Aber Freiwilligkeitsphase, da steckt das Wort „freiwillig“ drin, bedeutet also auch freiwillige Zusammenführung der Gemeinden. Regionalisierungsmittel habe ich schon gesagt und noch mal ein anderer Punkt, weil Sie das Hohelied auf die Umfrage, 56 Prozent der Einwohnerinnen Thüringens wären nicht für eine Gebietsreform, singen: Ja, also knapp 50 Prozent haben dann zumindest nichts dagegen – Punkt 1.
Zum Zweiten haben wir nie über die Fragestellung diskutiert und ich finde auch, die CDU-Fraktion sollte nach der heutigen Umfrage auch
(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: Es kann auch sein, dass die 30 Prozent eine andere Meinung haben, die Sie nicht gefragt haben!)
kein Hohelied auf Umfragen singen. Ich glaube, was heute auch deutlich geworden ist: Das ganze Theater, was Sie veranstalten, was ich politisch nicht ernst nehmen kann, das haben meine Kollegen schon in aller Deutlichkeit gesagt, zeigt nicht, dass die CDU von ihrer Protest- und ihrer starren Verweigerungshaltung profitieren könnte.
Und der letzte Punkt: Wir haben im Rahmen dieser Tagesordnung auch wieder ein halbes Hilfspaket für die Kommunen zu verhandeln. Ich verstehe nicht, wie Sie strategisch Politik machen, auf der einen Seite sagen, dass es den Kommunen gut geht und die keine Hilfe brauchen, wir alles so lassen können, wie es ist,
Das passt für mich nicht zusammen. Deswegen in aller Deutlichkeit: Ich bin froh, dass wir heute den Weg und den Schritt endlich gehen, den Sie verpasst haben zu gehen. Sie sind immer noch herzlich eingeladen, die Gebietsreform und die Verwaltungs- und Funktionalreform mitzugestalten. Geben Sie Ihre Blockadehaltung auf, das würde Ihnen viel besser stehen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen der CDU, meinen Sie, wir schaffen es noch, die kurze Redezeit, die ich habe, vernünftig miteinander zu verbringen? Ich würde das wirklich sehr begrüßen.
Herr Mohring, ich möchte einen Punkt von Herrn Kollegen Hey noch mal aufgreifen. Der hatte gesagt, er empfindet so eine gewisse politische Orientierungslosigkeit – so hatte er es, glaube ich, ausgedrückt – bei der CDU. Ich will das wirklich noch mal greifbar machen und es ist ja wichtig für die Debatte, wenn man später historisch darauf guckt und sagt: Wer hat eigentlich in dieser Debatte welche Position bezogen? Sie haben – und wir haben auch in diesem Tagesordnungspunkt mit darüber
geredet – einen Alternativantrag zum Antrag der AfD gestellt gehabt und diesen Antrag hatten Sie am 18.05.2016 eingebracht. In diesem Antrag fordern Sie, und jetzt zitiere ich, die Landesregierung auf: „Die Landesregierung wird aufgefordert, 1. das mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung ‚Vorschaltgesetz zur Durchführung der Gebietsreform im Freistaat Thüringen‘ (Drucksache 6/2000) gesetzte Ziel zur Neustrukturierung auf Kreis- und Gemeindeebene zugunsten einer Funktional- und Verwaltungsreform nicht weiter zu verfolgen [...]“. Das sagen Sie am 18.05. – „nicht weiter zu verfolgen“. Sie begründen das auf der Rückseite auch. Da spare ich mir die Zeit des Zitats. Einen Monat später kommen Sie mit einem Änderungsantrag zum Vorschaltgesetz, zu dem Sie einen Monat zuvor gesagt haben, das soll nicht weiter verfolgt werden, und sagen: Wir müssen es nur anders machen, mit anderen Zahlen, mit ein paar anderen Verfahren, aber dennoch ein Vorschaltgesetz auf den Weg bringen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, ist genau das, was die Menschen nicht brauchen. Sie brauchen keine große Partei, die nicht weiß, wohin sie geht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist beunruhigend, dass eine so große Volkspartei wie die Ihrige nichts anderes als Orientierung für die eigene Politik zu greifen scheint als Umfragen. Das halte ich im Übrigen für gefährlich. Umfragen sind immer Momentaufnahmen, sie sind außerordentlich wichtig. Ich nehme diese Umfrage, die wir in der letzten Woche bekommen haben, enorm ernst. Aber Sie müssen sich doch einmal, wenn Sie konsistent bleiben wollen, die Frage stellen: Was ist denn jetzt richtig? Ist es richtig, wie Herr Mohring versucht hat zu vermitteln, dass die Bürger aus einer gut informierten Position heraus eine Entscheidung getroffen und gesagt haben, diese Gebietsreform ist nicht in Ordnung? Oder ist es richtig, wie Sie in Ihrem Entschließungsantrag zur heutigen Sitzung behaupten, dass die Bürger überhaupt nicht ordentlich informiert sind, gar nicht Bescheid wissen über diese Gebietsreform und damit dann – ich führe das weiter fort – leichtfertig irgendwas entschieden hätten? Sie müssen sich entscheiden: Sind die Bürger jetzt Ihrer Meinung nach gut informiert und haben deshalb die für Ihre Richtung richtige Entscheidung und richtige Rückmeldung an die Landesregierung gegeben oder sind sie eben nicht informiert? Und dann ist auch das Ergebnis dieser Umfrage durchaus mit zwei Fragezeichen zu versehen. Nur, dass da kein falscher Tenor rauskommt!
Ich persönlich bin der Meinung, dass das irgendwo dazwischen liegt. Die Leute sind natürlich informiert. Aber ist wirklich alles schon ausdiskutiert?
Damit bin ich bei einem weiteren Punkt. Ich habe darüber gestaunt, dass die CDU keinen Satz, keinen Absatz darauf verwendet hat bei den verschiedenen Rednerinnen und Rednern, die Sie hatten, zu sagen, wie sich denn Thüringen entwickeln wird, wenn wir diese Reform nicht durchführen. Herr Staatssekretär Götze hat in den Ausschüssen immer wieder eine ganz prägnante Zahl, eine Zahl, die es auf den Punkt bringt, genannt und deutlich gemacht: 65 Prozent unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den kommunalen Verwaltungen werden bis 2035 aus dem Dienst gehen, 65 Prozent derjenigen, die jetzt da sind. Und jetzt schauen Sie sich an, wie unser Demografiekegel aussieht. Die jungen Leute, um die alle zu ersetzen, die werden gar nicht da sein. Genau das erzählen Sie den Menschen nicht.
Wir müssen darauf schauen, was demnächst kommen wird. Darüber muss man auch reden. Wir müssen darüber reden, was kommt, wenn wir diese Reform nicht durchführen. Wir sind fest davon überzeugt, dass es nicht verantwortlich ist, diese Reform nicht durchzuführen.
Dann möchte ich einen Aspekt noch mal zur Rhetorik angehen. Sie dürfen immer gern sagen, dass Grüne gar keine Ahnung von Kommunalpolitik haben.
Jetzt sind Sie wieder in die Falle getappt. Weil Sie das behaupten, dass wir Grüne keine Ahnung von Kommunalpolitik haben, will ich Ihnen eines sagen: Ahnung von Kommunalpolitik muss man nicht daran festmachen, wie viel man hat. Unbestritten haben Sie viel mehr. Im Übrigen stimmt die Zahl, die Herr Mohring hier behauptet hat, nicht. Ich habe noch mal nachgesehen in der Landesgeschäftsstelle. Wir haben 67 Mandate und im Übrigen 96 Menschen, die für uns unterwegs sind. Einige davon sind nicht unter dem Label „Grüne“ angetreten, sind aber als Grüne vor Ort auf freien Listen gewählt worden.
Aber das ist gar nicht der Kern. Es geht nämlich nicht um Masse, Herr Mohring, und darauf sollten Sie sich auch als Parteivorsitzender einmal wieder
konzentrieren. Es geht um Qualität. Ich bin außerordentlich stolz, dass wir hier in Erfurt eine GrünenBeigeordnete haben,
die das größte Projekt in der Landeshauptstadt Thüringens durchgeführt hat, das es seit der Oper gab.
Sie hat nichts geschenkt bekommen von Ihnen, Frau Walsmann, nichts, im Übrigen auch nicht von Frau Stange. Sie hat von niemandem etwas geschenkt bekommen. Es ist eben falsch, was Sie gesagt haben, Herr Mohring.
Sie ist im Zeitrahmen. Das bringt Sie ja so auf die Palme. Das größte Projekt in der Landeshauptstadt Erfurt seit dem Bau der Oper ist im Zeitplan. Auf den Punkt zur nächsten Runde wird es fertig und im Kostenrahmen geblieben sein. Das bringt Sie auf die Palme. Das ist Qualität, große Projekte durchzuführen. Nur, Herr Fiedler, dass ich mir das nicht erspare, das Ihnen zu sagen: Die Frau hat ein Projekt von einer Größenordnung, Dimension gestemmt, kurz nachdem sie in den Dienst gekommen ist, das größer ist als das, was Sie jemals in Ihren 26 Jahren als Bürgermeister haben stemmen müssen.
Das ist Qualität und darauf bin ich stolz. Das brauche ich nicht zehnmal. Das reicht mir einmal zu beweisen. Das ist Qualität von Bündnis 90/Die Grünen. Da bin ich bei der zweiten Runde.