Protocol of the Session on February 25, 2016

(Beifall SPD)

Die Standorte sind auch deshalb wichtig, weil durch sie die regionale Geschichte präsent ist, was hoffentlich weiterhin die Bevölkerung vor Ort und auch gerade Schulen zu nutzen wissen. Da die Standorte erhalten bleiben, ergeben sich auch keine Veränderungen der Arbeitsorte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

(Beifall SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich denke, damit leistet die Staatskanzlei in ihrer Zuständigkeit einen nicht wahnsinnig riesigen, aber – ich sage mal – einen kleineren Beitrag zur Modernisierung und Verbesserung der Verwaltungsstruktur, wie es sich die Landesregierung vorgenommen hat. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär Krückels. Ich eröffne damit die Aussprache und Frau Abgeordnete Walsmann hat als Erste das Wort.

(Zwischenruf Abg. Walsmann, CDU: Nein!)

Dann Frau Abgeordnete Marx für die SPD-Fraktion.

(Präsident Carius)

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sind bei der Änderung des Thüringer Archivgesetzes, dem Gesetzvorschlag der Landesregierung. Dieser Gesetzentwurf sieht vor, dass das Hauptstaatsarchiv Weimar mit den Staatsarchiven Altenburg, Greiz, Gotha, Meiningen und Rudolstadt zu einem neuen Landesarchiv Thüringen zusammengefasst werden soll, wobei aber, das ist schon mal sehr wichtig, die einzelnen Standorte beibehalten bleiben.

(Beifall SPD)

Der Leiter des neuen Landesarchivs soll ein Dienstvorgesetzter aller Mitarbeiter der neuen Einrichtung werden. Vorgesehen ist dafür erst einmal wahrscheinlich der Leiter des Hauptstaatsarchivs Weimar. Die bisherigen Leiter der Staatsarchive würden nach diesem Gesetzentwurf Abteilungsleiter des neuen Landesarchivs werden und Vorgesetzte der Mitarbeiter ihrer jeweiligen Dienststelle, also der beibehaltenen anderen Archive. Wie gesagt, das sollen keine Nebenstellen werden. Das ist schon mal sehr wichtig, weil in der Presse von Oppositionsabgeordneten wohl jetzt andere Befürchtungen geäußert werden.

Die mit der vorliegenden Novelle intendierte Schaffung eines Thüringer Landesarchivs ist per se nichts Ungewöhnliches. Ähnlich strukturierte, durch die Zusammenfassung zuvor eigenständiger Staatsarchive entstandene Landesarchive gibt es bereits in sieben anderen Bundesländern. In Baden-Württemberg, in Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben wir auch schon ein Landesarchiv mit Unterarchiven oder Nebenarchiven. In all diesen Ländern ist es bei der Errichtung des jeweiligen Landesarchivs natürlich auch erst einmal zu durchaus kontroversen fachlichen und politischen Debatten gekommen. Im Fokus hat aber jedes Mal die Frage gestanden, wie die Kompetenzverteilung zwischen der geplanten neuen Zentrale des Landesarchivs und den jeweiligen Einzelstandorten erfolgen muss, damit standortübergreifende, archivfachliche, organisatorische und administrative Entscheidungen gebündelt werden, gleichzeitig aber auch ein nötiger Entscheidungsspielraum vor Ort erhalten bleibt.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Das ist uns sehr wichtig. Zentralisierung und Effizienzsteigerung können wir befürworten. Zentralismus und unnötige Bürokratisierung lehnen wir allerdings ab. Auf diesen Nenner lassen sich auch bisher gefundene Lösungen anderer Bundesländer bei der Schaffung von Landesarchiven bringen. Wir wollen deswegen als Regierungskoalition bei der weiteren Beratung des von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurfs stark darauf achten,

dass wir dieses Ziel auch hier erreichen. Daher nehmen wir – und das sage ich hier ganz offen – die fachlichen Vorbehalte, die aus den Reihen der Archivarinnen und Archivare an uns herangetragen worden sind, sehr ernst und wollen sie berücksichtigen. Da geht zum einen die Sorge um, dass künftig jeder Bleistift bei der Zentrale in Weimar bestellt und abgerechnet werden müsste. Zum anderen wird befürchtet, dass es eventuell gar keinen Spielraum mehr für eigenständige, ganz auf die jeweilige Lokal- und Regionalgeschichte fokussierende Forschungspublikationsund Ausstellungsvorhaben geben werde oder etwa, dass die kleineren Standorte gar schon wie zu DDR-Zeiten zu reinen Außenstellen des Hauptstaatsarchivs Weimar degradiert werden könnten. Diese Sorge wollen wir den bisherigen fünf Staatsarchiven gern nehmen, denn einen Rückfall in den 1990 glücklicherweise überwundenen Archivzentralismus plant weder die Landesregierung noch wir als Koalitionsfraktion.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen daher den Gesetzentwurf im zuständigen Europa- und Kulturausschuss fachlich weiterdiskutieren und dort auch eine Anhörung zur Novellierung durchführen. Dabei wird es aus Sicht meiner Fraktion insbesondere um die Frage gehen, ob es tatsächlich genügt, alle Details zur Struktur und Organisation des künftigen Landesarchivs in einer nachgelagerten Geschäftsordnung zu regeln, wie das bisher die Landesregierung wohl plant, oder ob es nicht doch sinnvoller ist, einzelne Parameter bereits im Archivgesetz festzuschreiben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In diese Diskussion geht meine Fraktion ergebnisoffen hinein und in diesem Sinne freuen wir uns auch auf die weitere Beratung der Novelle im Fachausschuss und beantragen die Überweisung an diesen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Marx. Das Wort erhält nun Abgeordneter Kellner für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat das Erste Gesetz zur Änderung des Thüringer Archivgesetzes heute vorgelegt. Die Abschaffung der seit der Gründung des Landes Thüringen bewährten Eigenständigkeit der sechs Thüringer Staatsarchive soll damit erfolgen, indem man – und der Meinung bin ich schon – hier etwas

zentralisiert. Das, was immer abgestritten wurde, wird meiner Ansicht nach mit dem Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Es wird hier zentralisiert und die sechs Staatsarchive werden in ihrer Eigenständigkeit beschnitten. Es wird ja auch angeführt, Ziel des Entwurfs sei die Gewährleistung einer effizienteren und einheitlichen Arbeitsweise in der staatlichen Archivverwaltung. Da stellt sich natürlich für mich die Frage: Wurde bis jetzt in den Staatsarchiven nicht effizient gearbeitet? Die Frage drängt sich auf und auch in der Einführung des Staatssekretärs ist die Antwort offengeblieben, wie er sich denn die Effizienz vorstellt. Er hat zwar Beispiele genannt, ich komme gleich darauf zurück, die es aber meiner Ansicht und meinem Kenntnisstand nach schon lange gibt. Aus unserer Sicht geht es hier in Richtung Zentralisierung. Auch hier wurde das Regierungskonzept 2013 – was damals von der Landesverwaltung erarbeitet und vorgestellt wurde, das sogenannte blaue Wunder, so haben wir das ja genannt –, das 2013 als Entwurf aufgelegt wurde, hier als Erstes als Argument angeführt, wonach das der Ursprung war. Wir haben das damals bewusst nicht genommen. Das hatte auch seinen Grund. 2013 ist es vorgeschlagen worden von einer Expertenkommission, die aus unserer Sicht nicht die Experten waren, die wir letztendlich dafür brauchten. Da braucht man nämlich eine ganze Menge Fachkenntnis und auch regionale Kenntnisse und das wurde an der Stelle nicht mit berücksichtigt. Deswegen wurde es auch nicht umgesetzt. Deswegen liegt es auch noch nach wie vor, das blaue Wunder, bei uns in der Schublade. Sie haben es jetzt rausgeholt und meinen, Sie müssten damit was Neues gestalten, was sich aus unserer Sicht aber bewährt hat. Ich bleibe dabei, dass es eine Zentralisierung wird und eine Beschneidung der einzelnen Staatsarchive. Auch wenn in § 8 Ihres Gesetzentwurfs festgelegt wird, dass zukünftig alles Archivgut über Weimar eingebracht werden soll und dann wahrscheinlich die Aufteilung der einzelnen Staatsarchive weitergeführt wird, ist das natürlich bürokratischer Aufwand, den man mir so nicht erklären kann, dass das alles kostenneutral vonstattengehen soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch was angeführt wurde, dass man effektiver arbeiten kann, indem man mehrere Sachen zusammen macht oder zusammenführt, muss ich sagen, das ist schon lange der Fall. Die Staatsarchive arbeiten eng zusammen, man hat eine gemeinsame ITTechnik, Verwaltung, Soft- und Hardware, man hat einen gemeinsamen Fuhrpark, man hat Hausmeisterdienste, man hat auch konservatorische Werkstätten gemeinsam. Man hat schon sehr viel zusammengeführt, insgesamt neun Aufgaben werden von diesen sechs Staatsarchiven regelmäßig und ständig gemeinsam verwaltet und erarbeitet. An der Stelle weiß ich nicht, was da an Erneuerung kommen soll. Mir erschließt sich das, ehrlich gesagt,

überhaupt nicht, weil das, was Sie aufgeführt haben, schon seit Jahren Bestand ist.

Ich will noch auf eines hinweisen: Die Eigenständigkeit hat natürlich auch den Vorteil für die einzelnen Staatsarchive, dass sie schnell und effizient in den Regionen arbeiten können. Sie sind Anlaufstellen etwa für Bürger und Vereine, die für Ausstellungen und Veranstaltungen Hilfe und das entsprechende Fachwissen haben möchten. Das können sie sich dann in dem Staatsarchiv holen. Das hat sich in den letzten Jahren sehr bewährt, die kurzen Wege und vor allem die freie Hand, die das einzelne Staatsarchiv in der Region hat, auch über das Personal zu verfügen, entsprechendes Budget zu haben und auch entscheiden zu können, was wichtig und was weniger wichtig ist.

Bei dem Entwurf, den Sie vorgelegt haben, geht das alles in Richtung Weimar. Man muss erst in Weimar beantragen, auch wenn das jetzt immer gut klingt, dass man sagt, die sind alle noch in Gotha, die sind auch noch in Altenburg, die sind auch noch in Greiz und das Personal bleibt auch hier. Das wird schon mal bejubelt, dass das Personal da bleibt. Es soll zum Schluss trotzdem Weimar entscheiden, weil die Häuser kein eigenes Budget haben. Ob das Personal da bleibt oder nicht da bleibt, das weiß ich nicht. Das entscheidet Weimar.

(Zwischenruf Abg. Mitteldorf, DIE LINKE: Er- zählen Sie doch nicht so einen Quatsch!)

Zumindest steht nichts im Gesetz, dass ein Budget in den einzelnen Staatsarchiven vorhanden ist oder bleibt und dass das Personal dort auch Bestand hat, das steht nicht im Gesetz. Da muss ich sagen, darauf sollte man schon achten, dass es zukünftig so festgelegt wird, dass es auch bleibt. Über eine Verordnung, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man vieles regeln. Da braucht man auch uns in diesem Haus nicht mehr. Davor möchte ich an der Stelle warnen, dass man nicht rechtzeitig darauf achtet, dass so was, wenn man so was machen will, auch in das Gesetz kommt, dass die Sicherheit in diesen einzelnen Staatsarchiven auch zukünftig bleibt.

Was mir noch aufgefallen ist – ich habe auch mit den Betroffenen gesprochen –, man hätte erwarten können, dass Sie im Vorfeld mit den Betroffenen sprechen,

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aber bitte, Herr Kellner, jetzt wird es aber peinlich!)

die Landesregierung.

Das ist wohl nicht passiert, ich weiß nicht warum. Vielleicht hat man Angst, das zu hören, was man nicht hören will, doch es ist nicht im Vorfeld gesprochen worden. Aber das haben wir heute schon mehrfach gehört, dass nicht mit Betroffenen ge

sprochen wird. Das zieht sich, wie Herr Kollege Gruhner sagt, als rot-rot-grüner Faden durch die ganze Regierungszeit.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum glauben Sie, das behaup- ten zu müssen?)

Also auch hier an der Stelle ist man gut beraten, mit den Kollegen im Vorfeld zu sprechen. Wir haben das getan. Wir werden auch darauf achten, dass entsprechend die Staatsarchive nicht beschnitten werden und für die Regionen auch der Ansprechpartner und der Anlaufpunkt bleiben, den sie in den letzten zurückliegenden 20 Jahren hatten. Dafür werden wir sorgen. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. Wir unterstützen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss zu verweisen, möchten aber auch sagen, dass entsprechende Fachleute dann in einer umfangreichen Anhörung gehört werden, die uns – so denke ich mal – in der Auffassung unterstützen, dass die Staatsarchive weitestgehend eigenständig bleiben müssen – im Interesse unserer Regionen, im Interesse Thüringens. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke schön, Herr Kellner. Als Nächste hat Abgeordnete Henfling für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Also Herr Kellner, ich muss mich schon sehr wundern. Ich fand schon Ihre Verlautbarung über die Presse weit weg von fachlicher Kommentierung dieses Gesetzes.

(Beifall DIE LINKE)

Aber bei dem, was Sie jetzt hier noch mal angebracht haben, da stelle ich dann auch die Lesekompetenz infrage.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich glaube, Sie machen als CDU-Fraktion nicht das erste Mal einen Gesetzentwurf, den Sie hier vorlegen. Dann wissen Sie sicherlich auch, dass es Dinge gibt, die untergesetzlich geregelt werden, die man nicht in ein Gesetz reinschreibt. Wenn man eine Leitung hat und wenn man Abteilungsleiter hat, dann schreibt man nicht noch mal extra in das Gesetz rein, dass die Abteilungsleiter übrigens auch die Vorgesetzten des Personals sind. Sie müssen uns auch nicht für dumm halten. Erstens gab es sehr intensive Gespräche sowohl von Abgeordneten als auch vonseiten der Staatskanzlei mit den Betroffenen in den Staatsarchiven.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist also schlicht und ergreifend eine Unwahrheit, zu behaupten, es gäbe keine Gespräche. Außerdem sind Anregungen, soweit ich das weiß, aus den Staatsarchiven bereits in diesen Gesetzentwurf eingeflossen. Das ist also einfach nicht wahr, was Sie hier sagen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, wir verstehen die Sorge der Archive, dass sie ihre eigene Identität erhalten wollen, dass Sie regional verankert sein wollen. Das ist uns übrigens auch wichtig, Herr Kellner. Deswegen sind wir da auch mit großem Bedacht herangegangen. Wir sehen aber nicht – im Gegensatz zu Ihnen –, warum die Staatsarchive ihre regionale Identität und ihre Verankerung verlieren sollten. Haben Sie irgendwo gelesen, dass wir eine Abteilung, ein Archiv in irgendeiner Stadt schließen wollen? Das steht nicht in diesem Gesetz drin.

(Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Habe ich auch nicht gesagt!)

Na doch, Sie reden die ganze Zeit von: Es werden sich Wege verändern. Warum sollen sich denn Wege verändern? Die Staatsarchive bleiben an Ort und Stelle. Es wird diese Staatsarchive weiterhin geben und sie werden auch regional verankert sein und werden dort auch ihre Arbeit weitermachen dürfen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)