Protocol of the Session on May 19, 2016

Die Bezahlung im Pflegebereich muss dem gerecht werden, was die Mitarbeiter täglich im Berufsleben leisten. Wir bitten daher um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall CDU)

Ihr Alternativantrag zur Pflege ist inhaltlich – das haben wir schon festgestellt – gar nicht so weit weg von unserem. Aber Sie haben eben zweieinhalb Punkte eingefügt, um die angebliche Alternative aufzuzeigen. Diese sind aber aus unserer Sicht nicht notwendig, überflüssig und nicht begründet und brauchten dadurch keinen Antrag. Ich will es Ihnen kurz erklären: Als nicht notwendig sehen wir – das habe ich schon gesagt – die Moderation in der Tarifhoheit durch die Landesregierung. Überflüssig ist die Aufforderung an die Landesregierung, die Rechtsverordnung zum Gesetz für betreute Wohnformen und Teilhabe auf den Weg zu bringen. Das ist – da sind wir uns einig – doch normaler Arbeitsablauf nach der Gesetzgebung.

(Beifall CDU)

Und unbegründet: die kritische Begleitung zur Umsetzung des Gesetzes zur Form der Pflegeberufe – unbegründet im wahrsten Sinne des Wortes: Sie haben in Ihrer Begründung zum Antrag nicht ein Wort über die Begleitung dieses Verfahrens geschrieben. Wir lehnen deswegen Ihren Alternativantrag ab.

Schlussbemerkung: Beim Blick auf die Zukunft der Pflege dürfen wir aber nicht aus dem Auge verlieren, dass die Pflege in unserer Gesellschaft neben der stationären und ambulanten Pflege eine weitere wichtige dritte Säule hat – die familiäre Pflege. So wurden nach einer Pressemitteilung des Statisti

schen Bundesamts vom 12.03.2015 im Dezember 2013 71 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt. Das waren 1,86 Millionen Pflegebedürftige. Von diesen erhielten 1,25 Millionen Pflegebedürftige ausschließlich Pflegegeld. Das bedeutet, dass sie in der Regel allein durch Angehörige gepflegt wurden. Auch wenn in dem bisherigen Pflegestärkungsgesetz die familiäre Pflege bereits berücksichtigt wurde, und wenn mit dem Pflegestärkungsgesetz III 2017 die häusliche Pflege im Familienkreis wiederum eine Aufwertung erfahren wird, sehen wir hier noch dringenden Handlungsbedarf, wenn wir die Herausforderungen des demografischen Wandels meistern wollen. Familien müssen die Möglichkeit haben, sich für die Pflege ihrer Angehörigen zu entscheiden, ohne mit beruflichen, finanziellen oder privaten Nachteilen rechnen zu müssen.

Zum Schluss lassen Sie mich noch mal für die gemeinsame und überparteiliche Anstrengung für die Pflege werben, damit sie das bleibt, was sie ist: Der Dienst am Menschen für eine würdige, umfängliche und fachgerechte Betreuung derer, die sie benötigen. Danke.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Thamm. Als Nächster erhält Abgeordneter Kubitzki für die Fraktion Die Linke das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aus dem Bericht des Sozialausschusses, den meine Kollegin Jung hier gegeben hat, wird ersichtlich, wie intensiv sich der Sozialausschuss mit dem Antrag der CDU-Fraktion zur Pflege befasst hat, weil das ein Thema ist, das die Menschen bewegt, und ein Thema ist, mit dem sich der Landtag schon oft beschäftigt hat, die Probleme eigentlich bekannt sind, wir aber immer Probleme haben, die richtigen Lösungen zu finden.

Herr Thamm, auch wenn das dritte Pflegestärkungsgesetz am 01.01.2017 in Kraft tritt, ich glaube, auch da werden sich wieder sehr viele Fragen ergeben, wie wir das umsetzen können. Ich erinnere mich an die Umsetzung des zweiten Pflegestärkungsgesetzes, als dort die Pflegebedürftigen zwei Möglichkeiten bekommen sollten, Leistungen zu erhalten, nämlich einerseits wie bisher solche Komplexleistungen, wo festgeschrieben ist, was gemacht wird, und auf der anderen Seite sollten sie die Möglichkeit bekommen, Zeit für ihre Pflege zu kaufen. Ich kann mich noch erinnern, wie ich hier im Landtag damals kurz vor Weihnachten berichtet habe, dass ich meinen Krankenschwestern in meinen Sozialstationen ein Weihnachtsgeschenk ge

(Abg. Thamm)

macht habe und habe denen eine Stopp-Uhr geschenkt. Da haben manche hier gelacht, das haben wir aber wirklich so gemacht, indem wir wirklich kalkulieren mussten, was kostet eine Minute Pflegezeit, da mussten die Wegezeiten abgezogen werden und dergleichen mehr, um den Pflegebedürftigen dann etwas anbieten zu können, wenn Sie die Zeit kaufen. Da muss ich sagen, das war das zweite Pflegestärkungsgesetz und es ist nicht umgesetzt worden. Insgesamt deutschlandweit ist dieses Zeit-Einkaufen – so will ich das mal sagen –, das Pflegezeit-Einkaufen nicht umgesetzt worden.

Deshalb bin ich gespannt, wie das dritte Pflegestärkungsgesetz umgesetzt werden soll, wo es ja – ich sage jetzt noch mal den alten Begriff – fünf Pflegestufen geben soll aufgrund des neuen Pflegebegriffs. Das neue Pflegestärkungsgesetz hat auch das Ziel, dass die Lebensqualität mehr in den Vordergrund gestellt wird. Wir werden sehen.

Deshalb, wie gesagt, haben wir uns intensiv mit diesem Thema befasst. Bei Ihren Diskussionen oder bei Ihrem Beitrag jetzt habe ich gedacht, nun Gott, warum stimmen Sie unserem Alternativantrag eigentlich nicht zu, denn wir haben viele Übereinstimmungen, muss ich sagen.

(Zwischenruf Abg. Meißner, CDU: Weil Sie gegen unseren Antrag gestimmt haben!)

Sie haben es dann zwar dargelegt, aber da muss ich sagen – dazu komme ich noch –, da kann ich nicht ganz bei Ihnen sein, weil wir trotzdem das Gleiche meinen.

Für mich haben sich aus der Anhörung drei Schwerpunkte und drei Probleme ergeben. Erstens, Sie haben es auch schon genannt, Probleme bei der gesellschaftlichen Anerkennung des Pflegeberufs. Zweitens, ein sehr wichtiger Punkt, Probleme bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, gerade unter dem Gesichtspunkt, dass die Masse der Pflegekräfte, auch in Thüringen, Frauen sind. Und wenn wir junge Frauen in der Pflege einsetzen wollen, wenn wir sie für Pflegeberufe gewinnen wollen, dann ist Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der täglichen Praxis oft ein Problem. Und der dritte Schwerpunkt war, Sie hatten es genannt, die geringe Bezahlung.

Zu Punkt 1, die gesellschaftliche Anerkennung: Ich gebe Ihnen recht, eine der wichtigsten Formen der gesellschaftlichen Anerkennung ist eine gerechte Bezahlung. Punkt. Aber es ist auch ein Punkt, wie der Pflegeberuf in der Öffentlichkeit, in den Medien angesehen wird. Wenn ich die Berichterstattung des sogenannten Pflegegurus Herrn Fussek aus Bayern manchmal höre, dann gibt es eigentlich nur Skandale in der Pflege. Wenn er im Fernsehen auftritt, wird nur über Skandale in Pflegeheimen, bei ambulanten Diensten und dergleichen berichtet. Ich glaube, solche Berichterstattung trägt nicht dazu

bei, dass der Pflegeberuf eine gesellschaftliche Anerkennung bekommt. An dieser Stelle, glaube ich, sollten wir, auch im Rückblick darauf, dass der 12. Mai der internationale Tag der Pflege war, meine lieben Damen und Herren Abgeordneten, uns bei allen Pflegekräften im Land Thüringen recht herzlich für ihre aufopferungsvolle und immer im Interesse des Patienten durchgeführte Arbeit bedanken. Das haben Sie einfach auch mal hier aus diesem Haus verdient.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu Punkt 2, die familienfreundlichen Arbeitszeiten, wir haben das in unserem Alternativantrag aufgenommen: Jawohl, das ist ein großes Problem. Jungen Pflegekräften, die Muttis sind, die Kinder haben, fällt es oft schwer, früh um sechs den Dienst zu beginnen oder Spätdienst zu fahren, weil sie oft nicht wissen, was sie mit ihren Kindern machen sollen. Aber, meine Damen und Herren, das gehört zur Wahrheit auch dazu, den Ablauf der Pflege bestimmt nicht die Pflegekraft, sondern den Ablauf der Pflege bestimmt der Pflegebedürftige. Der hat das Recht dazu und er hat das Recht festzulegen, wann er gepflegt werden will. Da komme ich zu einem weiteren Problem, was in der Anhörung auch deutlich wurde, und da muss ich manchem Gewerkschaftsvertreter doch widersprechen. Wenn das Problem Teilzeit in der Pflege angesprochen wird. Es nervt manchmal. Jawohl, viele Pflegebedürftige und gerade Frauen arbeiten in Teilzeit in der Pflege. Das wird kritisiert. Aber da muss ich wieder zum Ausgangspunkt kommen, es bestimmt der Pflegebedürftige, wann er gepflegt werden will. Und in den stationären Einrichtungen, aber auch in den ambulanten Einrichtungen wird die meiste Pflegezeit gebraucht und werden die meisten Hände in der Pflege gebraucht, ich sage mal, in der Zeit von 6.00 Uhr bis 10.00 Uhr und dann wieder ab 17.00 Uhr bis 22.00 Uhr. Dort sind die Hauptschwerpunkte und die Hauptzeiten in der Pflege und dazu werden viele Pflegekräfte gebraucht. Deshalb greifen viele Einrichtungen zu dem Prinzip der Teilzeit. Und zweitens, wenn ich vorhin von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesprochen habe, wollen viele Pflegekräfte auch nicht Vollzeit arbeiten, weil sie eben noch Zeit für ihre Familie haben wollen.

Zu Punkt 3 in der Anhörung, die zu geringe Bezahlung: Herr Thamm, Sie haben das richtig gesagt, wenn wir die Bezahlung erhöhen wollen, und das gehört ganz einfach zur Wahrheit dazu, zur ehrlichen Diskussion, und da bin ich bei Ihnen, haben es die Kassen leicht zu sagen, jawohl, wir sind doch bereit, unsere Vergütung nach tariflicher Bezahlung auszurichten. Als ich dort bei dem Herrn von der AOK nachgefragt habe, wie das dann aber sein wird, sie können doch zustimmen und lachen, denn die Kassen bezahlen keinen müden Pfennig

mehr, wenn das System für die Pflege weiter so funktioniert. Sondern bei jeder Tariferhöhung, bei jeder Erhöhung der Gebühren bezahlen das die Pflegebedürftigen als Selbstzahler privat oder es müssen die Kommunen übernehmen. Das gehört ganz einfach zur Wahrheit dazu. Wenn wir höhere Bezahlung fordern, dann müssen wir auch insgesamt als Gesellschaft, so wie das System jetzt funktioniert, erklären: Lieber Pflegebedürftige, wenn du eine gute Qualität haben willst, dann musst du tiefer in die Tasche greifen oder liebe Angehörige, dann bleibt weniger vom Erbe übrig, will ich mal so spitz sagen. Aber das sind dann die Diskussionen, die wir an dieser Stelle führen müssen. Das gehört einfach dazu. Warum haben wir einen Alternativantrag gestellt? Weil erstens – das ist kein Vorwurf – Ihr Antrag im Prinzip über ein Jahr alt ist, wir haben den nicht verschleppt, wir haben uns einfach intensiv damit beschäftigt, und viele Sachen, die Sie von der Landesregierung fordern, sich eigentlich auch in der Anhörung und Behandlung beantwortet haben. So hat die jetzige Landesregierung die Arbeit des Pflegepakts aktiviert, hat die Steuerungsgruppe gebildet, die die Arbeit der Projektgruppen koordiniert. Das ist erst einmal gut so. Wir sind bei Ihnen, indem wir sagen, jawohl, der Pflegepakt muss weiterentwickelt werden. Deshalb haben wir ganz konkret gefordert, dass weitere Akteure für die Mitarbeit im Pflegepakt gewonnen werden müssen. Da sagen wir schon, jawohl, auch die Gewerkschaften sollten im Pflegepakt mitarbeiten und wir sollten auch weiter vor allem private Anbieter werben, am Pflegepakt teilzunehmen. Wenn wir über gerechte Bezahlung und über Tarifbezahlung reden, gehören einfach die Gewerkschaften mit in den Pflegepakt. Das sind die Tarifpartner, also sollen Sie auch ganz konkret in den Pflegepakt mit rein, genauso wie die Kassen drin sind. Da geht es nicht nur um Lippenbekenntnisse, da geht es um Festlegungen. Deshalb haben wir das in unserem Alternativantrag reingenommen.

Wir haben auch reingenommen, dass die Landesregierung dem Landtag ständig über die Arbeit der Steuerungsgruppe berichtet. Im Sozialausschuss sollte das ein ständiges Thema sein.

Streitpunkt Branchentarifvertrag: Ich habe LIGAVertreter gehört, die haben an Koalitionsverhandlungen teilgenommen und waren für den Branchentarifvertrag. Ich habe mich zwar gewundert, aber sie waren für den Branchentarifvertrag. Dann ist die Koalition in Arbeit gegangen und plötzlich haben diese gleichen Vertreter gesagt, na, ja, Branchentarifvertrag wollen wir wieder nicht, weil... Weil sie schon einen Tarifvertrag haben. Gut, dann muss man darüber reden. Wenn sie schon tariflich gebunden sind, müssen wir reden, wie es weitergeht. Aber wir sagen, wir brauchen einen allgemein verbindlichen Branchentarifvertrag. Ich will Ihnen auch erklären, warum. Viele zahlen nach Tarif, aber wie

ist dieser Tarif auch oft in der Wohlfahrtspflege ausgearbeitet? Das bekomme ich mit, wenn ich mit Bewerberinnen Einstellungsgespräche führe, die bei mir arbeiten wollen, die von einem anderen Pflegedienst kommen, der auch nach sogenanntem Tarif bezahlt. Da stelle ich fest: Arbeitszeit bei vielen Pflegeeinrichtungen oder gerade im ambulanten Bereich ist der Tourenplan. Wenn der früh um 6.30 Uhr beginnt und entsprechend der Planung um 11.00 Uhr endet, dann wird die Zeit von 6.30 bis 11.00 Uhr bezahlt. Wenn sich in dieser Tour Komplikationen ergeben und die Kollegin kommt erst um 12.00 Uhr rein, bekommt sie die Bezahlung bis 11.30 Uhr. So etwas gibt es und das ist sogar tariflich verankert. Es gibt tarifliche Verankerungen und Bezahlungen, da wird die Wegezeit zwischen den Patienten gar nicht als Arbeitszeit gerechnet. Da wird die Pflegedokumentation nicht als Arbeitszeit gerechnet. Solche Sachen gibt es in Thüringen, das ist Realität. Deshalb, sagen wir, brauchen wir einen allgemein verbindlichen Tarifvertrag, mit dem solche Ausflüchte und solche Hintertürchen nicht mehr möglich sind. Deshalb haben wir gesagt, brauchen wir einen allgemein verbindlichen Tarifvertrag.

Wir haben auch gesagt, dass die Projektgruppe Kampagnen – Marketing heißt es jetzt –, die digitalen Medien nutzen soll. In der letzten Legislatur gab es diese Plakataktion: „Wir sind Helden“. Na ja, darüber kann man streiten. Da sage ich selbst: Ob das nun das Sinnvolle und der Knaller war, ich bin nicht davon überzeugt, dass etwas Gutes lief im Bereich des Wissenschaftsministeriums. Die haben eine Marketingaktion für unsere Hochschulen, für unsere Universitäten gemacht, digital für die jungen Leute zugeschnitten, die das auch genutzt haben. Warum sollen wir für den Pflegeberuf nicht auch die digitalen Medien nutzen, die bei der Jugend ankommen, um das darzustellen?

Eine letzte Bemerkung, der sie nicht zustimmen können, es aber eigentlich ordentlich dargelegt haben, deshalb wundert mich das: das neue Pflegeberufegesetz. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Thamm, kritisieren Sie in einer gewissen Weise auch die generelle Generalisierung der Ausbildung – war jetzt blödes Deutsch, ist aber so. Wir sagen auch, jawohl, es muss Ausbildungsveränderungen geben. Aus unserer Sicht sollte es eine Grundausbildung geben, ähnlich wie bei Ärzten, aber im letzten Ausbildungsjahr – über die Zeiten kann man noch debattieren –, sollte es schon eine Spezialisierung für die einzelnen Bereiche Krankenpflege, Kinderkrankenpflege, Altenpflege geben. Alle Akteure befürchten nämlich zumindest in Thüringen genau das, was Sie geschildert haben. Dann suchen sich die frisch Ausgebildeten, die die generalisierte Ausbildung haben, zuerst natürlich das Attraktive aus. Das ist das Krankenhaus, das ist dann eventuell die stationäre Pflege und zum Schluss

kommt dann die ambulante Pflege. Diese Befürchtung gibt es.

Die zweite Sache ist: Auch eine Krankenschwester im Krankenhaus muss ordentlich pflegen und braucht Grundkenntnisse in der Pflege, nicht bloß im Spritzen-Geben, sondern auch Grundkenntnisse in der Pflege. Aber was die Krankenschwester im Krankenhaus wiederum nicht braucht, den Pflegeprozess zu führen mit Pflegeplanung, Evaluierung etc. Wer aus der Pflege kommt, weiß, was das ist, die ganze Dokumentation. Das braucht eine Krankenschwester im Krankenhaus nicht, aber die, die im Pflegeheim und im ambulanten Pflegedienst arbeitet, die braucht das und das muss gelehrt werden. Deshalb sind wir für eine Grundausbildung und dann für eine Spezialisierung. Deshalb bin ich auch froh, dass die Landesregierung die Haltung der Koalitionsfraktionen teilt und dem Pflegeberufegesetz in seiner jetzigen Form im Bundesrat nicht zustimmen würde. Ich bin froh, dass das auch Kollegen aus der CDU-Bundestagsfraktion erkannt haben, dass da noch nachgebessert werden muss und dass das jetzt noch mal auf dem parlamentarischen Weg ist.

Vieles, was Sie gesagt haben, Herr Thamm, entspricht unseren Intentionen. Und zu dem Branchentarifvertrag muss ich sagen, wir brauchen dort klare Regelungen im Interesse der Beschäftigten dort in der Pflege. Ich kann nur noch mal werben, stimmen Sie unserem Alternativantrag zu. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun Abgeordnete Herold, Fraktion der AfD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne und liebe Zuhörer und Zuschauer im Internet, zunächst einmal ganz kurz ein Vorspruch in eigener Sache. Herr Dittes, Sie hatten mir vorhin empfohlen, den West-östlichen Divan zu lesen. Ich kann Ihnen versichern, ich habe den West-östlichen Divan zu einer Zeit gelesen, als Sie des Lesens und Schreibens garantiert noch unkundig waren.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: So sieht er gar nicht aus!)

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Wir sind bei der Pflege!)

Das Thema „Pflege“ bietet ein Beispiel für den Umgang mit gesellschaftlich wichtigen Themen, die aber trotz ihrer Bedeutung zu keiner Verbesserung der Situation führen. Nicht nur Pflege ist solch ein

Thema, hierzu zählt auch das fehlende beherzte Angehen der Krankenhausproblematik oder die mangelhafte und chronische Unterfinanzierung der Hospize. Ein weiteres Beispiel bietet der ÖGD, wo Verbesserungen im ÖGD immer wieder zulasten der ambulanten Versorgung im ländlichen Raum vorgenommen werden. Jede Mangelerscheinung im Gesundheitswesen wird durch einen anderen Mangel in einem anderen Bereich kuriert. Das Engagement des Sozial- und Gesundheitsministeriums muss nicht nur beim Thema „Fachkräftemangel in der Pflege“, sondern in all den anderen gerade genannten Bereichen als mangelhaft bezeichnet werden. Es ist sozusagen eine chronische Erkrankung. Lautes Schweigen im Walde herrscht im Gesundheitsministerium, Initiativen Fehlanzeige.

In der Pflege gilt es, eine riesige Aufgabe zu bewältigen. Im Jahr 2030 wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen in Thüringen auf über 100.000 Menschen belaufen. Das sind dann weit mehr als 20.000 als heute, zugleich sind heute schon viele Stellen unterbesetzt, was zu einer entsprechenden Überlastung und Mehrarbeit der heute im Pflegebereich Tätigen führt.

So sah die Situation der Fachkräfte laut Sozialwirtschaftsbericht im Jahr 2011 aus: Fast die Hälfte der befragten Einrichtungen konnte offene Stellen über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten bis 165 Tage nicht besetzen. In mehr als jeder dritten Einrichtung gibt es einen Fachkräftebedarf, der nicht mehr gedeckt werden kann. Alles führt zu steigender Arbeitsbelastung, die neben der Unterbezahlung diesen Beruf völlig unattraktiv macht. Hier sollte der Pflegepakt ansetzen, der für mehr Fachkräfte werben wollte. Das gesellschaftliche Bild der Pflegeberufe und das Ausbildungsangebot sollen verbessert werden. Im Rahmen des Pflegepakts müssen allerdings unbedingt die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung verbessert werden.

(Beifall AfD)

Das bisherige Ergebnis muss als völlig unzureichend bezeichnet werden. Die Ärztezeitung fragte schon 2013, ob es sich um einen Pakt ohne Leben handelt. Die wesentlichen Punkte haben es nie in die Tagespolitik geschafft. Für eine Imagekampagne zur Werbung von Interessenten für diesen Beruf sollten 90.000 Euro aufgewendet werden, 30.000 davon wollte Thüringen beisteuern. Solche Zahlen demonstrieren unter anderem die geringe Wertschätzung und die Prioritäten des Gesundheitsministeriums. Ein Titel in dem Haushalt 2016 bringt bei Umsetzung des Pflegepakts das Ergebnis von null Euro, 2017 wieder null Euro, bei der Förderung von Betreuungsangeboten finden wir 500.000 Euro. Vielleicht ermöglichen Ihnen die anderen Zahlen für andere Ressorts den Vergleich, wenn man dazu heranzieht, welche Zahlen für Migration und Flüchtlinge ausgegeben werden. Allein

(Abg. Kubitzki)

die Gesundheitskarte schlägt dabei mit Millionenbeträgen zu Buche.

(Beifall AfD)

Verbindliche Ziele wurden im Rahmen des Pflegepakts auch nicht formuliert. Das war dann auch der Grund, warum der Bundesverband der privaten Anbieter von einer Mitwirkung abgesehen hat. Die zuständige Staatssekretärin sagte in der letzten Debatte hierzu ganz unverhohlen, dass weiterhin ein Mangel an Pflegefachkräften besteht. Das alles trotz des Pflegepakts. An diesem Mangel an Pflegefachkräften helfen auch die Anwerbungsversuche auf den Philippinen nicht. Von den 30 bis 40.000 dort überschüssig ausgebildeten Pflegekräften hatten sich ganze 19 in Thüringen beworben. Die Anerkennung ihrer Abschlüsse ging weitestgehend ins Leere. Außerdem haben diese Pflegefachkräfte über keinerlei deutsche Sprachkenntnisse verfügt und warteten in ihrer Heimat auf die Anerkennung, um dann hier mühsam und langwierig erst die deutsche Sprache erlernen zu wollen.

Nicht durch Gremienarbeit und bürokratische Auswüchse werden die Herausforderungen in der Zukunft zu lösen sein, vor allem nicht durch leere Worthülsen. Die Familien müssen in den Mittelpunkt der politischen Anstrengungen rücken. Pflegebedürftige wollen im Kreise ihrer Vertrauten und zu Hause gepflegt werden. Viele Pflegebedürftige wollen keine Fremden in ihrer Wohnung haben. Deswegen sind die Familien auch der Ort, wo Pflege stattfinden sollte. Ein Großteil der jetzt Betreuten wird in ihren Familien gepflegt, nur ein Viertel derer, die gepflegt werden müssen, erfährt das in Thüringen in Heimen. Das geht konform mit der ambulanten Ausrichtung des Pflegewesens, die auf eine Versorgung der Bedürftigen in ihren eigenen vier Wänden zielt. Dafür braucht es Familien und immer wieder eine vernünftige Familienpolitik. Wenn für Familien hier an dieser Stelle nicht deutlich mehr getan wird, muss es niemanden wundern, dass genau diese soziale Institution fehlt, die wir hier an dieser Stelle ganz dringend brauchen. Machen Sie eine vernünftige Familienpolitik und Sie können das Problem der Pflege sicher nicht beheben, aber vielleicht doch etwas lindern. Aber die Familie hat in dieser Koalition einfach keine Lobby und ist immer weiter unter Druck gebracht worden, unter anderem durch die Abschaffung des Landeserziehungsgelds.

(Beifall AfD)

Nur gut ausgebildete Fachkräfte können die Betreuung aller Pflegebedürftigen absichern. Das gilt gerade auch im ambulanten Bereich, wenn die Familien dabei unterstützt werden sollen. Hier stellt sich die nächste Frage, nämlich immer wieder die des Geldes frei nach Goethe: „Am Gelde hängt, nach Golde drängt doch alles. Ach wir Armen!“, nämlich die, wenn die Pflegekräfte in anderen Bundesländern 500 bis 800 Euro mehr verdienen, dann muss