Protocol of the Session on April 20, 2016

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön, Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich. Als Nächster hat Abgeordneter Brandner für die AfD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, schönen Gruß auf die Tribüne an die Besucher aus dem IlmKreis und Gotha und Umgebung. Hallo, herzlich willkommen. Schön, dass Sie sich alle mit der blutigen Vergangenheit der führenden Regierungsfraktion beschäftigen wollen.

(Beifall AfD)

Das tun wir alle aufgrund der vom Bundestag eingesetzten Kommission, die ihren Bericht zur Zukunft der Stasi-Unterlagen-Behörde vorgelegt hat. Sie schlägt vor, das Stasi-Unterlagen-Archiv vollständig mit eigenem Namen und mit sichtbarer Eigenständigkeit unter dem Dach des Bundesarchivs weiterzuführen, de facto also die eigenständige Stasi-Unterlagen-Behörde aufzulösen, auch wenn weiterhin die Möglichkeit bestehen soll, dass die Akten für Betroffene, für die Wissenschaft und für die Öffentlichkeit in der herkömmlichen und bewährten Weise zugänglich bleiben sollen. Diese Vorschläge sehen wir skeptisch, denn abgesehen von manch rechtlicher Frage bedeutet ein solcher Schritt, dass der Blick auf das zentrale Unterdrückungs-, Überwachungs- und Drangsalierungsinstrument des SED-Regimes, nämlich das Ministe

rium für Staatssicherheit mit seinem ekelhaften Spitzelapparat, allmählich verloren ginge. Und damit verlöre sich der Blick auf die widerlichen Eigenarten der zweiten sozialistischen Diktatur auf deutschem Boden, meine Damen und Herren.

(Beifall AfD)

Gewiss lässt sich die DDR samt der sie führenden Sozialisten und Nationalen Fronten nicht auf die Stasi reduzieren. Wenn aber der Fokus auf dieses Schild und Schwert der SED verloren geht und man sich mehr und mehr und bald nur noch ausschließlich mit dem Alltag in der DDR oder mit sonstigen eher harmlosen Aspekten dieses Regimes befasst, dann bedeutete eben dies eine Geschichtsklitterung und die Verharmlosung eines menschenverachtenden Systems durch die Hintertür. Man wundert sich sowieso, warum das willige Werkzeug, also die Stasi, zu Recht verteufelt wird, der wahre Täter aber, nämlich die SED, die sich heute DIE LINKE nennt, wieder regiert und wieder ein Land in den Abgrund treibt und sich aufspielt, als hätte sie Demokratie und Menschenwürde erfunden, und nicht etwa dazu steht, dass sie 40 Jahre lang auf Flüchtlinge hat schießen lassen wie auf Hasen, meine Damen und Herren.

(Beifall AfD)

Das ist die historische Realität. Man wundert sich auch darüber, dass unsere Schüler heute kaum noch wissen, wer der Verbrecher Erich Mielke war und gleichzeitig immer öfter hören müssen, wie toll das Schulsystem in der DDR angeblich gewesen sei.

Meine Damen und Herren, der Vorschlag der Kommission, die Stasi-Unterlagen-Behörde in das Bundesarchiv zu übernehmen, ist ein falsches Signal. Schließlich kann man die Formulierung, dass in jedem der fünf betroffenen Bundesländer mindestens eine Außenstelle vorhanden sein sollte, auch so lesen, dass eine Außenstelle pro Bundesland genüge. Wir als AfD-Fraktion sagen hier ganz klar und deutlich: Eine angemessene Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte benötigt auch in der Fläche Orte der Auseinandersetzung.

(Beifall AfD)

Alle drei Thüringer Außenstellen haben sich bewährt. Diese Struktur ist nicht überholt, weder mit Blick auf die Erforschung der DDR-Geschichte noch mit Blick auf die Bildungsarbeit, die auf regionale Verankerung und gute Erreichbarkeit für Schulen in der Region angewiesen ist. Das gilt auch unter dem Gesichtspunkt der Zahl der Anträge auf Einsichtnahme in persönliche Stasi-Akten. 2015 wurden in Gera rund 2.200, in Suhl rund 3.000 und in Erfurt um die 5.000 Anträge gestellt. Da ist viel zu tun; da ist auch noch großes Interesse. Wir als AfD-Fraktion warten noch gespannt auf die eine oder andere Akte, die möglicherweise noch

(Abg. Rothe-Beinlich)

in irgendwelchen Kisten schlummert, Herr Blechschmidt, und sind gespannt, was da dann möglicherweise zutage tritt.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, das alles zeigt, dass es nach wie vor ein erhebliches Aufklärungsinteresse gibt, sodass an der bewährten Struktur nichts geändert werden sollte.

Lassen Sie mich abschließend etwas spekulieren: Wer hätte vor 20 Jahren gedacht, dass sich der Zoll irgendwann einmal mit der Schwarzarbeit beschäftigt. So ist es für uns auch denkbar, dass man sich in diesen Einrichtungen der BStU und deren Infrastruktur demnächst mit den Verbrechen und Vergehen der heutigen sogenannten Antifa und deren Helfershelfern, Zuträgern, Mitläufern aufklärend auseinandersetzen und beschäftigen wird. Ich sehe da viele Gemeinsamkeiten zwischen der Antifa und der Stasi. Herr Ramelow geht noch einen Schritt weiter: Er sieht Gemeinsamkeiten zwischen der Antifa und den Nazis. Jedenfalls ist auch da Aufklärungsbedarf. Sollte also die Arbeit mal ausgehen und alle Stasi-Akten gefunden sein, meine Damen und Herren, tut sich da ein neues Betätigungsfeld für die BStU auf. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Brandner. Als Nächste hat die Abgeordnete Mitteldorf für die Fraktion Die Linke das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir haben es alle mitbekommen: Erst kürzlich hat die vom Deutschen Bundestag im Juli 2014 eingesetzte Expertenkommission dem Bundestagspräsidenten ihren Abschlussbericht zur Zukunft der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR übergeben. Die Empfehlungen der Expertenkommission und die Aufgaben eines zukünftigen Bundesbeauftragten für die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur und ihren Folgen wurden von Vertretern aller im Bundestag vertretenen Parteien als ein richtiger Schritt für zukunftsfähige Strukturen zur weiteren Nutzung der Stasi-Unterlagen begrüßt. Dieser Einschätzung kann ich mich grundsätzlich anschließen. Es geht nun darum, dass diese Empfehlungen zügig und schnell umgesetzt werden, denn sie sollen ausdrücklich nicht als ein Schlussstrich unter die bisherige Nutzung der Stasi-Unterlagen und der weiterhin notwendigen Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit missverstanden werden. Vielmehr bieten sie die Möglichkeit, die Unterlagen in Zukunft über das dann federführende Bundesarchiv profes

sioneller für die Forschung und für die weitere Unterstützung der Opfer bei der Suche nach der Wahrheit nutzbar zu machen. Drei Aufgaben werden hierbei aus unserer Sicht, aus der Thüringer Perspektive im Vordergrund stehen:

Erstens, die Überführung der Unterlagen in die Hoheit des Bundesarchivs. Hierfür wird wichtig bleiben, dass, wie von der Kommission empfohlen, alle Unterlagen mit eigenem Namen und mit sichtbarer Eigenständigkeit vollständig und bürgernah zugänglich bleiben. In diesem Zusammenhang hat sich die Kommission dafür ausgesprochen, dass in den ostdeutschen Ländern regionale Außenstellen erhalten bleiben, an denen die Nutzung der Unterlagen erfolgen kann. Bisher gibt es – und das wissen wir alle, es ist hier auch schon mehrfach gesagt worden – in Thüringen mit Erfurt, Gera und Suhl drei solcher Standorte. Die Beurteilung, wie diese drei Standorte sowohl in die zukünftig vorgesehene Nutzung der Unterlagen als auch in die weitere Forschungs- und Bildungsarbeit einbezogen werden, sollte anhand der von der Kommission vorgegebenen Kriterien und in Zusammenarbeit mit der geplanten gemeinsamen Arbeitsgruppe von BStU und Bundesarchiv in Zusammenarbeit mit den Ländern erfolgen. Auch wir sprechen uns für den Erhalt der drei Standorte aus. Dabei sind aus unserer Sicht zwei Kriterien maßgebend: Die vorhandenen historischen Orte – das hatte auch meine Kollegin Astrid Rothe-Beinlich schon erwähnt – sind hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Bildungsarbeit und die Forschung zu erhalten. Für die dezentrale Nutzung der Akten müssen aber die hohen Standards des Bundesarchivs gelten.

Zweitens: Die Empfehlungen der Kommission zur zukünftigen Forschungsarbeit sind aus meiner Sicht mit der geplanten „Forschungsstelle DDR-Staatssicherheit in vergleichender Perspektive“ zu zentral und zu allgemein gedacht. Hier bleibt es aus unserer regionalen Perspektive wichtig, dass wir mit dem Erhalt der historischen Orte einen wichtigen dezentralen Ansatz für Forschung und Aufarbeitung behalten. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf den im Februar vorgelegten Bericht der Landesregierung zum Stand der Aufarbeitung der SED-Diktatur in Thüringen verweisen, welcher mit dem hier etablierten Modell einer dezentralen, zivilgesellschaftlich verfassten Aufarbeitungslandschaft bereits Standards gesetzt hat, die überregional positive Beachtung finden. Dies gilt es auch weiterhin auszubauen. Das ist insbesondere für die nachwachsenden Generationen von Bedeutung, denn historisch authentische Orte sind und bleiben wichtige Bildungsorte.

Auch auf den dritten Punkt ist meine Kollegin Rothe-Beinlich schon eingegangen: Der von der Kommission vorgeschlagene neue Amtszuschnitt des Bundesbeauftragten erlaubt es, den Blick von einer reinen Fixierung auf das MfS hin zur SED-Diktatur

(Abg. Brandner)

in ihrer Gesamtheit zu heben. Weiter wird der Bundesbeauftragte zukünftig noch umfassender als Ombudsperson für die Opfer von DDR-Unrecht tätig werden und sie gegenüber Bundestag, Bundesregierung und den Bundesbehörden vertreten. Dies ist ein begrüßenswerter Schritt hin zu einer besseren Vertretung der Menschen und ihrer Belange, die auch aus meiner Sicht bei der Weiterentwicklung der Aufgaben des thüringischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur berücksichtigt werden und stärker Anwendung finden sollten.

Insgesamt hat die Expertenkommission eine solide und kompetente Grundlage für die jetzt notwendige parlamentarische Arbeit des Bundestags zur Zukunft der BStU geschaffen, die wir aus Thüringen im Sinne der im Koalitionsvertrag von Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Linke festgeschriebenen Grundsätze zur Aufarbeitung des DDR-Unrechts konstruktiv und aktiv begleiten werden. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Als Nächster hat das Wort Abgeordneter Wirkner für die CDU-Fraktion.

Werter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, werte Gäste auf den Zuschauerreihen, vieles wurde bereits von meinen Vorrednern zum Ausdruck gebracht. Ich möchte es auf einen Satz zusammengefasst formulieren: Die Außenstellen der Stasi-Unterlagen-Behörde in den früheren Bezirksstädten Erfurt, Gera und Suhl müssen erhalten bleiben.

(Beifall CDU, DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist die zentrale Botschaft der heutigen Aktuellen Stunde. Das Interesse an der Einsichtnahme in die Stasi-Unterlagen ist, wie jeder, der sich damit beschäftigt, weiß, ungebrochen. Die Verankerung der Außenstelle in ihren regionalen Bezügen ist im Sinne der SED-Opfer und der Bildungsarbeit ein sehr hohes Gut, das wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen dürfen. Die mehr als 510.000 seit 1990 in Thüringen gestellten Anträge zur persönlichen Akteneinsicht sprechen eine deutliche Sprache. Viele Menschen wollen einfach wissen, was war. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Schicksal ist für viele Ausspionierte, Verfolgte und oftmals Drangsalierte nicht allein eine Frage der ganz privaten Aufarbeitung und Bewältigung. Sie ist genauso ein Weg, das unmenschliche Wesen des SED-Unrechtssystems zu begreifen.

(Beifall CDU, AfD)

2015 sind in Erfurt 4.954 Anträge gestellt worden, in Gera 2.175 und in Suhl 2.988. Es sollte niemand daran vorbeisehen, dass sich mit den Anträgen schwere Schicksale älterer, oft auch hochbetagter Bürger verbinden. Diese müssen zunächst einmal die Kraft aufbringen, sich mit dem konfrontieren zu lassen, was sie in den Aktenstücken eventuell erwartet.

Eine wichtige Funktion der Außenstellen besteht auch in der Bildungsarbeit. Die örtliche Nähe zu Taten, Tätern und Opfern ist eine große Chance, auch die Menschen zu erreichen, die von diesem Unrecht nicht betroffen waren oder durch ihr Alter nicht mehr betroffen sein können. Anschaulichkeit kann gerade jungen Menschen helfen, ein Thema zu verstehen, zu dem der zeitliche Abstand immer größer wird. Wir haben viel zu verlieren, wenn es nun auch noch räumlich auf Distanz gehen sollte. Die Auseinandersetzung mit der DDR-Diktatur bleibt ein wichtiges zentrales Thema unserer Fraktion. Sie gelingt mit Anknüpfungspunkten in den Regionen eben besser. Die Archive des Grauens, wie ich sie gern nenne, zu erhalten, muss Aufgabe aller Parteien unseres Parlaments sein. Diese Aktuelle Stunde ist eigentlich auch nicht ausreichend, um das Thema qualitativ noch einmal grundsätzlich zu diskutieren. Daher werden wir parlamentarische Initiativen auf den Weg bringen. Ich bin überzeugt: Wir werden uns – vielleicht sogar parteiübergreifend – zu diesem Thema noch einmal in diesem Plenarsaal treffen. Danke sehr.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, AfD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wirkner. Als Nächste hat das Wort Abgeordnete Pelke für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, herzlichen Dank auch für die Worte von Ihnen, Herr Wirkner, dass Sie gesagt haben, wir müssen uns zu diesem Thema auch weiter verständigen und dass Sie auch ganz deutlich an dieser Stelle Überparteilichkeit eingefordert haben. Herzlichen Dank dafür.

Der Abschlussbericht der vom Bundestag eingesetzten Expertenkommission zur Zukunft der StasiUnterlagen-Behörde enthält aus meiner Sicht, aus unserer Sicht drei wesentliche Empfehlungen, zu denen ich im Einzelnen kommen will. Begrüßenswert ist für die SPD, die Funktion und Aufgabe des bisherigen Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen neu zu definieren. Er soll künftig als Bundesbeauftragter für die Auseinandersetzung mit der

(Abg. Mitteldorf)

SED-Diktatur und ihren Folgen wirken. Damit wird er zum zentralen Ansprechpartner und auch zum Ombudsmann der Opfer des SED-Regimes. Er erhält eine herausgehobene Position innerhalb der bundesweiten Aufarbeitungs- und Erinnerungslandschaft und gestaltet in Zukunft auch den internationalen Austausch zu rechtlichen, historischen, forschungsspezifischen und aktuellen politischen Fragen der Aufarbeitung. Damit wird nicht nur die Aufarbeitung der DDR auf Bundesebene institutionell langfristig abgesichert, was für mich – das sage ich an dieser Stelle ganz deutlich – ein klares Signal gegen die zunehmende Schwamm-drüber-Mentalität bestimmter Kreise ist. Das ist mir an dieser Stelle ganz wichtig. Damit bekommt das Amt des Bundesbeauftragten eine aus meiner Sicht völlig neue Qualität.

Schon vor annähernd drei Jahren hat der Thüringer Landtag mit der Novellierung des Aufarbeitungsbeauftragtengesetzes einen ähnlichen Weg beschritten und dem bisherigen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen dauerhaft neue Aufgaben und Funktionen zugeschrieben, die sich auch symbolisch in der Bezeichnung als Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur ausdrücken. Durch diesen Abschlussbericht der Bundesexpertenkommission können wir uns in unserer damaligen Entscheidung auch ein Stück weit bestätigt sehen.

Der zweite Vorschlag ist aus meiner Sicht akzeptabel. Das ist die anvisierte Überführung der StasiUnterlagen-Behörde in das Bundesarchiv. Dennoch muss aus meiner Sicht die individuelle Zugänglichkeit der Stasi-Unterlagen auch in der neuen Struktur des Bundesarchivs gewahrt bleiben. Es handelt sich hier nicht einfach um irgendwelche Dokumente. Es geht bei Stasi-Akten um individuelle Schicksale, um die perfide Bespitzelung, Manipulation und oftmals auch massive Schädigung Einzelner oder ganzer Familien.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, AfD)

Wer sich diesen Abgründen bisher bewusst nicht stellen wollte, später aber doch Einsicht nehmen will, dem muss das weiterhin auch im Rahmen des Bundesarchivs möglich sein.

Damit zur letzten Empfehlung der Expertenkommission, die wir am kritischsten beurteilen: Vorgesehen ist, die bisher zwölf Außenstellen deutlich zu reduzieren. Künftig soll es in jedem der neuen Bundesländer nur noch eine Außenstelle geben, weil dies angeblich zu höherer Effizienz führe, und sich damit, so jedenfalls die Kommission, viele Kosten einsparen lassen könnten – die Vorredner sind schon darauf eingegangen. Für Thüringen weise ich diese Argumentation ganz klar zurück. Wir haben derzeit drei Außenstellen und wissen ganz genau, dass keine von ihnen genügend Raumkapazitäten hat, um sämtliche Thüringer Stasi-Akten oder auch nur

die Unterlagen einer weiteren Außenstelle aufzunehmen. Die Konzentration auf einen einzigen Standort würde also unweigerlich dazu führen, dass ein neues Archivdepot gebaut werden müsste und andere Fragen geklärt werden müssten, die zu weiteren zusätzlichen Kosten für den Bund führen und insgesamt auch Mehrkosten mit sich bringen würden, sodass sich die Einsparungsbehauptung der Expertenkommission rasch ad absurdum führen lässt.

Das finanzielle Argument kann aus meiner Sicht aber nur eines von vielen sein. Der Wegfall von zwei Außenstellen hätte zwangsläufig eine schlechtere Erreichbarkeit und Zugänglichkeit für betroffene Bürgerinnen und Bürger zur Folge. Es entfiele zudem die bisherige Einbindung der Außenstellen in die jeweilige regionale Bildungs- und Erinnerungsarbeit, was uns ganz besonders wichtig ist. Anstatt die Aufarbeitung der SED-Diktatur zu stärken, würde die Umsetzung des Kommissionsvorschlags zumindest bei uns in Thüringen zu einer Schwächung bestehender Aufarbeitungsinitiativen führen und den Zugang zu den Akten verschlechtern. Das – so denke ich, da sind wir uns einig – kann nicht in unserem Interesse sein, denn – so ist es auch beschrieben heute in der Aktuellen Stunde – Aufarbeitung braucht Anknüpfungsorte. Die SPDFraktion lehnt daher die Streichung von zwei Außenstellen in Thüringen ganz klar und eindeutig ab.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bitte die Landesregierung im Namen meiner Fraktion, sich im gleichen Sinne beim Bund zu engagieren, denn die Stärkung der Aufarbeitung im Freistaat in Sachen DDR-Unrecht ist ein gemeinsames und, wie ich finde, ein zentrales Anliegen unserer Koalition und auch des gesamten Parlaments. Herzlichen Dank.