Protocol of the Session on August 17, 2016

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie bitten, Ihre Plätze einzunehmen.

Gestern ist unser ehemaliger Kollege Konrad Scheringer im Alter von 77 Jahren verstorben. Konrad Scheringer gehörte dem Thüringer Landtag in der zweiten und dritten Wahlperiode von 1994 bis 2003 an. Er war Mitglied im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter war Konrad Scheringer unter anderem Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft Großfahner. Konrad Scheringer war Landwirt und Politiker mit Leib und Seele. Als gelernter Landwirt und ehemaliger LPG-Vorsitzender besaß er eine hohe Fachkompetenz, für die ihm parteiübergreifend Respekt und Anerkennung entgegengebracht wurde. Die Älteren unter uns erinnern sich noch gut an Konrad Scheringer als den „roten Baron“, der mit Witz, Klarheit und Leidenschaft an diesem Rednerpult für seine Positionen eingetreten ist. Unvergessen bleibt seine Rede zum Paarungsverhalten von Bienenköniginnen; Gleiches gilt für sein für einen Oppositionspolitiker legendäres Verhältnis zu seinem Landwirtschaftsminister Dr. Sklenar.

Wir, die Abgeordneten des Thüringer Landtags, werden Konrad Scheringer als einen Politiker in Erinnerung behalten, der sich in besonderer Weise für die Interessen der Landwirtschaft und der Menschen im ländlichen Raum verdient gemacht hat. Unsere Gedanken und Gebete sind in diesen Tagen bei seiner Familie, seinen Angehörigen und Freunden und ganz besonders bei Ihnen, liebe Frau Scheringer-Wright. Der Thüringer Landtag und wir alle wollen ihm ein ehrendes Angedenken bewahren. Lassen Sie uns nun gemeinsam in einer Schweigeminute des Verstorbenen gedenken. Hierzu bitte ich Sie, sich von den Plätzen zu erheben. – Vielen Dank.

Ich darf Sie noch einmal herzlich willkommen heißen zu unserer heutigen Sitzung, die ich hiermit für eröffnet erkläre. Ich begrüße auch die Gäste auf der Zuschauertribüne.

Die heutige Sitzung wurde gemäß Artikel 57 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 19 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Landtags aufgrund eines Antrags der Landesregierung einberufen. Die entsprechende Unterrichtung liegt Ihnen in der Drucksache 6/2478 vor.

Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführerin Frau Abgeordnete Dr. Martin-Gehl neben mir Platz genommen und die Redeliste wird von Herrn Abgeordneten Tischner geführt.

Für die heutige Sitzung haben sich Herr Abgeordneter Grob sowie Herr Abgeordneter Rudy entschuldigt.

Ich darf für die Tagesordnung noch darauf hinweisen, dass die Fraktion der CDU einen Entschließungsantrag in der Drucksache 6/2522 eingereicht hat sowie erst eben ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 6/2523 verteilt worden ist.

Die AfD-Fraktion hat beantragt, zu dieser außerplanmäßigen Sitzung eine Aktuelle Stunde mit dem mit Fragezeichen versehenen Thema „Die rot-rotgrüne Landesregierung im 55. Jahr des Mauerbaus: Überwachung, Meinungsdiktatur, Vetternwirtschaft – Alter Wein in neuen Schläuchen?“ durchzuführen. Dazu liegt Ihnen die Unterrichtung in Drucksache 6/2511 vor. Gemäß § 19 Abs. 3 Satz 2 zweiter Halbsatz der Geschäftsordnung kann der Landtag in einer außerplanmäßigen Sitzung weitere Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen. Demgegenüber besteht kein Minderheitenrecht auf die Durchführung einer Aktuellen Stunde in Plenarsitzungen außerhalb einer Sitzungswoche. Ich verweise auf § 93 Abs. 1 Satz 5 und 6 der Geschäftsordnung. Das Minderheitenrecht gilt nur für die Aktuellen Stunden in den Sitzungswochen des Landtags. Der Zeitpunkt einer Aktuellen Stunde in einer Sitzungswoche ist in § 21 Abs. 1 Satz 5 der Geschäftsordnung geregelt. Bevor wir zur Abstimmung kommen, will ich darauf hinweisen, dass gemäß § 21 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete das Wort für die Begründung der Dringlichkeit der Ergänzung der Tagesordnung ergreifen kann. In diesem Fall erhält auch ein Kollege das Wort, um dagegen zu reden.

Ich frage die Fraktion der AfD, ob es den Wunsch gibt. Es gibt den Wunsch. Herr Brandner, Sie haben das Wort.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Jetzt hören wir wieder alten Wein in neuen Schläu- chen!)

Bei Ihnen wird der Wein nicht alt, glaube ich, deshalb können Sie dazu nichts sagen, Herr Harzer.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Das er- klärt Einiges: Erst die Medikamente, jetzt noch der Alkoholmissbrauch!)

Meine Damen und Herren, Herr Präsident, ich muss Sie korrigieren, wir sind an einer Stelle, wo wir nicht über die Dringlichkeit sprechen

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Doch!)

und auch nicht über die Zulässigkeit des Antrags, sondern über § 93. Und der redet weder von Dringlichkeit noch von Zulässigkeit in dem Sinne, wie Sie es sehen. Ich deute also das mir eingeräumte Re

derecht so, als sei es mir nach § 19 Abs. 3 letzter Halbsatz eingeräumt, und erlaube mir dazu Ausführungen zu machen.

Die Aktuelle Stunde …

Herr Brandner, ich muss Sie dennoch bitten – ich habe nichts dagegen, wenn Sie dazu auch Ausführungen machen, und möchte das auch gern weit auslegen, aber dennoch bitte ich Sie, zur Dringlichkeit Ihrer beantragten Aktuellen Stunde zu reden.

Herr Präsident, wenn Sie der Auffassung sind, dass die Dringlichkeit hier eine Rolle spielt, dann muss ich gegen diese Auslegung Einspruch einlegen und Sie nach § 121 Geschäftsordnung darum bitten, den Justizausschuss zusammenzurufen.

Dann würde ich die Sitzung unterbrechen und ich bitte den Justizausschuss zusammenzutreten. – Jetzt habe ich tatsächlich einen Fehler gemacht und Ihnen die Hand gereicht, obwohl ich sie nicht reichen muss. „Während einer Sitzung auftauchende Zweifel über die Auslegung der Geschäftsordnung entscheidet der Präsident.“ Diese Entscheidung habe ich getroffen und sage Ihnen: Sie reden bitte zur Dringlichkeit.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe die Geschäftsordnung jetzt nicht hier. Wenn ich einen Blick in den nächsten Satz werfen dürfte, Herr Präsident.

Ja. „Erheben mindestens zehn Abgeordnete oder eine Fraktion Einspruch gegen die Entscheidung [...]“ Das ist mir bislang nicht bekannt; Sie haben Einspruch erhoben.

Für die Fraktion selbstverständlich, aber nicht für die Linken, sondern für die Fraktion der AfD. Ich erhebe Einspruch für die Fraktion der AfD gegen Ihre Auslegungsvariante der Geschäftsordnung und bitte noch mal, den Justizausschuss zusammenzurufen.

Gut, dann unterbreche ich jetzt die Sitzung und bitte um Einberufung des Justizausschusses. Der

Justizausschuss tritt bitte in 5 Minuten im Beratungsraum 202 zusammen.

Es ist 14.15 Uhr und wir haben ein Ergebnis des Justizausschusses. Der Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat dem Landtag in seiner Sitzung am 17.08.2016 empfohlen, der Rechtsauffassung des Präsidenten, wonach die Aufnahme einer Aktuellen Stunde in einer außerplanmäßigen Sitzung nach § 19 Abs. 3 in Verbindung mit § 21 Abs. 3 der Geschäftsordnung zu erfolgen hat, zu folgen. Das heißt, dass der Redner zur Dringlichkeit und nicht zur Zulässigkeit reden muss.

Diese Empfehlung des Justizausschusses müssen wir im Landtag jetzt noch abstimmen. Sie ist 10 zu 1 erfolgt. Wer der Empfehlung des Justizausschusses zustimmt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen sowie der CDU-Fraktion und des Abgeordneten Krumpe. Wer stimmt dagegen? Die Fraktion der AfD. Damit ist mit Mehrheit das Votum des Justizausschusses angenommen und damit verfahren wir dann auch so.

Jetzt frage ich noch einmal: Wird das Wort zur Dringlichkeit gewünscht? Bitte schön, Herr Brandner.

Meine Damen und Herren, die Dringlichkeit ist auch gegeben. Wir haben heute den 17. August, vor vier Tagen jährte sich zum 55. Mal der Bau der Mauer durch Berlin anlässlich von ungefähr zwölf Jahren sozialistischer Regierung, von 1949 bis 1961. Zwölf Jahre haben die Sozialisten gebraucht, sämtliche Leute zu vergraulen und so von ihrer Arbeit zu „überzeugen“, dass eine Mauer gebaut werden musste.

Wir haben hier in Thüringen wieder Sozialisten an der Regierung. Die haben jetzt zwei Jahre hinter sich, zwölf werden sie Gott sei Dank nicht schaffen. Aber wir haben es im Antrag drin: „Alter Wein in neuen Schläuchen“. Es sind ganz bedrohliche Sachen, die sich hier in Thüringen abspielen.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Was ist daran denn dringlich?)

Überwachung, Meinungsdiktatur, Vetternwirtschaft – diese Punkte dürften bei der DDR zumindest bei einer Blockpartei, die hier noch vertreten ist, unstreitig sein. Die andere ehemalige Blockpartei wird das anders sehen.

Meine Damen und Herren, Überwachung, Meinungsdiktatur, Vetternwirtschaft – auch ganz aktuell heute. Das Thema „Überwachung“ haben wir mit Frau Kahane und ihrer unsäglichen Stiftung und diesem komischen Überwachungsprogramm in Thüringen. Und wir haben das Thema der heutigen

Sondersitzung, die Thüringer Polizei und die abgehörten Telefonate, und wir haben Gesinnungsspitzelei überall. Meinungsdiktatur, meine Damen und Herren, gibt es auch. Wir haben offizielle Hetze-Beauftragte, Damen meistens, die jetzt über Leute herfallen, die aus ihrer Sicht Hetze betreiben. Damals war es staatsfeindliche Hetze, heute ist es rassistische Hetze. Da auch ein Trend zur DDR.

Das letzte Wort, die Vetternwirtschaft, meine Damen und Herren, ich glaube, da sehe ich ein Schmunzeln bei fast allen, außer da ganz links. Vetternwirtschaft – Lauinger, Klaubert und Herr Hoff, die mauscheln untereinander aus, wie es privat am besten weitergeht. Das kann nicht sein. Das sind die Anfänge von Korruption und Vetternwirtschaft in Thüringen, wie sie auch die DDR geprägt haben. Die Krone des Ganzen heute: Das „Freie Wort“ berichtet aus einem Partykellertreffen in der Staatskanzlei, wo Herr Ramelow zugesagt haben soll: Ihr lieben Minister, ihr bleibt zwei Jahre im Amt, damit ihr eure Rentenansprüche von 2.500 Euro im Monat sicher habt. Wenn das keine Vetternwirtschaft ist und die Dringlichkeit unserer Aktuellen Stunde begründet, dann weiß ich auch nicht! Vielen Dank!

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Skibbe, DIE LINKE: Eine armselige Begründung!)

Gibt es den Wunsch, gegen die Dringlichkeit zu reden? Bitte schön, Herr Blechschmidt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielen Dank, Diana Skibbe! Ja, es war eine armselige Begründung der Dringlichkeit einer Aktuellen Stunde.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Somit fällt es mir relativ leicht, diese Dringlichkeit im Allgemeinen, aber auch im Speziellen zurückzuweisen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Wo sind Ihre Anträge?)

Wir haben anknüpfend an die letzte Sitzung, in der versucht worden ist, über die Aktuelle Stunde Polemik in diesen Landtag hineinzutragen, festgestellt – es sollte eine Geschäftsordnungsdebatte sein und in der letzten Viertelstunde haben wir es ebenfalls erlebt –: Diese Aktuelle Stunde oder das Thema einer Aktuellen Stunde soll durch den Antragsteller benutzt werden, um die Geschäftsordnung an einer Stelle auszuhebeln, im günstigsten Fall neu zu interpretieren. Das lehnen wir ab.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was das Allgemeine angeht, nenne ich nur eine Wortschöpfung – die sind von Herrn Brandner ja immer so scheinbar genial dahergekommen: Hier den Ministern Klaubert, Lauinger und Hoff Mauschelei zu unterstellen, um private Vorteile zu erlangen, das halte ich schon für bodenlos. Das ist unverschämt. Das weise ich für die Koalitionsfraktionen – und ich gehe davon aus, für alle Demokraten hier im Haus – zurück.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Bei der CDU klatscht keiner!)

Ich hätte mich in dem Zusammenhang – und ich glaube, ich habe das schon mal vor Wochen hier von diesem Pult aus gesagt –, sehr gefreut, wenn sich die AfD gerade mit Blick auf die Geschäftsordnung etwas – ich betone – intensiver an der Debatte in der AG zur Geschäftsordnung des Thüringer Landtags beteiligt hätte. Dort ist – ich betone ausdrücklich – fast gar nichts gekommen.