Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Gäste hier im Thüringer Landtag! „Importierte Kriminalität – Wo steht die innere Sicherheit in Thüringen?“ – so habe ich die Aktuelle Stunde der AfD wahrgenommen und festgestellt, dass die letzte Frage – das ist mit einem Gedankenstrich auseinandergenommen – von der AfD meiner Meinung nach nicht hinreichend analysiert und wirklich diskutiert wurde.
Wendet man sich der Frage zu „Wo steht die innere Sicherheit in Thüringen?“, so darf man aus der Presseinformation des Innenministeriums – veröffentlicht am letzten Wochenende – zur Bekanntgabe der Polizeilichen Kriminalstatistik zitieren. Dazu gibt es zwei wichtige Zitate. Erstes Zitat: „Die Summe der Straftaten ist rückläufig, gestiegen ist erfreulicherweise die Aufklärungsquote.“
Das heißt, in Thüringen ist die Anzahl aller Straftaten gesunken, die Aufklärungsquote ist gestiegen. Das Zweite ist: „Die Häufigkeitszahl der Fälle pro 100.000 Einwohner beträgt für das Jahr 2015 6.502. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Straftat zu werden, ist seit 2013 rückläufig.“ Das heißt, unter dem Strich ist Thüringen sicherer geworden und wird es auch immer weiter.
Wenn wir weniger Straftaten haben, dann müssen wir das auch so sagen und man darf nicht das Gegenteil behaupten. Schaut man sich aber genauer an, was die Statistik uns auch sagt, so zeigt sie, innerhalb der gesunkenen Gesamtzahl von Straftaten haben wir einen Anstieg von Diebstahlsdelikten. Das wird auch hinreichend ausgeführt und gar nicht im Dunkeln gelassen. Die Zahl 44.321 ist natürlich eine viel zu hohe Zahl. Diebstahlsdelikte sind im Kommen und hiergegen muss man agieren, und zwar mit den beiden Mitteln, die man in der Sicherheitspolitik hat. Das ist erstens Prävention und das ist zweitens Repression.
Richtig ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir im häuslichen Bereich enorm viel tun können und enorm viel tun müssen. Die Polizei hält dafür Informationsblätter bereit. Jeder muss etwas dazu tun, um sein Haus, um seine Wohnung sicherer zu machen, um sich vor dem Diebstahl zu schützen.
Repression – dazu komme ich jetzt gleich – und die Prävention ist, dass ich persönlich aufpasse, dass mir nichts gestohlen wird. Wenn mir etwas gestohlen wird,
Herr Möller, dann muss die staatliche Gewalt eintreten. Dafür hat Rot-Rot-Grün beste Voraussetzungen geschaffen.
Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind die Ersten, die im Haushaltsjahr den Stellenabbaupfad ausgesetzt haben. Wir haben eine ganze Klasse neuer Polizistinnen eingesetzt. Das hat niemand zuvor gemacht. Aber dennoch, weil es die
Mär der AfD ist, dass auf einmal alle Menschen feststellen würden, was Sie schon seit Jahrzehnten erzählen – solange gibt es Sie im Übrigen überhaupt noch gar nicht –, dass Sie erzählen würden, man dürfe bei der Polizei nicht mehr sparen. Wenn Sie einfach darauf schauen, was auch diese letzte Koalition schon getan hat, würden Sie erkennen, dass Sie nicht redlich argumentieren. Schon damals hatte man erkannt, wir dürfen nicht so schnell abbauen, wie man es mal geplant hatte oder wie das Finanzministerium es gefordert hatte. Wenn Sie sich damit ehrlich beschäftigen, würden Sie auch mal erkennen, dass Ihre Mär, dass Sie alle Leute darüber belehren müssten, dass wir mehr Polizei brauchen, überhaupt nichts ist, was auf Ihren Mist gewachsen ist, sondern es ist das gute Wissen der Demokratinnen und Demokraten, der Menschen, die verantwortungsvoll mit einer Sicherheitspolitik umgehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, richtig ist aber auch – und das ist eine zweite Säule –, dass wir einen Anstieg bei den nichtdeutschen Tatverdächtigen haben. Daran gibt es nichts auszuweichen oder nichts zu diskutieren, darauf müssen wir reagieren. Auch hier gibt es wieder zwei Elemente. Das eine ist Prävention, das andere ist natürlich die Repression. Was wir hier bei der Frage der Repression getan haben,
habe ich eben erläutert. Ich sage Ihnen auch noch, was wir bei der Frage der Prävention tun müssen: Auch hier müssen wir begreifen, dass die Frage des Straffälligwerdens weniger mit der Herkunft zu tun hat, vielmehr mit dem sozioökonomischen Status und der erlebten sozialen Ausgrenzung.
Hier müssen wir mit Integration ansetzen. Dann werden wir auch unser Land wieder starkmachen, zusammen mit einer gut aufgestellten Polizei.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Diebe haben im Allgemeinen sehr bewegliche Gesichtszüge und Hände; ihr Auge ist klein, unruhig, oft schie
lend, die Brauen gefältelt und stoßen zusammen; die Nase ist krumm oder stumpf [...].“ Während Cesare Lombroso Ende des 19. Jahrhunderts eher biologische Merkmale in den Mittelpunkt stellte, versucht die AfD heute, uns hier einen Zusammenhang zwischen dem Flüchtlingsstatus einerseits und der Kriminalität andererseits herzustellen, so wie das im Beitrag von Herrn Henke deutlich geworden ist. Aber ich sage Ihnen auch ganz deutlich, meine Damen und Herren, die Wirkung ist dieselbe. Es sind Vorurteile, es sind Vorverurteilungen von Menschen,
von Menschengruppen. Genau das ist auch die Absicht der AfD, weil das politische Grundverständnis der AfD sich auf ein biologistisch konstruiertes deutsches Volk stützt, weniger auf ein rechtlich begründetes Staatsvolk, und weil mit dieser Konstruktion des deutschen Volkskörpers einhergeht, Menschen, die vermeintlich nicht hierher gehören, abzulehnen, auszugrenzen, zu diskriminieren.
Das politische Kalkül Ihrerseits besteht darin, Misstrauen und Angst in dieser Gesellschaft zu säen.
Als vermeintliche Basis wird jede Zahl, jeder Einzelfall missbraucht, um einen bei näherer Betrachtung nicht bestehenden Zusammenhang zu basteln.
Meine Damen und Herren, ich möchte das auch gern verdeutlichen. Die Tatverdächtigenbelastungszahl in Thüringen beträgt für das Jahr 2015 nach Polizeilicher Kriminalstatistik 2.883. Ich habe einen anderen Bezugsrahmen gewählt. Die Tatverdächtigenbelastungszahl beträgt in der AfD-Fraktion 50.000.
Das sind, wie Herr Henke sagt, astronomische Zahlen. Und ich muss Ihnen sagen, ich stütze mich dort nur auf öffentliche Berichterstattung in den Medien, nicht auf die Polizeiliche Kriminalstatistik
(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Die Staatsmedien! Sie müssen auch die vernünf- tigen Medien lesen, so wie die „Junge Frei- heit“!)
und auch nicht auf das jederzeit vorhandene Dunkelfeld. Und wissen Sie, wie hoch dabei der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen ist? 0 Prozent!
Und was heißt das jetzt für die innere Sicherheit in Thüringen? Wie gefährlich ist die AfD tatsächlich für die öffentliche Sicherheit?
Ich möchte dann auf die Fakten zurückkommen und die Frage beantworten: Wo steht die innere Sicherheit in Thüringen tatsächlich? In Thüringen können Menschen sicher leben. Die Zahl der Straftaten ist in Thüringen gleichbleibend, im letzten Jahr leicht rückläufig. Die Aufklärungsquote ist gleichbleibend hoch und im letzten Jahr geringfügig gestiegen. Neun von zehn Tatverdächtigen sind Deutsche. Der Anteil in der Tat nicht deutscher Tatverdächtiger ist schon immer höher als ihr Anteil an der Wohnbevölkerung, und das im Übrigen unabhängig von der Zahl tatsächlich aufgenommener Flüchtlinge. Da macht das Jahr 2015 auch keine Ausnahme. Aber es gilt dann eben auch über Ursachen dafür zu diskutieren. Das setzt eben mehr voraus, als nur die schlichte Mischung aus politischer Ideologie und Einfalt, die uns hier präsentiert wurde. Es erfordert einen Blick auf soziale Situationen. Es erfordert einen Blick auf die rechtliche Lebenssituation. Es erfordert einen Blick auf tatsächliche Lebensbedingungen. Und wenn wir über nichtdeutsche Tatverdächtige reden, die in Thüringen nicht wohnhaft sind, dann erfordert es auch einen Blick auf die Lebensbedingungen außerhalb Thüringens und auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und – wenn Sie den Blick weiter richten wollen – auch außerhalb Europas. Und es erfordert auch einen sehr differenzierten Blick auf verschiedene Deliktbereiche. Die AfD hat Ihnen einige Deliktbereiche benannt. Ich kann Ihnen andere benennen. Im Bereich der Körperverletzung mit Todesfolge ausschließlich deutsche Tatverdächtige, im Bereich der Verbreitung, Besitz, Beschaffung von Kinderoder Jugendpornografie ausschließlich deutsche Tatverdächtige. Was sagt das jetzt aber im Eigentlichen darüber aus, wenn wir die Gesamtsituation betrachten? Nicht viel, denn es ist ganz sicher so, dass auch andere Ursachen als die der Herkunft maßgeblich sind, warum beispielsweise der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger bei Ladendiebstählen überproportional hoch ist, bei der Wirtschaftsund Umweltkriminalität allerdings der Anteil der deutschen Tatverdächtigen. Was das im Übrigen für die Schadenssumme für diese Gesellschaft und für die Bevölkerung in diesem Land ausmacht, das können Sie sich sehr leicht selbst ausrechnen.
Meine Damen und Herren, auch im Wissen, dass es einen absoluten Schutz vor Kriminalität nicht gibt, ist es Aufgabe, Kriminalitätsprävention zu betreiben. Kollege Adams hat bereits darauf hingewiesen. Um aber zu wissen, wie Kriminalitätsprävention erfolgreich betrieben werden kann, muss über die Ursachen gesprochen werden, diese richtig