Protocol of the Session on November 6, 2015

Ja, das hören Sie nicht gern, das kann ich mir vorstellen.

(Beifall AfD)

Ein paar Punkte Ihres Antrags könnten wir – isoliert betrachtet – mittragen, etwa die Stärkung der Autonomie der Hochschulen. Das finden Sie sogar in unserem Wahlprogramm. Denn seit jeher fordert die AfD, dass es den Thüringer Hochschulen möglich sein soll, selbst zu entscheiden, ob sie die Bachelor- oder Masterstudiengänge beibehalten oder zu den Diplomstudiengängen zurückkehren wollen. Die Neustrukturierung der Studiengänge im Rahmen des sogenannten Bologna-Prozesses hat vor allem in der Lehre die traditionellen Stärken der deutschen Universität durch überbordende Bürokratie schwer beschädigt. Entgegen dem ursprünglichen Plan hat der Bologna-Prozess zu einer Verschlechterung der Vergleichbarkeit von Abschlüssen, zu geringerer Mobilität und einer weitgehenden Verschulung des Studiums geführt. In vielen Fächern ist der Bachelor zwar formal ein berufsqualifizierender Abschluss, faktisch jedoch ohne den Master unbrauchbar.

(Beifall AfD)

Das ist ein unterirdisches Ergebnis für das einstmals hochgelobte deutsche Hochschulwesen, in dem es vor Bologna deutlich besser aussah.

(Beifall AfD)

So etwas kommt eben dabei raus, wenn Politiker das ideologische Konzept eines vereinten Europas verfolgen, ohne nationalstaatliche Interessen und Besonderheiten zu beachten. Man muss nicht alles mitmachen, vor allem dann, wenn man selbst eigentlich schon, was die Ausprägung des Hochschulwesens angeht, in Europa an der Spitze steht. Ich offenbare Ihnen noch einen Hinweis, wie Sie zum Beispiel Ihren Punkt c) verwirklichen könnten, der die Maßnahmen zur besseren Studierbarkeit betrifft. Diese war gegeben, als es noch Diplomabschlüsse gab.

(Beifall AfD)

Des Weiteren wäre es für uns zumindest grundsätzlich isoliert zustimmungsfähig, eine Verbesserung der Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen Thüringens herbeizuführen. Als wir dazu vor Monaten unseren Antrag gestellt hatten, hatten Sie leider Ihre Ablehnungsreflexe nicht im Griff. Für uns stand damals wie heute eine Verbesserung der Beschäftigungsverhältnisse der schwächsten Gruppe an den Hochschulen im Mittelpunkt, das sind die Lehrbeauftragten und die freiberuflichen Honorarkräfte, die Jahr für Jahr, Semester für Semester planmäßig eingesetzt werden, um wie wissenschaftliche Mitarbeiter, Postdocs oder Professoren Wissen an Studenten zu vermitteln. Aber anders als die genannten anderen Berufsgruppen befinden sich die freiberuflichen Lehrkräfte in der Regel am Existenzminimum ohne jede Planungssicherheit über das Ende des Semesters hinaus und ohne die Chance, auch nur eine minimale Alterssicherung aufbauen zu können. Es ist im Übrigen auch ein Märchen, dass das die Ausnahme wäre und dass das sowieso alles Nebenberufler wären. Die Realität an den Universitäten – da spreche ich mal in Ihre Richtung – sieht leider ganz anders aus. Wir bezweifeln jedoch, dass sich die Vertreter der Honorarkräfte unter Ihren Dialogpartnern befinden werden, denn Ihre Funktionärsgenossen von der GEW, Herr Wolf, kümmern sich lieber um die Arbeitnehmer und eben nicht ernsthaft um solche freiberuflich Geknechteten.

(Beifall AfD)

Wie gesagt: Isoliert betrachtet würden wir diesen beiden Punkten zustimmen können. Aber da wir Ihre Dialogbereitschaft bereits zur Genüge kennengelernt haben, wissen wir natürlich, dass Ihnen das völlig schnurz ist und Sie Ihr Ding einfach ohne uns durchziehen werden. Dem gesamten Antrag können wir eben aus den genannten Gründen nicht zustimmen. Deswegen werden wir ihn ablehnen und

ich denke, ich habe auch deutlich genug gemacht, warum. Danke.

(Beifall AfD)

Als Nächste hat das Wort Frau Abgeordnete Mühlbauer, SPD-Fraktion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Zuschauer und Zuschauerinnen auf den Tribünen, sehr geehrter Herr Präsident! Herr Möller, ich kommentiere Ihren Beitrag heute nicht. Das war ein Potpourri der Redebeiträge der vergangenen zwei Tage, fällt unter den Faktor der Wiederholung.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Gestern waren wir emotionaler, Frau Mühlbauer!)

Keine Sorge, ich habe mich im Griff. Lassen Sie mich zwei, drei Punkte sagen und vor allem noch mal herzlichsten Dank auch zu den Koalitionspartnern. Vielen Dank, Madeleine Henfling, vielen Dank, Christian Schaft für die gute Zusammenarbeit zu dem Punkt. Christian Schaft hat es inhaltlich auf den Punkt gebracht.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Können Sie das später noch klären?)

Ich will in Ihre Richtung nur zwei, drei Punkte noch mal rausarbeiten, die Christian Schaft und Madeleine Henfling gesagt haben, und würde mich freuen, Herr Dr. Voigt, wenn wir das gemeinsam weiterentwickeln, weil ich glaube, die Hochschule ist das Kernthema, für das wir hier alle brennen und das auch ganz wichtig ist. Lassen Sie mich eine Anmerkung in Ihre Richtung machen. Ihre zwei Wege haben sich mir nicht erschlossen. Ich würde das ganz gern kommentieren mit dem Satz: Man muss das eine tun und das andere weiterdenken. Der Dialogprozess, den wir jetzt zur Novellierung dieser Hochschulgesetzgebungen starten, ist ein Weg, den wir gemeinsam gestalten, der nicht abgeschlossen sein kann, weil er sich in dem Prozess entwickelt, der aber ein ganz wesentlicher Prozess ist, wenn man akzeptieren möchte, dass man nicht alleine Kernkompetenzen besitzt, sondern diese Kompetenzen in den Netzwerken mit entwickeln möchte. Deswegen begrüße ich das. Die Dialogveranstaltung initiieren wir – der Kollege Schaft und die Kollegin Henfling haben es schon gesagt, ich möchte es noch mal deutlich unterstreichen –, um die Novellierung der anstehenden Hochschulgesetzgebungen – und das sind diverse – hier mit zu begleiten, hier mit zu diskutieren und mit zu entwickeln. Das ist ein ganz wesentlicher demokratischer Prozess, der uns allen guttut und der uns alle zu einer Weiterentwicklung bringt.

Ich sage ganz deutlich zwei Punkte, ich will hier nicht alles wiederholen, was Sie in Bandbreiten, jeder in seiner Berechtigung gesagt haben, auch Herr Voigt und Herr Schaft. Ich will eins deutlich sagen, weil die Veranstaltung am 25.09. von Ihnen, Herr Kollege Schaft, „Gute Arbeit in der Wissenschaft“ noch mal deutlich den Herrschinger Kodex herausgearbeitet hat. Das will ich auch in der Deutlichkeit der Sozialdemokratin sagen: Das ist eines der Dinge, mit denen wir uns beschäftigen müssen, die zwingend gefordert sind, die Absicherung in der Promotionsphase, berechenbare Perspektiven für diese Menschen, Mindeststandards für befristete Beschäftigungsverhältnisse und natürlich angemessene Vergütungen. Da sind wir gefordert, da müssen wir Lösungsansätze bringen, wie für familienfreundliche Gestaltung, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen und natürlich auch aktive Personalentwicklung, Personalplanung, -management. Das sind Dinge, die wir in dem Dialogprozess diskutieren, beteiligen und ich denke, hier steht es uns auch gut an. Werter Herr Voigt, ich denke, wir haben unseren Ansatz noch mal verdeutlicht. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich unserem Antrag anschließen könnten, weil Ihrer leider obsolet ist.

Außer den genannten Gründen, dass Sie sich diese Zielorientierung vielleicht nicht erschließen konnten, ist vor allem ein Punkt vollkommen undurchführbar. Sie fordern in Ihrem Antrag, lassen Sie mich kurz diskutieren, dass dieser Prozess bis spätestens Dezember 2015 abgeschlossen werden sollte. Zu diesem Zweck sollen unter Federführung des zuständigen Wissenschaftsministers bis spätestens Dezember 2015 verschiedene Dialogforen initiiert werden und auch Ergebnisse resultieren. Das ist zu kurz gedacht, das ist zu kurz geworfen, vor allem, wenn wir hier einen größeren Prozess mit andenken. Aus diesem Grund werbe ich für unseren Antrag: Das eine tun, das andere nicht lassen. Ich bedanke mich für Ihre Geduld und bitte um Zustimmung.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Frau Abgeordnete. Ich habe noch eine Wortmeldung von Herrn Abgeordneten Dr. Voigt.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank für die Erklärung Ihres Antrags, überzeugt hat es mich trotzdem nicht mehr, Frau Mühlbauer.

(Beifall CDU)

In der Tat ist es so: Das eine tun, das andere nicht lassen, das ist immer ein guter Maßstab. Aber

(Abg. Möller)

warum ich darauf so vehement poche, dass Sie Ihren Fokus schärfen, hängt auch damit zusammen, dass ich die Erfahrung des Hochschuldialogs der letzten Legislatur und der drei Jahre gemacht habe. Es bringt absolut nichts, wenn man vermengt, eine konkrete Gesetzesnovelle mit den Betroffenen gemeinschaftlich zu diskutieren und zu entwickeln, und auf der anderen Seite langfristige Trends diskutieren zu wollen. Das führt zu einer Debatte, in der wir über alles und nichts reden, aber am Ende keine konkreten Resultate haben.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist das, was ich bemängele.

(Beifall CDU)

Weil Sie sagten, Sie wollen nur diese Gesetzesnovelle mit denen diskutieren: Wenn Sie es aber ernst meinen, dann darf nicht das stimmen, was Herr Schaft hier gerade vorgetragen hat, weil Teil der Hochschulentwicklungsstrategie sehr genau der Ausfluss des damaligen Hochschulstrukturforums ist, wo ganz klar drinsteht, dass die Teilnehmer des Hochschulstrukturforums die Managementstrukturen nicht bemängeln, deswegen hält das Land Thüringen in der Hochschulentwicklungsstrategie an den bestehenden Managementstrukturen fest. Das, was Sie hier vorgetragen haben, Kollege Schaft, ist genau das Gegenteil – Sie wollen es verändern. Ich kann, offen gestanden, nicht erkennen, warum das sinnvoll sein soll. Derselbe Peer Pasternack, den Sie zitiert haben, hat dem Thüringer System der Hochschulräte ein positives Votum ausgestellt. Das heißt, im Vergleich von vielen Hochschulräten deutschlandweit hat Thüringen ein gutes System. Warum sollen wir es bitte schön verändern?

(Beifall CDU, AfD)

Ich will es konkret machen. Wissen Sie, der Vorsitzende des Hochschulrats der Universität Jena, unserer größten Universität, ist der ehemalige Generalsekretär der Hochschulrektorenkonferenz – wie viel Expertise wollen Sie denn noch an der Spitze haben! Das ist quasi das bundesweite Leitungsgremium gewesen und das steht dem Hochschulrat unserer größten Universität vor. Ich glaube, das ist ein exzellenter Ausweis.

(Beifall CDU)

Wenn wir uns den Hochschulrat der TU Ilmenau anschauen, da sind die Gleichstellungsbeauftragte, der Personalratsvorsitzende, ein Vertreter des Studentenrats und ein studentischer Konsul beteiligt. Das sind alles Leute, die auch tatsächlich dort mitwirken. Jetzt werden Sie bestimmt sagen, na gut, die haben nur Rederecht – aber trotzdem sind die aktiv beteiligt. Ich glaube, dass wir an der Stelle wirklich aufpassen sollten, dass wir nicht etwas, was gut ist, mutwillig zerstören, weil wir glauben, die Gruppenuniversität der 70er-Jahre wieder hier

vorbeten zu können. Das halte ich, offen gestanden, für falsch.

(Beifall CDU, AfD)

Ich will nicht so weit gehen wie der Thüringer Rechnungshof, der die Abschaffung der verfassten Studentenschaft gefordert hat. Das halte ich für falsch. Aber ich sage – auch als ehemaliger hochschulpolitischer Referent der FSU –, ich halte es trotzdem für bedenkenswert – und zumindest müssen wir uns die Frage stellen, wie wir das verändern können –, wenn wir keine höhere Wahlbeteiligung bei Studentenräten als 20 Prozent haben. Das heißt, wenn zumeist weniger als ein Fünftel, manchmal sogar weniger als ein Zehntel zu Studentenratswahlen gehen, dann haben wir offensichtlich ein massives Legitimationsproblem unserer Studentenräte. Das ist etwas, was wir gemeinschaftlich angehen müssen, aber das muss uns doch auch eine Debatte wert sein.

Kollege Schaft, Sie sprachen an: beruflich Qualifizierte 1,4 Prozent. Ich halte das genauso für schwierig. Nur glauben Sie doch nicht ernsthafterweise, wir machen eine Gesetzesnovelle im Jahr 2013 und zwei Jahre später stellen wir fest, ups, die Rate ist ja noch nicht signifikant gesteigert, jetzt müssen wir da noch mal etwas ändern. Ich glaube, mehr als öffnen können wir nicht, denn mittlerweile haben wir eine der liberalsten Regelungen, wenn es um die Frage geht, beruflich Qualifizierte an die Hochschulen zu lassen. Die Hochschulen können selbst entscheiden, entweder Probestudium oder Aufnahmetest. Was wollen wir denn noch mehr? Wir haben wirklich eine extrem liberale Regelung, was soll denn an dieser Stelle bitte schön noch mal reformiert werden? Das hat sich mir nicht erschlossen.

Ein letzter Punkt, Sie sprachen soziale Themen an. Sie wissen, dass mir das, gerade auch im Hinblick auf das Thüringer Studentenwerk, sehr wichtig ist. Nur mit Verlaub, in Ihrem Doppelhaushalt 2016/ 2017 vermisse ich ernsthafterweise die bessere Unterstützung des Studentenwerks. Ich habe damals mit dem Kollegen Hartung dafür gesorgt, dass die dreiprozentige Degression bei der institutionellen Zuschussförderung des Studentenwerks gekappt wurde, dass wir es erst mal auf 5 Millionen gesteigert haben. Wir haben aber gleichzeitig darüber gesprochen, dass wir nach drei Jahren schauen wollen, ob wir nicht die institutionelle Förderung steigern. In Ihrem Doppelhaushaltsentwurf steht dazu nichts drin. Sie erhöhen in vielen anderen Punkten die Ausgaben. Aber wenn es um die Erhöhung des Thüringer Studentenwerks in der institutionellen Zuschussförderung geht, machen Sie nichts. Deswegen ist das, was Sie hier vortragen mit Ihrem Antrag …

Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage, Herr Dr. Voigt.

Ja, darf ich den Satz noch zu Ende führen, dann können Sie fragen, Frau Mühlbauer. In der institutionellen Zuschussförderung machen Sie nichts. Das halte ich – offen gestanden – für doppelzüngig. Sie machen hier einen Antrag – lasst uns doch mal drüber reden –, aber an den konkreten Taten kann man es nicht erkennen.

(Beifall CDU)

Frau Mühlbauer, Ihre Frage bitte.

Danke, Herr Dr. Voigt, dass Sie dieses Thema angesprochen haben. Ich bin ja erst in dieser Legislatur zu diesem Thema dazu gestoßen

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das merkt man!)

und konnte das also nicht leibhaftig mit begleiten, wie die Evaluierung des Studentenwerkgesetzes erfolgt ist. Aber ist es nicht so gewesen, dass die Deckelung des Betrags auf Wunsch der CDU-Fraktion in das Gesetz formuliert wurde?

Nein, da muss ich Sie leider korrigieren. Selbst wenn der Kollege Deufel damals immer anderes kolportiert hat, Sie können ihm in Rheinland-Pfalz mal eine Facebook-Nachricht schreiben, er ist als Staatssekretär ja permanent online. Er wird Ihnen – wenn er aufrichtig ist – Folgendes erzählen: Kollege Hartung, Mitglied Ihrer Fraktion damals, und ich haben ein Jahr gebraucht, um den Staatssekretär zu überzeugen, doch mal studienartig untersuchen zu lassen, wie das Thüringer Studentenwerk finanziert ist. Es gibt eine Untersuchung, die ist ungefähr 40 Seiten lang. Da sind die Studentenwerke deutschlandweit verglichen worden und es ist geschaut worden, wie hoch ist der Zuschussgrad pro Student, Zuschussgrad für die unterschiedlichen Hochschultypen im Hinblick auf – jetzt ist meine Redezeit zu Ende, darf ich die Frage noch beantworten?

Herr Dr. Voigt, wir müssen jetzt einen gesunden Kompromiss zwischen der Beantwortung der Frage und dem Ende der Redezeit finden.

Okay, der Kompromiss ist: Ausfluss der Studie, was weder den Kollegen Hartung noch mich überrascht hat, war, dass unser Studentenwerk perspektivisch mit der dreiprozentigen Degression nicht überleben kann. Deswegen haben wir gesagt, lasst uns bitte die 5 Millionen machen, das war schon schwierig mit dem Kollegen Deufel. Dann sind wir hergegangen und haben gesagt, lasst es doch nach drei Jahren überprüfen, mit der Tendenz Steigerung. Und das vermisse ich. Schönen Dank.