Dann müssen Sie nämlich nicht so erstaunt darüber sein, wenn Kollege Hey und Susanne Hennig-Wellsow davon berichten, was uns Menschen sagen. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, dass in dem Augenblick, wo jemand etwas sagt, was Ihnen nicht gefällt, Sie sofort immer hochgehen, dass Sie das nicht mehr hören. Deshalb ist es für uns eine ganz
wichtige Sache: Die Kultur des Zuhörens und des Gehörtwerdens wollen wir versuchen voranzubringen und ich empfehle Ihnen das auch.
Damit komme ich zu einem Ihrer wesentlichen verbalen Argumente, es ist wirklich nur ein verbales. Sie sagen immer wieder, mit dieser Reform werden 600 Gemeinden abgeschafft.
Aufgelöst, ist richtig. Aber der Paragraf, der eine Gemeinde auflösen wird, wird weitergehen. Der sagt nicht nur „wird aufgelöst“ und dann ist sie weg, sondern er wird was anderes sagen. Und das ist das, worauf wir stolz sind. Am Ende dieser Reform wird es über 300 Kommunen geben, die wieder richtig stark sind, die ihre Selbstverwaltung ausfüllen können, die nicht als Bittsteller zur CDU gehen müssen: Könnt ihr uns helfen, wir sind ja nur 130, und uns noch ein kleines Hilfspaket geben? Nein, selbstbewusste, starke, die Selbstverwaltung ausfüllende Kommunen – das werden wir am Ende haben.
Es geht nicht um die Auflösung. Das ist ein Schritt, den man gehen muss. Das ist ein bitterer und schwerer Schritt, aber es geht um die Bildung starker, zukunftsfähiger Kommunen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Darauf bin ich stolz, dass wir das gemeinsam mit den Kollegen von SPD und Linke gehen werden. Vielen Dank.
Gibt es jetzt noch Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Das kann ich nicht erkennen. Es hat sich noch einmal Herr Minister Hoff zu Wort gemeldet. Bitte schön.
Lieber Herr Fraktionsvorsitzender Mohring, Sie haben dem Innenminister den Vorwurf unterbreitet, dass er sich unredlich verhalten hätte bei der Zitierung von Herrn Lindig, dem geschäftsführenden Gesellschafter der Lindig Fördertechnik GmbH. Sie haben den Eindruck hier erweckt, als ob irgendein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin des Innenministeriums in einer Veranstaltung ein Zitat aufgegriffen und dann für das Innenministerium verwendet hätte. Das Zitat entstammt der Thüringer Landeszeitung vom 7. April 2016. Und nur dieses Zitat, das in
einer Tageszeitung veröffentlicht worden ist, ist hier kontextuell und nicht aus dem Kontext herausgerissen zitiert worden.
Sie sagen: Doch! Ich danke Ihnen für diese wirklich begründete Argumentation; so rede ich mit meinem Sohn, der ist sechs.
Insofern bitte ich Sie, Herr Vorsitzender, lassen Sie uns auf einer anderen Ebene in die Argumentation gehen.
Das zu dem einen Punkt. Sie haben darüber hinaus, lieber Herr Fraktionsvorsitzender Mohring, in dem Gestus, wenn mir dies vom Präsidenten gestattet wird, des Chefanklägers einige Ausführungen zum Ministerpräsidenten gemacht und zu dessen Verhalten in Konferenzen, an denen Sie bisher nicht teilgenommen haben, und zwar den Ministerpräsidentenkonferenzen Ost und den Ministerpräsidentenkonferenzen. Ich denke, dass es sinnvoll ist, sich noch einmal vor Augen zu führen, wie die Verhandlungsstruktur in einem föderalen Bundesstaat aussieht. Da gibt es zwei Ebenen, und eine ähnliche Form der Auseinandersetzung führen wir heute gerade hier. Insofern überrascht mich vor dem Hintergrund Ihrer Position, die Sie bezogen auf die Gemeinden vertreten, die Haltung, die Sie hier bezogen auf die Länder, die sich gegenüber dem Bund in einer ähnlichen Situation befinden, nämlich ihre Interessen deutlich zu machen, und hier werden von unterschiedlicher Seite kommunale und Landesinteressen diskutiert. Und der Ministerpräsident sitzt seit 2014 in dieser Ministerpräsidentenkonferenz und, ich glaube, es waren wenige Tage nach der Wahl des Ministerpräsidenten, als die erste MPK im Bundesratsgebäude in Berlin stattgefunden hat und das Thema „Bund-/Länderfinanzen“ aufgerufen wurde. Bereits in dieser Sitzung hat der Ministerpräsident sich in eine Reihe gestellt mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten als Interessenwahrer der ostdeutschen Länder.
Lieber Herr Fraktionsvorsitzender, wie so oft geraten Dichtung und Wahrheit auseinander. Es war eine Bundesratssitzung, an der der Ministerpräsident einmal nicht teilgenommen hat. Im Übrigen hat er in der ersten Ministerpräsidentenkonferenz nach seiner Wahl teilgenommen. Das Bei-der-WahrheitBleiben sollten wir uns doch in dieser Diskussion gestatten.
Ich denke, dass es sinnvoll ist, sich vor Augen zu führen, dass es – und das war Gegenstand der Diskussion hier im Parlament – eine Situation gegeben hat, und auch darüber hatte der Ministerpräsident an anderer Stelle schon berichtet gehabt, in der es eine krasse Entsolidarisierung zwischen den ostdeutschen und den westdeutschen Ländern am Beispiel der Regionalisierungsmittel gegeben hat und einzelne Vertreter westdeutscher Bundesländer die Position vertreten hatten, dass nach 25 Jahren jetzt auch mal Schluss sein müsse mit einer Sonderfinanzierung Ost. Es waren
nein – nicht allein Ministerpräsidenten aus Ländern, die von der SPD geführt werden. Es gibt wenige CDU-geführte Länder, das ist richtig, lieber Herr Fraktionsvorsitzender,
aber es gibt durchaus auch noch in westdeutschen Ländern CDU-Minister und die haben sich in vergleichbarer Weise geäußert, im Übrigen auch Mitglieder des Deutschen Bundestages. Insofern ist für mich der interessante Punkt die Hartnäckigkeit des Ministerpräsidenten gewesen und
auch die Energie des Ministerpräsidenten Haseloff – der Ihrer Partei angehört und der anders als Sie in den Parteivorstand der CDU auch gewählt worden ist,
in seiner Funktion als Ministerpräsident an den Präsidiensitzungen der Union teilnimmt –, die sich beide dafür eingesetzt haben, dass diese Art des Umgangs, mit den ostdeutschen Ländern außerhalb der Ministerpräsidentenkonferenz in einer kleinen Runde ein Geschäft zu machen und dann zu sagen, jetzt hätten wir ein Ergebnis bei den Regionalisierungsmitteln, sich nicht durchsetzt. Es war der Ministerpräsident, der sich an die Bundeskanzlerin gewandt hat und gesagt hat: „Diesem Protokoll widerspreche ich“,
und auf dieser Grundlage erst eine Situation erzeugt hat, in der tatsächlich über ein dreiviertel Jahr eine Diskussion vonstatten gegangen ist und dann in der vergangenen Woche auf der Ministerpräsidentenkonferenz ein 16-zu-null-Beschluss erzeugt wurde. Und er wurde nicht erzeugt, weil Sie möglicherweise als Vorsitzender der Fraktionsvorsitzendenkonferenz irgendeine Nachricht an den CDUParteivorstand geschickt haben, sondern weil es ei
ne Situation gegeben hat, in der sich 16 Länder nach Debatte geeinigt haben, in der die ostdeutschen Länder gesagt haben, ja, die CDU-Ministerpräsidentin des Saarlandes hat eine Position, in der sie sagt, auch sie schneidet bei den Regionalisierungsmitteln schwierig ab, und die ostdeutschen Länder gesagt haben, weil wir eben nicht dieses Spiel der Entsolidarisierung mitmachen, wird in den Regionalisierungsmitteln auch das Saarland mit einer Million Euro berücksichtigt werden von den 200 Millionen Euro, für die die ostdeutschen Länder erfolgreich gekämpft haben und die der Bund im Übrigen dynamisiert einstellen muss.
Dann haben Sie, lieber Herr Fraktionsvorsitzender, das Thema der Bund-Länder-Finanzen angesprochen. Hier gilt das gleiche Prinzip. 16 Länder müssen sich verständigen mit dem Bund, repräsentiert durch die Bundesregierung, und mit einem anderen Verfassungsorgan, nämlich mit dem Deutschen Bundestag. Natürlich müssen hier unterschiedlichste Interessen berücksichtigt werden. Ich frage mich nur: Sie haben ja Herrn Stoiber zu Ihrem politischen Aschermittwoch eingeladen. Ich weiß gar nicht, wie es ausgegangen ist, ob er dann da war oder nicht. Aber ich habe von Ihnen, lieber Herr Fraktionsvorsitzender, noch keine Äußerung gehört, die den Ministerpräsidenten als Interessenwahrer Thüringens unterstützt hätte, dass Bayern seine Haltung zurückzieht, zu sagen: Wir wollen eine Milliarde Euro weniger in diesen Länderfinanzausgleich einzahlen.
Wo ist Ihre Unterstützung des Ministerpräsidenten nachlesbar? Wo machen Sie deutlich, dass Sie den Ministerpräsidenten unterstützen, weil über alle Parteigrenzen hinweg es hier um die Interessenwahrung Ostdeutschlands und Thüringens geht? Da ist keine Äußerung erkennbar. Und vor diesem Hintergrund, glaube ich, macht es Sinn, den Ministerpräsidenten zu kritisieren, wenn es um landespolitische Themen geht – selbstverständlich. Aber dort, wo es um die Interessenwahrung in einem föderalen Konzert geht und wo es um die Architektur einer 16-zu-null-Regelung geht bei den Stadtstaaten, Flächenländern Ost, Flächenländern West, ostdeutschen Ländern im Zusammenhang mit westdeutschen Ländern, strukturschwachen – wie das Saarland beispielsweise und das Ruhrgebiet bzw. Bremen –, wo all diese unterschiedlichen Interessen miteinander in Ausgleich kommen müssen, kann die Haltung nur lauten: Hier spricht das Land mit einer Stimme, so wie es das im Bundesrat auch in adäquater Form tut.
schwierige Seiten dieser Beschlusslage der Ministerpräsidentenkonferenz waren, empfehle ich Ihnen den Aufsatz von Frau Taubert oder den Aufsatz von mir im Jahrbuch für öffentliche Finanzen zum Thema „Länderfinanzausgleich“, der im April erschienen ist. Da werden Sie manches noch nachlesen können – wenn Sie nicht telefonieren würden, könnten Sie zuhören – zu den Themen, die Sie hier angesprochen haben, wo die Landesregierung durchaus die Vorteile dieser Beschlusslage zum Länderfinanzausgleich aufzeigt, aber auch die Schwierigkeiten und Herausforderungen, vor denen die ostdeutschen Länder mit dieser Beschlusslage stehen werden. Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Hoff, Sie haben sich ja vorhin entschuldigt im Vorbeigehen für Ihren Zwischenruf, den Sie heute Morgen mir gegenüber gebracht haben. Es wäre einfach sinnvoll bei den Debatten, in denen Sie alles sagen können und politisch alles bewerten können, dass Sie das aber nicht persönlich machen. Und ich meine zwischendurch gehört zu haben – bei Ihnen wie auch bei Frau Susanne Hennig-Wellsow –, dass Sie mit Ihren beiden Wortmeldungen an der Sache vorbei nur den persönlichen Angriff gesucht haben. Ich meine, in dieser schwierigen Debatte zur Gebietsreform, die wir führen, gehört sich das einfach nicht. Ich erwarte diesen Respekt jedem Abgeordneten gegenüber, vor allen Dingen von Ministern ohne Mandat. Das erwarte ich einfach.
Ich will Ihnen gern sagen, weil Sie noch nicht so lange bei uns sind und Politik hier mitgestalten, aber lange im Geschäft sind – nein, ich will das nur einfach sagen –: Ihre Wortmeldung eben, dass ich einen Beitrag zum Länderfinanzausgleich leisten soll, will ich Ihnen gern beantworten. Die einzige Beschlusslage, die es in den politischen Parteien gibt, die 16 zu null ist – inklusive Bayern –, habe ich in der Finanzsprecherkonferenz im Oktober 2012 herbeigeführt. Diese Beschlusslage gilt für die Unionsländer aus den Fraktionen heraus, wo wir ein Modell entwickelt haben, wie wir uns den Länderfinanzausgleich so fair vorstellen, dass Geberländer nicht über die Maßen belastet werden und zahlen müssen für die restlichen 13 oder 14, aber sehr wohl eine Entwicklung für die neuen Länder
auch da ist und eben aber auch eine Perspektive da ist, die den Föderalismus stärkt und die eben nicht bei der Einigung, die Sie mit unterstützend auf den Weg gebracht haben, und die neuen Bundesländer ausschließlich, alle Bundesländer ausschließlich als Geldmittelbittsteller gegenüber dem Bund hinstellt. Der horizontale Finanzausgleich ist wichtig, wenn es um die Stärkung des Föderalismus geht. Die abzuschaffen, halte ich fachlich für falsch. Wenn Sie eine Unterstützung haben wollen – das habe ich zu Beginn der Regierungserklärung dem Ministerpräsidenten gesagt –: Jeden Tag, wenn er sich für Thüringer Interessen einsetzt, sind wir dabei. Aber er muss an der richtigen Stelle verhandeln, er muss richtig verhandeln und nicht nur verhandeln, dass es ihm in den Kram passt, sondern dass es dem Land nützt. Darauf kommt es bei den Verhandlungen an.
Frau Susanne Hennig-Wellsow, ich will aber mit einer Mär aufräumen, die Sie mit Rot-Rot-Grün wie eine Monstranz, obwohl Sie ungläubig sind, vorantragen. Ich will das nur mal einfach sagen: Sie reden seit Wochen davon und erzählen uns, weil wir bei dem Milliardenhaushalt, den Sie aufgebläht haben, keine Anträge gestellt haben, weil wir den Haushalt in seiner Summe für falsch gehalten haben und deshalb gesagt haben: Wir lehnen diesen Haushalt so, wie er ist, ab, weil er nicht zukunftstauglich ist. Dann sagen Sie, deswegen ist es falsch, wenn wir jetzt Anträge stellen. Ich will Ihnen das mal sagen, wie das läuft: Wir haben zu diesem Vorschaltgesetz zehn Seiten Änderungsanträge gestellt, die haben Sie nicht mal den Spitzenverbänden zur Anhörung gegeben. Sie missachten unsere Rechte.
Sie fragen uns nicht mal. Dann stellen Sie sich hierhin und erzählen uns, wir sollen Änderungsanträge stellen, damit Sie mit dem kalten Finger ablehnen können und abstimmen können.