Protocol of the Session on May 19, 2016

Man sieht also, ohne größere Anstrengungen kann dieses Parlament mit effizienten Strukturen und einer zielgerichteten Arbeitsorganisation auf mindestens 26 Abgeordnete verzichten. Und es wäre immer noch arbeitsfähig, aus meiner Sicht sogar noch besser arbeitsfähig, weil dann effektiver gearbeitet würde. Deshalb können und sollten wir diesen Schritt gehen und den Steuerzahlern da draußen dann zeigen, dass es mit der Modernisierung und

der Verschlankung des Staates nicht nur Worthülsen sind, sondern dass wir dahinterstehen und auch alle gemeinsam daran arbeiten. Das würde unsere Glaubwürdigkeit im Freistaat erhöhen, meine Damen und Herren.

(Beifall AfD)

Wenn Sie dann noch wissen – wir haben mal gerechnet, das ist nicht allzu einfach, das zu rechnen –, wir sind ungefähr auf Kosten pro Parlamentsstunde von 250.000 Euro gekommen. Rechnen Sie mal alle nach, schicken Sie mal Ihre Referenten ins Rennen. Und wenn man dann überlegt, dass man die Parlamentsstunden auch noch etwas reduzieren könnte, ist auch da noch ein erhebliches Einsparpotenzial.

Mit 62 Abgeordneten müsste vielleicht der eine oder andere etwas mehr arbeiten, ich glaube, in der Masse wäre das nicht Fall. Aber wer mehr Effizienz von anderen verlangt, muss auch mit gutem Beispiel vorangehen und sie vorleben, meine Damen und Herren.

Aus diesem Grunde beantrage ich, den Gesetzentwurf, weil ja alle Ausschüsse betroffen sind, an alle Ausschüsse zu überweisen und dabei federführend an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, der ja – noch – von mir geleitet wird. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter Brandner, ich erteile Ihnen jetzt den dritten Ordnungsruf. Sie haben zu Herrn Emde gesagt: „Wenn ich Sie sehe, bin ich auch für die Abschaffung.“ Das ist genau das, was wir vorher im Ältestenrat diskutiert haben. Ich fordere Sie auf, den Plenarsaal zu verlassen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Brandner, ich fordere Sie auf, sofort den Plenarsaal zu verlassen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Nicht im Ernst!)

Frau Präsidentin, ich beantrage Sitzungsunterbrechung.

Sitzungsunterbrechung wozu?

Zur Beratung.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Das geht nur im Abstimmungsverfahren!)

Wir befinden uns ja gerade im Abstimmungsverfahren.

Nein. Herr Abgeordneter, wir sind mitten in der Debatte. Der Abgeordnete Brandner verlässt jetzt den Saal. Wir beenden erst den Tagesordnungspunkt.

Gut, dann machen wir das gleich, dann wiederhole ich mich gleich.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Schö- nen Feierabend!)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Marx das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, ja, es war eben mal so eine Rechnung aufgemacht worden vom Kollegen Brandner, die Arbeitsstunde des Parlaments würde 250.000 Euro kosten, und dann hat er in die Runde geschaut, wie schrecklich viel, und da hat er gerechnet, die Zahl, den Aufwand, den das Parlament kostenmäßig verursacht, mit den Stunden der Parlamentsarbeit zu teilen. So was ist ja wohl absurd. Der Kollege Fiedler, der als einer der am längsten hier im Hause sitzenden Abgeordneten uns hier allen aus dem Herzen gesprochen hat, hat gesagt, was ein Abgeordneter zu tun hat. Und das sind nicht hier nur diese wenigen Sitzungsstunden im Parlament, das ist die Arbeit im Wahlkreis, das ist die Vorbereitung, das ist die Beratung, das ist das Nachgehen von Problemen, die uns Bürgerinnen und Bürger antragen, das sind Gespräche mit Ministerien, das sind Gespräche mit Behörden, das sind Gespräche mit Institutionen, wo Bürger uns Probleme angetragen haben, und da haben wir eine Vielzahl an Arbeitsstunden. Mich hat schon vor Langem jemand gefragt – ich komme ja aus einem freien Beruf, wo man sehr viel mehr verdienen kann als die erhaltene Diät im Landtag –: Warum tust du dir das eigentlich an? Du verdienst eigentlich, gemessen an dem, was du vorher gemacht hast, doch hier eher weniger. Es ist nicht so, dass man hier mit Rumsitzen einen Haufen Geld und nutzlose Arbeit verursacht. Dagegen verwahre ich mich hier ausdrücklich im Namen des gesamten Hauses.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Brandner)

Deswegen kann man auch den Wert eines Abgeordnetendaseins nicht danach bemessen, wie oft hier jemand an das Rednerpult getreten ist oder nicht, weil es eben eine Vielzahl von Einsatzorten von Abgeordneten gibt. Es ist im Übrigen auch wieder eine verfassungsrechtliche Verpflichtung und ein Recht, dass ein frei gewählter Abgeordneter in eigener Verantwortung sein Mandat ausübt und da kann er sich selbst entscheiden, wie oft er sich hier zu Wort meldet oder auch nicht.

Es ist richtig, dass andere Fraktionen, auch die SPD-Fraktion immer mal darüber nachgedacht haben, ob man möglicherweise das Parlament verkleinern könnte. Sie von der AfD halten sich allerdings nur an einem Datum auf. Sie sagen: Die Bevölkerungsanzahl ist zurückgegangen. Das ist richtig. Dann wollen Sie analog des Rückgangs der Bevölkerungszahl die Zahl der Abgeordneten einfach einkürzen und zwar in einem Umfang, in dem es noch kein Landesparlament jemals erwogen, geschweige denn gemacht hätte. Es ist auch schon mehrfach gesagt worden, dass die Anknüpfung allein an der Anzahl pro Einwohner nur eine Anknüpfung ist. Wir haben ein großes Flächenland, wir haben eine Landesregierung mit vielen Ressorts und wir haben als Parlamentarierinnen und Parlamentarier die Aufgabe, die Landesregierung zu kontrollieren. Ich habe immer gesagt: Solange der Landtag immer noch kleiner ist an Personen und wesentlich weniger Mitglieder hat als das kleinste Ministerium Mitarbeiter, solange sind wir auf keinen Fall zu groß. Das ist meine persönliche Meinung, man kann auch eine andere haben.

Ihr Kürzungsvorschlag als erster Schritt von reichlich einem Viertel würde dazu führen, dass unser Landtag so klein wird, dass er nur noch untertroffen wird vom Saarland, wo es 51 Abgeordnete gibt. Im Saarland aber, das vergaß Ihr Redner zu erwähnen, haben wir eine Bevölkerungszahl von 989.035, also ein nicht mal halb so großes Bevölkerungsland wie Thüringen. Wir würden mit der von Ihnen vorgeschlagenen Kürzung der Abgeordnetenzahl nicht nur die parlamentarischen Rechte gegenüber der Regierung erheblich beschneiden und unsere Kontrollmöglichkeiten und unsere Einsatzmöglichkeiten vor Ort verschlechtern. Wir würden zum zweitkleinsten Parlament der Republik schrumpfen, wie gesagt, nach uns käme nur noch das Saarland und alle anderen lägen vor uns. Bisher haben nur genau drei Bundesländer weniger Abgeordnete als der Thüringer Landtag – das sind Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein. Alle die haben aber immer noch mehr Abgeordnete – bis auf das Saarland – als die von Ihnen angestrebten 62.

Kollege Fiedler hat gesagt, dass man in der CDU mal darüber nachgedacht hatte zu sagen, man stärkt die Direktmandate. Da waren Sie dann auf 44 Direktmandate bei sich gekommen. Das kann man so machen und kann sagen: Ich kürze die restliche

Zahl irgendwie ein. Dann hat man das Problem und das wirft dann auch verfassungsrechtliche Fragen auf, dass die Wählerentscheidung auf den Landesdurchschnitt gerechnet quasi nach dem K.-o.-Prinzip dazu führen würde, dass eine 10-Prozent-Partei, die aber kein Direktmandat erringen würde, im Landtag vielleicht gar nicht mehr vertreten wäre. Deswegen ist das sozusagen demokratietheoretisch ein Konzept, das hinterfragt wird und auch möglicherweise hinterfragt wurde.

Die AfD macht sich diese Gedanken aber überhaupt nicht. Das ist ja noch ehrenhaft, dass ihr damals gesagt habt, ihr wollt die Direktgewählten irgendwie stärken, weil ihr denen eine höhere demokratische Legitimität zusprechen wollt. Die AfD möchte ja einfach die bisherigen 44 direkt zu wählenden Abgeordneten auf 31 direkt zu wählende Abgeordnete eingrenzen und das ist – wie gesagt – zu viel.

Es gab – das möchte ich nicht verschweigen – durchaus in anderen Bundesländern schon Reduzierungen von Abgeordnetenzahlen. Die haben aber nur rund 10 Prozent betragen und nicht – wie bei dem AfD-Antrag – reichlich ein Viertel. Deswegen ist am Ende das, was hier so wunderbar als die Supersparmaßnahme, die wir unseren Thüringer Bürgerinnen und Bürgern schulden würden, vorgebracht wird, ein Anschlag auf die Stärke des Parlaments und auf unsere Arbeits- und Kontrollmöglichkeiten der Landesregierung. Das hat Wolfgang Fiedler aus seiner langjährigen Erfahrung besser gesagt, als wir das als relative Neulinge hätten darstellen können.

Von daher ist es wie immer – Sie stellen Anträge, die schießen dann wieder über das Ziel weit hinaus. Sie freuen sich, bezichtigen uns, als sogenannte Altparteien, des Beharrens auf irgendwelchen merkwürdigen Privilegien, aber im Grunde schaden Sie der Demokratie und deswegen lehnen wir auch als Sozialdemokraten Ihren Vorstoß als weit über das Ziel hinausschießend ab.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordnete Rothe-Beinlich das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Fiedler, der ja sonst nicht so oft so viel Applaus von allen demokratischen Fraktionen des Hauses bekommt, hat heute gezeigt, dass er in der Tat an vielen Stellen den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Wir sind uns völlig einig, dass starke Parlamente als Gesetzgeber

(Abg. Marx)

und auch als Kontrollorgan der Regierung zu unserer parlamentarischen Demokratie dazugehören. Das ist auch unsere Überzeugung und das unterscheidet uns, wie wir eben feststellen konnten, diametral von der AfD.

Warum hat die AfD wohl diesen Antrag eingebracht? Er klingt ja erst mal eingängig. Die Bevölkerungszahlen gehen zurück. Wenn wir uns das in den letzten Jahren anschauen, sehen wir: Der demografische Wandel findet statt, und zwar unaufhaltbar, und er hinterlässt natürlich auch Spuren. Da muss man überlegen, an welchen Stellen welche Größen von Einheiten richtig sind, um bestimmte Prozesse zu bewältigen.

Wenn wir von solchen Einheiten reden, ist der Landtag mit Sicherheit auch eine, und zwar eine demokratisch verfasste, Einheit, in die laut dem Thüringer Wahlgesetz 44 Abgeordnete einmal über die Direktmandate entsandt werden und weitere 44 Abgeordnete, die über die Liste in den Landtag Einzug halten. Nun kann man sicherlich darüber streiten, ob das die angemessene Zahl ist. Es sind 88 Abgeordnete, die auf diesem Weg ins Parlament kommen. Was hierbei noch nicht beachtet ist, ist, dass es zusätzlich noch sogenannte Überhangmandate gibt. Über diese würden wir in der Tat gern einmal nachdenken, das sind im Moment drei an der Zahl, die können einen Landtag erheblich aufblähen. Die Debatte zu Überhangsmandaten findet im Übrigen auch in vielen Landtagen statt. So stellt sich die Frage, ob man nicht eher schaut, dass man diese Überhangmandate abschafft, nicht aber an die Grundzusammensetzung des Landtags herangeht.

Ich will auch kurz begründen, warum wir das so sehen. Dass die CDU einmal den Vorschlag gemacht hat – das ist ja schon dargestellt worden –, eher die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten zu stärken, ist nicht wirklich verwunderlich. Es ist eine starke Fraktion, es ist auch eine starke Partei und die Logik entstammt natürlich ein Stück weit auch noch der Zeit, als sich in der Regel zwei starke Parteien gegenüberstanden. Die Realität ist aber längst eine andere. Es gibt inzwischen viele Parteien, die in die Parlamente streben. Es gibt gerade auf kommunaler Ebene – ich bin auch Stadträtin – immer mehr auch Wählervereinigungen beispielsweise, die in die kommunalen Gremien streben. Wir haben lange dafür gestritten, dass hierfür eine Hürde abgeschafft wurde, daran will ich noch mal erinnern, weil wir gesagt haben, das bildet ansonsten gar nicht mehr die tatsächlichen Wünsche der Wählerinnen und Wähler ab, wenn eine Sperrklausel dafür sorgt, dass eben erst ab einer bestimmten Prozentzahl ein Zugang auch zu kommunalen Parlamenten erreicht wird. Das ist auf kommunaler Ebene abgeschafft worden, auf Landesebene haben wir die Fünf-Prozent-Hürde, und die halten wir auch durchaus für richtig.

Ich sage aber auch, die Fünf-Prozent-Hürde bringt eben mit sich, dass, wenn eine Partei den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schafft, sie eine Mindestanzahl von Abgeordneten in einem Landtag haben muss, damit sie als Fraktion arbeitsfähig ist. Ja, wir sind eine kleine Fraktion, ich weiß, wovon ich da rede. Wir sind sechs Abgeordnete, die sich im Moment die gesamte Ausschussarbeit teilen. Das heißt, dass jede Abgeordnete, jeder Abgeordnete etwa zwei Ausschüsse mindestens übernehmen muss, jeder Abgeordnete einer so kleinen Fraktion hat sieben bis acht Themengebiete, um die er oder sie sich kümmern kann und soll. Es wird ja zu Recht von uns erwartet, dass wir diese Arbeit vernünftig machen, dass wir uns tatsächlich inhaltlich auch intensiv einbringen, dass wir die Sachverhalte auch durchdringen, über die wir reden, und dafür braucht es eben eine gewisse kritische Masse. Wenn man jetzt die Anzahl der Abgeordneten drastisch senkt, hätte dies zur Folge, dass gerade die kleinen Fraktionen kaum noch eine Chance haben, sich beispielsweise tatsächlich so vertiefend in die Materie einzuarbeiten, ihre Arbeit in den Ausschüssen entsprechend wahrzunehmen und – und das ist ja auch eine Aufgabe von kleinen Fraktionen, die oftmals auch Oppositionsfraktionen sind, aber auch in der Regierung sein können –, dass sie natürlich die Aufgabe haben, in jeder Hinsicht auch die Regierung vollumfänglich zu kontrollieren. Dafür braucht es auch eine bestimmte Mindestanzahl an Personal. Deswegen sagen wir, wir halten die angedachte Reduzierung für wenig praktikabel.

Ein weiterer Punkt, den ich noch mit in die Diskussion bringen möchte, ist die Problematik, dass Demokratie kostet. Ja, Demokratie kostet. Man kann sich aber nicht einerseits beklagen, dass sich die Politik immer mehr von den Bürgern und Bürgerinnen entfernt, und andererseits die Zahl von Politikerinnen und Politikern mit populistischer Rhetorik mal eben zusammenschrumpfen wollen. Ich meine, wie Sie von der AfD zu einzelnen Ausschüssen stehen, hat ja der Abgeordnete Brandner hier einmal mehr vorgetragen. Er hat erklärt, welche Ausschüsse seiner Meinung nach überflüssig sind wie ein Kropf. Ich halte das für eine nicht gerade verantwortliche Haltung gegenüber diesen Ausschüssen, die im Übrigen alle eine sehr wichtige Arbeit hier im Thüringer Landtag und für die Bürgerinnen und Bürger selbstverständlich auch leisten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man muss sich auch noch mal klarmachen, dass, wenn man die Zahl der Abgeordneten verringert, die ohnehin flächenmäßig großen Wahlkreise im ländlichen Raum dann noch größer werden. Deshalb hinkt im Übrigen auch der Vergleich mit den Bundesländern, die in der Fläche eine höhere Bevölkerungsdichte haben. Wenn man dann in der Debatte auch noch mit bedenkt – das hat jetzt hier

noch gar keine Rolle gespielt –, dass hier immer mal wieder auch die Alternative Halbtagsparlament im Gespräch war, will ich zu bedenken geben, dass dies vielleicht die Regierung stärkt, aber deren Kontrolle schwächt.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD)

Da bin ich ganz bei Herrn Fiedler, wir wollen die Regierung kontrollieren, egal aus welcher Position, ob als Regierungsfraktionen oder aber eben auch Oppositionsfraktionen, und dafür braucht es selbstverständlich auch die Möglichkeiten. Das heißt auch, dass man sich tatsächlich eine Demokratie leistet, und zwar auch in Form von Abgeordneten, die in diesem Landtag arbeiten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

In einem Stadtstaat mag das möglich sein, aber ich weiß nicht, ob Sie mal mit Ihren Kolleginnen aus Hamburg oder aus Bremen oder auch aus Berlin gesprochen haben, dort ist es nämlich faktisch auch so, da gibt es zwar offiziell Halbzeitparlamente. Die wenigsten, die einen normalen Beruf haben, können sich beides aber im wahrsten Sinne des Wortes leisten. So entscheiden sie sich, entweder Abgeordnete zu sein oder diesem Beruf nachzugehen. Die inhaltliche Arbeit bleibt dann erst recht auf der Strecke.

Zu der Frage, dass wir dann sehr viel mehr Personal in den Fraktionen bräuchten, ist hier auch schon hinreichend ausgeführt worden. Ich meine aber, es kann nicht darum gehen, die Arbeit auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verlagern, sondern ich erwarte von den Abgeordneten, mit denen ich beispielsweise im Bildungsausschuss oder aber auch im Justizausschuss zusammenarbeite, dass sie sich auch selbst in die Materie entsprechend einarbeiten. Dafür brauchen Sie sowohl die Zeit als natürlich auch die Möglichkeiten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Was uns Grünen besonders wichtig ist, ist tatsächlich das Demokratieprinzip. Das sind die Aufgaben der Gesetzgebung und der Kontrolle der Regierung. Diese Aufgaben werden ja nicht weniger, nur weil die Bevölkerungszahl abnimmt. Auch das muss man sich einmal mehr vor Augen führen. Wir haben im Moment etwa 2,2 Millionen Einwohner auf einer Fläche von 16.000 Quadratmetern. Ich denke, dass eigentlich alle Abgeordneten hier ihre Aufgabe sehr ernst nehmen, wenn sie sich auf die parlamentarische Arbeit auch richtig einlassen. Ich erlebe es auch immer wieder, wenn beispielsweise Besuchergruppen da sind, dass es Abgeordnete aus diesem Hause gibt, die dort erklären, es gäbe eigentlich nur die Ausschusssitzungen und die Plenararbeiten, ansonsten gingen sie noch einer anderen Berufstätigkeit nach. Wie die das machen, das mögen sie vor sich selbst verantworten. Ich kann Ihnen versichern, mit meinen 14- bis 16-Stunden-Tagen wüsste ich nicht, wann und wie ich dann auch noch eine

Berufstätigkeit unterbringen sollte oder eben eine zusätzliche Tätigkeit.

Weil Herr Fiedler vorhin die Problematik der Abgeordnetenbüros angesprochen hat: Für Vertreterinnen aus kleinen Fraktionen, die ja tatsächlich über eine Liste eingezogen sind – aber dafür gibt es ja das Zweistimmenprinzip, die Erststimme für die Direktkandidatin, die Zweitstimme für die Landesliste –, wenn sie aus einer kleinen Fraktion kommen, ist es in der Tat so, dass wir – ich mache es am Beispiel der Grünen-Fraktion mit sechs Abgeordneten – natürlich trotzdem das ganze Land bespielen müssen. Was hat das aber praktisch zur Folge? Ich will nur kurz erklären, was das praktisch bedeutet. Ich habe drei sogenannte Abgeordnetenbüros, und zwar nicht da, wo ich wohne, sondern in drei weiteren Orten, weil wir uns das aufgeteilt haben, wo wir selbstverständlich auch eine Verankerung wollen: in Gera, in Mühlhausen und in Weimar. So geht es all meinen Kollegen. Diese Arbeit in der Fläche – das haben Sie vorhin auch dargestellt, Herr Fiedler –, die muss natürlich auch geleistet werden. Wir müssen dort den Bürgerinnen und Bürgern – das ist auch unser eigener Anspruch – Rede und Antwort stehen. Wir müssen dort die Probleme aufgreifen. Wir müssen vor Ort unsere Entscheidungsfindungsprozesse transparent machen. Wir müssen für Mehrheiten vielleicht auch streiten an der einen oder anderen Stelle. Wir müssen uns auseinandersetzen. Auch das alles kostet Zeit.