Protocol of the Session on February 25, 2015

Zu Thüringen: In Thüringen liegt die Impfquote bereits bei 93 Prozent. Wie gesagt, nur 7 Prozent der Kinder im entsprechenden Alter sind nicht geimpft. Damit sind wir bundesweit auf einem Spitzenplatz. Das ist gut so, darauf können wir stolz sein, aber es könnte auch noch mehr werden, ich sprach vorhin diese mindestens 95 Prozent an. Auch dass bei uns bei regelmäßigen Früherkennungsuntersuchungen der Impfstatus kontrolliert und auf Lücken hingewiesen wird, dass beraten wird, dass Eltern beraten werden, das ist, denke ich, ganz wichtig.

Was ist nun zu tun hinsichtlich der Situation Befürworter und Gegner einer Impfpflicht? Impfungen, so denken wir, gehören zu den medizinischen Errungenschaften, die die Sterblichkeit, vor allem Kindersterblichkeit, mit am entscheidendsten in den letzten Jahren senken konnten. Wir sollten zuallererst für Aufklärung der Bevölkerung sorgen und sollten nicht gleich auf die Impfpflicht abheben, aber man kann schon darüber nachdenken, ob nicht Grundvoraussetzung eine Impfpflicht wäre, wenn man denn eine Kindereinrichtung besuchen möchte. Ich habe vorhin darauf hingewiesen, es werden nicht nur die Kinder selbst gefährdet, sondern man gefährdet auch andere Kinder oder auch Betreuer.

Ich will abschließen, bevor mich der Präsident mahnt, und halte es an dieser Stelle mit Herrn Karl Lauterbach, SPD-Bundestagsfraktion, der sagt: Wir brauchen jetzt eine konzertierte Aktion von Gesundheitspolitikern aller Parteien und von den Arztverbänden, um eine große Impfwelle in Gang zu setzen. Wenn es nicht gelingt, die Impfbereitschaft zu steigern, dann muss eine Impfpflicht für Kleinkinder der nächste Schritt sein. Ich sage dazu: Der nächste Schritt kann es nur dann nicht sein, wenn medizinische Gründe dagegen sprechen, sich impfen zu lassen, wie zum Beispiel aus allergischen Gründen. Ich hoffe, dass Sie alle mit dazu beitragen. Herzlichen Dank!

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Es hat das Wort der Abgeordnete Jörg Kubitzki für die Fraktion Die Linke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, an dieser Stelle sei die Frage erlaubt: Warum muss erst wieder etwas passieren, damit sich die Politik, damit sich die Medien, damit sich die Gesellschaft mit einem Problem unserer Gesundheit beschäftigt? Zuerst erinnere ich daran, vor ungefähr fünf Jahren starben in einem Krankenhaus in Mainz drei Babys an Krankenhauskeimen. Ab diesem Zeitpunkt wurde dann endlich über die Problematik Krankenhauskeime gesprochen und es wurde gesprochen über Hygiene in Krankenhäusern, aber es musste etwas passieren. Jetzt ist ein Kind an Masern verstorben und es rückt der Impfschutz wieder in den Mittelpunkt der Debatte, obwohl hinlänglich bekannt ist, meine Damen und Herren, dass wir in diesem Land eine Impfmüdigkeit zu verzeichnen haben, dass die Teilnahme an Impfungen zurückgeht. Das ist bekannt und durch diesen tragischen Fall noch einmal dokumentiert worden, aber wir wissen darum. Ich muss an dieser Stelle sagen, der Staat ist verantwortlich für den Gesundheitsschutz und für die Gesundheitsversorgung seiner Menschen. Dabei will ich natürlich nicht über die Eigenverantwortung jedes Einzelnen und in dem Fall Masernerkrankungen auch über die Eigenverantwortung der Eltern nicht hinwegreden. Sie tragen Verantwortung, jeder selbst trägt Verantwortung. Aber wenn es um die Gefährdung anderer geht, muss der Staat reagieren.

Ich kann mich an eine Zeit erinnern, in der in dieser Region die Masern als Krankheit beseitigt waren und kein Thema mehr waren,

(Beifall DIE LINKE)

weil wir einen Impfschutz hatten, der alle Kinder erfasst hat. Nun kann ich natürlich den Impfschutz nicht aufoktroyieren. Aber wichtig ist, dass wir dazu in erster Linie erst mal Aufklärungsarbeit leisten. Jawohl, ich – emotional – bin sofort für die Einführung einer Impfpflicht. Ich sage das aber rein emotional. Wichtig ist aber, dass wir jetzt die Gelegenheit nutzen, über dieses Problem zu reden. Deshalb ist vor allem die Aufklärung der Menschen über die Entstehung, über die Gefahren, die mit dieser Krankheit verbunden sind, besonders wichtig. Bei dieser Aufklärung sind alle Akteure im Gesundheitswesen gefragt und alle Akteure, die mit Kindern zu tun haben – die Ärzte genauso wie der öffentliche Gesundheitsdienst, Kindergärten und Schulen. Es muss aufgeklärt werden über die Gefahren dieser Krankheit für das eigene Kind, für die eigene Gesundheit, aber auch über die Gefahren für die anderen Kinder, wenn diese Krankheiten ansteckend sind. Und Masern sind ansteckend, das

wurde hier eindeutig gesagt. Da ist es auch Aufgabe des Staats, darauf zu reagieren, wie beachte ich die persönlichen Freiheiten jedes Einzelnen, wenn es um den Schutz anderer Menschen geht. Deshalb sage ich: Ja, vor einer Impfpflicht müssen wir nachdenken, über welche Form der Aufklärung wir weiterreden müssen, wen wir alles dort in die Frage einbeziehen. Aber wenn es keine spürbaren Ergebnisse gibt, wenn wir weitere Gefahren sehen, jawohl, da bin ich auch dafür, über die Frage einer Impfpflicht nachzudenken.

Aber eins wird deutlich und das sollte die erste Schlussfolgerung sein, die wir aus dieser Debatte führen: Uns wird vor Augen geführt, gerade wenn wir über Beratung reden, wie wichtig die Vorsorgeuntersuchungen, ich meine die Untersuchungen U1 bis U9, für unsere Kinder sind, denn diese Untersuchungen müssen gekoppelt sein mit einer Beratung über Möglichkeiten eines Impfschutzes und über die Gefahren, die bei der Gewährung dieses Impfschutzes entstehen können, wenn dieser Impfschutz nicht vorhanden ist. Deshalb müssen wir diese Debatte nutzen, um alle gesellschaftlichen Kräfte, die vor allem im Bereich Gesundheit und Erziehung tätig sind, für den Impfschutz zu motivieren und sie aufzufordern, Einfluss zu nehmen, dass Eltern ihrer Verantwortung gerecht werden. Ich sage ganz persönlich: Wer sein Kind nicht impfen lässt, gefährdet sein Kind und er gefährdet andere Kinder. Ich glaube, das sollten wir nicht zulassen. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kubitzki. Nun hat das Wort der Abgeordnete Christoph Zippel für die CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Ausführungen meiner Vorredner ist insoweit nichts hinzuzufügen, als dass die formalen Darlegungen natürlich sachlich richtig sind. Auch schließe ich mich der Meinung an, dass eine Impfpflicht durchaus eine akzeptable Maßnahme, jedoch nur die letzte Lösung sein kann. Denn eines ist klar, eine Impfpflicht stellt nur eine politisch erzwungene Lösung dar. Wünschenswerter wäre hier um einiges mehr ein Sieg der Vernunft. Aktuell haben viele Eltern Angst davor, ihre Kinder in Betreuungseinrichtungen zu geben. Hier fällt die beruhigende Antwort kurz und knapp aus: Lassen Sie Ihre Kinder impfen! Klar ist aber auch: Selbst mit einer Impfpflicht werden wir bei grundsätzlichen Impfgegnern nur wenig erreichen können. Deswegen ist der Ansatz des geplanten und vom Bundeskabinett bereits verabschiedeten Präventionsgesetzes richtig, eine ärztliche Impfberatung einzuführen, die Eltern

künftig beim Eintritt ihres Kindes in die Kita nachweisen müssen. Das halten wir in der CDU-Fraktion für gut und richtig.

(Beifall CDU)

Allerdings gilt auch hier: Jede Beratung läuft ins Leere, wenn Eltern bereits gegen das Impfen emotionalisiert wurden. Diesen Aspekt der Problematik gilt es, deutlicher als von den Vorrednern bereits erwähnt, in den Mittelpunkt der Wahrnehmung zu rücken. Meine Forderung lautet daher: Lassen Sie uns entschieden gegen Impfgegner und Angstmacher vorgehen, die besorgten Eltern einreden, eine Impfung würde ihrem Kind grundsätzlich schaden!

(Beifall CDU)

Wer Impfungen allen Ernstes als Körperverletzung bezeichnet, offenbart vor allem eines: ein massives medizinisches Unwissen. Leider zeigen aktuelle Umfragen, dass diese Einstellung weiterhin sehr verbreitet ist. Die sogenannten Masernpartys sind der absurde Höhepunkt dieser geschürten Unwissenheit.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, in Afrika ringt die Welt um einen Ebola-Impfstoff, aber hierzulande meinen einige Menschen, auf eine Impfung gegen Masern verzichten zu können, eine Krankheit, die zehnmal ansteckender als Ebola ist. Wir besitzen einen wirksamen Schutz gegen Masern, aber trotzdem sterben wieder Kinder in Deutschland an dieser Krankheit. Das ist absurd und erschütternd zugleich.

Ich fordere die Landesregierung auf, massive Anstrengungen zur Aufklärung besorgter Eltern zu unternehmen, denn wer sein Kind heutzutage nicht impfen lässt, macht dies fast immer aus falscher Überzeugung und weniger aus Unwissenheit, denn Informationen zu Impfungen bekommen frisch gebackene Eltern im Laufe der ersten Monate und Jahre überall in die Hand gereicht. Wir müssen die falschen Argumente, mit denen die Impfgegner hantieren, entkräften, und dies auf breiter Front, aber vor allem müssen wir den Eltern ihre Ängste nehmen und sie mit ihren Sorgen ernst nehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gilt nun, den aktuellen Masernausbruch zum Anlass zu nehmen, den Kampf gegen die organisierte Angstmacherei aufzunehmen. Zu lange wurde ignoriert, dass sich in der Öffentlichkeit ein gefährliches Unwissen und ein noch gefährlicheres Halbwissen ausbreiten. Deswegen meine Frage auch an die Landesregierung: Was hat die Landesregierung vor, um diesem Unwissen und der organisierten Angstmache wirksam zu begegnen? Vielen Dank.

(Beifall CDU, AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Zippel. Nun hat das Wort die Abgeordnete Babett Pfefferlein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Landtagsabgeordnete, über die Aktuelle Stunde bin ich sehr froh. Es ist wichtig, wenn in den Medien bundesweit über Gesundheitsthemen berichtet wird, dass wir versuchen, die Debatte sachlich und auf einem hohen wissenschaftlichen Stand auch in Thüringen zu führen. Mir ist es sehr wichtig, zu sagen, dass Masern keine harmlose Kinderkrankheit sind. Diese hochansteckende Virusinfektion kann beim Ausbruch zu schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Komplikationen führen. In 10 bis 20 Prozent der Fälle kommt es zu Komplikationen wie Mittelohr- und Lungenentzündung sowie Hirnhautentzündung, die sogar lebensbedrohlich sein können. Ich bin sehr dafür, intensiv auch von staatlicher Stelle für diese professionelle Durchführung von Masernimpfungen zu werben. Ich finde Impfungen gegen Masern wichtig und natürlich sind meine Kinder auch geimpft.

Sehr geehrte Damen und Herren, in Deutschland empfehlen das Robert Koch-Institut und die Ständige Impfkommission eine zweimalige Impfung von Kindern in den ersten beiden Lebensjahren. In Thüringen besteht laut Sozialministerium eine Impfquote von über 95 Prozent. Das liegt sogar noch über dem Bundesdurchschnitt. In Sachsen liegt die Quote bei 80 Prozent und dort wurden aktuell 30 Fälle gemeldet; in Thüringen bisher sechs. Informationen des für die Überwachung von Infektionskrankheiten zuständigen Robert Koch-Instituts zufolge war der Freistaat Thüringen im vergangenen Jahr das einzige Bundesland ohne einen einzigen Masernfall gewesen. Im Jahr 2013 hatte es den letzten größeren Ausbruch dieser Krankheit in Thüringen gegeben. 51 Menschen waren damals betroffen. Diese Zahlen belegen, dass es in Deutschland immer wieder zu regionalen Ausbrüchen von Masern kommt. Eine besondere Situation erleben wir gerade in Berlin. Seit Oktober wurden dort 530 Fälle gemeldet.

Sehr geehrte Damen und Herren, zur Frage der Notwendigkeit, über Impfungen gegen Masern umfassend aufzuklären, kann ich nur zustimmen. Auch wir stehen für eine intensive und umfassende Aufklärung zum Impfen. Diese Aufklärung könnte ich mir verstärkt in Kinderarztpraxen, Kindertagesstätten und Familienzentren oder Ähnlichem vorstellen. Natürlich gehört es auch dazu, Gefahren für nicht geimpfte Kinder und Erwachsene aufzuzeigen. In diesem Zusammenhang lehnen wir aber eine pauschale Impfpflicht, nach der jetzt von einigen Seiten gerufen wird, ab.

(Abg. Zippel)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Zwang bringt aus meiner Sicht Impfskeptiker nicht zum Umdenken. Wir brauchen offene und ehrliche Informationen über Vor- und Nachteile zum Impfen und wir brauchen auch eine offene und ehrliche Diskussion über einzelne Impfungen und nicht nur über die Masernimpfung. Doch bei all dieser Aufklärung und Information müssen das Selbstbestimmungsrecht und die Wahlfreiheit der Eltern gewährleistet sein. Selbst das Sächsische Sozialministerium lehnt eine allgemeine Impfpflicht mit der Begründung, ich zitiere, dies sei „ein sehr starker Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und sollte nur bei Erkrankungen mit sehr hoher Todesfallrate gelten“, ab. Ich rate allen Eltern in diesem Zusammenhang, auf einen altersgerechten und vollständigen Impfschutz ihrer Kinder zu achten, denn wer seinem Kind den Impfschutz verweigert, gefährdet nicht nur das eigene Kind, sondern auch andere in unmittelbarer Umgebung und das kann zu schweren Gesundheitsschäden führen.

Sehr geehrte Damen und Herren, in diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz auf eine andere Impfung beziehungsweise Diskussion eingehen, die aus meiner Sicht in Thüringen auch problematisch ist: die Grippe- und Erkältungswelle. Schon 2.100 Personen haben sich laut Gesundheitsministerium in Thüringen mit dem Influenza-Virus angesteckt. Seit Beginn dieser Saison sind bundesweit schon über 18.000 Menschen erkrankt. Dabei ist der Süden, also auch Thüringen, stärker betroffen als der Norden. Auch hier gibt es demnach regionale Ausbreitungen. Gefühlt ist jeder Zweite in meiner Umgebung krank, er hustet, schnupft oder niest, kann nicht arbeiten gehen, nicht zur Schule oder studieren. Zählt man zu den Patientinnen mit einer Grippe, ausgelöst durch Influenza-Viren, noch die Menschen mit anderen Erkältungskrankheiten dazu, kommt man alleine in der vergangenen Woche auf 1,5 Millionen Menschen. Dabei ist die Dunkelziffer sicherlich noch viel höher. Viele Erkrankte lassen sich nicht vom Arzt behandeln oder werden nicht auf Influenza-Viren getestet. Auch eine Grippe ist wie Masern hochansteckend, weltweit verbreitet und führt in den meisten Fällen über mehrere Tage zu Erschöpfung, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. Sie sehen, für die von mir heute angesprochenen beiden Krankheiten, die in den Medien und Gesundheitsrubriken dominieren, müssen wir sehr differenzierte Diskussionen führen.

Zum Abschluss möchte ich noch sagen: Ja, für die Masernimpfungen sind umfangreiche Sensibilisierungen und Informationen für die Bevölkerung, insbesondere der Eltern, nötig. Dafür sehe ich die Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes als unerlässlich an. Für eine Grippeimpfung brauchen wir auf Bundesebene eine verstärkte öffentliche Forschung und eine internationale Zusammenarbeit zu Prävention und Therapiemöglichkeiten. In die

sem Sinne wünsche ich allen Erkrankten gute Besserung. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Wünsche zur guten Besserung, da schließe ich mich an und sage, das gilt vor allen Dingen für die, die der gefährlichen Männergrippe …

(Heiterkeit DIE LINKE)

Die grassiert ja auch. Bei Männern ist es immer schlimmer. Jetzt hat die Ministerin Frau Werner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren, ich möchte mich zunächst sehr herzlich bei der Fraktion der SPD für diese aktuelle Debatte bedanken, denn ich schließe mich den Vorworten auch an: Es geht hier vor allem um Aufklärung. Dazu kann die Debatte hier dienen und ich möchte mich dem gern anschließen. Impfungen zählen zu den wirksamsten und sichersten Maßnahmen, um schweren Erkrankungen im Kindes- und Erwachsenenalter vorzubeugen. Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut, StIKo, gibt auf Basis umfangreicher und unabhängiger wissenschaftlicher Analysen Empfehlungen zu wichtigen Standard- und Indikationsimpfungen. Es wurde schon gesagt, die erste Impfung gegen Masern ist für die Kinder im Alter von 11 bis 14 Monaten empfohlen, nach der zweiten Impfung zwischen dem 15. und 23. Lebensmonat ist die Grundimmunisierung abgeschlossen und das Kind hat einen lebenslangen Schutz gegen Masern. Für die Impfung wird üblicherweise ein Kombinationswirkstoff verwendet, der zusätzlich auch gegen Mumps, Röteln und Windpocken schützt. Die StIKo empfiehlt für alle nach 1970 geborenen Personen über 18 Jahre, die bislang nur eine oder gar keine Impfung bekommen haben, eine einmalige Masernimpfung. Thüringen hat mit 94,6 Prozent die dritthöchste Impfquote in Deutschland. Allerdings ist damit das von der Weltgesundheitsorganisation vorgegebene Ziel von 95 Prozent noch nicht ganz erreicht. Diese Impfquote wäre mindestens notwendig, um die Masern auszurotten, ähnlich wie dies am Beispiel der Pocken bereits gelungen ist. Generell zeigen Masern wie viele andere Infektionskrankheiten periodische Verläufe, abhängig von der Größe der empfänglichen Bevölkerung und der Mobilität. Nicht immune Personen erkranken und geben die Masern an weitere ungeimpfte Personen weiter. Treten ungeimpfte Personengruppen auf, zum Beispiel in Schulen, so kommt es zu hohen Ausbrüchen mit einer hohen Erkrankungszahl, wie es beispielsweise

(Abg. Pfefferlein)

2013 in Thüringen der Fall war. Durch Maßnahmen der Gesundheitsämter wie Betretungsverbote für Erkrankte und deren Kontaktpersonen für Gemeinschaftseinrichtungen sowie Riegelungsimpfungen können solche Ausbrüche eingedämmt werden und kommen zum Erliegen. In Thüringen gibt es nach derzeitigem Stand sieben Masernerkrankungen von Personen im Alter von 3 bis 25 Jahren. Masern sind aber eine weltweit auftretende, ausschließlich die Menschen befallende virale Infektionskrankheit. Die Erkrankung – auch das wurde schon gesagt – ist mit einer Übertragungswahrscheinlichkeit von fast 100 Prozent hochansteckend. Neben den klassischen Symptomen wie Fieber, Schnupfen, Husten und Hautausschlag können Masernerkrankungen auch schwere Verläufe haben. So treten mitunter Lungenentzündungen, Durchfälle oder Ohrenentzündungen auf. Eine schwere Komplikation ist die akute postinfektiöse Enzephalitis, eine Gehirnhautentzündung, die bei circa 1 bis 3 Prozent von 1.000 Fällen auftritt. Etwa 10 bis 20 Prozent der Betroffenen sterben an dieser Komplikation; bei 20 bis 30 Prozent führt sie zu bleibenden Nervenschädigungen. Eine weitere Komplikation ist die Subakute sklerosierende Panenzephalitis, die sechs bis acht Jahre nach einer durchgemachten Masernerkrankung auftreten kann. Hierbei handelt es sich um eine seltene, jedoch immer tödlich verlaufende Gehirnentzündung. Die Sterblichkeit an Masern wird vom Robert Koch-Institut in Deutschland mit 0,1 Prozent angegeben. In Ländern mit schlechter medizinischer Versorgung liegt sie bei 5 bis 6 Prozent.

Da die Masernviren über winzige Tröpfchen durch die Luft übertragen werden, reicht es aus, wenn sich eine ungeimpfte Person nur kurz im gleichen Raum mit einer an Masern erkrankten Person aufhält, um sich anzustecken. Erschwerend kommt hinzu, dass Personen bereits vor Auftreten der klassischen Symptomatik infektiös sind. Leider sind beispielsweise Säuglinge, die aufgrund der Impfempfehlung der STIKO noch nicht geimpft werden können, einer nicht unerheblichen Ansteckungsgefahr ausgesetzt und können sich so beispielsweise in Kinderarztpraxen mit Masern infizieren. Insbesondere diese Altersgruppe trägt dabei ein besonders großes Risiko, schwere Komplikationen zu entwickeln.

In Gemeinschaftseinrichtungen wie Kitas, Schulen und Asylbewerbereinrichtungen besteht aufgrund der Vielzahl an sozialen Kontakten und der räumlichen Begebenheiten ein erhöhtes Infektionsrisiko für ungeschützte Kinder, weshalb aus unserer Sicht zumindest bei Kindern, die in Kindertagesstätten betreut werden, ein vollständiger altersgerechter Impfschutz vorliegen sollte.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Somit wären auch Krippenkinder unter einem Jahr sowie Kinder, die aufgrund seltener Grunderkrankungen nicht geimpft werden können, indirekt durch Herdenimmunität geschützt.

Herr Zippel, ich möchte Ihnen recht geben oder möchte darauf verweisen, dass wir aktuell bei der Impfquote bundesweit Platz 3 erreichen. Das heißt, in Thüringen gibt es schon sehr große Bemühungen, tatsächlich um Aufklärung bei den Eltern zu werben. So müssen derzeit Eltern bei der Aufnahme eines Kindes in eine Thüringer Kindertageseinrichtung eine ärztliche Bescheinigung über den gesundheitlichen Zustand des Kindes vorlegen. Den Eltern wird dann zur Vervollständigung des empfohlenen Impfstatus geraten.

Sie haben auch erwähnt, nach der im Rahmen von Artikel 8 des Präventionsgesetzes geplanten Änderung von § 34 Infektionsschutzgesetz ist für die Erstaufnahme in eine Kita der Nachweis einer erfolgten impfmedizinischen ärztlichen Beratung notwendig, wobei weiter gehende landesrechtliche Regelungen dann unberührt blieben.

Sehr geehrte Damen und Herren, grundsätzlich geben wir weiterhin der Aufklärung und Information den Vorrang vor einer allgemeinen Impfpflicht. Das kann nur das letzte Mittel sein. Unser Ziel ist es, auch diejenigen zu überzeugen, die einer Impfung heute noch ablehnend gegenüberstehen. Ich glaube, dass Impfskeptiker sich auch von einer Pflicht nicht überzeugen lassen. Deshalb setzen wir auf eine umfassende Aufklärung und die Teilnahme der Kinder an allen Früherkennungsuntersuchungen, bei denen auch auf die Bedeutung des Impfens hingewiesen wird. Damit haben wir in Thüringen sehr gute Erfahrungen gemacht. Das Vorsorgezentrum des Thüringer Landesamts für Verbraucherschutz weist alle Eltern auf die Kinderfrüherkennungsuntersuchungen hin, in deren Rahmen auch Impfungen durchgeführt werden. Diese Praxis des Vorsorgezentrums ist zwar sehr aufwendig und, ich weiß, auch umstritten, aber sie hat sich als wirksames Instrument für den Impfschutz erwiesen. Darüber hinaus halten wir mit dem Impfportal Thüringen im Internet ein umfassendes Informationsangebot zum Thema „Impfen“ vor. Ich kann nur allen empfehlen, sich dort zu informieren. Da ist aktuelle Information tatsächlich auch möglich. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir nicht vor, sodass ich den vierten Teil der Aktuellen Stunde schließe und den fünften Teil aufrufe

(Ministerin Werner)