müsste man DDR-Unrecht schreiben. Denn nicht allein die SED hat Verantwortung getragen. Wir haben hier auch schon mal – und da sind Sie dankenswerterweise bereit, an der Aufarbeitung mitzuarbeiten – über die Rolle der Blockparteien diskutiert. All das gehört dazu. Es gehören auch Verwaltungsstrukturen und andere Strukturen in der ehemaligen DDR dazu, die dazu beigetragen haben, dass Menschen, dass Familien gelitten haben, um es ganz einfach zu formulieren, und dass diese heute auch zu beraten und aufzuarbeiten sind.
Lassen Sie mich noch mal zitieren, was in der Präambel unseres Koalitionsvertrags steht, weil sich damit zeigt, dass wir uns mit dieser Thematik innerhalb der Koalition ganz dezidiert und ganz offen beschäftigt haben und dass es da nicht mehr um die Frage von Begrifflichkeiten geht. Wenn ich aus der Präambel des Koalitionsvertrags zitieren darf: „Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die SPD als Parteien, die in und aus der Bürgerrechtsbewegung der DDR hervorgegangen sind, ebenso wie für die Partei DIE LINKE ist die Aufarbeitung der“ – und man höre – „SED-Diktatur in all ihren Facetten weder überflüssig noch rückwärts gewandt. Dabei geht es um eine demokratische Kultur von morgen. Für eine Aufarbeitung in die Gesellschaft hinein ist es von Bedeutung, festzuhalten: Die DDR war eine Diktatur, kein Rechtsstaat. Weil durch unfreie Wahlen bereits die strukturelle demokratische Legitimation staatlichen Handelns fehlte, weil jedes Recht und jede Gerechtigkeit in der DDR ein Ende haben konnte, wenn einer der kleinen oder großen Mächtigen es so wollte, weil jedes Recht und jede Gerechtigkeit für diejenigen verloren waren, die sich nicht systemkonform verhielten, war die DDR in der Konsequenz ein Unrechtstaat. Daraus erwächst eine besondere Verantwortung.“
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Ich bin stolz darauf, dass eine solche Aussage in diesem Koalitionsvertrag von diesen drei Parteien festgeschrieben ist.
Wir wollen an diesem Tag derer gedenken, die am 17. Juni 1953 auf die Straße gegangen sind. Wir wollen der Opfer und natürlich auch der Angehörigen gedenken, die das alles mit ertragen mussten. Wir wollen an den 17. Juni erinnern, an die Streiks, an die Erhebungen von Arbeitern und damit an das Infragestellen des SED-Regimes bzw. der DDR. Dieser Aufstand wurde mit sowjetischer Hilfe blutig niedergeschlagen. Ich glaube schon, dass wir es den Menschen, der Zukunft und der jungen Generation schuldig sind, darüber zu reden, die Aufarbeitung auch umzusetzen, in Schulen, in Gedenkstätten noch vieles weiter zu verstärken, aber auch diesen Tag als einen besonderen Gedenktag zu wissen.
Das will ich an dieser Stelle sagen: Man kann über weitere Gedenktage diskutieren. Ich habe Ihnen auch gesagt, dass ich durchaus über den 9. November in all seiner Unterschiedlichkeit hätte weiter reden können. Aber auf der anderen Seite bin ich auch sehr froh darüber, dass wir uns jetzt, nachdem wir uns auf den 8. Mai festgelegt haben, auf den 17. Juni besinnen, um an die Opfer der ehemaligen DDR zu erinnern. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Punkt, auf den wir uns hier einigen. Ich sage Ihnen auch ganz deutlich: Unabhängig davon, ob es noch um weiteres Gedenken, Erinnerungen oder wesentliche Aspekte geht, hätte ich mir schon gewünscht, und ich glaube, es wäre ein ganz wesentliches Zeichen gewesen, auch hinsichtlich dessen, was Sie ganz offenkundig, Herr Walk, und auch Ihre Fraktionskollegen wollen, wenn Sie auch diesem 17. Juni, das heißt diesem Antrag, dann hier heute in Gemeinsamkeit zugestimmt hätten. Ich hätte mir das sehr gewünscht.
(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Aber Bir- git, bei aller Freundschaft, das hättet Ihr schon vor Monaten machen können und un- serem Antrag zustimmen!)
Natürlich, Mike, das hatte ich aber auch ganz am Anfang geschildert. Ich habe geschildert, warum wir uns dann so entschieden haben. Es ist doch nicht die Frage: Wer hat es zuerst gemacht? Wir können jetzt über die Frage eines Feiertags in der ehemaligen Bundesrepublik oder über den jetzigen Gedenktag, den wir haben wollen, diskutieren. Es ist so, wenn du in die Geschichte zurückschaust – das wollte ich nämlich auch noch an dieser Stelle erwähnt haben, das ist das, wo ich ein bisschen irritiert war, bei dem, was Herr Dittes gesagt hat, was die Instrumentalisierung dieses Feiertags zu bundesrepublikanischen Zeiten angeht –, dass schon am 3. Juli 1953, also gut zwei Wochen nach dem Aufstand, mit den Stimmen aller Parteien, außer der KPD, die es damals noch in der Bundesrepublik gegeben hat, das Gesetz über den Tag der Deutschen Einheit verabschiedet wurde. Das war eben „der“ Gedenktag, der 17. Juni, der auch jahrelang Feiertag gewesen ist. Auch das ist ein wesentlicher Aspekt. Seinerzeit, das will ich nur auch noch einmal erwähnen, gab es bis Ende der 50er-, bis Mitte der 60er-Jahre in der ehemaligen BRD eine Beteiligung an diesem Feiertag von teilweise insgesamt über einer Million Menschen jährlich. Das ist für
mich nur deshalb so wichtig, weil ich denke, dass wir diesen Feiertag und den 8. Mai vernünftig mit Erinnerungskultur ausfüllen müssen, und ich glaube, wir sollten uns jetzt erst mal mit diesen beiden Gedenktagen beschäftigen. Möglicherweise gibt es irgendwann noch die Variante, über weitere Dinge zu sprechen.
Ich persönlich würde mich sehr freuen, auch im Namen meiner Fraktion, wenn wir hier eine große Zustimmung insgesamt in diesem Hause bekämen, was den 17. Juni angeht. Ich glaube, wir sind es den Menschen, wir sind es den Opfern, wir sind es den Angehörigen, wir sind es auch der Zukunft schuldig. Lassen Sie mich noch mit einem Zitat enden – wenn ich es jetzt auf die Schnelle finde –, das bereits Willy Brandt gesagt hat, dass diejenigen, die seinerzeit diesen Aufstand durchgeführt haben, keine Verlierer, sondern Vorreiter waren und man ihnen zu Dank verpflichtet ist. Da will ich mich anschließen und hoffe auf Zustimmung zu unserem gemeinsamen Antrag im Sinne einer guten Erinnerung an die Opfer des DDR-Regimes. Danke schön.
Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass wir heute wieder mal die Gelegenheit haben, uns über die deutsche Geschichte und über die Frage auszutauschen, wie mit ihr umgegangen wird. Bei allem Lob, was Frau Pelke grade Herrn Dittes hat zuteil werden lassen, muss ich sagen: Genau so, wie Herr Dittes das gemacht hat, sollte man es nicht tun. Den Klassiker natürlich, Herr Dittes, von hier vorn zu sagen, die Verbrechen der Nationalsozialisten dürften weder verharmlost noch relativiert werden, können wir unterschreiben. Sie sagen aber hier vorn genau das Gegenteil von dem, was sie tagtäglich draußen tun. Jeder, der draußen nicht vollständig auf ihrer ideologischen Linie ist, den beleidigen sie, den beschimpfen sie, den lassen sie zusammenschlagen, den lassen sie als Nazi beschimpfen. Genau damit relativieren sie jeden Tag die unsäglichen und einzigartigen Verbrechen der Nationalsozialisten. Das ist unerträglich. – Schön, dass Sie rausgehen, Herr Dittes.
Meine Damen und Herren, nachdem im vergangenen Jahr mit den Stimmen der Regierungsparteien der 8. Mai zum Gedenktag erhoben worden war, stellte sich schnell die Frage, ob das Gedenken an die braune sozialistische Diktatur und deren Ende
nicht einseitig und unvollständig bliebe, wenn nicht auch zumindest der roten sozialistischen Diktatur und deren Opfern gedacht würde. Diese Überlegung nahm die CDU zum Anlass, den 17. Juni als Gedenktag für die Opfer der SED-Diktatur und darüber hinaus noch einen ganzen Strauß weiterer Gedenktage zu fordern, den 18. März, den 25. Oktober und den 9. November – wir haben das hier schon mehrfach gehört. Das war dann aber nicht nur uns von der AfD-Fraktion etwas zu viel, sondern auch der Regierungskoalition, die ja inzwischen nicht nur einen von der AfD entsorgten Abtrünnigen – versüßt mit 3.100 Euro mehr im Monat, deshalb musste es auch ganz schnell gehen, glaube ich – in ihren Reihen begrüßen kann, sondern auch unser Wort von der „Gedenktagsinflation“ übernommen hat. Ich lese da die TLZ vom 19.04.2016, wo die Herren Hey und Adams zitiert werden: „keine ‚Inflation der Gedenktage‘“ und „Es macht keinen Sinn, Gedenktage inflationär“ zu behandeln. Ich muss sagen, da haben Sie dazu gelernt; AfD wirkt, sage ich wieder einmal.
Meine Damen und Herren, dann hatten sich die Ramelow-Koalitionäre sehr holprig und alles andere als harmonisch – Frau Scheringer-Wright ist ja doch da bei diesem Thema, ich dachte, Sie wären gar nicht da – und zum zweiten Mal nach der Posse über das Abgeordnetenüberprüfungsgesetz, als Sie in Sachen Parlamentsunwürdigkeit vollständig gegen Ihren eigenen Antrag gestimmt haben, mit einem neuen Antrag zu Wort gemeldet. Der fordert nun das, was die AfD von Anfang wollte, nämlich den 17. Juni als weiteren einzigen Gedenktag einzuführen. Dafür vielen Dank, meine Damen und Herren – Sie sehen: AfD wirkt.
Unsere Position zu dem Ganzen war von Anfang an klar, was man zu den Positionen von allen anderen – ich muss es sagen – Altparteien nicht sagen kann. Wir sehen es heute am Änderungsantrag der CDU, dieses Herumgeeier und das Getanze um den heißen Brei. Wir als AfD stehen einem staatsoffiziellen Gedenkwesen grundsätzlich skeptisch gegenüber und halten zudem die Art und Weise, wie und als was der 8. Mai als Gedenktag eingeführt wurde, für äußerst problematisch. Denn dieser 8. Mai 1945 wurde und wird von der Thüringer Linkskoalition einseitig und ideologisch instrumentalisiert. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse in diesem Parlament ließ sich dieser gedenkpolitische Sündenfall leider nicht verhindern. Auch deshalb ist es historisch und geschichtspolitisch angemessen, einen Gedenktag mit Blick auf die Diktatur der Nationalen Front und der roten Sozialisten in der DDR einzurichten. Und da liegt in der Tat der 17. Juni in Gedenken an den Volksaufstand von 1953 auf der Hand und dieser Tag war ja sogar schon einmal sogar ein Feiertag. In diesem Sinne habe ich mich hier im Plenum bereits wiederholt geäußert und zu
gleich betont, dass die AfD-Fraktion eine Gedenktagsinflation ablehnt. Inflation bedeutet Entwertung und bei zu vielen Gedenktagen wenden sich die Bürger bald gelangweilt ab.
Auch die Herren Hey und Adams und heute auch Dittes und damit wohl auch der Rest der linken Einheitsfraktion und nun auch der CDU sehen das ja Gott sei Dank inzwischen so, ich hatte bereits darauf hingewiesen. Übrigens findet sich das Argument der AfD, dass ein inflationäres Verhalten bezüglich Gedenktagen nicht gut ist, auch in den Stellungnahmen des Anhörungsverfahrens, das durchgeführt wurde. Die Stiftung Ettersberg hat darauf hingewiesen, dass eine zu große Anzahl von Gedenktagen das Gedenken zu einem leeren Ritual verkommen lasse.
Also soll es nun nach unserer ursprünglich singulären und inzwischen hier ja nach fast aller Auffassungen, wenn man von ein paar verirrten und verwirrten ewig Gestrigen auf Ihrer Seite absieht, beim zusätzlichen Gedenken an den 17. Juni 1953 bleiben, aber damit ist es dann auch aus Sicht der AfDFraktion genug. Wir haben ja auch als bundesweiten Feiertag noch den 3. Oktober und auch ansonsten jederzeit die Möglichkeit, außerhalb von offiziellen Gedenktagen historischen Ereignissen zu gedenken, wie wir es zum Beispiel am 25. Oktober hier in Thüringen stets angemessen tun.
Meine Damen und Herren, wenn eine echte Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte gewünscht ist, ist es viel wichtiger, dass in den Schulen ein vernünftiger Geschichtsunterricht praktiziert wird. Bekanntlich sind die einschlägigen Kenntnisse von Schülern über die DDR, aber auch etwa über das Dritte Reich oder die Weimarer Republik im Allgemeinen recht dürftig, was entsprechende Unterlagen immer wieder belegen und beklagen. Ich hatte darauf bereits in der ersten Lesung des Regierungsantrags hingewiesen und möchte diesen Punkt hier in Erinnerung rufen: Wir brauchen einen guten Geschichtsunterricht. Das bedeutet auch, dass wir weniger Zeitgeistpädagogik und Sozialkompetenztraining brauchen, sondern soliden und pluralen Geschichtsunterricht, meine Damen und Herren.
Denn nur ein solcher kann sich kritisch und anschaulich mit der Vergangenheit auseinandersetzen, wie wir es uns wünschen. Denn wer und was wir sind, lernen wir ja aus der Geschichte. Und ohne differenziertes Geschichtsbewusstsein werden wir anfällig für ideologische Welterklärungen. Das kann niemand wollen, wenn es auch leider – ich schaue mal nach links – hier und da geschieht.
Meine Damen und Herren, das Stichwort Geschichtsbewusstsein führt mich noch einmal zurück zum Ablauf des parlamentarischen Verfahrens zu diesen Gedenktagen. An sich hätte es ja für die Regierungskoalition von Anfang an nahe liegen müssen, neben dem 8. Mai auch den 17. Juni in den Blick zu nehmen, hatten sich doch die rot-rot-grünen Koalitionäre in ihrem Vertrag recht deutlich auf die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit verständigt und sich zu ihr bekannt. Als es dann aber konkret daran ging, ergriff Links-Grün rasch die Besessenheit von der Hitlerdiktatur und man hatte nur noch den 8. Mai im Blick und sah sonst nichts mehr. Immerhin hat dann aber die von der AfD dominierte parlamentarische Debatte zur Kurskorrektur bei großen Teilen von Rot-Rot-Grün geführt. An dieser Stelle vielen Dank. Auch da sehen Sie wieder: AfD wirkt, meine Damen und Herren.
An dieser Stelle muss ich noch einmal ein bisschen in die Historie gehen und an die letzte Debatte anknüpfen. Frau Pelke, Sie hatten ja vorhin auch noch mal Willy Brandt erwähnt. Es bleibt nämlich aus der historischen Perspektive ein sehr fragwürdiger Vorgang, wenn die SPD heute wieder einmal – und ich komme gleich dazu – gemeinsame Sache mit denjenigen macht, die die gewaltsame Niederschlagung des Volksaufstandes 1953 in der DDR und die Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED zu verantworten hatten. Denn es ist die SPD, die heute mit der umbenannten SED eine Thüringer Landesregierung stellt, und das auch noch zu allem Übel unter einem Ministerpräsidenten, der eben dieser Partei, die sich jetzt Die Linke nennt, angehört und diese Koalition dominiert. Bei den Linken ist man ja mit der Sache, wenn man der Presse glauben kann, nicht so ganz im Reinen. Wir sind daher gespannt, ob die Linksfraktion auch heute einheitlich nach der Pfeife ihrer Führung tanzt und einstimmig dem Koalitionsantrag zustimmen wird. Also ich muss sagen, meine Spannung, die steigt von Minute zu Minute.
Aber nun noch mal zu Ihrer SPD. Wenn wir am 17. Juni der Opfer der SED-Diktatur gedenken, dann waren unter diesen Opfern ja auch viele gestandene Sozialdemokraten. Die SED versäumte damals übrigens nicht, als für den Aufstand Verantwortliche neben den CDU-Politikern Adenauer und Kaiser auch die Sozialdemokraten Ollenhauer und Reuter zu benennen, und das sollen nach Ansicht der SED – heute Die Linke – die schlimmsten Faschisten gewesen sein. In der SED-Propaganda war der Aufstand ein faschistisches Komplott, von Westdeutschland gesteuert. In einem ZK-Beschluss Ihrer Partei, Herr Blechschmidt, Herr Dittes, Herr Kuschel, Frau Scheringer-Wright und Frau Leukefeld, vom 21.06.1953 heißt es: „In Westberlin wurden von den Kaiser und Reuter systematisch Kriegsverbrecher, Militaristen und kriminelle Ele
mente in Terrororganisationen vorbereitet und ausgerüstet. Zu den alten faschistischen Morderfahrungen kamen noch zusätzlich die Methoden der amerikanischen Gangster. So wurde der faschistische Auswurf wieder großgezogen. Neben den ausländischen Kriegstreibern tragen Adenauer, Ollenhauer, Kaiser und Reuter die volle Verantwortung für das Blut, das bei der Niederschlagung des faschistischen Abenteuers geflossen ist.“ So weit der ZKBeschluss vom 21. Juni 1953 Ihrer Partei, Herr Blechschmidt.
Hier hören Sie wieder den alten kommunistischen Kampfruf „Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten.“
Die waren nach Auffassung Ihrer heutigen Koalitionspartner, liebe SPD, auch noch die schlimmsten Faschisten, so wie wir heute von der AfD. Wir können das nachvollziehen. Dabei war die SPD selbst schon vor 1953 durch die Zwangsvereinigung mit der KPD im Jahr 1946 Opfer der Kommunisten geworden. Nun sitzen in Thüringen die Erben der – wie Die Linke meint – Faschisten Ollenhauer und Reuter mit den Erben der Täter, den Ulbrichts und den Honeckers, in einer Regierung. Fata viam invenit. Frau Marx, ich hoffe, Sie verstehen, was ich damit meinte.
Vor diesen historischen Tatsachen sollte man im Zusammenhang mit dem 17. Juni nicht die Augen verschließen und auch nicht davor, dass die SPD der alten Bundesrepublik im Laufe der 1980er-Jahre geneigt war, ohne Not der SED-Diktatur Zugeständnisse zu machen. Neben der geforderten Schließung der Zentralen Erfassungsstelle für DDR-Verbrechen in Salzgitter, wo sich im Übrigen nun eine Erfassungsstelle für Verbrechen und Straftaten gegen die AfD etabliert, gab es zunehmende Distanzierung vom Ziel der deutschen Einheit. Einer der Antreiber war dabei Oskar, und zwar der aus dem Saarland – hier steht „Saraland“. Ich weiß nicht, ist auch ein Freud’scher Versprecher dann: „Oskar aus dem Saraland“. – Also einer der Antreiber dabei war Oskar aus dem Saarland. Trauriger Tiefpunkt dieses Prozesses war dann das beschämende SPD-SED-Papier von 1987, mit dem die SPD die SED-Diktatur noch in der Spätphase stützte, so ähnlich wie heute in Thüringen; Geschichte wiederholt sich scheinbar doch.
Meine Damen und Herren, zu diesem Zeitpunkt stand man in der SPD-West dem Schicksal der in der DDR drangsalierten Deutschen weitestgehend desinteressiert und ablehnend gegenüber. Die DDR und die in ihr eingesperrten Menschen störten das rosarote Weltbild der SPD und ihrer Funktionäre. Wie sonst hätte Willy Brandt – Frau Pelke, den Sie
hier gerade so positiv herausgestellt haben – dazu kommen können, 1988 über die Wiedervereinigung als „Lebenslüge der zweiten deutschen Republik“ zu lamentieren? War das die geschichtliche Lehre, die die SPD aus dem Jahr 1953 gezogen hatte?
Die Quittung bekam dann die SPD-Ost bei der Volkskammerwahl 1990: gerade mal knapp über 20 Prozent. Man hatte mit mehr gerechnet, aber Hand aufs Herz, meine Damen und Herren von der SPD: Heute 20 Prozent, das wäre für Sie, glaube ich, Anlass für ein Großfeuerwerk, oder?
Meine Damen und Herren, der Aufstand in der DDR im Juni 1953 war eine Erhebung des gesamten Volkes gegen eine Diktatur. Auch insoweit lag Herr Dittes falsch. Das Volk wollte nicht mehr von Sozialisten gleich welcher Farbe schikaniert und ausgebeutet werden.
Wenn wir daran erinnern, rufen wir ins Gedächtnis, dass die SED-Herrschaft keine legitime Volksherrschaft oder gar keine Republik und schon gar keine demokratische Republik war. Es war ein undemokratisches Unterdrückungs-, Repressionsund Drangsalierungskonstrukt von Moskaus Gnaden.