufgabe bleiben und adäquate Anerkennung finden. Vielen herzlichen Dank.
Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer II des Antrags erfüllt ist, oder erhebt sich Widerspruch? Das kann ich nicht erkennen. Es ist