Protocol of the Session on August 17, 2016

Ich hätte mich in dem Zusammenhang – und ich glaube, ich habe das schon mal vor Wochen hier von diesem Pult aus gesagt –, sehr gefreut, wenn sich die AfD gerade mit Blick auf die Geschäftsordnung etwas – ich betone – intensiver an der Debatte in der AG zur Geschäftsordnung des Thüringer Landtags beteiligt hätte. Dort ist – ich betone ausdrücklich – fast gar nichts gekommen.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sie lehnen al- les ab!)

Aber sich hier hinstellen und die Geschäftsordnung womöglich besser zu kennen als diejenigen, die schon ein paar Jährchen hier sind!

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Schön auf- passen in der AG!)

Im Allgemeinen und im Speziellen: Die Koalition lehnt diese Aktuelle Stunde für die heutige Tagesordnung ab. Danke!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Wir kommen damit zur Abstimmung. Wer für die Aufnahme der Aktuellen Stunde in die Tagesordnung ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der AfD-Fraktion. Wer ist dagegen? Das sind alle übrigen Stimmen aus dem Haus. Damit mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zur Aufnahme weiterer Beratungsgegenstände. Hier ist durch die Fraktion der CDU die Aufnahme des Antrags „Hat der Thüringer Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz sein Amt für private Zwecke missbräuchlich genutzt?“ in Drucksache 6/2518 in die Tagesordnung beantragt worden. Ich frage zunächst, ob das Wort zur Dringlichkeit gewünscht wird. Das ist der Fall. Bitte schön, Herr Mohring.

(Abg. Brandner)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, seit einer Woche fragt sich die geneigte Öffentlichkeit nach Medienberichten, ob der Thüringer Justizminister in diesem Land sein Amt für private Zwecke missbräuchlich genutzt hat.

Der Ausgangspunkt ist die Regelung im Thüringer Schulgesetz, die für alle ziemlich klar und abschließend ist, dass, bevor man als Schüler der 10. Klasse in die 11. Klasse versetzt wird, vor dieser Versetzungsentscheidung zwingend eine Prüfung steht. Das gilt für alle in diesem Land ohne Ausnahme, bis auf wenige markierte, es sei denn, man hat einen Realschulabschluss oder man hat einen einjährigen Aufenthalt in der 10. Klasse im Ausland absolviert. Weitere Ausnahmen gibt es nicht. Das ist der Regelfall. Dass dieser vermutlich durchbrochen ist, muss hinterfragt werden. Seit den Medienveröffentlichungen in dieser einen Woche hat sich der Minister in verschiedenen Stellungnahmen in Widersprüche verstrickt. Unter anderem hat er ursprünglich gesagt, dass es keine Ebene in der Hausspitze des Kultusministeriums gibt, mit der er Kontakt hatte. Danach ist rausgekommen – und das hat er in einem Brief an seine eigene GrünenBasis augenscheinlich eingeräumt –, dass er mit der Staatssekretärin des Kultusministeriums im Vorbeigehen gesprochen hat. Dann ist wohl die Frage diskutiert worden, ob die Staatskanzlei gutachterlich Einfluss genommen hat. Daraufhin hat der Staatskanzleiminister erklärt, er habe im Vorbeigehen mit dem Justizminister gesprochen. Ich will einfach mal sagen: Wenn Sie immer nur im Vorbeigehen miteinander reden, dann wäre es mal hilfreich, Sie würden sich irgendwann zusammensetzen und über die Rechtslage in diesem Land sprechen. Das würde dem Land guttun und mehr helfen, miteinander zu reden und nicht im Vorbeigehen die Dinge zum eigenen persönlichen Zweck zu klären.

(Beifall CDU; Abg. Gentele, fraktionslos)

Wir haben einen Fragenkatalog mit 21 Fragen formuliert, eine Ergänzung über die 15 in der letzten Woche eingereichten Fragen hinaus, die sich aus den Wortmeldungen und Stellungnahmen verschiedener Regierungsmitglieder ergeben. Wir haben gelesen, dass Rot-Rot-Grün sich außerstande sieht und sagt, namentlich vertreten durch den GrünenFraktionschef, man könne die Fragen nicht beantworten, weil sie so kurzfristig eingereicht wurden. Ich will mal einen klaren Satz sagen: Wenn der Justizminister einfach nur die Wahrheit sagt, dann kann er alle 21 Fragen mit einer Rede in diesem Haus beantworten und das verlangen wir einfach in diesem Haus.

(Beifall CDU; Abg. Gentele, fraktionslos)

Damit das noch mal auf den Punkt kommt und ohne Zweifel hier im Raum gesagt wird: Wir wollen nicht, dass ein Regierungsmitglied, bei dem öffentlich in Rede steht, ob es sein Amt für private Zwecke missbräuchlich benutzt hat, gegenüber seiner eigenen Parteibasis Stellung nimmt, sich aber gegenüber der Öffentlichkeit und dem demokratisch gewählten Parlament in diesem Hause ausschweigt. Wir erwarten Transparenz und Offenheit und eine Erklärung und Beantwortung der Fragen hier in diesem Haus vor der Öffentlichkeit und nicht im stillen Kämmerlein oder gar nur der eigenen Basis gegenüber. Die Legitimation haben Sie vom Volk und vom Parlament und nicht nur von Ihrer eigenen Grünen-Basis. Das ist unzureichend und reicht an Erklärungen in Bezug auf das, was Ihnen vorgeworfen wird, nicht aus.

(Beifall CDU; Abg. Gentele, fraktionslos)

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, erwarten wir, dass die Landesregierung, vertreten durch den Justizminister, auch hier in diesem Haus zu den Fragen Stellung nimmt und dass man, soweit Sie außerstande sind, Fragen zu beantworten, das in den zuständigen Ausschüssen weiterbespricht, aber eben so, dass Öffentlichkeit hergestellt wird, dass Nachfragen möglich sind und die Vorwürfe ausgeräumt werden können. Ich wiederhole das, was ich in der letzten Woche gesagt habe: Wenn Sie nicht in der Lage sind, die mittlerweile 21 vorliegenden Fragen ausreichend zu beantworten, und Fragen offenbleiben, dann bleibt Ihnen nur ein Schritt, nämlich, um das Amt zu schützen, das Amt frei zu machen. Entweder Aufklärung in der Sache, Transparenz in der Sache und Mithilfe bei der Klärung der offenen Fragen oder das Amt schützen, indem man das Amt abgibt – das erwarten wir von Ihnen.

(Beifall CDU; Abg. Gentele, fraktionslos)

Ich will es abschließend noch mal ganz klar sagen: Hier geht es auch um Gerechtigkeit und hier geht es auch darum, dass man den Leuten gegenüber klarmacht, dass die, die in politischer Verantwortung sind, auch mit dieser Verantwortung so umgehen, dass sie nicht einen eigenen Vorteil für sich erstreiten, sondern dass Gleichbehandlung vom ersten bis zum letzten Tag in der Amtsführung auch gewährleistet wird. Und wenn der Regelfall in Thüringen ist, dass vor der Versetzung in die 11. Klasse die Prüfung steht, dann ist es gut, dass sich alle daran halten. Ich verweise auf die Jungen und Mädchen, die im letzten Jahr, 2015 – 180 an der Zahl –, durch diese Prüfung/durch diese Leistungsfeststellung durchgefallen sind und deshalb eine erweiterte Runde drehen müssen. Was sollen die denken und zu Hause erklären, die sich einer Prüfung gestellt haben, wenn andere Mittel und Wege nutzen, vor allen Dingen offensichtlich und augenscheinlich über dienstliches Geschäft, um einen

Vorteil zu erlangen! Sie müssen angesichts Ihres Amts diese Vorwürfe und Vermutungen ausräumen. Sie sind das dem Amt und der Öffentlichkeit gegenüber schuldig.

(Beifall CDU; Abg. Gentele, fraktionslos)

Wir kommen damit zunächst zur Abstimmung über die Aufnahme des...

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Nein, es war noch die Gegenrede zur Dring- lichkeit beantragt!)

Entschuldigung, das ist richtig. Bitte schön, Frau Rothe-Beinlich.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ja – und zwar ohne Wenn und Aber: Wenn es Fragen gibt, wenn Vorwürfe, egal zu welchem Thema, egal gegen wen, im Raum stehen, müssen diese geklärt werden, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das sehen auch wir von den Koalitionsfraktionen ganz selbstverständlich und ausdrücklich so. Die CDU-Fraktion hat gestern Nachmittag einen Antrag mit 21 Fragen eingereicht, 21 Fragen, die selbstverständlich auch gut und fundiert beantwortet werden müssen. Das ist überhaupt gar keine Frage – ich glaube, da darf sich tatsächlich niemand wegducken, da will sich auch niemand verstecken. Das sind wir alle der Öffentlichkeit schuldig, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Allerdings fragen Sie von der CDU beispielsweise auch nach personenbezogenen Daten. Es gibt auch eine Fürsorgepflicht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deshalb gilt es, darüber nachzudenken, wo der geeignete Ort ist, um diese Fragen aufzurufen. Sie haben es letzte Woche Donnerstag schon versucht – oder Sie haben es getan –, dieses Thema hier im Plenum zu beraten. Ich habe damals in meiner Rede sinngemäß gesagt: Es ist sehr viel Lärm um nicht allzu viel – um das mal so zusammenzufassen.

(Unruhe CDU)

Dazu stehe ich auch nach wie vor, das sage ich ganz deutlich. Sie haben die Problematik heute wieder aufgesetzt, zu einer Sitzung, die dezidiert zu einem ganz anderen Thema stattfindet. Da muss man sich schon fragen, ob es vielleicht weniger Interesse an der Behandlung des anderen Themas gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Unruhe AfD)

(Beifall DIE LINKE)

Die Landesregierung jedenfalls hat von sich aus gemäß § 74 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags beantragt, in den Sitzungen der Ausschüsse für Bildung, Jugend und Sport sowie für Migration, Justiz und Verbraucherschutz am kommenden Dienstag – das ist der 23. August – und am 26. August umfänglich über das Thema „Beantwortung der im Antrag der CDU-Fraktion vom 16. August 2016 sowie der Fraktion der AfD vom 17. August 2016 gestellten Fragen“ zu berichten. Ich denke, das ist auch der richtige Ort, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich frage hier von dieser Stelle: Handelt es sich um Gefahr im Verzug, dass wir nicht diese Tage abwarten können, um das in aller Ruhe zu diskutieren? Da bin ich bei Herrn Fiedler; Herr Fiedler hat das ja neulich erst betont, dass die Ausschüsse der richtige Ort wären, um sich sachlich, fachlich und mit Nachfragen auseinanderzusetzen. Das werden wir im Ausschuss tun, Herr Fiedler, ganz so, wie Sie das auch immer wollen. Ich habe allerdings auch ein Stück weit den Eindruck, dass es sich

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Hier ist das Plenum! Das andere ist der Ausschuss – nicht miteinander verwechseln!)

hier um eine politische Kampagne handelt. Herr Mohring hat eingefordert, miteinander zu reden. Dafür sind wir auch; wir werben für Miteinanderreden, statt übereinander herzuziehen und Gerüchte zu streuen. Deswegen plädieren wir dafür, diesen Antrag heute nicht auf die Tagesordnung zu nehmen, sondern die Fragen umfänglich – so, wie sich das gehört – in den

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Peinlich, peinlich, peinlich!)

zuständigen Fachausschüssen zu beantworten. Das ist redlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, und dazu stehen wir. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Nun haben wir Rede und Gegenrede gehört. Wir kommen zur Abstimmung. Der Antrag wurde nicht entsprechend der Frist von sieben Werktagen verteilt. Daher ist nicht nur über die Aufnahme in die Tagesordnung, sondern auch über die Fristverkürzung abzustimmen. Diese Frist kann mit einfacher Mehrheit verkürzt werden, es sei denn, es gibt Widerspruch. Das ist der Fall, sodass wir eine Zweidrittelmehrheit benötigen. Dann frage ich gemäß § 66 Abs. 2 GO,

(Abg. Mohring)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Skandal, Skandal!)

da es sich um eine Kürzung der Frist vor der einmaligen oder ersten Beratung handelt: Wer ist für die Aufnahme in die Tagesordnung unter Fristverkürzung? Das sind die Stimmen der CDU-Fraktion, der AfD-Fraktion und der beiden fraktionslosen Kollegen. Danke schön. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen aus den Koalitionsfraktionen, sodass die Zweidrittelmehrheit nicht gegeben ist und der Tagesordnungspunkt nicht in die heutige Sitzung aufgenommen wird. Herr Abgeordneter Emde, bitte.

Herr Präsident, ich beantrage eine Ältestenratssitzung nach § 12 Abs. 2 der Geschäftsordnung.

Das heißt, wir sollten die Sitzung sofort unterbrechen? Dann unterbreche ich die Sitzung. Die Ältestenratssitzung würde dann in 5 Minuten im Ältestenratszimmer beginnen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich darf Sie bitten, Ihre Plätze einzunehmen.

Der Ältestenrat ist übereingekommen, und zwar einstimmig, den bereits nach § 74 Abs. 3 der Geschäftsordnung von der Regierung eingereichten Antrag in den Ausschüssen für Justiz sowie Bildung über die Fragen, die die CDU-Fraktion in ihrer Drucksache aufgeworfen hat, Bericht zu erstatten, in öffentlicher Sitzung beraten zu lassen, soweit nicht schutzwürdige Rechte Dritter betroffen sind. Das würde dann heißen, dass man entweder in nicht öffentlicher oder womöglich auch vertraulicher Sitzung darüber berichten sollte.

Weiterhin haben wir uns darauf verständigt – das war dann nur mehrheitlich –, dass der Justiz- sowie der Bildungsausschuss diesen Fragenkomplex möglichst in einer gemeinsamen Sitzung beraten solle. Nach unserer Geschäftsordnung entscheidet über die Öffentlichkeit natürlich nur der jeweilige betroffene Ausschuss. Das Recht wollen wir ihnen nicht nehmen, aber wir geben ihnen diese Empfehlung mit und gehen davon aus, dass die Zweidrittelmehrheit, die notwendig ist, um die Öffentlichkeit für einen nach § 74 Abs. 3 Geschäftsordnung eingereichten Beratungspunkt herzustellen, dann auch gegeben ist. Damit schließe ich diesen Punkt bei der Beratung zur Aufnahme von Tagesordnungspunkten ab.

Wir kommen zum nächsten Ergänzungswunsch, nämlich dem Antrag der Fraktion der AfD „Möglichen Amtsmissbrauch in der Thüringer Landesregierung beenden“ in der Drucksache 6/2521. Ich frage: Gibt es hier den Wunsch, zur Dringlichkeit zu sprechen? Bitte schön, Herr Brandner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, es bewegt sich was in der „Sohnemann-Affäre“ – wie sie verharmlosend genannt wird –, die Sache ist dennoch eilig, auch wenn sich da im Ältestenrat offenbar verständigt wurde, und bedarf einer heutigen sofortigen Behandlung. Wir haben einen Minister, der in Privatangelegenheiten Gespräche aus seinem Ministerbüro mit dem Ministerium und dem Ministerbüro der zuständigen Fachministerin führte und der zumindest ein Gespräch mit einer Staatssekretärin anlässlich eines Sommerfests der Thüringer Landesregierung in Berlin führte. Die Benjamin-Hoff-geführte Staatskanzlei des Herrn Ramelow erarbeitete zumindest ein Gutachten zu diesem Fall. Interessant zunächst mal: Wer hat das wohl bezahlt? Wohlgemerkt, zu einem privaten Fall eines Ministers. Bereits dies wäre einem normalen Vater, Herr Lauinger, nicht möglich gewesen. Diese Vorteile insgesamt konnte und kann nur genießen, wer Minister in der Ramelow-Regierung ist. Das zeigt, meine Damen und Herren, dass wir es nicht mit einer „Sohnemann-Affäre“ zu tun haben, sondern mit einer handfesten, veritablen Regierungskrise in Thüringen.

(Beifall AfD)