Protocol of the Session on September 2, 2016

Ihr Antrag ist ungerecht. Sie behaupten, Grundstückseigentümer entlasten zu wollen, aber belasten gleichzeitig dafür die Gebührenzahler mit Ihren Vorschlägen. Sie erzeugen mit Ihren Vorschlägen sehr teure Lösungen, die undifferenziert sind, und deswegen kann es zu Kostensteigerungen kommen und zu Ungerechtigkeiten. Ihr AfD-Antrag bietet keine neuen Lösungen, sondern es ist ein Karussell der Umverteilung mit gebührenfinanzierter Abwasserversorgung.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Waren die alten Lösungen die besseren Lösungen?)

Ihr Antrag ist auch zu kurz gegriffen, denn Sie gehen mit keiner Silbe darauf ein, Aussagen zur Verbesserung der Wasserqualität zu machen. Ihr Antrag ist auch widersprüchlich und gibt den Betroffe

(Abg. Tasch)

nen keine Möglichkeit der Mitsprache. Wir Grünen sagen ganz klar: Die Eigentümer dürfen nicht gegen Gebührenzahler ausgespielt werden. Wir setzen hier auf ein vollumfängliches Wassergesetz, was mit viel Tiefgang erarbeitet werden muss. Linke, SPD und Grüne arbeiten daran mit breiter Bürgerbeteiligung: Lösungen für umfänglichen Gewässerschutz und differenzierte Lösungen, für vielfältige Lösungen zum Wohle der Bürger.

(Unruhe AfD)

Ihr Antrag dagegen ist eindeutig zu kurz gegriffen und in vielen Punkten falsch. Deswegen lehnen wir ihn ab. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kobelt. Als Nächster hat Abgeordneter Kummer das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Tasch, auch wenn Sie gerade beschäftigt sind,

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ich bin hier!)

Ihr Redebeitrag hat mich so in Wallung gebracht, dass ich damit anfangen möchte. Sie haben sich dafür ausgesprochen: keine höheren Standards ins Landesrecht. Das finde ich eine tolle Sache. Die Frage, die sich mir stellt, ist: Warum hat die CDU in der Vergangenheit, vor allem bei der letzten Novelle 2009, höhere Standards ins Wassergesetz geschrieben als die, die sie vorgegeben hat.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke zum Beispiel an die verpflichtende Bauartenzulassung für Pflanzenkläranlagen, für Teichkläranlagen, mit denen gerade Menschen im ländlichen Raum eine preiswerte Entsorgungsmöglichkeit für ihr Abwasser hätten, verpflichtende Bauartenzulassung – da muss jedes Mal eine Firma mitverdienen. Das ist Ihr Verdienst, meine Damen und Herren. Deshalb finde ich das schon ein bisschen merkwürdig.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will gleich noch auf die Bundesebene kommen, wo Sie ja in der Vergangenheit öfter auch mal in der Verantwortung waren und gegenwärtig sind. Wenn ich an das Wasserhaushaltsgesetz denke – deutsche Politik hat es ja so an sich, immer nach Brüssel zu zeigen und zu sagen: Die Brüsseler sind schuld mit ihren übertriebenen Standards. Was hat das Wasserhaushaltsgesetz im Abwasserbereich gemacht? Während Brüssel gesagt hat, dass alle

Gewässer bis 2015 einen guten Zustand erreichen sollen – ein Ziel, was ich hundertprozentig teile, wobei 2015 ja deutlich wurde, das Ziel ist nicht erreicht worden –, hat der Bundesgesetzgeber daraus gemacht: Jeder hat sein Abwasser nach dem Stand der Technik zu behandeln, und das völlig unabhängig vom Gewässerzustand. Aus meiner Sicht ist das der schwerste Fehler beim Wasserhaushaltsgesetz, der passiert ist, und das bedeutet, dass, auch wenn das Gewässer in einem tollen Zustand ist – gerade wie wir es in einigen Regionen Thüringens haben –, trotzdem der Bürger, der dort Anwohner ist, eine Kläranlage nach dem Stand der Technik zu errichten hat – koste es, was es wolle! Das ist verfehlte Politik, meine Damen und Herren. Aber, wie gesagt: keine höheren Standards. Ich höre es gern. Es wäre schön, wenn man auf Bundesebene dort mal anfangen würde, dort, wo die CDU Verantwortung hat. Dann, Frau Tasch, Ihr Schimpfen darauf, dass wir das Wassergesetz noch nicht haben:

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ich habe es angemerkt!)

Ich gebe zu, ich finde das auch total unbefriedigend. Das sage ich hier so deutlich. Aber wissen Sie, seit wann der Freistaat Thüringen gesetzlich verpflichtet ist, das Wasserhaushaltsgesetz in Landesrecht umzusetzen?

(Beifall SPD)

Seit dem Jahr 2009 – leider ist der Kollege Reinholz jetzt draußen. Vielleicht sollten wir mal eine Art Selbsthilfegruppe bilden und mal darüber reden, warum es seit 2009 nicht gelungen ist, das Wasserhaushaltsgesetz und all unsere Wünsche – auch die Wünsche der CDU-Fraktion, Frau Tasch, die Sie vorhin benannt haben, und wo vieles richtig ist in dem Papier, was Ihre Fraktion erarbeitet hat – in Landesrecht umzusetzen. Frau Tasch, warum ist es Ihnen denn nicht gelungen in der letzten Legislatur? Sie haben doch die Probleme im ländlichen Raum genauso gesehen wie wir. Warum ist es Ihnen nicht gelungen, sie damals umzusetzen? Das ist ein Punkt, über den ich gern mal reden würde.

(Beifall DIE LINKE, SPD, AfD)

Es kam die Aussage, Gruppenkläranlagen sollten endlich förderfähig werden. Das hat die Landesregierung geschafft – also zumindest bei der Stelle ist geliefert worden. Die Kleinkläranlagenförderung fördert inzwischen private Kleinkläranlagengruppenlösungen. Allerdings muss ich dazu sagen: Wenn man die Zweckverbände im Land hört, die den Leuten erklären, warum das rechtlich alles eine schwierige Geschichte ist, sind das Sachen, die dann eben leider nicht allzu oft wahrgenommen werden. Das ist ein Punkt, an dem man sicherlich auch noch mit Informationen arbeiten muss.

(Abg. Kobelt)

Dann, Frau Tasch, haben Sie die Frage „Abwasserabgabe“ angesprochen. Es war Ihre Regierung, die die Abwasserabgabe zweckentfremdet verwendet hat,

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wo die kommunalen Spitzenverbände die Verfassungsklage angedroht haben und wo Sie daraufhin diese Praxis endlich rückgängig gemacht haben. Es ist zum Glück heute so, dass die Abwasserabgabe in weiten Teilen in die Abwasserbehandlung fließt. Das war aber nicht immer so – in Ihrem Verantwortungszeitraum definitiv nicht.

Meine Damen und Herren, dass die Abwasserentsorgung des ländlichen Raums ein schwieriges Problem ist, war der Koalition auch klar. Deshalb gibt es dazu eine klare Aussage im Koalitionsvertrag – ich möchte daraus kurz zitieren: „Die Koalition wird beim Thema Abwasserentsorgung zur Unterstützung des ländlichen Raumes neue Wege gehen, um die Gewässerqualität zu verbessern sowie ökologische Standards zu erfüllen, und dabei Varianten prüfen, die sowohl sozialen als auch KostenAspekten Rechnung tragen. Das Land bekennt sich künftig auch zu alternativen und dezentralen Lösungen und unterstützt die Aufgabenträger der Abwasserbeseitigung. Zur Verbesserung der Akzeptanz der Abwasserbeseitigung werden künftig auch Gruppenlösungen für Kleinkläranlagen gefördert, sofern die betroffenen Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen haben. Dabei erfolgt eine Schwerpunktsetzung und zeitliche Streckung gemessen am Einfluss auf den Gewässerzustand. Effizienzkriterien sollen bei der Wahl geeigneter Mittel zum Erreichen der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie eine Rolle spielen. Die Beseitigung von Defiziten in der Gewässerstruktur (Querbauwerke, Ufer- und Sohlbefestigung etc.) und die Reduzierung von Stoffeinträgen Dritter werden gleichrangig behandelt wie die kommunale Abwasserbehandlung“, weil die Ursachen für unsere Gewässerqualität eben nicht nur im kommunalen Abwasser liegen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sind vielfältig und deswegen muss das gleichberechtigt berücksichtigt werden. All das versucht die Regierung umzusetzen. All das muss mit einem Wassergesetz umgesetzt werden, an dem im Moment mit Hochdruck gearbeitet wird. Wie schwer es ist, ein solches Gesetz hinzubekommen – wie gesagt, vorhin bin ich darauf eingegangen: Das war es auch schon bei Ihnen.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass wir das schnellstmöglich hinbekommen, aus einem Grund: Die Bescheide im ländlichen Raum für vollbiologische Kleinkläranlagen von Privaten gehen nach wie vor raus. Sie werden beschieden von unteren Wasserbehörden und das im Regelfall völlig unabhän

gig davon, wie der Gewässerzustand ist. Das müsste so nicht sein. Das ginge jetzt schon anders, aber es ist leider der Stand. Und mit jedem Tag, den wir später kommen, werden neue Bescheide rausgegangen sein, die auf Basis geltenden Rechts nicht mehr abzuändern sind. Das ist das Problem, warum Zeitdruck besteht. Aber meine Damen und Herren, der Antrag der AfD hilft uns dabei nicht, weil wir hier eine gesetzliche Grundlage brauchen. Ja, da hätte man ein Gesetz schreiben müssen. Das hätten Sie einbringen können.

(Beifall Abg. Kießling, AfD)

Mit Ihrem Antrag erreichen Sie nur anderes. Ich will kurz auf den Antrag eingehen.

Punkt 1: Der Punkt 1 ist Realität. Es gibt Kleinkläranlagen von Zweckverbänden. Die Zweckverbände errichten die, zum Beispiel in der Gemeinde Masserberg: 50 Einwohner-Kleinkläranlagen – diese werden vom Land auch entsprechend gefördert – sind dort vorhanden. Jemand, der dort angeschlossen wird, zahlt einen Anschlussbeitrag und eine Gebühr. Das ist ganz normales Handeln von Zweckverbänden.

Punkt 2, Förderung von Kleinkläranlagen: Dazu gibt es eine Förderrichtlinie, auch das läuft.

Punkt 3, Abwasserabgabe: Das hatte ich vorhin schon gesagt, das fließt hauptsächlich in die Fragen der Abwasseraufbereitung.

Punkt 4, Finanzierung privater Kleinkläranlagen durch Zweckverbände: Da frage ich mich, wie das gehen soll. Ein Zweckverband kann eine Kleinkläranlage errichten, dann finanziert er diese auch. Aber eine private Kleinkläranlage zu finanzieren, und die Anlage ist dann privat: Das geht nicht. Also rein rechtlich kriegt man das schon nicht hin, deshalb habe ich mit diesem Punkt wirklich ein Problem. Was man hier machen kann – und das ist unsere Vorstellung, wie wir auch zu Gerechtigkeit im ländlichen Raum kommen, weil wir eine Reihe von Bürgern haben, die nicht in der Lage sind, selbst eine Kleinkläranlage zu errichten –, hier kann das Angebot organisiert werden. Ich wünsche mir, dass das beim Wassergesetz verpflichtend erfolgt, dass ein Zweckverband ein Angebot unterbreiten muss. Dann kann der Bürger sagen: Das nehme ich oder das nehme ich nicht. Und wenn der Bürger nicht in der Lage ist, sich selbst um seine Belange zu kümmern, würde der Zweckverband dann verpflichtend eine Zweckverbandskläranlage auf dem Grundstück des Bürgers errichten. Das geht rechtlich. Aber das ist nicht Inhalt Ihres Antrags, lesen Sie es sich durch.

Was ansonsten noch an Notwendigkeit besteht oder zur Kenntnis zu nehmen ist, ist, dass es für viele Bürger sogar günstiger ist, sich eine eigene Kleinkläranlage zu errichten. Dabei können sie das Verfahren wählen, welches sie gern möchten. Es

wird preiswerter für sie. Also wenn ich zum Beispiel einen Nachsatz kaufen muss für eine vorhandene Drei-Kammer-Grube – 6 Kubikmeter, wenn die noch in Ordnung ist –, dann bin ich mit vielleicht 2.000 Euro dabei. Das ist wesentlich günstiger im ländlichen Raum als der Anschlussbeitrag für ein sehr großes Grundstück. Deshalb wollen wir die Wahlmöglichkeit der Bürger.

Herr Abgeordneter Kummer, gestatten Sie die Zwischenfrage des Abgeordneten Gruhner?

Gern.

Bitte schön, Herr Gruhner.

Ja, herzlichen Dank. Herr Kollege, wenn ich das richtig gehört habe, haben Sie gesagt, es gibt eine Kleinkläranlagenverordnung. Meines Wissens ist die zum 31.12.2015 ausgelaufen, also insofern gibt es da, glaube ich, eine kleine Diskrepanz zu dem, was Sie jetzt hier ausgeführt haben. Vielleicht können Sie das Parlament mit ein paar Gedanken erhellen, wie die Tatsache tatsächlich ist.

Also Herr Gruhner, wenn ich Verordnung gesagt haben sollte, dann habe ich mich versprochen, ich meinte die Förderrichtlinie. Es gibt eine Kleinkläranlagenförderrichtlinie, die ganz klar nach dem neuen Erlass der Landesregierung regelt, dass nicht nur Kleinkläranlagen von Zweckverbänden förderfähig sind, wie das zu Zeiten Ihrer Regierung war, sondern auch Gruppenlösungen für Kleinkläranlagen von Privaten. Das ist die neue Regelung, die es gibt, und das ist eine Förderrichtlinie, keine Verordnung.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Zu den nächsten Punkten 5 und 6, denke ich, muss man nichts weiter sagen. Das ist Prosa im AfD-Antrag. Wie gesagt, das, was dort beschrieben steht, geht aus unserer Sicht in die falsche Richtung. Wir wollen die Wahlmöglichkeit für Bürger, da soll der Zweckverband ein Angebot unterbreiten. Das wird nicht allzu viele treffen. Die meisten Bürger werden den eigenen Weg gehen. Aber dort, wo sie es vom Zweckverband wünschen, möchten wir ihn in der Verantwortung haben. Das wird sicherlich auch dazu führen, dass die Zweckverbände für diese Kleinkläranlagen einen eigenen Einrichtungsbegriff wählen, dass sie dort eigene Anschlussbeiträge ermitteln werden. Es sieht so aus, als wäre das rechtlich

möglich, sodass es also hier durchaus zu Abweichungen von den bisherigen Anschlussgebühren und -beiträgen kommen kann. Aber das muss man sich ansehen und das muss entsprechend begleitet werden.

Ich will noch sagen, meine Damen und Herren, dass das Thema für uns ein sehr brennendes ist. Wir haben in der Vergangenheit sehr viele Gespräche in der Hinsicht geführt, wir haben sehr viel beraten. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass dort, wo Zweckverbände sagen, hier wird kein zentraler Anschluss erfolgen, es oft möglich wäre, doch einen zentralen Anschluss hinzubekommen. Die Verbände machen es sich hier relativ einfach; ich habe das selbst auch erlebt.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Man kann nicht alle über einen Kamm scheren!)

Man kann nicht alle über einen Kamm scheren, Frau Tasch, sicherlich. Aber ich sage, ich habe es selbst bei mir im Dorf erlebt, wo ich mir eine Zweckverbandslösung gewünscht hätte und der Zweckverband diese Lösung aus meiner Sicht vor allem aus dem Grund nicht gegangen ist, dass die Teilortskanalisation in einem so schlechten Zustand war, dass der Zweckverband gesagt hat: Er will, dass nur noch gereinigtes Wasser dort eingeleitet wird. Dann ist auch irrelevant, ob der Teilortskanal undicht ist. Solche finanziellen Überlegungen von Zweckverbänden sind aber erst durch die Änderung des Wassergesetzes der CDU im Jahr 2009 möglich geworden, als das Solidarprinzip im ländlichen Raum ausgehebelt wurde, als die Zweckverbände die Möglichkeit erhielten, Menschen aus dem Solidargebiet auszuschließen.