Nun muss man sich die Frage stellen, ob den Herrschaften von SPD und Linke mehr zum Vorfall bekannt ist als dem Staatsschutz. Bei den zahlreichen
man fragt sich aber dann, wieso diese Ergebnisse nicht sofort den ermittelnden Stellen zugesandt werden.
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist doch eine Aktuelle Stunde und keine Vor- lesestunde! Oder, Herr Präsident?)
Im Übrigen darf ich an dieser Stelle auf die Kleine Anfrage der AfD-Fraktion vom letzten Dezember verweisen. Aus der Antwort des Innenministeriums geht hervor, dass bei allen bekannten Brandanschlägen gegen Asylbewerberunterkünfte in Thüringen bisher in keinem einzigen Fall bekannt ist, dass sich Rechtsextremisten daran beteiligt hätten; der einzig ermittelte Tatverdächtige sei sogar nicht deutscher Herkunft.
Bei Schnellschüssen wie im Titel der heutigen Aktuellen Stunde oder wie auch beim bedauerlichen Vorfall der Handgranate in Baden-Württemberg handelte es sich um eine faktische Aushebelung unserer rechtsstaatlichen Institutionen.
Wenn im Nachhinein wie in Baden-Württemberg bekannt wird, dass es doch keine Rechtsextremisten waren, die die Tat verübten, werden die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen gekonnt ignoriert. Bundesjustizminister Maas macht es vor. Entsetzlich ist auch, dass ständig eine Nähe der AfD zu solchen Untaten postuliert wird. Sie, meine Damen und Herren, werfen uns permanent Hetze und geistige Brandstiftung vor, handeln aber schlicht und ergreifend menschenverachtend.
Oder war es nicht der sächsische Ministerpräsident Tillich, der am Wochenende davon sprach, dass es keine Menschen seien, die in Sachsen gegen die Einrichtung eines Asylbewerberheims protestiert hätten? Damit hat Tillich die unterste Grenze von Gesetz und Anstand, die bei solchen Übergriffen wie in Kahla oder auch in Bautzen zweifellos erreicht ist, noch einmal unterschritten. Wenn Menschen anders denken und handeln, als man es selbst für richtig hält, ist es durchaus legitim, sie als unsympathisch, abscheulich oder sogar als Verbrecher zu bezeichnen. Vom Recht auf freie Mei
nungsäußerung ist dies jedenfalls gedeckt. Mit der Menschlichkeit ist es aber etwas anderes. Diejenigen, die davon reden, sie hätten aus den dunkelsten Kapiteln der deutschen Geschichte etwas gelernt, beweisen das Gegenteil, wenn sie wie Stanislaw Tillich oder wie zahlreiche Mitglieder der Regierungsfraktionen in diesem Hause Andersdenkenden das Menschsein absprechen.
Fakt ist, dass es ein Armutszeugnis für die Politik ist, wenn Menschen glauben, zu solchen Mitteln wie Steinen oder Brandsätzen greifen zu müssen, weil sie sich vom demokratischen Diskurs ausgeschlossen fühlen.
Meine Damen und Herren! „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“, heißt es vollkommen zu Recht in Artikel 1 des Grundgesetzes. Vergessen Sie aber auch nicht Artikel 20: „ […] die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“ Keine Vorverurteilung, keine Instrumentalisierung solcher Verbrechen für politische Zwecke! Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Anwesende auf der Tribüne, liebe Zuhörer und Zuschauerinnen am Livestream! In welchem Land leben wir eigentlich, in dem im Jahr 2015 mehr als tausend Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte stattgefunden haben und allein in diesem Jahr schon mehr als hundert, wo noch nicht einmal zwei Monate um sind?
In welchem Land leben wir eigentlich, wo sich Abgeordnete des Thüringer Landtags hier vorn hinstellen und erzählen, das hätte nichts mit rechts zu tun und nichts mit Neonazis und Ähnlichem mehr? In welchem Land leben wir, in dem es Abgeordneten der AfD nicht gelingt, ein Fragezeichen in einem Titel zu erkennen, und sie uns hier unterstellen, dass wir Behauptungen und Ermittlungsergebnisse vorwegnehmen würden?
(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Wir leben in einem Land, in dem Sie regieren! Frau Kö- nig, fahren Sie fort, aber ganz weit!)
Herr Brandner, wir wollen jetzt keine Zwiegespräche. Frau Abgeordnete König hat das Wort. Bitte schön!
In Thüringen laufen bei den Demonstrationen, von denen es im Jahr 2015 125 gab, die rassistische, fremdenfeindliche Inhalte zum Thema hatten, die ehemaligen Mitglieder des Thüringer Heimatschutzes mit, zum Teil organisieren sie diese sogar, zum Teil sogar aus dem sogenannten NSU-Unterstützerumfeld. Und die Proteste dagegen lassen nach. Das Problem in unserer Gesellschaft sind nicht zuletzt – und das ist auch nicht die höchste Eskalationsstufe, die es gibt, leider ist es das noch nicht – die Brandanschläge, die stattfinden, sondern ist der Rassismus, der sich überall quer durch alle Gesellschaftsschichten hinwegzieht und gegen den es leider viel zu wenig Aufstand gibt.
Ich freue mich, dass zum Beispiel Herr Fiedler bei den Protesten gegen den Thüringentag der Nationalen Jugend in Kahla damals bereit war, sich mit auf die Demonstration zu stellen, dort eine Rede zu halten und klar bekannt hat, dass die CDU, wenn es darum geht, Neonazis in die Schranken zu weisen, dieses auch kann und dieses auch tut. Dafür sage ich ein Danke an Herrn Fiedler und ein Danke an diejenigen in der CDU, die dabei unterstützen.
Das, was in Kahla durch den Brandanschlag erreicht wurde, das, was in anderen Städten durch entsprechende Übergriffe, sei es auf diejenigen, die helfen, sei es auf Geflüchtete oder auf Menschen, die nicht in das Menschenbild von Neonazis, von Rassisten und Antisemiten passen, erzeugt wird, sind Angst, Paranoia, Einschüchterung, Panikattacken und letztlich Versuche, die Proteste dagegen zurückzudrängen. Ich sage ganz klar – ähnlich wie meine Kolleginnen Diana Lehmann und Madeleine Henfling: Danke an die in Kahla, die durchhalten und die nicht nur im Jahr 2015 durchhalten, sondern die dort schon seit Jahren versuchen, diesem Alltagsrassismus etwas entgegenzusetzen.
Ich möchte kurz aus einem Kommentar der großartigen Mely Kiyak zitieren, die eine wöchentliche Kolumne hat und deren letzter Kommentar sich unter anderem darum dreht, was denn eigentlich in diesem Land los ist. Es heißt in diesem Kommentar: „Wie sollen Minderheiten in diesem Land jemals Solidarität mit diesem Staat entwickeln, wenn sie seit Jahrzehnten sehen, dass Rassismus, dieser riesige, blinde, schamvolle Fleck, irrsinnige Gräben quer durch die Bevölkerung reißt? Wie sollen die Kinder der Einwanderer jemals Respekt vor der Polizei haben, wenn sie Bilder wie die aus Clausnitz sehen? Wie soll das gehen? Wie soll das gehen, dass die Demokratie für Pegida und AfD hochgehalten wird, dass man deren Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit bis aufs letzte Streichholz verteidigt, aber diejenigen, die sich den Opfern nahe fühlen, die Muslime, die ehemaligen türkischen Gastarbeiter und anderen Minderheiten, auch nach Jahrzehnten kein Wahlrecht haben, um an den Urnen in Baden-Württemberg oder anderswo gegen das rechtspopulistische Geschwätz von Julia Klöckner oder Boris Palmer zu opponieren?
Man stelle sich vor, dass Millionen türkischer Gastarbeiter mit Mistgabeln aufbegehren würden und mit Gewalt unter Anzünden von Parteibüros und anderer krimineller Delikte das Wahlrecht fordern, dass sie mit gerolltem R ‚Wir sind das Volk‘ schreien. Welcher Politiker würde mit ihnen Schnittchen essen und ihre Sorgen ernst nehmen? Wer würde an ihrer Seite für Demokratie und Gleichberechtigung kämpfen?
Zuletzt: Es gab nicht nur den Brandanschlag in Kahla. Es gab in Jena Übergriffe auf syrische Geflüchtete,
Es gab in Erfurt Angriffe auf Geflüchtete und es gab in Dörnfeld einen Angriff mit Eisenstangen und Messer auf eine Flüchtlingsunterkunft. Das sind nur drei von den mehr als zehn Übergriffen, die es allein im Jahr 2016 in Thüringen schon gegeben hat. Wenn wir nicht endlich erkennen, dass das Problem Rassismus heißt und dass wir da in unseren
eigenen Reihen bei unseren eigenen Kollegen, Nachbarn, Angehörigen und Freunden beginnen müssen, dagegen vorzugehen, wird sich hier in diesem Land vieles zum Schlechten verändern. Das will ich nicht.