Protocol of the Session on May 20, 2016

Das entspricht deutschlandweit 4 bis 5 Prozent des Primärenergiebedarfs. Hier müsste Herr Gruhner als energiepolitischer Sprecher eigentlich jubeln und müsste sagen, 4 bis 5 Prozent, da zücke ich gleich mal den Taschenrechner und rechne aus, wie viele Windräder das weniger sind oder wie viele Braunkohlekraftwerke schneller abgeschaltet werden können.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist doch überhaupt nicht einsehbar, dass wir unseren Müll entsorgen, den nicht nutzen, und dafür andere Energieformen benötigen und neue Ressourcen verbrauchen.

Ein Teil der nutzbaren Rohstoffe sind hierbei Baumschnitt und Gartenabfälle. Hier gibt es zurzeit drei Möglichkeiten damit umzugehen. Zum Ersten kann man den Baumschnitt als Hackschnitzel oder in neuesten Entwicklungen sogar als Pellets verarbeiten. Es gibt mobile Anlagen,

(Heiterkeit CDU)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Wenn man keine Ahnung hat... !)

es gibt erste Anlagen, die sogar Grasschnitt zu Graspellets verarbeiten. Sie werden das vielleicht nicht wahrhaben wollen, aber es gibt erste Anlagen und erste Landkreise,

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Welche?)

die diese Reststoffe nutzen, diese verarbeiten und dann preisgünstig in ihren kommunalen Gebäuden und Schulen einsetzen. Das ist Ressourcenschonung und das ist eine Technologie, auf die man setzen kann. Eine einfache Möglichkeit ist natürlich, daraus Kompost herzustellen, das wird ja in manchen Gärten auch gemacht und manche Kommunen machen das auch. Das ist sicherlich eine einfache Möglichkeit. Aber hierbei haben wir CO2, das entsteht. Durch die Verarbeitung hat man nicht die Möglichkeit, das energetisch zu nutzen und eine viel bessere Möglichkeit ist, diese Reststoffe durch Biogasanlagen zu verwerten.

Jetzt werden Sie als CDU sicherlich sagen, das sind alles Zukunftsaussichten, das geht an der Realität vorbei.

(Beifall CDU)

Jetzt möchte ich Ihnen drei Beispiele nennen, wo das seit Jahren schon umgesetzt wird. Zuerst fahren Sie mal die A 71 nach Schweinfurt, da werden Sie sehen an der Autobahn, ohne Mais und Gülle werden ausschließlich Reststoffe und Bioabfall dort in der Biogasanlage verarbeitet. Jetzt können Sie natürlich sagen, Bayern interessiert mich nicht, ich muss mal schauen, wie wir das in Thüringen machen, das ist eine ganz andere Welt. Das kann man natürlich machen. Aber bedenken Sie bitte, in Erfurt ist seit 2009 eine sogenannte Trockenfermentati

onsanlage in Betrieb. In dieser Anlage werden jährlich 23.500 Tonnen Bioabfall verwertet. Daraus wird Strom erzeugt, die Wärme wird genutzt und die Reststoffe zu Kompost hergestellt. Das ist eine Technologie, die sich seit Jahren bewährt hat. In Erfurt sind sie sehr zufrieden damit. Sie können die Bioabfallreststoffe einsammeln. Es funktioniert sehr gut.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Du denkst doch nur an den Schrebergarten!)

Jetzt kenne ich natürlich Ihr Argument, Sie sagen, die Grünen, die wohnen nur in Städten und sitzen höchstens mal an ihrem Ziergarten, aber vom ländlichen Raum haben sie keine Ahnung.

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ich hätte es nicht besser sagen können!)

(Heiterkeit CDU)

Mit dem Vorurteil muss ich natürlich aufräumen, denn – meine sehr geschätzte Kollegin Frau Dagmar Becker wird nachher noch im Detail darauf eingehen – wir haben einen Landkreis Nordhausen, der diese Technologien auf vorbildliche Art und Weise ebenfalls einsetzt,

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Schon lan- ge!)

schon sehr lange einsetzt. Ich will jetzt nicht auf Details eingehen, aber eines möchte ich doch sagen, weil Ihr Argument ja auch immer ist: Wer soll das bezahlen? Das sind Dinge, die wieder den Steuerzahler oder den Beitragszahler belasten. – Da muss ich Ihnen sagen, im Landkreis Nordhausen sind seit der Einführung der Bioverwertung von Reststoffen die Beiträge auf eine vorbildliche Art und Weise konstant geblieben. Parallel dazu konnte ein großes Netzwerk an Servicedienstleistungen angeboten werden. Hier muss ich auch mal sagen – Frau Becker wird sich das natürlich nicht in der Klarheit so getrauen: Vom Landkreis Nordhausen lernen, heißt siegen lernen.

(Beifall und Heiterkeit CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dieses Beispiel haben wir mal für ganz Thüringen durchgerechnet. Wenn man diese bestehende, bewährte Technologie nutzt, besteht für ganz Thüringen ein Potenzial für 20 neue Anlagen. Das sind Potenziale für neue Investitionen, für neue Arbeitsplätze und für Stärkung im ländlichen Raum. Aus Abfall, aus Müll wird sozusagen Gold gemacht. Ich habe null Verständnis dafür, dass Sie als CDU, die sich immer für die Stärkung des ländlichen Raums einsetzt, sich dieser Entwicklung verwehren. Sie verweigern im Grunde damit Wertschöpfung im ländlichen Raum und sind gegen eine wirtschaftliche Entwicklung im ländlichen Raum. Das kann

niemand hier verstehen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Ich möchte auch gar nicht so sehr auf Formalien herumreiten, aber ein weiterer Grund ist natürlich, dass wir ein Kreislaufwirtschaftsgesetz von 2012 haben. Nur weil die CDU-geführte Landesregierung und die zuständigen Ministerien bis jetzt verschleppt haben, das umzusetzen, heißt das nicht, dass Gesetze nicht für Thüringen gelten, auch nicht für die Thüringer Landesregierung. Wir sind verpflichtet, das Kreislaufwirtschaftsgesetz umzusetzen. Daran kommt man auch mit Ihren Argumenten nicht vorbei.

Ein dritter Grund ist, dass von Ihnen oft genannt wird, die Menschen im ländlichen Raum haben alle einen Garten, die richten sich Kompost ein, wir brauchen dort keine Biotonnen, wir brauchen keine Verwertung. Das ist theoretisch möglich, aber Sie müssen auch die Realitäten anerkennen, dass Untersuchungen von Restabfallmengen, von Restmülltonnen ergeben haben, dass 50 Prozent von dem, was in normalen Abfalltonnen landet, Biomüll ist, also Pflanzenreststoffe aus dem Garten, die gerade nicht kompostiert werden. Es geht an der Lebenswirklichkeit von vielen auch im ländlichen Bereich vorbei, dass sie nicht die Zeit haben oder nicht die Möglichkeiten, all ihre Bioreststoffe im eigenen Garten zu verwerten. Dagegen wollen wir uns gar nicht aussprechen. Es ist ja auch weiterhin möglich. Aber zu behaupten, dass das für alle die Generallösung ist, ist schlichtweg falsch.

Jetzt habe ich Herrn Gruhner schon wieder so verstanden, die Grünen und das Umweltministerium, die rot-rot-grüne Landesregierung greifen die Leitkultur des ländlichen Raums an.

Herr Abgeordneter Kobelt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Malsch?

Natürlich.

Bitte, Herr Malsch.

Herr Kobelt, stimmen Sie mir zu, dass es bei unserem Antrag um das Brennverbot für Baum- und Strauchschnitt geht und nicht um den Grasabfall?

(Beifall CDU)

Natürlich stimme ich Ihnen da zu, was in Ihrem Antrag ist,

(Zwischenruf Abg. Malsch, CDU: Dann spre- chen Sie doch dazu!)

aber das zeigt natürlich, dass Sie in diesem Bereich auch nur eindimensional denken.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Man muss sich natürlich die ganzen Reststoffe anschauen, die dort anfallen und gerade kommunale Einrichtungen haben ein Interesse daran, sowohl die Reststoffe als auch den Baumschnitt mit einem guten Service zu entsorgen und da gibt es jetzt natürlich viele neue Möglichkeiten. Dass Sie die nicht nutzen wollen, kann ich nicht verstehen, aber wir denken dort komplexer und schlagen dort auch Lösungen vor.

Aber lassen Sie mich noch mal zu der Leitkultur des ländlichen Raums zurückkommen. Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass es in den aktuellen Entwürfen zum Brennverbot natürlich auch Ausnahmen gibt. Brauchtumsfeuer können weiter durchgeführt werden. Sie können in Ihrem Garten in Feuerschalen Ihre Reststoffe, wenn Sie das möchten, weiter verbrennen und in begründeten Einzelfällen, bei Großereignissen oder wie auch immer, können auch Einzelgenehmigungen erteilt werden.

Es ist also nicht so radikal, wie Sie es gerne darstellen, und es ist schon gar nicht ein Angriff auf die Leitkultur des ländlichen Raums, sondern es ist eine Stärkung des ländlichen Raums, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wir sehen als Grüne große Chancen in der Nutzung von Bio- und Gartenabfällen. Es ist ein Beitrag zum Klimaschutz, es ist ein Beitrag zur Müllvermeidung, eine Verbesserung der Luftqualität, aber auch eine Verringerung der Energieabhängigkeit. Letztendlich werden durch eine intelligente Verwertung Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen. Das sind für uns Argumente, die im Übrigen die CDU-Abgeordneten im Landkreis Nordhausen auch dazu bewegt haben, auch seit Jahren konstruktiv an der Restmüllverarbeitung von Gartenabfällen und von Bioreststoffen mitzuarbeiten. Der Ilm-Kreis ist ein zweites Beispiel, wo sich die CDU offensiv dafür ausspricht.

Glauben Sie uns, wir haben viele Briefe bekommen und viele E-Mails, in denen Bürgerinnen und Bürger, die auch CDU-nah sind, sagen: Das ist eine gute Sache, dass die Reststoffe jetzt energetisch ordentlich verwertet und wir am Wochenende nicht mehr von Rauch belästigt werden.

Wenn wir Ihren Antrag jetzt ablehnen, hat das nichts mit der Ablehnung des ländlichen Raums zu tun, sondern wir wollen ihn gerade damit stärken. Es gibt intelligentere Möglichkeiten, unseren Müll zu verbrennen, unsere Reststoffe zu verbrennen. Denken Sie darüber bitte auch nach. Viele CDUAbgeordnete und Initiativen in den Kommunen machen das. Es werden schrittweise auch die Chancen genutzt und ich bin mir sicher, dass in ein, zwei Jahren, wenn das gut funktioniert, auch Sie im Landtag hier überzeugt sind und diese Möglichkeit nicht aus polemischen Gründen ablehnen können. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion Die Linke hat der Abgeordnete Kummer das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, es ist schon ziemlich merkwürdig. Da erlässt eine Bundesregierung, wenn ich mich recht entsinne unter wesentlicher Beteiligung der CDU, ein Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, was klare Regelungen zur Pflicht der Verwertung von Bioabfällen trifft. Eine bis vor Kurzem CDU-geführte Landesregierung hat diese Umsetzung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes auch klar im Griff und im Blick und dann ist die CDU hier im Landtag in Opposition und kennt ihre eigenen Regelungen nicht mehr und erklärt uns, dass die Umsetzung dieser bundesrechtlichen Regelung durch die Thüringer Landesregierung ein Anschlag auf den ländlichen Raum wäre.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das ist wirklich Unsinn!)

Meine Damen und Herren, da gerade gesagt wurde, das wäre Unsinn, will ich Ihnen dazu ein paar Dinge vortragen.

Frau Präsidentin, ich zitiere aus einer Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Wolf am 18.08.2010 hier im Plenum, die beantwortet wurde vom Staatssekretär Richwien, CDU: „Bei der Thüringer Pflanzenabfallverordnung handelt es sich insbesondere um eine Rechtsgrundlage für eine Ausnahmeregelung zum Verbrennen von trockenem Baumund Strauchschnitt, von der die zuständigen Landkreise und kreisfreien Städte Gebrauch machen können, soweit alternative Entsorgungsmöglichkeiten wie das Aufstellen von Sammelcontainern, das Schreddern, die Eigenkompostierung oder der Transport zur nächstgelegenen Kompostierungsanlage für die Bürger nicht möglich oder nicht zumutbar sind. Diese Ausnahmeregelung entbindet die Landkreise und kreisfreien Städte als öffentlich-rechtliche Ent

sorgungsträger nicht von ihrer Pflicht nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, die in ihrem Gebiet anfallenden Abfälle vorrangig zu verwerten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ab dem Jahr 2015 verpflichtet werden sollen, die in ihrem Gebiet anfallenden Bioabfälle getrennt zu sammeln und zu verwerten.“

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)